Sonntag, 15. November 2015
thinking about paris
"weißte, woran man einfach gestrickte menschen erkennt?" fragt mich heute der werte herr gibson.
"weiß nicht, etwa daran, dass sie sich für die preise von dunstabzugshauben bei norma interessieren?"
"nee. daran, dass sie ihr profilbild bei fressenbuch in die tricolore ändern."

bei dem flugzeugunglück vor wenigen wochen kamen über 200 passagiere ums leben. aber das war eben in russland. keine kondolenzbekundungen. keine facebook-profile in russischer beflaggung. warum? weil die abgestürzten passagiere keine zeit mehr hatten, unterhaltsame horror-handyvideos zu drehen? oder weil russland erstmal in ruhe die ursachen untersuchen wollte und nicht gleich "terror, terror" rief?

ich habe mich für ein wenig pervers gehalten, weil mich das attentat in paris relativ kalt ließ. klar, die opfer. die hat es unschuldig getroffen, und mein mitgefühl gilt allen angehörigen. aber imperialismus hat seinen preis. wer in ein fremdes land einfällt und islamisch geprägten lebenswelten westliche werte aufdrücken will, verhält sich respektlos gegenüber den dort herrschenden kulturen. dass man sich dann wundert, wenn einem das irgendwann um die ohren fliegt, ist naiv.

verstehen sie mich nicht falsch. ich heiße die attentate keineswegs gut. aber sie sind für mich weder überraschend noch unlogisch. und ich sehe europa nicht nur als opfer. demokratie muss gewollt sein. demokratie verbreitet sich nicht, indem man ein land mit krieg überzieht und seine jahrtausende alten gesellschaftssysteme zerstört, weil man sie persönlich nicht gutheißt. es gibt keinen "guten" krieg. jeder "befreierkrieg" ist zunächst mal das, was er ist: krieg. er bringt gewalt. er bringt tod und leid. ebenso wie waffenlieferungen.

die frage, die zudem als unbeantwortet gelten muss, ist bis zur endgültigen klärung: wer waren die täter tatsächlich und was waren ihre motive? der is würde es sich auch auf die fahnen schreiben, wenn in china ein sack umfällt - propaganda nach dem prinzip ochsenfrosch. die besonnenheit, die russland bei der aufklärung der ursachen des flugzeugabsturzes an den tag legte, sollte für europa jetzt ein vorbild sein. jegliche emotionalität in diesen tagen wird den falschen in die hände spielen, zum beispiel pegida, nazi-pöblern und der csu. radikalität wird niemals die lösung sein. sonst haben wir bald wirklich krieg. und zwar überall.

was das betrifft, habe ich die tage mehr angst vor europa als um europa.

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