Sonntag, 11. Mai 2008
frauen und männersport - gedanken zur em 2008
die traditionelle rolle der frau beim fußballgucken entspricht in etwa der des balljungen beim tennis: während der mann so wenigstens an den denkwürdigen spieltagen vorm fernseher im sessel sitzend seine alphatier-rolle ausüben kann, rennt frau von der küche ins wohnzimmer und von dort in den keller und dann wieder zurück, um in der urzeitlichen wurzelsammlerinnen-geste ihrem ruhenden mammutjäger chips und bier zu apportieren. während der balljunge so zu seinem taschengeld kommt, verdient sich frau so ein zustimmendes grunzen oder ein liebevolles "geh aus dem bild, so klein ist dein arsch leider nicht".
da wir aber mittlerweile alice schwarzer, die 68er und eine bundeskanzlerin hinter uns haben, kam es, wie es der lauf der zeit so wollte, zu einer erosion der alten kultur. frau von heute guckt meist genauso gerne fußball wie mann von gestern, wenn auch nicht zwangsweise biergurgelnd und gröhlend, sondern gegebenfalls andächtig dreinschauend und nägel feilend, für die pause die "brigitte" auf dem schoß. aber sie gucken, die frauen, das alleine zählt, und sie gucken vor allem ganz anders als männer.

mein erstens fußballerlebnis, bei dem es so richtig um die wurst ging, war die wm 1990. deutschland siegte nach dem elfmeterschießen gegen die braune-würstchen-esser, und ich, damals neunjährig, saß auf dem boden und hatte flusen im mund vom angespannt-innen-teppich-beißen (später nahm ich dann ein kissen, wegen der hygiene). ich war ein stilles kind und traute mich nicht wie meine mutter auf der couch hüpfen und "lauter, mach doch mal lauter" schreien - als ob die davon noch mehr tore machten! aber ich konnte somit auf eine positive fußball-sozialisation zurückblicken und hatte von jeher ein ungezwungenes verhältnis zu muskulösen männern in kurzen hosen aufgebaut.
einige jahre später bemerkte sogar ich als spätzünderin endlich, dass fußball nicht einfach ein spiel ist. denn nicht mal in einem hollywood-schinken bekommt frau soviel ästhetische erotik und geballte emotion zu sehen. dieses schwitzen unter den fliegenden haaren! diese angespannten gesichter mit dem urzeit-jägerinstinkt in den augen, die so spontan und ungezügelt freude signalisieren konnten! dieses entzückende engagement, das so versöhnlich die übliche lethargie, mit der mann sonst alle viere von sich streckend auf das sofa sinkt, kontrastierte! und gleich zweiundzwanzig mal männeroberkörper in der klassischen dreiecksform, wie sie in meinem biobuch der sechsten klasse aufgemalt war, darunter sehnige, braungebrannte (außer bei den rothaarigen engländern) beine. etwa vierzehnjährig schaute ich erstmals gebannt dem trikottausch am ende des spiels zu und versuchte für mich die frage zu erörtern, die mtv ihrer weiblichen zuschauerschaft zu diesem zeitpunkt gerade stellte: hair or bare? bevorzugen sie die behaarte oder die unbehaarte männerbrust? da ich noch nicht soviel erfahrung mit männern hatte, die meinen kopf auf ihren brustkorb drückten und "leck mir die titten, baby" stöhnten, war dies eher eine theoretische geistesleistung denn eine geschmacksfrage und nur mit viel anschauungsmaterial und fantasie zu bewältigen.
mein absoluter lieblingsspieler wurde francesco totti, weil ich in meiner jugend total auf hellhäutige italiener stand, und weil totti laut fankärtchenauskunft wenigstens 1,80m groß war. ich stritt mich leidenschaftlich mit meiner freundin d., die totti optisch als den "tod von venedig" abstempelte und ihre begeisterung eher auf die dunkle und kurzbeinige variante richtete, wahrscheinlich, weil sie meine vorgängerin und exfreundin meines damaligen freundes war, der lang, blass und dürr und für jede menge schlechter erfahrungen ihrerseits verantwortlich war.
ich hielt totti jedoch nicht ewig die treue, sondern wechselte irgendwann zu bixente lizarazu und ein wenig später zu luis figo über, die für mich den reifen mann verkörperten. während lizarazu leider für meine fantasie etwas zu kleinwüchsig geraten war, näherte sich figo eher meinem idealbild - der erfahrene typ mit dem kräftigen körper und markanten gesichtszügen. es war die zeit, in der ich auch für den u2-sänger bono eine heimliche vorliebe hegte, die aber nur anhielt, solange er sonnenbrillen sowie etwas längeres haar trug und sich auf der bühne NICHT auszog.

die meisten frauen, fand ich heraus, haben so gewisse lieblingsspieler, die sie hin und wieder spontan heiraten oder wenigstens mal für einen abend mit nach hause nehmen würden. wer dabei aber glaubt, die selektion richte sich nach rein optischen kriterien, der irrt sich gewaltig. frauen erkennen durchaus so etwas wie läuferischen eifer, den vorteil einer ausgeprägten wadenmuskulatur und sinn für technische feinheiten. außerdem muss er natürlich ein sieger sein. im gegensatz zum beziehungsleben erwarten frauen im fußball keine rückzieher, trägheiten oder eigentore. je nach intensität der jeweiligen spielerbindung kann frau zwar schon einmal verzeihen, wird sich die fehler aber merken und gegebenfalls einen neuen aus der einundzwanzigköpfigen konkurrenz wählen. die verfügbarkeit des überoptimalen angebots verhindert ängste vor dem verlassen-sein, und notfalls kann sich frau - vor allem, wenn sie auf randgruppen steht - auch noch für den linienrichter entscheiden. linienrichter oder auch schiedsrichter garantieren eine gewisse beständigkeit, weil sie keine roten karten kassieren und auch selten verletzt vom schauplatz getragen werden müssen, jedoch sind sie eher typen für nur ein spiel. ältere frauen schwärmen manchmal auch für den mannschaftstrainer, was aber eine generationenfrage und an selige erinnerungen gekoppelt ist. "achja, damals, der junge beckenbauer!"

lassen wir also die dinge ins rollen kommen. ich jedenfalls sag nur eins: der sommer wird heiß.

... link