Mittwoch, 12. Oktober 2011
nicht leise treten
manchmal überrascht mich das leben vorübergehend positiv, bevor es mich dann besonders fest in den arsch tritt.

die wohnungsabrissparty war zunächst netter als geplant. das lag unter anderem daran, dass die objektgespielin krank war und abgesagt hatte.

spät, ganz spät, als alle anderen gegangen waren, saßen ich, ein objekt-freund und das objekt alleine am küchentisch, rauchten die letzten reste weg, kippten noch einen jd und zockten ein killerspiel auf dem hyper-notebook des objekt-freundes.

plötzlich klingelte es an der tür. wir erschraken alle und dachten, jemand habe die polizei geholt, da es vorhin etwas laut war. doch dann stand die objektgespielin unter der tür. ich starrte entsetzt zur tür. die gespielin starrte entsetzt in richtung küchentisch. es war sofort klar: hier war eine frau zu viel im raum.

das objekt flüchtete hinter den bildschirm und knallte weiter virtuelle menschen ab. ich wandte mich dem netten objekt-freund zu und begann ein gespräch, an dessen inhalt ich mich nicht mehr erinnere. die gespielin saß derweil auf einem stuhl und fixierte beleidigt das objekt. die intention war klar: kümmere dich um mich und schmeiß die olle da raus.

das objekt zeigte sich zunächst erstaunlich resistent. es knallte virtuelle menschen ab und ignorierte die situation. ich stieg betont lässig in die badewanne nebenan. der objekt-freund machte eine flasche wein auf und brachte mir ein glas, als ich im schaum lag. die gespielin saß derweil da und hypnotisierte weiter das objekt. zwischendurch stand sie auf und frequentierte die toilette, um ihre magen-darm-viren der kanalisation anzuvertrauen.
"lecker", sagte ich und der objekt-freund, der am badewannenrand saß und mich unterhielt, rollte die augen.

eine halbe stunde später, als ich duftend aus der wanne stieg, begab ich mich zum mir zugewiesenen schlafplatz - im schlafzimmer, im doppelbett. natürlich hätte ich meine sache packen und nach hause fahren können. aber dazu fühlte ich mich zu breit und zu müde. die gespielin sah inzwischen angefressen aus, verharrte aber immer noch in abwartender haltung auf ihrem stuhl respektive in intervallen auf der kloschüssel. die stimmung war zum zerreißen gespannt.

das objekt begann, mit der gespielin zu diskutieren.
"die morphine schläft heute bei mir. das ist versprochen."
die gespielin starrte böse vor sich hin wie ein kleinkind, das im supermarkt die ansage bekommt, dass es jetzt doch kein überraschungs-ei gibt.
"ist das okay für dich?" bohrte das objekt nach, wohl in der annahme, die gespielin würde widerwillig, aber doch einsichtig nachgeben.
die gespielin allerdings schüttelte stur den kopf. ich hielt den atem an.

die gespielin stand auf und zog das objekt in eine ecke des raumes, wo sie pampig auf es einflüsterte. ich überlegte noch mal, ob ich gemäß dem motto "die klügere gibt nach" nach hause fahren sollte. dann beschloss ich, dass ich nicht das objekt-problem lösen müsse. ich löste schon genug andere probleme derzeit für diesen mann, während die gespielin gar nichts tat außer ansprüche stellen.

ich war müde und legte mich ab, genervt von den diskussionen. als ich schon am einschlafen war, schlüpfte das objekt zu mir hinein.
"ey, sorry für das ganze hü ud hott. ich pack jetzt meine sachen und fahre noch mit zu ihr. die muss sich jetzt erstmal beruhigen."
"viel spaß", sagte ich sarkastisch.
das objekt hielt inne und sah auf mich herab.
"wird kalt werden, so alleine", sagte es sanft. es schlüpfte aus seinem pullover und zog ihn mir über.
"sorry", sagte es noch mal.
"hau schon ab", sagte ich. "wir sind ja nicht verheiratet."
"wenigstens eine, die das so sieht", flüsterte das objekt in mein ohr und legte dann seine wange an meine.

in diesem moment flutet licht den raum. die objektgespielin knipste den schalter an und aus und wieder an und meinte dann patzig:
"kommst du endlich?"
das objekt erhob sich von der bettkante.
"tschüß."

kaum hatten objekt und gespielin die wohnung verlassen, klopfte der objekt-freund, der ebenfalls hier schlief, an die schlafzimmertür.
"was zum teufel war das denn?"
ich zuckte im dunkeln die achseln.
"eifersucht?"
der objekt-freund nickte bedächtlich.
"dass du so ruhig geblieben bist, hat mich erstaunt."
"warum sollte ich ausflippen?"
der objekt-freund guckte nachdenklich und meinte dann vorsichtig:
"aber da ist doch was zwischen euch, oder?"
"war."
"hm."
"hm", murmelte ich zurück.
der objekt-freund seufzte und machte dann den höflichen rückzug:
"ich möchte da nichts dazu sagen. ich wünsche dir eine gute nacht."
er legte sich auf das feldbett in der küche und begann nach zwei minuten herzhaft zu schnarchen.

ich kroch wieder unter die laken im eisigen schlafzimmer. unter den geschlossenen lidern war ich hellwach. ich fror und zitterte, bis mit der morgendämmerung endlich die erlösende erschöpfung kam.

... link