Dienstag, 2. Dezember 2014
morphines law
der wecker klingelt um halb sieben, schließlich soll ich heute in die röhre. anziehen, zähne putzen, katzen versorgen. dann trete ich in etwas weiches, warmes. katzenkacke.

in windeseile die stümpfe ausgezogen, füße gewaschen, frische strümpfe angezogen, die braune bescherung weggeschrubbt. mist, jetzt bin ich zu spät. muss ich das rad zur bahn nehmen, und das, wo an der station doch ständig die räder geklaut werden.

egal. ich hole das rad aus dem keller, schwinge mich in den sattel und lasse mich den berg runterrauschen. am ende des berges kommt eine kurve, da muss man bremsen. das tue ich natürlich auch, allerdings blockiert die rückbremse. ehe ich mich versehe, fliegt mir der bautenzug um die ohren.

ich fluche laut, aber nutzt ja nüscht. also kette ich das rad an den nächsten baum und renne los, so schnell es das kaputte knie und der tumor im fuß zulassen.

wahnsinn, ich kriege die bahn noch. zum glück ist die radiologie nicht weit, drei stationen, dann bin ich dort.

an der anmeldung in der radiologie sage ich mein sprüchlein auf und schiebe die krankenkassekarte und den überweisungsschein über den tresen.
"ich hab hier keinen termin im kalender", sagt die dicke blonde empfangsische.
"das kann schon sein, ich wurde eingeschoben. gestern abend rief mich ihre kollegin an, weil jemand abgesagt hatte und ich sollte seinen termin bekommen, also heute, genau genommen jetzt."
die blonde wackelt mit ihrem doppelkinn und weigert sich, mich aufzunehmen.
"wo ist denn ihre kollegin von gestern abend?" insistiere ich.
"die hat heute keinen dienst."
na toll.
"und was mache ich jetzt?"
"sie können ja im januar wiederkommen."
ich bekomme einen termin in sechs wochen. yeah. falls der tumor doch bösartig ist, bin ich bis dahin vielleicht schon tot.

ich renne wieder zur bahn und fahre auf maloche. weil ich noch zeit habe, kaufe ich beim bäcker on the way einen kaffee. als ich mir zucker in den kaffee machen will, löst sich der deckel des zuckerstreuers und der gesamte zucker leert sich in meinen becher.
hinter mit kichert eine frau. ich strafe sie mit einem bösen blick, wende mich an den verkäufer und bitte um einen neuen kaffee. den muss ich aber bezahlen. nix mit kulanz.

dann stehe ich draußen auf der brücke beim ibm gebäude, trinke kaffee und rauche eine. es kommt mir ein typ entgegen, bestimmt zwei meter groß, markante züge, tiefblaue augen, klassischer dreiecksoberkörper. da klappern dir die eierstöcke. ich jedenfalls gucke wie eine kuh wenns donnert. und ohgottohgott, er guckt zurück und erwischt mich kalt beim dumm glubschen. dann aber lächelt er ein schönes lächeln und strahlt mich aus seinen unglaublich blauen augen an. er geht zunächst an mir vorbei, dreht sich dann aber noch mal um und bleibt stehen. ich fasse mir ein herz und lächle ihn an.
da stehen wir nun dumm grinsend herum. er zuckt charmant mit den schultern, wortlos, aber ohne sich abzuwenden.
"sie sind bestimmt verheiratet, was", platze ich da heraus.
"sie sind aber direkt", entgegnet der typ.
"und, sind sies?"
der typ nickt.
"macht nichts", sage ich. "ich finde, das war jetzt trotzdem eine schöne begegnung."
"auf jeden fall", findet der typ.
dann trollt er sich.
verheiratet. wie solls auch anders sein. heute sowieso.

ich komme im büro an. die tür ist verschlossen. ich krame nach meinem schlüssel und natürlich habe ich ihn vergessen. verdammt. ich überlege, wo meine kollegen sein könnten. haben wir heute irgendwelche veranstaltungen? mir fällt nichts ein. ich mache mich auf die suche nach dem hausmeister, lasse ihn aufschließen. eine minute später trudeln meine kollegen ein. sie waren direkt nebenan im seminarraum. ich hätte dort nur einfach mal nachsehen müssen. gut, das war dummheit.

wieder zuhause checke ich mails. der neukunde verhandelt zum vierten mal den vertrag, obwohl ich ihm schon um fast 50 prozent entgegengekommen bin. ich brauche echt mal jemanden, der mir das mit dem hart verhandeln beibringt. ich überlege zwei stunden, entscheide mich dann für eine kurze und freundliche mail, dass ich unter den umständen leider nicht für ihn arbeiten könne. hinterher ärgere ich mich, brauche ich doch jeden cent. naja, wenigstens ein stückchen würde behalten.

zwecks stressabbau lüfte ich mal durch. überhaupt stinkt es in meiner wohnung ganz komisch, fällt mir auf. als ich mich genauer umsehe, wird mir klar: der kleine kater hat durchfall bekommen und alles eingesaut, wo er seinen langhaarigen kack-popo drangehalten hat. maximaler ekel. obwohl ich schon alles geputzt habe, meine ich, immer noch irgendwo scheiße zu riechen.

am ende des murphy-tages bin ich völlig erschöpft. ich knalle mir eine doppelte dosis antidepressiva rein und einen wodka drauf. dann heia.

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