Freitag, 4. April 2014
was dein herz begehrt
der große kater schnurrt und purrt und schlingt sich um meine beine. schubbert sich und schaut mich mit großen augen an. als ich die hand ausstrecke, um ihm über den verwuschelten kopf zu streicheln, weicht er ein wenig zurück, um an meinen fingern zu schnuppern. dann dreht er sich wie wild im kreis und mauzt lauter, stellt sich auf die hinterpfoten und streckt sich richtung tischplatte. da begreife ich, dass es nicht um streicheleinheiten geht. denn auf dem tisch liegt ein angebissenes käsebrötchen. frischkäse zählt zu den most-wanted objekten der begierde des herrn kater und wird nur noch durch thunfisch übertroffen.

männer eben.

meine eltern haben mir zum geburtstag eine karte geschickt. außen steht: "natürlich muss man männer so nehmen wie sie sind" und innen "aber man sollte sie nicht so lassen". die karte hat mein vater ausgesucht. drunter hat er geschrieben, dass er mir wünscht, "dass sich der glücksbaum endlich mal wieder ein wenig in meine richtung neigt". das ist für meinen stoischen, mich an meiner leistung messenden vater eine wahrhaft poetische aussage.

überhaupt fällt mir neuerdings das eine oder andere zu meinem vater ein. wie wir früher oft gemeinsam in die sterne geguckt haben. venus, jupiter, mars. der wechsel der sternbilder im rhythmus der jahreszeiten. oder die erste phase meiner lang anhaltenden schlaflosigkeit, die in der grundschule begann. mindestens einmal pro woche gingen wir deshalb spätabends spazieren, um mich müde zu machen. unser ziel war das brachland, das die bahngleise entlang führte. dort standen wir dann und warteten auf vorbeifahrende züge. mein vater, der fernweh nie kannte, ist ein großer fan von zügen. vielleicht träumt er sich ja in die ferne, so wie auch ich immer etwas zum träumen brauche, um die welt ertragen zu können.

manchmal erzählte mein vater bei unseren spaziergängen aus seiner kindheit, manchmal sagten wir einfach nichts. von meinem vater habe ich das schweigen gelernt. mein vater ist die große stille in mir, das stumme auge im sturm der einprasselnden details.

die erkenntnis, dass es diese ruhigen, schönen momente meiner durcheinandergerührten kindheit hin und wieder gab, lässt einen schwarm zärtlicher gefühle in meiner brust explodieren, den auch 40 milligramm ssri nicht verdrängen können. ich vermisse diese momente. sie haben nie lange genug gedauert, um meine sehnsucht zu stillen.

auch für das objekt hege ich neben erotischen eine menge kindlicher gefühle, während es selbst bei bedarf die vaterrolle gegenüber mir einnimmt. ich frage mich oft, ob das gesund ist, aber ich rechtfertige es damit, dass es sich gut anfühlt. es ist ein vereinzeltes nachhausekommen, dass mich dann durch die kommenden tage trägt wie eine kleine, kugelsichere wolke.

mir selbst ein zuhause geben ist eine aufgabe, die mich jeden tag bis ans äußerste fordert. nur selten gelingt es mir. die katzen helfen mir. wenn die super-puschis auf mir schlafen, der kleine in meinem schoß, der große auf meinen füßen, dann ist da ein großer friede.

es ist ein kleiner anfang. sich zu erinnern. an sich zu arbeiten. und ein langer weg, der noch vor mir liegt.

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