Dienstag, 22. April 2014
heimat(flug)hafen
am airport. nach drei tagen in der alten heimat im süden geht es wieder retour. hinter der sicherheitskontrolle fängt mein inneres kreiseln an: und jetzt? ich entscheide mich just für das sicherste: nicht alleine sein. also funke ich das objekt an, ob ein kleiner willkommensfick drin sei.

als ich gelandet bin und am gepäckband warte, werfe ich einen blick auf mein handy. sieh an. ein anruf und eine sms. ich rufe zurück.
"hi, ich bin gerade gelandet. wie siehts aus?" frage ich.
"äh, also hallo erstmal", stammelt das objekt. "herzlich willkommen zurück."
schweigen.
"warum rufst du an", fragt mich das objekt dann so unsicher wie banane.
"na hör mal, DU hast MICH angerufen. da war ich halt grad über den wolken."
"jaja, du hast ja recht", räuspert sich das objekt. dann atmet es tief ein und fängt sich:
"also, pass auf. ich hab heute meinen freien abend, den ich eigentlich nur für mich haben wollte. ich wollte schwimmen gehen. dann kam deine nachricht. und jetzt bin ich so... ich weiß auch nicht. das hat was mit mir gemacht."
"dann hab einen schönen abend mit dir selbst und lass dich nicht von mir abhalten", sage ich bestimmt.
"nein, nein. ich hab vielmehr daran gedacht, ob wir nicht gemeinsam in die sauna gehen, stattdessen."
keine schlechte idee. ich sehe das objekt und mich schon nackt im whirlpool in der anregenden atmosphäre zwischen knutschenden pärchen.
"gerne", sage ich.
"also wenn dir das nicht zu viel wird", sagt das objekt.
"ich habe drei tage in der sonne abgehangen, ich bin entspannt und ausgeruht. und so ein kurzstreckenflug bringt einen auch nicht um."
"fein", freut sich das objekt. "dann beeil dich.

zuhause lasse ich den koffer fallen, greife schnell handtücher, badezeug und duschgel und rase wieder los. eine halbe stunde später schlage ich beim objekt auf.
"herzlich willkommen in hamburg", sagt das objekt und breitet die arme aus.
ich lasse mich hineinfallen, der duft, das lange wirre haar, der weiche kapuzenpulli, alles warm und vertraut.
"komm, wir haben noch 20 minuten, bevor die gespielin kommt... möchtest du was haben?" fragt das objekt.
"einen tee", sage ich.
ich bekomme tee. das objekt schubst mich in sein schlafzimmer. ich setze mich auf das bett. das objekt kommt hinterher mit einem wurstbrot in der hand.
"bäh", sage ich und schubse es weg.
das objekt packt mich. es schiebt mir die hand zwischen die beine und bewegt die finger auf und ab, bis ich zu zittern beginne. dann klopft es mir leicht auf die muschi und meint lakonisch:
"los, aufbruch."
"das mache ich das nächste mal auch, wenn du einen blowjob willst!" empöre ich mich.
das objekt küsst mich.
"vielleicht finden wir nachher in der sauna einen einsamen ort. da ist heute bestimmt nicht viel los."

wir schwingen uns auf die räder. als wir allerdings die eingangshalle betreten, schiebt schon die putzfrau durch. das objekt ignoriert das, stellt sich an den schalter und sagt:
"zweimal sauna."
"sauna ist schon geschlossen", sagt der mann am empfang.
wir gucken betreten.
"ach nö", sage ich.
"wollen wir trotzdem das schwimmbad nehmen", fragt mich das objekt.
"wenn das nicht auch schon zu hat."
der mann am schalter verneint, und weil wir so traurig gucken wegen der sauna-misere, drückt er ein auge zu und schickt uns mit kinderkarten los.

wir schwimmen nach draußen ins openair-becken und ziehen eine weile schweigend unsere bahnen. das objekt gleitet wie immer elegant durch die blauen fluten und braucht gefühlte fünf sekunden für eine bahn. als wir nach einer halben stunde pause machen und das wetterleuten am horizont beobachten, frage ich:
"wie machst du das bloß?"
das objekt zuckt die schultern.
"jahrzehntelanges training."
dann fordert es mich auf:
"los, schwimm mal für mich."
während ich schwimme, bleibt es hinter mir, taucht einige mal unter mir durch und empfängt mich dann am beckenrand.
"du hast eine verdammt gute beinarbeit", sagt es. "du musst nur mal drauf achten, die beine auch zu schließen."
"wenn du hinter mir bist, hab ich die beine halt lieber offen", frotzle ich.
das objekt ist allerdings nicht in sexy laune, sondern geht gerade in seinem sportlichen eifer auf. es zeigt mir ein paar schwimmstile und leistet mir hilfestellung, als ich sie nachmache.
"lass uns um die wette schwimmen", sagt es schließlich.
ich lache mich tot.
"was erwartest du dir davon?"
"ich würde dich nicht fragen, wenn ichs dir nicht zutraue. pass auf, du schwimmst so, wie du am schnellsten bist. und ich so, wie ich am langsamsten bin. los. bitte. nur eine bahn."

ich lasse mich breitschlagen, obwohl es mir wie nonsens vorkommt. doch dann schlage ich das objekt um mindestens drei meter.
"gut gemacht", sagt das objekt. "und jetzt zurück."
nun fehlt mir allerdings die kraft.
"macht nix", sagt das objekt und küsst mich. "das hätte ja sonst mein ego auch gar nicht verkraftet."
ich komme näher und berühre seine schulter. da zieht es mich an sich.
"na komm, kuschel dich mal an."
so hängen wir eine weile am beckenrand. das objekt zieht meine arme um sich und streichelt schweigend die narben auf meiner haut.

danach ist uns kalt und wir wechseln wieder nach drinnen. während ich mich im rückenschwimmen versuche, taucht das objekt. als es wieder an die luft kommt, sagt es prustend:
"das macht richtig spaß mit dir."
ich grinse stolz.
"ich hatte schon angst, du langweilst dich mit mir."
"nein, überhaupt nicht. das ist richtig toll."
wir grinsen uns an und eine warme welle schwappt über mein herz. bevor ich mich zu irgendwelchen leichtsinnigen äußerungen hinreißen lassen kann, kommt der bademeister auf uns zu und schmeißt uns raus. beckenschluss, und außerdem sei springen vom beckenrand auch nicht erlaubt, heißt es mit strengem blick auf das objekt.

duschen, anziehen. kurze momente zweisamer nacktheit in einer umkleidekabine. küsse, frivolitäten. aber das schwimmbad schließt, für mehr ist keine zeit.
draußen auf den rädern schaut mich das objekt verstohlen an.
"sauna holen wir nach. versprochen. wie sieht denn deine woche jetzt aus?"
"wie immer. nachmittags hab ich zeit."
"ich muss mal sehen. ich muss morgen erstmal mit meinen eltern telefonieren."
ich schaue dumm.
"was haben denn deine eltern damit zu tun?"
"ach, ich überlege gerade, wieder zurückzugehen. ich hab neulich so das fenster aufgemacht... es war mitten in der nacht und trotzdem war da diese typische stadtluft... stickig und dreckig. also denke ich gerade darüber nach, in den osten zurückzuziehen. aufs land. nicht gleich, aber so die nächsten jahre. und das muss ich mal mit meinen eltern durchdiskutieren."
ich atme tief ein.
"und was ist mit der gespielin? nimmst du die mit?"
das objekt schüttelt den kopf.
"das wäre nichts für sie. trotzdem würde ich nicht gerne alleine gehen. ich hätte da gerne ein haus oder so. mit einem grundstück, das ich selber bewirtschafte. aber ich denke, dafür braucht man geselligkeit."
mein herz macht einen vorschnellen hüpfer und springt auf meine zunge.
"ich würde mitkommen", sagt mein mund.
ich schließe die augen und bete, dass der asphalt sich auftun und mich verschlucken möge.

ich schaue vorsichtig auf. das objekt hat scharf abgebremst und starrt mich an. dann kommt es auf mich zu und umarmt mich.
"ach morphine... wer weiß, wie es kommt", sagt es vage und unsicher.
ich nicht, will ich sagen, ich weiß nicht, wo du stehst, ich weiß ja nicht mal, wo ich genau stehe. aber dann schweige ich eisern, wende mich ab und fahre weiter nach hause.