Dienstag, 19. Februar 2008
unter der haut ist es dunkel und warm nullkommentarebeitrag
frühlingsblicke schaben über die mottenlöcher meines wintermantels, augen schließen, augen öffenen, fliehen, finden. die februartage aufgereiht wie die stufen einer rolltreppe, holzperlen am automatischen rosenkranz, genaue takte nach den instinkten menschlicher tiere.
termiten wuseln durch die kanäle, springen auf den eingefahrenen zug. eine tüte erdnussflips fällt zu boden und zerkrümelt unter vielen füßen, während jemand verbissen dreinschaut und gegen mein bein drückt, um den arsch noch durch die tür zu bekommen. die luft ist lauwarmer teer, man kann sie in schwarzen bröckchen von den nasenflügeln schieben und dabei vom fliegen träumen, ein wölkchen hefeduft aus der bäckertüte da drüben, ein cumulus humilis so tief im beton.
vor mir klafft der eschatongraue mantel eines heiligen der letzten tage, weiter oben blitzen runde hasenzähnchen und eine jugendlich glatte stirn. sind mormonen eigentlich gegen zahnspangen, formuliere ich die theologische frage für mich, dann erwischt mich das licht und ein schwall toter motten fällt aus meinen taschen. schnell muss ich mit den anderen termiten unter meine augendeckel kriechen, um nicht zu staub und einer einzelnen rippe zu zerfallen. licht ist der lauschangriff gottes, den die kriminalisten bei ihren verhören schlecht imitieren, wenn sie den verdächtigen mit einer lampe ins gesicht leuchten. wahrheit ist flüchtig, gasförmig und selten wohlriechend, sie unterschiedet sich um längen vom duft der freiheit, denn freiheit ist ein edelgas, teuer verkauft. es fluoresziert im dunklen, ist manchen ein hoffnungsschimmer, wo nicht alles gleisend illuminiert ist, und elektrisiert, wo kein strom ist, keine lavawalze von überdeutlichkeiten, die einem beim hineinspringen in zapfen und stäbchen die sehkraft nimmt, und alles zu einem widerlichen brei aus giftgelbem unterhautfett macht.
als sich die türen zischend öffnen und die termiten hinausdrängen, diffundiert der süßliche cumulus. die toten motten werden mit einem luftzug in die ecke gespült, in der sich der notrufknopf befindet und die aufforderung, die schalldichten scheiben mit hammer und sichel zu zerschlagen. unruhiges murmeln in den sitzreihen, das klingt wie das surren des apparats für wiederbelebungsmaßnahmen nach herzstillstand. ich sitze immer noch unter meiner haut, warm und sicher, lausche im dunklen dem flachen, unregelmäßigen puls, und am ende der dunkelheit flimmert eine undeutliche dämmerung, genau zwischen sternennacht und morgenröte.