Dienstag, 23. November 2010
worte, worte, nichts als worte
und doch viel mehr.

gestern haben l´object et moi noch sehr lange über unsere seltsame liebe gesprochen. denn um nichts anderes handelt es sich wohl, darin gehen unsere ansichten nicht viel auseinander.
man kann nach diesem gespräch auch nicht von der hand weisen, dass wir beide ziemlich gestörte existenzen sind und niemals eine klassische partnerschaft führen werden. aber dadurch, dass wir uns dessen bewusst sind und weltanschauung sowie aktuelle gefühlslagen inzwischen auch dem jeweils anderen angstfrei und recht unmittelbar mitteilen können, hat unsere merkwürdige beziehung noch einmal neue qualität bekommen, um es mal mit den objektworten auszudrücken.

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Sonntag, 21. November 2010
mi casa es tu casa II
nein, nicht, was sie jetzt denken - mein nachbar hat die letzte nacht brav im eigenen bett verbracht.

vielmehr verweilte ich die nacht, respektive den morgen/den tag mal wieder beim objekt. schon im club war es ungewöhnlich touchy, hielt mich im arm und strahlte völlig stoned durch die gegend. da die konkurrenz nicht anwesend war, landete ich 100 punkte und wenig später in den roten laken. dort einigten wir uns auf einen quickie, weil das objekt heute arbeiten musste. nach der nummer kroch es auch gleich in meine arme und schlief eine minute später ein.

ich selbst lag noch eine weile wach und vergrub die nase im kupferfarbenen objekt-haarschopf, genoss duft, wärme und nähe. dann passierte etwas seltsames: das objekt begann leise zu schnorcheln, dann richtig zu schnarchen. das machte es normalerweise nie. ich drehte vorsichtig seinen kopf, damit es besser luft bekam. das half kurzfristig, danach wurde es wieder schlimmer. schließlich begann das objekt nach luft zu ringen, als stünde es kurz vorm ersticken. ich schubste es zweimal vorsichtig. keine reaktion. dann setzte die atmung ganz aus. ich packte das objekt an den schultern und schüttelte es. endlich atmete es aus, wachte aber nicht auf.
ich war stark beunruhigt. ich fragte mich, welche drogen das objekt wohl genommen haben könnte. im bad fand ich nichts verdächtiges. in der küche stand eine leere flasche wein und eine knapp halbvolle wodkaflasche. im club hatte sich das objekt zudem bestimmt noch mal sieben oder acht kurze und diverse biere hinter die binde gekippt. vielleicht reichte so viel alkohol für eine beeinträchtigung der herz-lungen-funktion?
ich ging wieder ins bett. da hatte das objekt mit dem nächsten erstickungsanfall zu kämpfen. ich schüttelte es wieder. das objekt begann zu murmeln und laut zu stöhnen. ich hielt seinen kopf und rief seinen namen. da endlich schlug es die augen auf. ich war erleichtert wie schon lange nicht mehr:
"sag mal, träumst du oder leidest du an schlaf-apnoe?"
"warum fragst du?"
"du bist eben fast erstickt."
"ich habe was komisches geträumt, ja, aber das war kein alptraum."
"was war es denn dann?"
"ich kann mich nicht mehr an alles erinnern. es endete aber damit, dass ich wieder klein war und meine mutter mich zum essen rief."
"das ist ja entsetzlich schrecklich", sagte ich sarkastisch.
"ja, das ist es. ich durfte bis zu meinem 18. lebenjahr kein fleisch essen."
"warum das denn?"
"meine eltern haben mich streng vegetarisch erzogen."
ich hatte keine ahnung, was ich dazu sagen sollte. schließlich kannte ich die objekt-eltern nicht und wusste nur, dass sich das objekt nicht mit seinem vater versteht.
"weißt du, worauf ich jetzt bock hätte?" kicherte das objekt.
"wodka?" riet ich.
"falsch."
"ficken?"
"nee, auch nich."
"was dann?"
"ich hätte jetzt gern ein riesiges schnitzel."
ich trat unter der decke nach dem objekt.
"nich hauen", murmelte das objekt, zog mich wieder an sich und vergrub den kopf an meinem hals. kurz darauf schlief es wieder ein, träumte offenbar weiter, redete im schlaf und schlug um sich, atmete aber wieder normal.

als mittags der wecker klingelte, hatten wir sagenhafte vier stunden geschlafen, inklusive der alarm-unterbrechung wegen erstickungsgefahr. das objekt schlug nach dem wecker, der unter das bett fiel, und schlief weiter. ich fischte den wecker wieder hervor und aktivierte die schlummerfunktion. beim zweiten klingeln erlangte das objekt dann anzeichen von bewusstsein. es drehte sich zu mir. wir wünschten einander nabelabwärts einen guten morgen. dann sank das objekt verschwitzt nieder.
"scheiße, ich glaub, ich bin immer noch stoned."
"was hast du denn genommen?"
"ich habe gestern abend mit meinem nachbarn gekifft."
"aber das ist doch jetzt nichts außergewöhnliches für dich."
"naja, ich hatte zuvor schon auf arbeit gekifft", kicherte das objekt. "und am freitagabend habe ich so viel getrunken, dass ich nicht mehr radfahren konnte."
"irgendwann schmeißen die dich raus", warnte ich.
"die haben gestern schon gesagt, wenn du heute abend wieder feiern gehst und morgen zu spät kommst, gibts ärger", grinste das objekt.
"dann steh mal besser auf."
"wie spät ist es denn?"
entsetzt starrten wir auf den wecker: es war 12.57 uhr.
"fuck", rief das objekt. "ich muss in drei minuten auf station sein!"
in windeseile sprang das objekt in die nächstbesten klamotten, die über dem sessel hingen.
"willst du SO gehen?" fragte ich. das objekt sah an sich hinunter. es trug die sexy schwarze hose mit den zwei reißverschlüssen an der entscheidenden stelle sowie sein einärmeliges, transparentes hemd vom vorabend. es sah aus wie die inkarnation eines feuchten traums.
das objekt hatte ein einsehen und kramte im klamottenhaufen. schließlich fand es einen pulli und zog ihn über.
"besser?"
"definitiv. sonst fallen die patienten am ende noch über dich her", grinste ich.
"jetzt muss ich aber los", sagte das objekt und gab mir einen kuss. "schlaf schön weiter!" dann rauschte es die treppen hinunter.

zwei minuten später stürmte es schon wieder in die wohnung.
"fuck", rief es. "ich hab total vergessen, dass in drei stunden meine ex mit meinem sohn vorbeikommt."
"was will die denn hier?"
"die liefert ihn bloß hier ab."
"ja und?"
das objekt sah mich flehentlich an.
"kannst du mir bitte helfen? die wohnung muss halbwegs ordentlich aussehen, sonst macht mir meine ex die hölle heiß. und der kleine soll sich ja auch ein bisschen wohlfühlen, wenn er schon auf mich warten muss."
"geht klar."
das objekt drückte mich und rannte wieder nach draußen.

"halbwegs ordentlich" ist eine vage zustandsbeschreibung, bei der das objekt und ich definitiv unsere differenzen haben. das objekt ist ein eifriger wäschewascher (trägt alle klamotten nur einmal) und ein sensationeller koch, kommt aber mit putzen und aufräumen weniger gut klar. ich selbst erfreue mich an imbissgerichten und kalter küche, lebe aber "total steril", wie es das objekt nennt. das heißt: bei mir wird einmal wöchentlich großreine gemacht und der große klamottenhaufen über dem stuhl auf einen winzig kleinen reduziert. als ich die objektküche betrat, merkte ich, dass sich unsere differzen perfekt ergänzten. der objekt-kühlschrank quoll förmlich über. der kleine würde niemals hungern müssen. neben dem herd standen benutzte schüsseln und töpfe. das objekt hatte, wie ich aus dem eingetrockneten inhalt sowie informationen aus der vergangenheit erschloss, in den letzten tagen quarkknödel mit apfelkompott sowie vanille-pfannkuchen gemacht. dafür geb es nun berge schmutzigen geschirrs. im regal stand kein einziges sauberes glas mehr. also zuerst geschirr spülen. dann fegte ich die küche (ein großer haufen asche plus frühstücksflocken plus fusseln) und machte das objektbett. danach war das piratenzimmer des lütten an der reihe. dort trockneten zwei ständer voller wäsche und nahmen jeglichen spielraum für den sohnemann ein. ich legte die wäsche zusammen und entfernte die wäscheständer. danach machte ich das kinderbett, legte die pixie-büchlein auf einen ordentlichen stapel und räumte zehn kilogramm bauklötze auf einen haufen.
nun war es noch wichtig, alkohol und drogen außer reichweite der kinderhände zu bringen. ich fand unter dem objekt-bett und in der küche insgesamt drei leere und eine halbvolle wodkaflasche, bacardi, jägermeister, korn, tequila sowie unzählige leere weinflaschen und bierdosen. die drogen lagerte ich im verschließbaren badezimmerschrank.
nach über einer stunde lag ich in den letzten zügen der aufräumaktion, wischte noch einmal die flächen, goss die (abgefackelte) topfpflanze und platzierte sie dekorativ in der mitte des küchentischs.
danach machte ich, dass ich nach hause kam. konversation mit der ex musste nicht sein, schon gar nicht mit augenringen bis nach meppen. ich wünschte dem sohnemann für mich viel spaß in der sturmfreien bude, dachte beruhigt an den vollen kühlschrank und mit liebe an das objekt und seinen herrlichen hang zum rettungslosen chaos.

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Samstag, 20. November 2010
herbergsmutti
männerbesuch mal anders.
gestern nacht gegen halb vier saß ich noch vorm rechner und tippte ein mail. plötzlich klopfte es an mein fenster. ich erschrak mich fürchterlich. doch dann siegte die neugier und ich guckte raus. draußen stand mein netter nachbar aus dem vierten stock.
wie sich herausstellte, hatte er betriebsfeier gehabt, im rahmen derer was getrunken und dann seine schlüssel im büro vergessen. sein anliegen war so einfach wie bestürzend:
"kann ich bei dir pennen?"
"äh... ähem..." bei mir war gerade nicht besonders aufgeräumt. das war mir verdammt unangenehm. und auch wenn ich meinen nachbar mochte und er mir einst mit meinem fahrrad geholfen hatte: ich kannte ihn nicht näher - und das verursachte mir spontanes unbehagen. ich grübelte.
"hast du es mal mit dem schlüsseldienst versucht?"
gemeinsam eroierten wir die nummer eines schlüsseldienstes hier in der nähe.
"was mag das wohl kosten", fragte mich mein nachbar.
"keine ahnung, nen fuffi wirste schon rechnen müssen."
"SO teuer?!"
mein nachbar war nicht arm, aber eben auch nicht krösos.
"frag die doch einfach."
ich reichte meinem nachbar mein telefon. zwei minuten später stand er mit schreckgeweiteten augen wieder vor mir: "die wollen HUNDERTZWANZIG tacken plus mehrwertsteuer von mir!"
"das sind rund 150 euro. alter, denen gehts ja wohl nicht."
wir standen blöd im flur. dann raffte ich meine nächstenliebe zusammen und seufzte: "na dann mal reinspaziert. mi casa e tu casa oder so." ich öffnete die türen ins morphine-schmuddel-reich. dann bezog ich meinem nachbar die besuchermatratze und gab ihm ein sauberes handtuch.
"ich hoffe, ich schnarche nicht", sagte er.
"das will ich dir auch geraten haben."
er kuschelte sich in das frisch gemachte bett.
"hmmmmm... das riecht so gut."
"frisch gewaschene bettwäsche halt."
"toll, bei mir riecht die nie so gut."
inzwischen war es halb fünf, sagte mein handy.
"na dann mal gute nacht."
ich knipste das licht aus.
"duhu?" sagte mein nachbar.
"was denn?" murmelte ich schläfrig.
"sollen wir noch nen film auf deinem laptop gucken?"
"JETZT?!" rief ich schrill.
"na gut", besänfigte mich mein nachbar. "dann schlafen wir jetzt.

wie immer, wenn fremde personen bei mir übernachten, mache ich kein auge zu. ich stellte angenehm überrascht fest, dass mein nachbar tatsächlich nicht schnarchte.
heute morgen wachte ich schwer gerädert auf, während mein nachbar schon durch die wohnung jumpte.
"ich werd mal losziehen und nen kollegen rausklingeln, der mich dann ins büro lässt", verkündete er.
"mach das", erwiderte ich matt.
"tausend dank nochmal, ich hätte jetzt sonst echt nicht gewusst, wohin."
"de nada."
"hab ein schönes wochenende!"
und wrumms, fiel die tür ins schloss.
ich hingegen blieb noch eine weile im bett, um mich von der merkwürdigen nacht zu erholen.

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Mittwoch, 17. November 2010
hot boy, cool girl
morphine in da kitchen. ich setze wasser für meine hilcona-gnocci auf. ich warte. und warte. das telefon klingelt. es ist mein steuerberater. als ich auflege, ist das wasser immer noch kalt. verdammt, der herd ist kaputt. ich trete wütend gegen den wäscheständer. der kracht und scheppert und kippt. beim aufsammeln der abgestürzten unterwäsche sehe ich dann: der herd ist nicht kaputt. er ist nur noch immer ausgeschaltet.

tja.

vor wenigen wochen erst habe ich meinen lieblings-uralt-emailletopf verloren, indem ich ihn mit der herdplatte verschmelzen ließ. wie das geht? ganz einfach: wasser aufsetzen, dann zu arbeiten beginnen und sich nach über einer stunde wundern, warum es so komisch in der wohnung stinkt. in die küche gehen und schreien, sobald man den rot glühenden topf mit halb verflüssigten griffen entdeckt, der sich nicht mehr von der hellorange strahlenden herdplatte lösen lässt.

ich bin einfach perfekt, wenn es darum geht, chaos zu bauen. doch das objekt hat ebenfalls einen ausgesprochenen hang zu murphys law und gewisse feurige tendenzen.
vor ein paar wochen kamen wir nach hause in die objekt-wohnung. es war sehr kalt an diesem tag und ich freute mich, dass es drinnen so schön warm war.
ich: "du bist so lieb! du hast extra wegen mir die heizung angelassen, stimmts?!"
objekt: "nee, ich hab die heizung ausgemacht. aber du hast recht, es ist sehr warm hier."
es war jedoch nicht nur sehr warm, sondern auch recht neblig in der wohnung.
ich: "in deiner wohnung ist es aber komisch dunstig."
objekt: "und es riecht so seltsam..."
das objekt schlurfte vom nebligen flur in die küche. von dort kam nur noch ein schrei. denn in der küche brannte es. ein bisschen. das objekt leert aschenbecher nämlich nur ungern und neigt obendrein dazu, zigaretten nicht ordentlich auszumachen. wenn dann der volle, glimmende aschenbecher neben einer verdorrten zimmerpflanze steht, setzt dies gewisse synergien in kraft. das objekt packte sofort die nächstbeste flasche und leerte den inhalt über dem brandherd. der gestank war unbeschreiblich.
"was zum teufel hast du da jetzt drübergekippt?!" rief ich entsetzt.
das objekt schaute auf die flasche. es war ein energydrink.
"energydrink?"
"nee", nuschelte das objekt. "das war noch ein rest wodka-energy."
wir schauten uns an. und mussten sehr lachen.
"nur schade um den guten wodka", bilanzierte das objekt.

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Sonntag, 14. November 2010
kon-solide
das glück ist wie ein brief, der aus versehen im falschen postkasten landet. man zögert, ihn aufzumachen und ist dann doch froh. das mit der wohnung hat jedenfalls überraschenderweise geklappt. vielleicht hat sie auch mich gefunden, ein bisschen. ab januar dann.

das subjekt II habe ich nun wohl endgültig vergrault. oder es mich. ich bin gestern noch zu der party gefahren, damit wir uns überhaupt sehen konnten. dort sprang es dann rum und verhielt sich unverbindlich. dann bin ich gegangen, ohne ein wort zu sagen. das fiel ihm aber dann doch auf. sms hagelten auf mein handy ein. ich schrieb, ich sei ins bett gegangen. in wahrheit war ich aber gruppenkuscheln am anderen ende der stadt. irgendwie habe ich eine entscheidung getroffen. das glück ist eine insel. wahrscheinlich bin ich einfach kein typ für festland.

dennoch braucht man ja einen festen bezugspartner. jemanden, für den man verantwortung übernehmen kann. und da meine muttirolle für den objekt-sohnemann sowie meinen neuen schützling a., der ich zurzeit durchs abitur helfe, zeitlich begrenzt ist, werde ich demnächst mal im tierheim vorbeischauen. mir ist nach warmweichflaumigflauschig. und platz habe ich ja künftig. scheiß auf die allergie. dann lebe ich halt mit schnodder. alles nur eine frage der prioritäten.

sieht aus, als könnte die zukunft so werden, dass man angst bekommen muss, wieder etwas von ihr zu verlieren. so halb-schön, sie wissen schon. auf jeden fall nicht mehr so wertfrei, dass man denkt: scheiß auf alles, alles ist austauschbar, und es kann nur besser werden.

jetzt ist erstmal arbeit angesagt. organisieren, streichen, boden renovieren. vermutlich werde ich in nächster zeit wieder mal viel lernen müssen. und warum haben baumärkte eigentlich keine onlineshops?!

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Samstag, 13. November 2010
warum kein schwanz so hart wie das leben ist
i am a hunter, stelle ich fest. meine jahresbilanz bis november beläuft sich bis dato auf 14 opfer, davon vier oder fünf o.n.s. und drei mit beziehungsversuch. ich stelle außerdem fest: ich bin gerade emotional ein bisschen erschöpft. seit fünf wochen ist meine libido zum erliegen gekommen, was hauptsächlich daran liegt, dass ich furchtbar gelangweilt bin.

aktuell bin ich genervt vom subjekt II. es ist der typ mann, der sich selbst als eher introvertiert bezeichnet und nicht so aus seiner haut kann. unser kontakt beschränkt sich auf zwar recht intensives aber nichtsdestoweniger rein virtuelles chatten sowie halbstummes im-club-nebeneinander-stehen. aber erklärungen sind niemals entschuldigungen. ich stellte weiterhin fest, dass mir kontakt auf diese semiautistische art und weise nichts bringt. so lerne ich menschen einfach nicht kennen. ich nehme mir zeit für zweisamkeit. und das verlange ich auch vom jeweils anderen.

inzwischen wissen wir ja: nicht können ist immer bloß die kleine schwester von nicht wollen. und gemäß meinem aktuellen motto "was nicht will, wird willig gemacht" habe letzte woche noch einmal eine offensive gestartet. ich hatte vier tage nichts vom subjekt II gehört. also meldete ich mich per sms bei ihm. kommentar subjekt II: "schön, dass du noch lebst!" - so, als hätte er 100 mal anrufen und meinen gesamten anrufbeantworter vollgequatscht, während ich unzuverlässige schlampe ihn im regen stehen ließ. so ein spruch ist ja der ultimative anknüpfungspunkt für ein freundliches gespräch. ich ließ mich jedoch nicht beirren, sondern machte, immer nach der maxime "konkretes führt am ehesten zum ziel" handelnd, zwei konkrete vorschläge zur auswahl (demokratie ist wichtig in der partnerschaft!) für ein potenzielles treffen. daraufhin folgte schweigen. dann, stunden später, ich war kurz davor, eine freundin anzurufen, kam eine sms mit: "klingt gut". ich freute mich zunächst über diese grundsätzliche, einen halben tag lang wohlüberlegte bereitschaft zum date, bis mir dann auffiel, dass er sich ja für keine der optionen entschieden hatte. fühlte er sich überrumpelt? ich schickte noch eine sms hinterher und fragte, was er denn nun machen wolle oder ob er gegenvorschläge habe. dann wartete ich. als schon zu dämmern begann, kam schließlich eine sms mit "ich geh nicht so gern ins *** oder ins ***, ich mag das nicht wegen der vielen leute und weil es so laut da ist." ich: "deshalb fragte ich ja nach alternativen!!" da es zwischenzeitlich 18 uhr war, befand sich meine gute laune bereits auf holpriger kellerfahrt. doch der gute herr vergeudete noch einmal eine halbe stunde meiner wertvollen zeit, bevor er dann schrieb, "eigentlich muss ich noch was einkaufen gehen."

ich war fassungslos. da hatte dieser mann nun sechs oder sieben stunden gebraucht, um an den punkt zu kommen, dass er sich zwar grundsätzlich gern mit mir treffen würde, vorzugsweise da, wo es keine menschen und nichts lautes gibt, dass er aber ja gar nicht konnte, weil er noch einkaufen muss. spektakulär! ich frage mich immer, wie solche menschen im berufsleben bestehen können. aber das sind dann wohl diejenigen, denen ich täglich hinterhertelefoniere: "guten tag, ich habe vor zwei monaten schon mal nach diesem und jenem tv-mitschnitt angefragt... ja, vor vier, drei, zwei und auch letzte woche haben sie uns zugesagt, dass sie ihn uns schicken werden, aber es ist immer noch nichts angekommen...", während mir der kunde stinksauer im nacken sitzt und denkt, ich wäre hier die unfähige.

auf dem weg heute zur post kam mir ein typ entgegen, schätzungsweise in meinem alter, sehr groß, sehr hübsch, sehr markenbeklamottet. er telefonierte. offenbar ging es um das frühstück. als er an mir vorüberzog, rief er verzweifelt ins telefon: "ey, digger, du musst einfach nur das wasser kochen und dann da die eier reintun!!" und ich spürte, dass ich nicht die einzige war, die sich mit lebensunfähigen menschen herumärgert. ich hoffe, der kumpel am anderen ende der leitung hat die anweisung richtig verstanden. verbrühte hoden stelle ich mir nämlich schmerzhaft vor.

passend zum thema und weil das leben so verdammt schön hart sein kann:

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Donnerstag, 11. November 2010
nachspiel (care-ful)
es muss gegen halb zehn gewesen sein, als das telefon klingelte. es zeigte keine rufnummer an, also dachte ich, es sei meine mutter. am anderen ende der leitung hörte ich erstmal nur straßenlärm. und dann die stimme des objekts.
"hey... ich hab gerade arbeit aus und dachte, ich ruf mal an."

ich war mehr als verblüfft. das objekt besitzt kein telefon, kein internet und ein maximal temporär funktionierendes handy, das zudem meist ausgeschaltet ist, weil das objekt im drei-schicht-dienst arbeitet und daher zu mehrmals wöchentlich wechselnden tag- und nachtzeiten schläft. wir schicken uns aus diesem grund lediglich hin und wieder sms und telefonieren nur in extremen ausnahmefällen und das auch nie länger als zwei minuten, weil dann einer von uns beiden entweder kein guthaben oder dank billiganbieter keine verbindung mehr hat.

ich war also stark verwundert und stellte gespannt die lauscher auf.
"wo bist du denn gerade?" fragte ich entsetzlich kreativ.
"an der klinik", nuschelte das objekt. dann wurde die verbindung unterbrochen.
drei minuten später klingelte das telefon erneut.
"hey, ich bins nochmal, ich hatte kein kleingeld mehr, ich bin in der telefonzelle, und son typ hat mir eben geld gewechselt, damit ich dich nochmal anrufen kann."
"soviel engagement bin ich ja gar nicht gewohnt", sagte ich sarkastisch.
"du bist gut drauf, hm", erwiderte das objekt.
"im moment schon", antwortete ich.
das objekt atmete tief ein. "aber am wochenende warste das nich, was", sagte es dann zögerlich.

jetzt war ich wirklich perplex. obwohl das objekt ein sehr liebevoller und zärtlich-leidenschaftlicher mensch ist, ist es doch eher unbekümmert und tendiert nicht dazu, sich um anderen erwachsene menschen allzu große sorgen zu machen. und falls doch, flutete garantiert der nächste shot drogen oder die nächste flasche wodka die unangenehmen gedanken weg.
nun aber erlebte ich eine mir bis dato völlig unbekannte objektseite.
"du brauchst jetzt auch gar nichts zu sagen. aber du sollst wissen, dass ich das mitbekommen hab, ich kenn das doch, ich weiß doch, was du gemacht hast." wie immer, wenn das objekt aufgeregt ist, weil es unsicher ist, wie das gesagte ankommt, beginnt es leicht zu stottern.
"warum hast du denn nichts gesagt", fuhr es dann fort. "ich hab das doch schon letzte woche gespürt, dass bei dir was nicht stimmt. und du kannst doch nicht einfach dein leben so aufs spiel setzen."
"jetzt übertreib mal nicht", erwiderte ich. "normalerweise bist ja wohl du derjenige, der sich zudröhnt."
"aber nicht mit sonem mist."
"das waren ja keine harten drogen."
"das sind sehr wohl harte drogen", donnerte das objekt. mein widerspruch blieb mir im hals stecken. so viel strenge hätte ich im anbetracht seines leichtfertigen eigenen drogenkonsums nicht erwartet.
stille. ich lauschte. war die verbindung wieder abgebrochen? nein, ich hörte das objekt atmen.
"entschuldige, ich hoffe, du bist mir jetzt nicht böse", sagte es dann.
"so ein quatsch, warum denn, du hast doch das recht, deine meinung zu sagen."
"nein... weißt du... ich wollte so gern am samstag mit dir sprechen..."
"du warst ja beschäftigt." (das objekt hatte am samstagabend mal wieder zwei tussen mit unterschichtenniveau abgeschleppt.)
das objekt seufzte: "ich weiß... aber du bist doch sonst diejenige von uns beiden, die die fahne hochhält. du hast so viel kraft. du bist die jeanne d´arc. und das am samstag hat mich einfach umgehauen." das objekt atmete schwer aus: "du, maus, ich mach mir sorgen."
das verschlug mir vollends die sprache. und es kam noch besser.
"ich hab mir was überlegt", sagte das objekt dann. "ich weiß, ich bin nicht immer erreichbar... aber ich werde jetzt mein handy erstmal immer anlassen, okay? dann kannst du immer anrufen, wenn was ist. und wenn ich es mal nicht hören sollte, weil ich schlafe, dann schreib mir... so lange und so viele nachrichten du willst. ich melde mich dann gleich, wenn ich sie lese."

das objekt war ein freund. ein wahrer freund. das schnallte ich in diesem moment. so verworren unsere lovestory auch immer war, das objekt hatte etwas wichtiges begriffen, ohne, dass ich es hätte erklären müssen: ich bin nicht gut darin, um hilfe zu bitten. weil ich ein verdammt schlechtes gespür für mich selbst habe und meistens schon untergegangen bin, bevor ich merke, hey, das und jenes ist aber gerade nicht gut für mich.

ich war gerührt.
"danke", stammelte ich.
"hör auf damit", sagte das objekt unwirsch. "ICH muss dir danken. du gibst mir so viel und ich hab das gar nicht verdient."
"doch", sagte ich, "du weißt gar nicht, wie sehr."
"vielleicht", antwortete das objekt sehr sanft. "du aber tu mir bitte einen gefallen und pass auf dich auf. und bitte mach das nie wieder."
"ja", schniefte ich.
"bis bald", sagte das objekt. "bis ganz, ganz bald."

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Samstag, 6. November 2010
sounds of silence
liebes blog,

gestern gab es (leider/glücklicherweise) keinen sound for november. ich habe nämlich mist gebaut und liege heute flach, seit nunmehr über 36 stunden wach, mit herzrasen, kreislaufkaputt, zehn liter mineralwasser im magen und in einer geistig nicht allzu guten verfassung. manche dinge sollte man also besser bleiben lassen. gut, dass ich endlich mal auf die schnauze gefallen bin.

gestern war ich ganz alleine mit subjekt II auf einer depeche mode party. war lustig, schätzungsweise 50 % der besucher kamen vom anderen ufer und der main-dj war selber mal gast (tanzte aber nicht, wie so viele djs). high und in ich-könnt-die-welt-umarmen-laune habe ich mir fleißig eingeredet, ich sei tatsächlich schwer verliebt in das subjekt II. haut aber nicht so ganz hin, habe ich heute wieder nüchtern für mich befunden. whatever. lass uns freunde bleiben. versuchsweise zumindest.

nach exakt null minuten schlaf war ich dann bei einem wohnungsbesichtigungstermin - in einem haus in der straße, wo ich einst mit dem cabman wohnte. es ist sogar dieselbe hausnummer. zufälle bzw. genossenschaftswohnungen gibts! wenn ich demnächst fleißig spare, wohne ich vielleicht ab nächsten jahr im dachgeschoss, in komfortablen zwei zimmern, auf 40 qm und duschklo mit fenster.
die anreise mit dem fahrrad entpuppte sich nach so wenig schlaf und mit restchemie im blut als gefährliches und gesundheitsgefährdendes unterfangen. die rückreise brachte ich dann in der u-bahn zu - mit schlingerndem magen und wackligem kreislauf. frau gönnt sich ja sonst nichts.

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Freitag, 29. Oktober 2010
sag "mama"
meine eltern sind in der stadt - für ein wochenende. ich bin von der arbeit nach hause gehetzt, um mich rasch frisch zu machen und ihnen den treffpunkt mitzuteilen. doch es wiederholt sich, was ich das letzte mal schon erlebte: sie sind jetzt - um halb acht uhr abends - schon zu müde, um sich noch mit mir zu beschäftigen.

gut, sie hatten eine anreise mit dem ice hinter sich. aber ich habe einen 10-stunden-tag hinter mir. und ich bin nicht wie sie um 9 uhr, sondern um sieben aufgestanden.

manchmal versteh ich das nicht. ist das noch liebe?

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Mittwoch, 27. Oktober 2010
besuch von der fernseh-stasi
vor rund einer stunde kam ich nassgeregnet, kalt und müde von der arbeit nachhause. kaum hatte ich die tür hinter mir geschlossen, klingelte es. nanu, dachte ich mir, da will mir wohl meine liebe nachbarin aus dem ersten stock wieder mal mein päckchen hinterher tragen? treudoof öffnete ich die tür - und blickte auf ein offiziell aussehendes kärtchen, auf dem "ndr" stand.

leider war ich viel zu verdattert, um sofort zu schnallen, dass es sich um die fernseh-stasi handelte. um diese uhrzeit, denken sie mal! aber vermutlich hat die fernseh-stasi inzwischen spione im schichtdienst.
bevor ich die tür also wieder zuknallen konnte, fragte mich der typ sehr freundlich aber bestimmt und wie aus der maschinenpistole geschossen, ob ich für meine rundfunk- und fernsehgebühren angemeldet sei, da ihm keine anmeldung vorläge. ich sagte dummerweise wahrheitsgemäß "nein". immerhin war ich seit neun jahren erfolgreich den krallen der gezler entkommen und noch nie von einem gebühreneintreiber persönlich belästigt worden.
"ich habe aber weder fernseher noch radio", sagte ich ehrlich. "wissen sie, ich mache nur ein unbezahltes praktikum, da kann man sich sowas nicht leisten." das war zwar gelogen, aber gut. ich machte meine großen augen noch größer und versuchte es mit der mitleidsmasche.
"aber sie haben einen pc!" triumpfierte der fernseh-stasi-spitzel.
ich wollte schon nein sagen, als ich gerade noch merkte, dass meine tür zum wohnzimmer offenstand und der bildschirm meines niegelnagelneuen (einkommenssteuersenkenden) laptops durch die dunkelheit des raumes strahlte.
"ähm, ja", wand ich mich.
der fernseh-stasi-spitzel hielt mir einen längeren vortrag darüber, warum ein pc gleich ein radio gleich ein fernseher ist sowie weshalb unbezahltes fernsehen oder auch schon die theoretische möglichkeit unbezahlten fernsehens eine ordnungswidrigkeit darstellten - während ich grübelte und grübelte, wie ich aus dieser nummer wieder herauskommen könnte.
"aber ich habe kein internet", log ich.
"aber ihr rechner ist internetfähig!" schlug der spitzel mein argument tot. "alle neuen rechner sind das!"
dann fing er an, meine daten aufzunehmen. ich fühlte mich so hilflos ausgeliefert wie damals, als ich das erste mal beim schwarzfahren in der s-bahn erwischt wurde.
"wie lange halten sie denn schon geräte zum empfang bereit", fragte mich der spitzel.
"ähm, ich bin gerade erst eingezogen", log ich.
"also seit september?"
"sagen wir mal oktober", grinste ich frech.
der typ zog die augenbrauen hoch. es war klar, dass er mir kein wort glaubte.
"können sie das nachweisen?"
"klar", sagte ich lässig. ich wusste nicht wie, aber der spitzel insistierte auch nicht weiter auf dem nachweis.
"wie lange wohnen sie denn schon genau hier", wollte mein ungebetener gast dann wissen.
das geht sie einen feuchten scheißdreck an, wollte ich gern sagen, entschloss mich dann aber, weiterhin dreist zu lügen.
"seit zwei wochen", sagte ich also.
"aha, wo haben sie denn vorher gewohnt?"
"bei meiner freundin", erwiderte ich. "die ist seit der trennung aber nicht mehr so gut auf mich zu sprechen."
der typ guckte groß, und ich musste achtgeben, nicht laut zu lachen.

"wollen sie von unserem bequemen bankeinzug profitieren", drängte mich der spitzel am ende dazu, meine kontodaten zu offenbaren.
"nein, ich bevorzuge rechnungen" erwiderte ich, "am monatsende bin ich sowieso immer pleite."
dann musste ich einen wisch unterzeichnen. ich tat es, mechanisch, denn was hätte ich sonst machen sollen?

"auf wiedersehen", sagte der spitzel, während ich innerlich grollte. was für eine unverfrorenheit, mir meinen feierabend so zu zerstören.
den durchschlag des zettels, den der spitzel mir aushändigte, knüllte ich zusammen und warf ihn in den müll. mit der rechnung würde ich das natürlich nicht machen. denn die wird zurückgehen - mit "empfänger verstorben" drauf.

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