Dienstag, 14. Juni 2011
zeitloch II
... und noch mal wow.

kaum wieder gelandet bekam ich gestern eine sms vom objekt. es schickte lediglich eine spätnachts-busverbindung mit den worten "komm, wie du bist". freundlich, aber bestimmt.

also ließ ich meinen koffer stehen, rannte zur bushaltestelle und fuhr gen süden.
"ich bin, wie ich bin", sagte ich dem objekt, das mich schon an der wohnungstür niederknutschte. "sozusagen mit flughafendreck."
das objekt machte eine ausladende geste in richtung badezimmer und holte mir ein handtuch. einen vorteil hatte das multiple liebesleben des objekts ja - es war alles da: haarspangen, nagellack, tampons sowie diverse cremes und deodorant mit vanille-duft. kurzum: ein mädchentraum.
das sagte ich dem objekt auch zum wiederholten male, woraufhin es erwiderte, es sei ja auch ein 50%-mädchen.

danach saß ich in ein überdimensionales handtuch gewickelt in der küche und das objekt drehte einen joint. nach zwei zügen lüpfte es den zipfel meines handtuchs, hob mich hoch und trug mich in sein rotes reich, wo ich aufs bett drapiert und anschließend vom haaransatz bis zu den zehenspitzen mit zarten liebkosungen elektrisiert wurde.
"willkommen", sagte das objekt, als es mit dem berührungsprogramm zu ende war und alle meine nerven vibrierten.

anschließend gab es film, den wir aber nur ein paar minuten durchhielten, bevor wir dann entgültig über einander herfielen.
"ich will mit dir schlafen", sagte das objekt wild und sah mich an wie der löwe die antilope. "ich will das so sehr, dass es mich um den verstand bringt."
das sind exakt die sätze, die frauen hören wollen.
dann verschlang mich der löwe.

als wir das nächste mal auf die uhr sahen, war es halb vier.
"oh mein gott", sagte ich.
"scheiße", sagte das objekt.
ich verbarg das gesicht in den händen.
"meld dich doch krank", schlug das objekt vor. "du bist doch eh nicht gesund."
"das bringt doch nichts."
"ich kann das bezeugen", redete das objekt auf mich ein. "ich sag das auch deiner chefin."
"ich bereue nichts", linste ich zwischen meinen fingern hervor.
das objekt grinste.
"das war auch atemberaubend. du bist mein königlichster besuch."
"schleim nicht rum."
"doch, das ist mein voller ernst."
"dann glaub ich dir das mal."
"ja, das kannste auch. und noch was, es gibt auch was, was ich echt scheiße an dir finde."
ich hielt den atem an.
"was denn?"
"willst du das jetzt wirklich wissen?"
ich nickte.
"es ist aber was schlimmes", sagte das objekt.
ich versuchte cool zu bleiben, obwohl ich nervös wurde.
"ja, was denn?!"
das objekt zögerte und sagte schließlich todernst:
"dass ich mit dir nie meine filme zu ende gucken kann."
und es lachte schallend.

das objekt konnte bis halb neun ausschlafen. spontan beschloss ich, die arbeit nicht zu schwänzen, dafür aber ein bisschen zu spät zu kommen. wenigstens fünf stunden schlaf. das war vernünftig. bringt auch eine bessere arbeitsleistung, redete ich mir ein.

"schlaf auf mir ein", bat mich das objekt. "ich will dich spüren."
ich krabbelte auf den großen, warmen körper.
"du liegst nicht richtig entspannt", kritisierte das objekt meine haltung.
"du bist anstrengend", fand ich.
"du kannst nicht loslassen", stellte das objekt fest.
dann begann es, einige meiner wirbel zu drücken und bestimmte punkte an meinen rippen zu massieren. wenige minuten später merkte ich, wie alle meine muskeln erschlafften und ich eindöste.

dann drehte sich das objekt zur seite und mich mit. ich wachte wieder auf. das objekt löffelte mich und drückte seinen halbsteifen schwanz an meinen po. und schwupp, erwachte die begierde zu neuem leben. das objekt drängelte sich näher an, dann in mich. schließlich siegte aber doch die erschöpfung und wir schlummerten wieder ein.

während das objekt irgendwann richtig fest schlief, lag ich wach. ich war halb unter dem objekt begraben und es war heiß. ich knuffte das objekt. es murmelte im schlaf und drehte sich dann endlich um. juhu, ich war frei.
allerdings wurde es nun kalt. das objekt hatte im umdrehen die gemeinschaftsdecke plus die gästedecke wie einen gordischen knoten um sich geschlungen. ich zerrte an der großen gemeinschaftsdecke. keine chance. 92 kg köstlicher mensch ließen sich nicht verrücken. irgendwie ergatterte ich ein zipfelchen von der gästedecke und konnte wenigstens po und füße wärmen. und endlich, endlich kam der schlaf.

als ich das nächste mal erwachte, zwitscherten bereits die vögel. die sonne schien durch die vorhänge und es war angenehm warm. das objekt hatte sich wieder zu mir gedreht. seine hände schmiegten sich um meine brüste, seine lippen ruhten auf meiner schulter, sein langes haar lag offen und wirr auf dem kissen und duftete zart-vertraut nach kindershampoo. kein softporno-regisseur hätte es besser arrangieren können.

ich rutschte tiefer und fand, was ich suchte. das objekt hatte die augen geschlossen und nur das in den schwanz einströmende blut sagte mir, dass wenigstens der körper schon am erwachen war.
"oh mein gott", stöhnte das objekt irgendwann überraschend und schlug die augen auf. dann wirbelte es herum und wir rutschten vom bett auf das parkett.

die dielen begannen rhythmisch unter uns zu knarren. ich musste lachen. das objekt hielt inne.
"was denn?"
"die nachbarn denken sich jetzt auch ihren teil, oder? nach all dem, was sie die nacht über sicher schon mitgekriegt haben?"
da sprang das objekt auf und schlug die vorhänge zurück. dann riss es die großen fenster auf.
"so", sagte es und stürzte sich wieder auf mich, "von mir aus kann das die ganze welt mitkriegen und all die ungefickten existenzen sollen uns beneiden um das, was wir haben!"

später standen wir im badezimmer und schrubbten einträchtig die zähne.
"ich muss gleich zum bahnhof", nuschelte das objekt. "ich fahr heute zu meiner cousine."
"der bahnhof ist ja auch meine richtung", freute ich mich. "dann können wir zusammen fahren."

gegen halb zehn lümmelten wir in der s-bahn richtung hauptbahnhof und knutschen.
dann tippte uns jemand auf die schulter. fahrkartenkontrolle.
mit schrecken stellte ich fest, dass ich keinen fahrschein hatte. einfach vergessen. in panik starrte ich das objekt an. das objekt, schwarzfahrer aus prinzip, schaute mich an. zwei dumme, derselbe gedanke. und während sich der kontrolleur zu einer älteren dame herabbeugte und deren ticket inspizierte, nahm mich das objekt bei der hand und wir flüchteten durch die sich schließenden türen.

"kommt da wer hinterher", rief mir das objekt zu, während es mich eilig die rolltreppe hinunterzog.
"ich weiß nicht", sagte ich.
wir rannten die straße entlang, durch einen kleinen park, und dann in eine seitenstraße.
"ich glaube, es folgt uns niemand", keuchte das objekt.
"ich hätte beinahe meinen schuh verloren", seufzte ich.
"aschenputtel", lächelte mich das objekt liebevoll an.
"mit dir mach ich was mit", stellte ich fest.
"warum? wärst du sitzengeblieben und hättest dich von dem wichser aufschreiben lassen?"
"ja."
das objekt schüttelte den kopf. dann hob es den blick.
"da drüben ist ein café. sollen wir uns einen kakao kaufen? so anstatt fahrkarte?"

mit pappbechern in den händen schlenderten wir durch den park zurück. das objekt hatte den arm um meine schultern gelegt.
"du evozierst damit voll das pärchen-feeling", konstatierte ich.
"aber ich habe doch eine beziehung mit dir", sagte das objekt im brustton der überzeugung. "nur nicht so ganz im klassischen sinne eben."
ich hielt die luft an.
wir durchschritten einen kleinen pavillon im park. das objekt hielt mich noch immer im arm und intonierte scherzhaft-feierlich den hochzeitsmarsch:
"tamm, ta, tata... tamm, ta, tata..."
dann sah es mich an und grinste:
"fehlen nur der rote teppich und blumen, die geworfen werden."
ich sagte indes nichts. jedes wort wäre fehl am platze gewesen.

am bahnhof brachte ich das objekt noch zum zug. dort umarmte es mich.
"pass auf dich auf."
"dito. wie kommst du jetzt eigentlich ohne fahrschein zu deiner cousine?"
"das hier ist doch so ein doppelstöckiger zug. muss man halt ein bisschen gucken. und wenn der schaffer unten ist, oben sein."
"schlingel."
das objekt grinste jungenhaft-stupsnäsig und gab mir einen abschiedskuss auf die stirn.
"bis nächstes jahr."
ich zeigte ihm den stinkefinger. dann schlossen sich die türen hinter ihm und ich trottete richtung u-bahn.

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