Donnerstag, 28. Februar 2008
dorf- und baustellengeschichten
heute morgen, als um 6:20 uhr die handy-weckmelodie mit kuhartigen volles-euter-muh-schnurren (vibration auf pressspantischchen) erklang, fand ich mich zunächst gar nicht zurecht in diesem fremden bett. draußen dämmerte es, jemand hatte die vorhänge nicht zugezogen. dann wälzte sich jemand neben mir herum. achja, der kater.
gestern nacht war ich spontan wie ich so bin in den regionalexpress richtung würzburg gesprungen, um den kater zu sehen, der in einem kaff namens dettelbach bei würzburg weilte.
schnurr- und streichelalarm. yummi. extatisches klammern, chanel-duft contra prada-duft, dann ein wenig nackte haut unter unseren händen. für einen kleinen morgenfick leider keine zeit, der kater musste ins bad, kurz darauf drangen die kratzgeräusche des nassrasieres ins zimmer. zehn minuten später hockte ein businesskater auf der bettkante. "vergiss nicht, um elf musst du hier raus sein." ich nickte. ich würde den zug um 9.51 uhr gen heimat nehmen, weil ich ja auch noch arbeiten musste.
pünktlich um neun uhr stand ich dann an der hotelrezeption. mist, nun brauchte ich ein taxi oder einen bus, denn der bahnhof war sechs kilometer entfernt. das würde ja wieder ein teurer spaß für mich kirchenmaus werden. doch der hotelchef holte seine kranke mutter aus der guten stube und unterwies sie, mich zum bahnhof zu fahren. wie nett, dachte ich, was für ein service. ich bekam noch kaffee und ein verspätetes extrafrühstück, dann schlurfte die hoteloma herbei. es war halb zehn, ich wollte zu diesem zeitpunkt auch schon los sein.
die oma war jedoch schon ein wenig gehbehindert, sodass wir geschlagene fünf minuten brauchten, um das hotel zu verlassen. dann noch einmal fünf minuten, um auszuparken. es war 9:40 uhr. zum bahnhof würden wir etwa zehn minuten brauchen, rechnete ich. blieb noch eine minute, um eine fahrkarte zu kaufen und aufs richtige gleis zu stürmen. na wenn das mal gut ging.
die oma gab hinterm dorf aber erstaunlich gas, sodass wir 9:46 uhr am bahnhof ankamen. wir parkten direkt am fahrkartenautomaten.
"sie müssen dann da rüber", sagte die oma und deutete aufs gegenüber liegende gleis. "sie müssen da den berg hoch, über die brücke und auf der anderen seite wieder runter." ich starrte entsetzt ihrem zeigefinger hinterher. es lag nach der fahrkartengeschichte also noch eine berg- und tal-sprintstrecke von schätzungsweise 500 metern vor mir.
ich hackte die nummer des zielorts in den dorf-fahrkartenautomaten und gab die bahncardermäßigung ein, dann schob ich meinen zwanzig-euro-schein in den schilz. ohne erfolg. zweimal kam er wieder heraus, dann bemerkte ich, dass ich maximal mit einem zehn-euro-schein zahlen konnte. ich versuchte es mit der ec-karte, aber der kartenschilz war mit dreck verstopft.
ich fragte einen mann, der die ansonsten menschenleere straße entlang kam, ob er kleingeld habe. der hatte jedoch nichts für mich zum wechseln. gegenüber war ein gasthaus. ich stürmte zur tür, doch es war noch geschlossen. überhaupt schien sich in diesem ort kein mensch tagsüber aufzuhalten.
ich schaute zum bahnsteig gegenüber, von den ich abfahren sollte. da standen zwei frauen. ich hatte noch eine einzige minute. na gut. ich nahm die beine unter die arme und rannte den langen, verwinkelten weg bergauf, über die brücke, und auf der anderen straße endlose treppen wieder hinunter. und hach, ich hatte glück. eine der frauen konnte mir wechseln. ich schaute die gleise hinauf, der zug war noch nicht in sicht. ich hetzte den weg zurück zum fahrkartenautomaten, tippe kurzatmig und mit zitternden fingern die gewünschte strecke ein und stecke die scheine in den schlitz. wieder spuckte der automat alles aus. aus der ferne kündigte sich der zug an.
ich überlegte kurz. hierbleiben im menschenleeren dorf und warten, ob mir jemand beim fahrkartenkauf helfen konnte? eine stunde auf die nächste bahn warten? oder reinspringen und den schaffner verärgern? eventuell 40 euro schwarzfahrergebühr in kauf nehmen?
okay, lieber letzteres. ich stürmte den weg zur brücke hinauf, wieder hinunter und sprang in den zug. jetzt musste ich überzeugungsarbeit leisten. zum glück war der schaffner der netteste mensch in diesem universum (vom kater mal abgesehen ;)). er erklärte mir, er würde mir erst an der nächsten heltestelle eine fahrkarte ausstellen, denn dieser bahnhof sei noch provinzieller und hätte überhaupt keinen automaten, sodass man mir auf keinen fall mehr einen strick draus drehen könne. ich bezahlte nochmal sechzig cent weniger als geplant, freute mich tierisch und kam ganz entspannt zuhause an.

als ich dann ins büro fuhr, war es vorbei mit der entspannung. vom büro war nämlich nicht mehr viel übrig. es sah aus, als hätte eine bombe eingeschlagen. überall wasserpfützen und mauerputz. wasserschaden.
"weißt du schon, wie das passiert ist?" fragte meine kollegin. ich schüttelte entgeistert den kopf. "der typ über uns, der hatte einen handwerker da, wegen der elektrik. der musste an die badezimmerdecke, deshalb hat er eine platte über die badewanne gelegt, um darauf stehen zu können. dabei hat er die badewannen-amaturen so verbogen, dass das rohr darunter gerissen ist. und die ganze nacht ist das wasser in die wand gelaufen. die ganze decke ist durchgeweicht, gestern hatten wir echt die niagarafälle hier."
die notfall-handwerker waren da, um den estrich herauszuklopfen. als sie zu bohren begannen, bröckelte die decke erneut. mauerklumpen landeten im drucker. der drucker ging kaputt. entsetzt sprangen wir nach draußen, mein chef rannte in die wohnung über uns und brüllte "sofort aufhören!". dann telefonierte er wieder mit dem anwalt. die versicherung schickte einen gutachter.
ich und meine kollegin wuselten unter der durchnässten decke und mussten die teuren waren aus dem lager retten, weil die sehr druck- und staubempfindlich sind. zwischen uns stakste der gutachter in anzug und krawatte und glotzte pikiert auf seine feinen, hochglanzpolierten edel-leder-schlupper, die gehörig dreckwasser und staub abbekamen. "meinste, wir kommen hier lebend raus?" frotzelte meine kollegin. ich beäugte misstrauisch die wasserflecken. "wenn ich hier irgendwo risse entdecke, bin ich weg. dann soll er mich feuern."
gegen fünf uhr nachmittag waren wir dann fertig mit der evakuierung. der handwerker-oberguru erschien mit plastikplanen und begann, im lager die decke abzukleben. "wir nehmen noch heute die platten raus, wir müssen sehen, wie weit das wasser durchgedrungen ist." mein chef nickte abwesend und sah aus, als ob er gleich einen herzinfarkt bekäme. klar, denn wenn die decke nun doch noch einbrechen sollte, war er ruiniert. im lager ruhten alle seine schätze - wir hatten nur einen teil noch retten dürfen. der rest musste bleiben und verschwand unter plastik.
"geht nach hause", sagte der chef irgendwann. "jetzt hilft nur noch beten", grinste meine kollegin.
und gespannt harren wir der dinge, die da in den nächsten tagen auf uns zukommen werden...

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