Donnerstag, 5. März 2015
nach dem fressen
der dr.-ing. hat sich vergangene woche überraschend zurückgezogen. wegen gewissensbissen seiner frau gegenüber. doch gestern steht er weder auf der matte, prinzipien hin oder her.

"hach, muss liebe schön sein", sage ich sarkastisch am telefon, als er mir gesteht, dass es doch ein bisschen zu toll war, um die sache aufzugeben.
"dir macht das spaß, in wunden zu bohren, was", will er wissen.
"nö. ich freue mich nur, wenn ich recht behalte."
"du hast ein furchtbar schlechtes männerbild."
"es ist aber realistisch."
der dr.-ing. seufzt:
"da mag ich dir jetzt noch nicht mal widersprechen."
"glaub bloß nicht, dass ich dir wegen dieses satzes jetzt die absolution erteile."
der dr.-ing. lacht. ein bisschen gequält. dann will er wissen, wann er vorbeikommen darf.
"um acht?"
"gut."
"und bring was mit, ja. nen wein oder so."
"ey, ich muss noch autofahren!"
"ey, ich trink den auch alleine!"
der dr.-ing. ist nicht eingeschnappt, sondern kichert. er mag offentsichtlich meinen humor.
"dann bis später."
"bis später."
"halt warte mal! ich hab noch eine idee..."
"was denn?"
"könntest du mich bitte nackt empfangen?"

kann ich.
"wahnsinn, du bist echt verrückt", strahlt der dr.-ing., als er mich zur begrüßung umarmt.
"was ist verrückt daran, einen wunsch zu erfüllen?"
"nein, du hast recht. es ist cool. und du bist so schön", sagt der dr.-ing. und spielt mit meiner linken brustwarze.
dann zieht er sich hastig aus, beugt mich über den schreibtisch und beginnt, mich von hinten zu ficken. wie beim letzten mal kommt er so schnell wie ein überhitzter teenager.
"orrrrrr... was machst du mich auch so an", stöhnt der dr.-ing.
"wir können ja noch mal", sage ich. "allerdings würde ich diesmal das bett bevorzugen, ich hab nämlich total kalte füße."

wir krabbeln in mein bett und der dr.-ing. schlingt meine decken um mich. fürsorglich. und ich muss kurz ans objekt denken. männer unter oxytocin-einfluss scheinen ähnliche verhaltensweisen an den tag zu legen.

unter der decke angle ich nach seinem schwanz. ganz klein hängt er in seiner hülle, aber erigiert erreicht er eine beachtliche größe. eine angenehme größe.
der dr.-ing. beginnt, schnell zu atmen und dann anzudocken. missionarsstellung, klassisch. zärtlich, langsam. wir kommen ziemlich zeitgleich.

der dr.-ing. zieht mich in den arm.
"weißt du, was mal ein typ zu mir sagte", erzähle ich. "der sagte, als ich nach dem sex die hand ausstreckte, um ihn zu streicheln, doch tatsächlich: du willst doch nicht etwa kuscheln?! total entsetzt."
der dr.-ing. lacht sich schlapp.
"du kennst ja komische leute."
"manchmal frage ich mich auch... da ist man offiziell gestört, aber die richtig kranken sachen ziehen eigentlich andere ab."
"warum offiziell gestört?"
schwupp, so verplappert man sich. der dr.-ing. weiß ja noch gar nichts von seinem glück, mit einer irren zu vögeln.
"ach, ich nehm tabletten, weißt du, mir gehts manchmal nicht so gut."
der dr.-ing. schaut mich aufmerksam an.
"hat das was damit zu tun", fragt er und streicht über die narben an meinen armen.
"ähm", sage ich und muss dann erstmal wegschauen. das ganze wird mir jetzt etwas zu intim.
"musste nicht erzählen", sagt der dr.-ing. "es würde mich nur freuen, wenn du gerade keine so schlimmen sorgen hast."
das klingt lieb und warmherzig, aber ich mag nicht antworten. offenbarungen führen immer nur dazu, dass die leute abhauen. im menschen verscheuchen bin ich weltmeister.
also sage ich nichts, sondern kuschle mich nur ein, lächle und genieße die wärme, die feuchtigkeit zwischen meinen schenkeln und die zarten berührungen an meinen brüsten.

irgendwann steht der dr.-ing. auf und schlüpft in seine sachen.
"komisch ist es ja schon", sagt er.
"was denn?"
"jetzt zu gehen."
"es wäre komisch zu bleiben, du hast doch ne frau."
"ja eben. irgendwie hab ich schon wieder ein schlechtes gewissen."
"das ist normal. nach dem fressen kommt die moral."
der dr.-ing. lacht.
"du bist ne knallharte, gelle? und auch wieder nicht... deine samtaugen sagen jedenfalls was anderes."
"schon möglich."

eine letzte umarmung, dann steht der dr.-ing. im treppenhaus.
"bis bald."
"aber nur, wenn du aufhörst, mir mit deinem schlechten gewissen in den ohren zu liegen."
"ich geb mir mühe."
"na dann."

wieder winke ich zum abschied. eine geste, die mir hilft, größtmöglichen abstand in die sache zu bringen.