Freitag, 23. Dezember 2011
the spaces inbetween
letzter arbeitstag.

am heiligen abend geht es erstmal zu mama und papa. ich bin ein bisschen unruhig, denn die lederjacke kommt am zweiten feiertag wieder zurück nach hamburg, während ich noch drei tage länger weg sein werde. ich entwickle das bedürfnis, diesen mann zu sehen.

er schickt mir weiter fotos von den liebsten orten und plätzen aus seiner heimat. die straße, in der groß geworden ist. das haus seiner eltern. der garten. als ob er wüsste, dass man mich durch solche art von zuwendung kriegt. schneller als mit sex und hochtrabenden versprechungen.

er schreibt mir, er freue sich auf seine familie. das finde ich unheimlich nett.
überhaupt kann er sich so schön freuen.
vielleicht auch eine frage des alters. und des luftleeren raums, in dem er sich als student noch bewegt. er ist auch manchmal traurig deshalb und spricht mit mir darüber wie mit einer kindergartentante. ich bin in vielen belangen die ältere von uns beiden, obwohl ich ein jahr jünger bin.

wir haben oberflächlich betrachtet nicht allzu viel gemeinsam. er ist schnicke und ein bisschen etepetete, ich der freak.
wir verheddern uns aber beide gern in idealistischen theorien und können uns dabei die köpfe heiß diskutieren. er ist ein absoluter denker und von seiner meinung überzeugt, ich ebenfalls. es wird auch noch sehr viel zündstoff geben, falls es weitergeht. was wir ebenfalls beide können, ist uns komplett verlieren, obwohl wir vom elternhaus sehr auf leistung getrimmt wurden. wir wollen beide keine karriere machen, keine kinder haben und auch sonst keinen bürgerlichen popelkram. wir wollen glücklich sein oder wenigstens ein bisschen. er hat schon mit 14 die drogen genommen, deren namen ich erst mit 24 kannte, ist aber angeblich vollkommen abstinent. lediglich trinken tut er gern und viel, aber nur beim feiern.

trotz aller lederjacken-euphorie bin ich seit gestern in meinem hass auf das objekt kaum zu bremsen. ich habe noch ein etwas längere, sehr bittere sms hinterhergeschickt. seit meiner mail an den architekten bin ich voll in fahrt, was eins-reinwürgen betrifft. es macht mir beinahe spaß, obwohl mich die intensität der negativen gefühle viel kraft kostet. ich versuche mich beruhigen, indem ich mir die sinnlosigkeit des unterfangens einrede. aber ich will ja gar keine antworten mehr. ich will nur weit ausholen und so schmerzhaft wie möglich die verbale faust landen. gleichzeitig bemerke ich, wie ich mich dabei selbst definiere: ich verteidige meine werte und überzeugungen. das objekt hat mich in letzter konsequenz auf mein innerstes zurückgeworfen. ich will ehrlichkeit. verbindlichkeit. langfristigkeit. ich will eintauchen dürfen in menschen, sie nicht nur streifen. ich will tiefe, ohne mich dafür aushöhlen zu lassen. ich gebe gern, aber ich will etwas zurück. nicht unbedingt dasselbe, was ich gebe, aber gerne das, was mir fehlt. letzteres hat mir das objekt gegeben und zwar so wie noch kein anderer zuvor. nur die bedingungen, an die dieses geschenk geknüpft waren, sind schleifpapier für die seele: nach einer weile hat es sich zu den lebenswichtigen organen durchgewetzt.

hin und wieder wäre ich gerne noch einmal 17. unwissend liebt es sich leichter.

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