Dienstag, 15. April 2014
talking about suicide
da mir das objekt dazu geraten hatte, weihe ich meinen therapeuten in meine gedankengänge ein. wie immer fällt es mir irre schwer, über suizid zu sprechen, ohne mich kitschig und theatralisch zu fühlen. schließlich bin ich kein verhungertes afrikanisches kind oder jemand, dem es objektiv so schlecht geht, dass er grund zum sterben hätte. wenigstens muss ich bei meiner beichte nicht heulen, das ist schon mal was. wer bei selbstmordankündigungen heult, gibt damit zu, dass er eigentlich nur gerne gerettet werden würde, finde ich. das würde ich vor meinem therapeuten niemals zugeben.

"ich habe einen aussichtslosen job und einen ekelhaften chef, ich habe keinen partner, keine familie, ich verliere meine freunde, ich habe null freude mehr am leben, mal abgesehen von gelegentlich ficks. das ist doch eine recht überzeugende negativbilanz", analysiere ich vor mich hin.
mein therapeut schaut latent betroffen.
"ich fände das sehr schade. sie sind doch eine so vielversprechende persönlichkeit."
"ich habe aber keinen platz im leben. ich stoße alles ab wie ein falsch gepolter magnet. ich habe x-fache versuche unternommen, fuß zu fassen. ich habe mich letztes jahr elf monate lang beworben und beworben, um weg aus der agentur in einen popeligen unternehmensjob zu kommen. und was ist? ich habe so wenig geld, dass ich nur ganz knapp über die runden komme. ich lebe mit dauernden schmerzen, die sich in den nächsten jahren voraussichtlich noch verschlimmern werden. ich habe so viele menschen kennen gelernt, aber niemand hält es mit mir aus, außer wenn es ums ficken geht... ich fühle mich total einsam und habe in allen für mich relevanten belangen versagt, aller vielversprechender anläufe zum trotz."
"sie hatten halt viel pech", meint mein therapeut. "das sollten sie nicht persönlich nehmen."
"ich nehme das aber inzwischen persönlich. ich hatte die letzten jahre fast nur pech. und jeder minierfolg hat immense ressourcen gekostet und sich letztlich nicht gelohnt. ich bin müde. da ist nichts mehr, an was ich noch glauben könnte."

"was machen sie denn, wenn es ihnen so geht?" will mein therpeut wissen.
ich zucke die achseln.
"ich heule. ich starre auf meiner 100er-packung painkiller und sage mir, jetzt, los, alle in ein glas und runter damit."
"was hat sie bislang abgehalten?"
"der gedanke, dass das alles nicht wahr sein kann. dass das alles vielleicht nur ein sehr lang anhaltender alptraum ist. dass irgendwann der wecker klingelt. es ist eine komplett surreale situation."
mein therapeut schaut mich lange an.
"versprechen sie mir was?"
aha, denke ich, jetzt kommt die nummer mit dem antiselbstmordabkommen, das ich schon vom objekt kenne.
"was? dass ichs nicht tue?"
"dass sie jemanden anrufen. das objekt zum beispiel."
ich lache hart.
"sie meinen, das objekt sitzt den ganzen tag neben seinem handy und wartet, ob es mir eventuell schlecht geht? das ist nicht ihr ernst. das kann man von keinem menschen verlangen, wenn auch sicher vom objekt noch am ehesten."
"zumindest hätten sie da jemanden, der sich mit hoher wahrscheinlichkeit richtig verhält."
"vergessen sies."
"dann wenigstens den notruf."
der therapeut guckt wie ein welpe, den man getreten hat. herrje.
"meinetwegen. ich will ihnen ja die patientenstatistik nicht versauen."
das objekt hätte mir für diese zynische bemerkung jetzt den arsch versohlt. ich merke, wie mich der gedanke schon wieder anturnt, also verdränge ich ihn. schließlich sitze ich hier mit meinem alt-68er-therapeuten, der heute exakt denselben rentierpulli wie in bridget jones trägt.

abschlussgespräch zum thema mir-guttun.
"was tun sie, um es sich schön zu machen und sich zu entspannen?"
ich denke nach.
"ich trage objekt-klamotten."
"wiebitte?"
"ich habe ein paar sachen vom objekt. die hat es mir mitgegeben, zum einschlafen oder wenn ich mal zu kalt angezogen war. manchmal zieh ich die dann an. die riechen nach ihm."
das macht mich geil, hätte ich fast gesagt.
"das beruhigt mich dann."
der therapeut nickt zufrieden. an seiner stelle hätte ich mich aufgefordert, objektklamotten niemals zu tragen, sondern sie zu verbrennen und mich nach einer eventuellen berührung mit dem pheromonkontaminierten stoff sofort stundenlang zu duschen. aber mein therapeut ist ja ziemlich luschig.
"und sonst? wann fühlen sie sich am meisten geborgen?"
"beim ficken."
ich vermute, dass drei oder vier finger in der muschi oder ein schwanz im mund nicht als sinn des lebens durchgehen und somit kein adäquates mittel zur depressionsbewältigung sind, aber ich ernte keine widerworte.
"was mich manchmal wundert, ist, dass das noch geht", sinniere ich. "depressive sind doch an sich asexuell."
grinsen, schulterzucken. vermutlich sind psychotherapeuten auch asexuell, bei all den storys, die sie sich den ganzen tag lang anhören müssen.

beim abschied hält der therapeut meine hand ein wenig länger als sonst.
"ich wünsche ihnen kraft", sagt er, was er noch nie gesagt hat. fast bin ich gerührt.
erst draußen fällt mir auf, dass er mir keinen neuen termin gegeben hat, so, als hätte er mein ableben bereits eingeplant.

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Sonntag, 13. April 2014
harter tobak
das objekt und ich wollen auf eine party gehen. als das objekt allerdings gegen abend anruft und fragt, ob ich vorglühen kommen mag, da die gespielin nicht da sei, weiß ich schon, was sache ist.

denke ich.

doch dann, wir trinken gerade einen, packt das objekt wie beiläufig die geschichte seiner kindheit und jugend aus. es versucht zunächst, eine unterhaltsame story daraus zu machen. ich höre zu und bin erschüttert. das objekt erzählt weiter, eine schonungslose geschichte, die wahr sein muss, denn die größten schrecklichkeiten kann es nicht aussprechen. nach zwei stunden ist es durch, und ich bin es auch, denn ich habe schon viel erlebt und auch gehört, doch diese story toppt alles bisherige.

"danke für dein vertrauen", sage ich am ende bewegt.
"ja nu", sagt das objekt bloß, blass und erschöpft ist es vom langen reden. "jetzt verstehst du vielleicht auch besser, warum ich so bin wie ich manchmal eben bin."
"klar", sage ich. "das schließt für mich einen kreis, der vier jahre lang nur fragezeichen war."

ich habe das bedüfnis, das objekt in die arme zu nehmen, aber bei schlimmen dingen kann es nähe nicht ertragen. also beschränke ich mich darauf, noch einen korn einzuschenken, den vierten inzwischen, und wir sind beide angetüddert.

nach einem joint verwandelt sich das objekt wieder in die person, die ich kenne, und pellt mich aus meinen ausgehklamotten. wir ficken bis es hell wird, aber meine gedanken sind diesmal ganz woanders.

später schlafen wir ein. das objekt murmelt und zuckt im schlaf, und als ich es deshalb wecke, kriecht es zittrig in meine arme.
"manchmal wache ich so auf und erschrecke mich, weil ich denke, die letzten jahre waren nur ein schöner traum und ich bin immer noch dort."
ich streichle es beruhigend und drücke mein gesicht in sein duftendes haar.

man kann die dinge ja nicht ungeschehen machen.

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Mittwoch, 9. April 2014
wie im himmel
wochenenden tun mir nicht gut. nicht diese wochenenden, an denen ich 13 oder 14 stunden schlafe, innerlich wie gelähmt erwache und mich permanent frage, warum ich eigentlich noch lebe - zumal man mit dem inhalt meiner hausapotheke komfortabel eine großfamilie auslöschen könnte.

gestern nacht, nach vier tagen suizidalem kreiseln, ziehe ich die notbremse und funke das objekt an, ob wir telefonieren können. dann warte ich und merke, ich kann es kaum mehr aushalten, der druck ist bereits bedrohlich hoch. so hoch, dass ich dem gedanken verfalle, dass das objekt doch nur ein ficker sein könnte und ich ihm nicht vertrauen darf. also schicke ich kurze zeit später noch eine weitere nachricht: willst du ficken? es ist ein test, ob das objekt darauf anspringt. unfair, aber ich kann nicht anders.

als mein handy endlich klingelt, bin ich schon ein bisschen eingeschlafen.
"oh, du klingt verschlafen", sagt das objekt, "willst du weiterschlummern oder möchtest du reden?"
ich sage nichts.
"ich spüre gerade, dass es ernst ist, und dass es dir überhaupt nicht gut geht", sagt das objekt und trifft intuitiv ins schwarze.
als antwort fange ich wie ein kleinkind an zu heulen.

das objekt lässt mich eine weile schniefen und weinen und beschränkt sich in dieser zeit auf beruhigendes gebrabbel und allgemeinplätze wie "ist ja gut", "lass es einfach raus", "ich bin ja da" und ähnliches. dann merke ich, wie ich mich entspanne und ruhiger werde.
"na siehst du", sagt das objekt. "geht doch schon wieder ein bisschen."
"nein, geht gar nicht", finde ich.
"was denn los?"
"ich will nicht mehr."
"was meinst du?"
"ich kann so nicht mehr weiterleben."
das objekt überlegt einen moment.
"vielleicht ist das nur... so eine ganz tiefe melancholie, was meinst du?"
ich schluchze:
"ich war heute so draußen... und die welt war ganz weit weg... ich war schon nicht mehr teil davon, ich meine, irgendwie hab ich so... abschied genommen."
das objekt atmet scharf ein:
"wie, abschied genommen?"
"so wie ichs sage."

das objekthirn rattert im hintergrund. auf einmal fällt mir ein, dass es mich jetzt vielleicht einweist.
"also im moment denke ich gerade nicht direkt an selbstmord", schiebe ich nach.
"das sagst du jetzt nur, weil du schiss hast, dass ich nen krankenwagen rufe", durchschaut mich das objekt. "dabei wäre klinik jetzt genau das richtige. kann ich dich dazu bewegen, freiwillig in die notaufnahme zu gehen?"
"nein. die testen mich wie ein versuchskaninchen. meine ärztin verschreibt mir dauernd tetrazyklika, obwohl ich die nicht vertrage, ständig, immer wieder, die macht so ne studie, ich trau der nicht mehr, das ist eine ganz verlogene alte fotze."
das objekt seufzt schwer beherrscht.
"morphine, das ist total paranoid."
"du glaubst mir nicht, du bist genauso, ich hätte dir das gar nicht erzählen dürfen", blubbere ich aufgebracht.
das objekt seufzt ein zweites mal.
"also, morphine, entweder du kommst jetzt soweit runter, dass wir hier eine kooperative basis kriegen oder du gehst in die klinik."

ich atme ein paar mal tief durch, was gar nicht so einfach ist, wenn der puls auf 180 wummert und das herz gegen den brustkorb schlägt wie ein wuchtiger pflasterstein.
"okay, was soll ich machen?"
das objekt denkt einen moment nach:
"also wenn ich das vorhin richtig mitbekommen habe, warst du am schlafen und ich finde, das solltest du jetzt auch tun, weil dein körper danach verlangt. gehst du morgen arbeiten?"
ich überlege:
"wenn ich nicht arbeiten gehe, falle ich komplett aus dem rahmen."
"gut, dann gehst du arbeiten. dafür solltest du ausgeschlafen sein, also wirst du jetzt schlafen."
"ich weiß nicht, ob ich das kann."
"warte. was machst du morgen nach der arbeit?"
"weiß nich."
"dann komm doch rum. mein sohn ist da, aber ich hab ein bisschen zeit. ich schieb dem nen film rein, dann können wir reden. ich habe das gefühl, du brauchst auch mal ne umarmung."
warme erleichterung durchströmt mich, als hätte mir das objekt morphium injiziert.
"okay", wispere ich.
"dann schlaf jetzt. komm gut durch die nacht. ich lass das handy an, falls du dir doch die pulsadern aufschneiden willst, ja?"
"danke."
"dafür nicht. und morgen bist du erstmal bei mir. schlaf jetzt."
und schwupp, hat das objekt aufgelegt.

am nächsten tag schlage ich nach der arbeit in der objekt-gespielinnen-wg auf. als ich im flur stehe, kommt schon der objektsohnemann angeschossen.
"hallo morphine", kräht er fröhlich.
"hallo morphine", sagt eine tiefe stimme aus der küche.
ich luge hinein und da steht das objekt mit schaufel und besen bewaffnet und macht jagd auf wollmäuse. ich bekomme eine bärenumarmung.
"möchtest du was essen?" will das objekt wissen.
ich schüttle den kopf.
"keinen appetit?"
ich schüttle abermals den kopf.
"du siehst aber blass aus, ich finde, du brauchst zucker."

ich setze mich wortlos auf den küchenstuhl und versinke in schweigen, während das objekt ein paar pfannkuchen macht. dann setzt es sich zu mir, beobachtet mich, versucht, meinen blick zu fangen und grinst mich dabei an. "hallo", sagt es und zieht mir die hände weg, mit denen ich mein gesicht schützen will. dann steht es auf und umarmt mich abermals, hält mich fest und wiegt mich eine weile. ich lehne mich an, lasse mich fallen, verdrücke zwei tränchen. die objektive wärme brennt sich durch meinen pulli. ich beginne mich wohlzufühlen.

dann lässt mich das objekt abrupt los und setzt sich wieder mir gegenüber. es fixiert mich streng:
"was ich übrigens richtig scheiße fand, war dein fickangebot. stell dir mal vor, ich hätte mal keinen so hellen moment gehabt und hätte dich antanzen lassen und dir meinen schwanz in den mund geschoben. kannst du dir vorstellen, wie du dich dabei gefühlt hättest? und kannst du dir vorstellen, wie ich mich gefühlt hätte, wenn ich hinterher erfahren hätte, wie es dir wirklich geht?! oder wenn du dann vielleicht auch noch einen suizidversuch gemacht hättest?"
"entschuldigung", sage ich unter tränen. "ich konnte dir nicht vertrauen."
das objekt knirscht wütend mit den zähnen, spielt angespannt mit dem docht der brennenden kerze und beginnt schließlich, einen joint zu drehen.

nach ein paar zügen entspannt es sich, grinst wieder friedlich und hält mir dann den filter an die lippen.
"erzähl mir mal, was du im juli machst."
ich zucke mit den achseln.
"ab dem siebten hab ich urlaub."
"ich ab dem zehnten. und dann mach ich ferien mit meinem sohn."
ich rolle mit den augen.
"weiß ich alles."
"ich hab mir ein paar gedanken gemacht. ich muss ja erstmal ein auto besorgen. ich werd wohl das von meinen eltern holen. also fahr ich erst mit dem kleinen zu meinen eltern. danach würde ich dich dann gerne auf dem weg in den süden treffen. ostberlin oder so."
ich schaue an die wand.
"klär erstmal die situation."
das objekt sucht meinen blick.
"aktuell ist das als reiner vater-sohn-urlaub verbucht."
es dauert einen moment, bis ich realisiere, was das bedeutet.
"daran hätte ich ja im leben nicht geglaubt."
das objekt zuckt zusammen.
"wenn du weiterhin so misstrauisch bist, überlege ich mir das allerdings noch mal."
da muss ich endlich lächeln und das objekt lächelt mit mir.
"ich hab ja ein bisschen angst, dass du dich mit uns langweilst", hat das objekt bedenken.
"das glaub ich nicht. die natur... der kleine... und dann du... und ich..."

ich umarme das objekt und atme seinen duft. die chemie kickt mein krankes hirn wie ein elektroschock und ich merke, wie ich trotz aller misere angesext bin. dem objekt geht es offenbar ähnlich, denn seine hände wandern über mein dekolleté und berühren meine brüste.
"dein herz schlägt ganz schwer", flüstert es.
ich nicke.
"sag stop, wenn du das nicht willst", sagt das objekt und atmet schneller, "ich will, dass es dir gut geht. bitte. du bist das wichtigste. sag mir, wenn ich aufhören soll."
ich schmiege mich in den objektiven griff.
"hör nicht auf."
das objekt zieht mich hoch und beugt mich über den küchentisch. es greift unter meinen rock und schiebt seine hand in meinen slip. mit der anderen öffnet es seine hose. ich kann seine warme erektion hinter mir spüren.

in diesem moment platzt der objektsohnemann in die küche. wir haben ihn nicht kommen hören. das objekt zieht schnell die hose hinauf und meinen rock wieder hinunter. der sohnemann starrt uns mit großen augen an. während ich am liebsten im erdboden versinken möchte, stellt das objekt mal wieder sein improvisationstalent unter beweis.
"wie siehts aus mit mathe-hausaufgaben?" fragt es arschcool und schafft so die thematische 180-grad-wendung.

einige minuten später sitzen wir über bruchrechnungen und lassen die köpfe qualmen. unter den tisch stecken meine füße zwischen denen des objekts, während es mich mit einer hand zart streichelt. mit der anderen stopft es meine kalt gewordenen pfannkuchen in sich hinein. der lütte grübelt, flucht, heult und lacht und schafft dann doch ganz locker die aufgaben. so sitzen wir, bis die objektgespielin im anflug ist und ich nach hause muss.

"ach, fast hätte ichs vergessen", sagt das objekt bei der abschiedsumarmung.
es reicht mir ein kleines päckchen.
"noch was schönes zum geburtstag."
"für mich?" piepse ich erstaunt.
"aber erst zuhause aufmachen. ich hab angst, dass du das schon kennst. das war mal meines und es hat mir in der krise viel bedeutet. vielleicht kannst du ja auch was draus ziehen."
"danke. ich bin gespannt."
ich gebe dem objekt einen letzten kuss, dann schiebt es mich aus der tür.

in der bahn lasse ich die begegnung und die wahrscheinlich gewordene perspektive für den sommer auf mich wirken. für einen moment fühlt es sich an wie im himmel.

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Montag, 7. April 2014
sonntag
don´t disturb.

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Freitag, 4. April 2014
was dein herz begehrt
der große kater schnurrt und purrt und schlingt sich um meine beine. schubbert sich und schaut mich mit großen augen an. als ich die hand ausstrecke, um ihm über den verwuschelten kopf zu streicheln, weicht er ein wenig zurück, um an meinen fingern zu schnuppern. dann dreht er sich wie wild im kreis und mauzt lauter, stellt sich auf die hinterpfoten und streckt sich richtung tischplatte. da begreife ich, dass es nicht um streicheleinheiten geht. denn auf dem tisch liegt ein angebissenes käsebrötchen. frischkäse zählt zu den most-wanted objekten der begierde des herrn kater und wird nur noch durch thunfisch übertroffen.

männer eben.

meine eltern haben mir zum geburtstag eine karte geschickt. außen steht: "natürlich muss man männer so nehmen wie sie sind" und innen "aber man sollte sie nicht so lassen". die karte hat mein vater ausgesucht. drunter hat er geschrieben, dass er mir wünscht, "dass sich der glücksbaum endlich mal wieder ein wenig in meine richtung neigt". das ist für meinen stoischen, mich an meiner leistung messenden vater eine wahrhaft poetische aussage.

überhaupt fällt mir neuerdings das eine oder andere zu meinem vater ein. wie wir früher oft gemeinsam in die sterne geguckt haben. venus, jupiter, mars. der wechsel der sternbilder im rhythmus der jahreszeiten. oder die erste phase meiner lang anhaltenden schlaflosigkeit, die in der grundschule begann. mindestens einmal pro woche gingen wir deshalb spätabends spazieren, um mich müde zu machen. unser ziel war das brachland, das die bahngleise entlang führte. dort standen wir dann und warteten auf vorbeifahrende züge. mein vater, der fernweh nie kannte, ist ein großer fan von zügen. vielleicht träumt er sich ja in die ferne, so wie auch ich immer etwas zum träumen brauche, um die welt ertragen zu können.

manchmal erzählte mein vater bei unseren spaziergängen aus seiner kindheit, manchmal sagten wir einfach nichts. von meinem vater habe ich das schweigen gelernt. mein vater ist die große stille in mir, das stumme auge im sturm der einprasselnden details.

die erkenntnis, dass es diese ruhigen, schönen momente meiner durcheinandergerührten kindheit hin und wieder gab, lässt einen schwarm zärtlicher gefühle in meiner brust explodieren, den auch 40 milligramm ssri nicht verdrängen können. ich vermisse diese momente. sie haben nie lange genug gedauert, um meine sehnsucht zu stillen.

auch für das objekt hege ich neben erotischen eine menge kindlicher gefühle, während es selbst bei bedarf die vaterrolle gegenüber mir einnimmt. ich frage mich oft, ob das gesund ist, aber ich rechtfertige es damit, dass es sich gut anfühlt. es ist ein vereinzeltes nachhausekommen, dass mich dann durch die kommenden tage trägt wie eine kleine, kugelsichere wolke.

mir selbst ein zuhause geben ist eine aufgabe, die mich jeden tag bis ans äußerste fordert. nur selten gelingt es mir. die katzen helfen mir. wenn die super-puschis auf mir schlafen, der kleine in meinem schoß, der große auf meinen füßen, dann ist da ein großer friede.

es ist ein kleiner anfang. sich zu erinnern. an sich zu arbeiten. und ein langer weg, der noch vor mir liegt.

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Donnerstag, 3. April 2014
und wieder ein jahr geschafft
mit viel kampf und noch mehr krampf.
ohne überzeugende ergebnisse, aber dafür mit noch mehr herausforderungen.

gewonnen?

die merkwürdige kraft, die aus einer krebsdiagnose entstand.
kleine inseln mit dem objekt.
einsichten, jede menge.
menschen, hier und da, die freunde werden könnten.
wunderbare zeit mit zwei super-puschis.

verloren?

die existenzgrundlage.
knorpelmasse im knie.
ein paar dioptrien auf dem linken auge.
meinen onkel, der am wochenende verstarb.
freunde, die keine waren.
das vertrauen in die menschheit. das aber schon länger.

heute gibt´s die doppelte dosis antidepressiva. zur feier des tages.

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Montag, 31. März 2014
nightshift II
seit vergangener woche befinde ich mich in innerlicher objektdistanz. dieses gefühl zeichnet sich dadurch aus, dass ich schlecht vom objekt denke. arschloch. wichser. feiger opportunist. gleichzeitig bin ich bis zum anschlag geladen. meine gedanken malen objekt-schwänze in mein bewusstsein. drehen szenen zärtlicher und brutaler akte. lassen objektduft in meiner nase aufsteigen, obwohl da nichts ist, was nach objekt riecht.

gestern fühle ich mich deswegen innerlich zum zerreißen gespannt. gerade als ich dasitze und schwanke, ob ich zum wiederholten male masturbieren oder lieber ein paar benzos einschmeißen soll, ruft das objekt an.
"kannst du gerade zuhören?" fragt es.
"ja", sage ich.
"ich habe ein wahnsinnswochenende hinter mir! ich habe mich geprügelt!"
objektive prügelstorys sind immer spannend. das kommt daher, dass das objekt nach außen eher den thc-gechillten halbverrückten markiert, weshalb man ihm auf den ersten blick nicht zutraut, dass er menschen unter umständen mit einem schlag ins k.o. befördern kann. darüber hinaus bleibt das objekt, das sich seiner kraft durchaus bewusst ist, immer sehr lange ruhig und friedfertig, und verhandelt oder scherzt mit seinen angreifern. das kann entweder entwaffnend wirken oder den konflikt erst recht zuspitzen. dem objekt ist das egal, hauptsache, es wird unterhaltsam.

diesmal hatte sich das objekt auf einer party mit einem macker seines kalibers geprügelt und dabei selber auch einiges eingesteckt. der kampf war angeblich so beeindruckend, dass sich die security kaum eingreifen traute.
"aber jetzt gehts mir wieder gut", schließt das objekt seine heldenstory, "ich bin zwar seit über 24 stunden wach, weil ich nach der party noch arbeiten war, aber ich fühle mich ganz entspannt. alles, was mir jetzt fehlt, ist deine süße."
"ist das eine einladung?"
"wenn du so willst. ich würde mich freuen."
ich überlege kurz, denke an den banker, fackle dann aber nicht lang und sage:
"okay."
"nur okay?"
"was haste denn erwartet?"
das objekt hält inne und sagt dann:
"dass dich das geil macht."
ich lache.
"das kommt auf deine performance an."
"ich hab schon ein drehbuch im kopf."
ich spüre ein wildes pochen im unterleib.
"ich bin gespannt", sage ich mit verhaltener erregung.
"dann sage ich dir jetzt, was du anziehen darfst."

eine stunde später schlage ich beim objekt auf. als es mich in den arm nimmt, riecht es frisch gebadet.
"hmmmmmm", schnuppere ich.
das objekt strahlt, dann hebt es mich hoch und trägt mich in sein schlafzimmer.
"stop", sagt es, als ich mich ausziehen will.
"ich will das machen."
es zieht mir jacke, schuhe, strümpfe und rock aus, dann kniet es mit geschlossenen augen vor mir und atmet tief.
"alleine die vorstellung, dass ich dir jetzt gleich den slip ausziehe, bringt mich schon fast zum explodieren."
das objekt postiert mich vor seinem spiegel und gibt noch ein paar regieanweisungen. ich bleibe äußerlich vollkommen ruhig und unbeteiligt. als es mir langsam den slip herunterzieht und dabei über die innenseite meiner schenkel streicht, verrät mich allerdings ein leises zittern. das objekt bemerkt es und lächelt siegessicher. dann berührt es ganz leicht meine klitoris und ich zucke wie vom blitz getroffen.

"also doch", raunt das objekt, "ich habe mir ja schon fast sorgen gemacht, dass ich dich heute vielleicht doch nicht kriege."
es knöpft mein oberteil auf, liebkost meine brüste und meinen bauch und küsst meine muschi.
"war da gestern oder heute ein anderer mann dran?" schaut es mich streng an.
ich grinse.
"sag schon", insistiert das objekt.
"nein."
"nein was?"
"nein, kein anderer mann."
"gut."
ich betrachte das objekt.
"hätte dich das angemacht?"
das objekt schaut mich an.
"nein."
"sondern?"
"du weißt doch, es ist mir lieber, wenn da kein anderer war."

dann reicht es mir eine zierliche tasse tee.
"trink", sagt es.
als ich die tasse ansetze, dringt es mit einem finger in mich ein und ich zucke wieder zusammen.
"du hast was verschüttet", sagt das objekt und deutet auf einige tropfen tee auf dem boden.
ich will ein taschentuch holen, aber das objekt verbietet es mir.
"bleib genau so stehen, ich mach das."

es geht ein handtuch holen. als es das zimmer wieder betritt, ist es nackt. an der schulter und der linken flanke zeichnen sich die blessuren der prügelei ab. ich atme tief ein, ein schöner mann vom scheitel bis zu sohle, und ein krieger noch dazu.
der krieger kniet sich wieder vor mich und wischt den boden. dann reicht er mir erneut die tasse.
"trink", sagt das objekt. "trink wie eine dame. sei du selbst, sei elegant. konzentriere dich."
dann macht es dort weiter, wo es aufgehört hat. als ich kurz vor dem orgasmus stehe, fällt mir die tasse aus der hand und zerbricht.
"scheiß drauf", sagt das objekt nur.

es hebt mich wieder hoch, trägt mich über die scherben und legt mich aufs bett. dort drückt es mich tief in die kissen und hält meine handgelenke fest.
"was willst du?" fragt es mich.
"fick mich", sage ich bebend.
"sag bitte."
"bitte, du arschloch."
mit einem kraftvollen stoß dringt es heftig in mich ein, sodass ich instinktiv versuche, zurückzuweichen.
"das war für das arschloch", sagt das objekt und hält mich noch eiserner fest. "hat das wehgetan?"
"ein bisschen."
"hat es nur wehgetan oder hat es dich auch angemacht?"
"beides", flüstere ich.
das objekt küsst mich sehr zart, dann gibt es kein halten und offenbar auch kein drehbuch mehr. wir fallen übereinander her und lieben uns wild und hart.

"du bist wunderbar", flüstert das objekt in mein ohr, als wir später erschöpft und verschwitzt nebeneinander liegen. "du bist so süß und schön und warm und sexy, mit keiner frau ist es so wie mit dir."
ich sage nichts.
das objekt richtet sich auf:
"du sagst ja gar nichts?! da knie ich heute vor dir und dann sage ich dir sowas und du bist so cool. oder bist du sauer, weil ich dir wehgetan habe?"
"das war ja nicht wehtun."
"es war auch nicht so gemeint. ich meine, ich war so voller adrenalin... du hast mich so angemacht..."
"komm mal wieder runter. alles ist gut. es war fantastisch, wie immer."

endlich entspannt sich das objekt.
"ich möchte so gern, dass du in meinen arm kommst und wir einschlafen", wünscht es sich.
"dann stell ich lieber den wecker."
"ach komm. so tief schlafe ich nicht."
"ganz sicher?"
"nur ein bisschen chillen."
"na gut. es ist halb drei, wir haben noch etwa zwei stunden."

ich kuschle mich in die objektive achselhöhle und inhaliere die pheromone. das objekt küsst meine schläfe und streichelt meine haare.
"du riechst so gut", murmelt es, dann spüre ich, wie seine muskeln sich lösen und die glieder schwerer werden. als es sich auf die seite dreht und mich wie früher mit armen und beinen umschlingt, tritt auch bei mir entspannung ein und ich döse weg.

als ich wieder erwache, ist es 4:17 uhr. das objekt schläft wie ein stein und schnorchelt leise. ich rüttle an seiner schulter und rufe seinen namen. erst als ich ihm leicht ins gesicht schlage, wacht es auf.
"wir sind eingeschlafen", alarmiere ich es.
"oh gott", sagt das objekt verschlafen.
"ich muss sofort gehen."
"nimm dir geld für ein taxi", bietet das objekt an.
"ich bin mit dem rad da."
"du bist so tapfer", murmelt das objekt.
als ich in schuhen und jacke stecke, ist das objekt schon wieder eingedöst. ich sitze auf der bettkante und betrachtet das vertraute gesicht, das im schlaf so kindlich wirken kann, wenn sich die weichen lippen sanft bewegen und die augenlider im traum leicht flattern.
"tschüß", flüstere ich und küsse die kupferrote mähne.
dann flüchte ich aus der wohnung.

draußen schließe ich das fahrrad auf. als ich meine handschuhe anziehen will, fällt mir auf, dass mir einer meiner ringe fehlt.
verdammt.
in die wohnung komme ich nicht mehr, da jeden moment die gespielin nach hause kommt. das objekt schläft tief und fest und hört auch kein telefon mehr. in letzter not schicke ich eine sms und hoffe, dass das objekt sie liest, bevor die gespielin fündig wird.

dann fahre ich nach hause und verbiete mir jeden weiteren gedanken an potenzielle eventualitäten.

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Sonntag, 30. März 2014
tageslicht
am dienstag ruft der banker an und bittet um ein treffen. da der mann ebenso naturverrückt ist wie ich, verlegen wir das erste date an meinen lieblingsplatz: das moor.

perfekt zum kennenlernen hat eine weitere erkältung meine stimme in kehliges krächzen verwandelt und den hauptteil der kommunikation auf nicken, kopfschütteln und gestikulieren verlagert. trotzdem erzähle ich dem banker kaum zwei stunden später schon fleißig aus meinem verkorksten leben, inklusive der eskapaden in die psychiatrie und meiner unter dauermedikamentenbeschuss stehenden seele. der banker, der eigentlich gar kein banker ist, sondern tatsächlich hauptberuflich künstler, schaut mich interessiert, aber keineswegs schockiert von der seite an.
"wo bist du denn in behandlung?"
ich verrate es ihm.
"krass, da war ich auch mal. also was heißt mal, ist erst ein paar wochen her."

glasklar, dass ein interessanter mensch wie der banker auch eine klatsche hat. sein leiden ist noch weniger klar als das meinige zu fassen. er nimmt allerdings keine medikamente, sondern verarbeitet seine krisen in seinen bildern. sehr löblich und proaktiv-produktiv soweit.
wir erzählen einander ein wenig von unseren eltern. der banker beweist dabei eine messerscharfe wahrnehmung und wagt ein paar thesen über meine geknickte wenigkeit, die für die kürze des kennenlernens enorm sind. ich merke, wie ich innerlich ruhiger werde, obwohl der banker ähnlich wie ich ständig am wahrnehmen und zeigen und erzählen ist, also nicht wie das objekt den ruhepol bildet, auf dem ich mein gedankenschweres haupt ablegen darf. der banker versteht mich. er ist mir ähnlich. ein lebensmutiger mensch, der ebenfalls gerne und lange in die abgründe der menschlichen seele schaut.

wir gehen essen und beschließen dann nachher, noch einen wein bei mir zu trinken.
"ich hoffe, du magst katzen", sage ich, als ich die tür aufschließe.
ich gehe auf toilette und ziehe meine jacke aus. unterdessen begrüßen die superpuschis den banker. besonders der große hat ihn gleich ins herz geschlossen und wälzt sich begeistert auf dem teppich vor ihm.
später, als der banker kurz auf toilette ist, frage ich den großen leise:
"und, was meinste, kann man dem vertrauen?"
der kater schaut mich aus großen klugen augen und mauzt sanft, wie er es immer tut, wenn er sich wohlfühlt.

ich bin glücklich, dass mich der banker weder küsst noch anfasst. denn im selben maße, wie meine zuneigung wächst, wabern auch ängste und abwehr empor. was ist gut für mich? will ich das? und was wird das überhaupt? was um himmels willen hab ich da angerichtet?

es wird spät. eigentlich will ich den banker loswerden, um noch in den club zu ziehen. nachgucken, ob das objekt da ist. die bereitschaft, mich ficken zu lassen, ist hoch. doch dann nippe ich an meinem wein und fühle noch mal nach. bleibe sitzen. entlocke meinen entzündeten stimmbändern noch ein paar laute. lasse mich unter die lupe nehmen von diesem wachen blick. versuche, die ruhe in mir zu spüren und zu würdigen. das ist wertvoller als party mit potenziellem objektkontakt, sage ich mir. und ein teil in mir glaubt mir. also werfe ich den banker erst raus, als ich wirklich müde bin und die halsschmerzen zu stark werden, um weiterzureden.

ich bekomme zum abschied eine lange umarmung. ein moment panik, dass der banker mich jetzt küssen wollen könnte. doch dann wendet er sich der treppe zu.

wir werden uns wiedersehen, das steht fest.

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Mittwoch, 26. März 2014
ich bin ein alpha-tier, holt mich hier raus!
irgendwie kann ich mit geschäftsführern schlecht. das ist ganz merkwürdig, komme ich doch auch in teams prima klar, in denen ich nicht die erste geige spiele.

aber mit cheffe knallt es. eigentlich permanent. ich habe den rat meines therapeuten befolgt, cheffe nicht mehr jede kleinigkeit um die ohren zu hauen beziehungsweise immer hübsch abzuwägen, ob die sache wirklich ein elefant oder eben doch nur eine mücke ist und es sich somit nicht lohnt, kopf und kragen dafür zu riskieren.

also ärgere ich mich jetzt stumm. mit der folge, dass ich schon pickel kriege, wenn ich nur sehe, dass er mir eine e-mail geschickt hat. was er übrigens nur selten tut, weil marketing in seinen augen unwichtig ist und ich damit ebenfalls. gleichzeitig erwartet er natürlich, dass ich hübsch männchen bzw. frauchen mache, wenn er pfeift. neuerdings lasse ich mir damit eher zeit, was wiederum ihn reizt. aber ich vergelte respektlosigkeit mit respektlosigkeit, wenn ich schon nicht mehr maulen darf.

ich finde diese entwicklung schade. immerhin ist cheffe der zweite chef in meinem leben, vor dessen fachkompetenz ich achtung habe. was natürlich nicht viel nutzt, da er nicht viel vor meiner hat.

da mein job zwar spaß macht, aber gering bezahlt und ohne jegliche perspektive ist, habe ich mich nun entschlossen, doch wieder weiterzuschauen. immerhin hat mir neulich mein asiamann, bei dem ich gerne essen bestelle, "eine gluck" zu meinem curry mit hereingereicht. in meiner "gluck" stand, ich sei ein guter chef. vermutlich stimmt das.

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Sonntag, 23. März 2014
hochspannungsclubbing
nachdem ich den freitag so gut überstanden hatte, war ich gestern noch mutiger und beschloss, alleine auszugehen. zunächst ein abstecher in den stammclub, der fast leer war. keine bekannten gesichter, interessante neue schon gar nicht. ich erinnerte mich, dass einige straßen weiter eine konkurrenz-veranstaltung lief. also schwang ich mich aufs rad und fuhr weiter.

auf der konkurrenzveranstaltung war es dann angenehm voll. ich entdeckte zunächst t., danach einen weiteren bekannten, der mir einen drink ausgab. dann drehte ich mich um und sichtete die objektgespielin und das objekt. offenbar hatte das objekt heute ausgeh-erlaubnis in begleitung von mutti bekommen.

mit genugtuung betrachtete ich den arsch der gespielin, der schon wieder breiter geworden war. da sie über ein nahezu grenzenlos großes selbstbewusstsein verfügte, hatte sie sich in enge röhrenjeans gequetscht und dazu auch noch flache schuhe gewählt. im profil sah sie aus wie schwanger.

das objekt registrierte mich und kam zu mir herüber. es nahm mich sehr kurz in den arm und wartete dann, bis einige leute der gespielin die sicht versperrten, um mir auf den hintern zu hauen.
"na, wo kommst du her?"
"aus dem club."
"hast du dich nicht amüsiert?"
"nee, da ist heute keiner."
das objekt betrachtete mich prüfend, aber ich hatte ja so gute laune und innerlich genau die richtige objektdistanz. also beschloss ich, ein wenig zu sticheln. ich machte ein ernstes gesicht und fragte liebreizend:
"sag mal, du... hand aufs herz: kann das sein, dass du noch mal vater wirst?"
das objekt starrte mich schockiert an.
"nein, wieso?"
ich lenkte den blick durch die massen und fixierte die gespielin.
"also ich hätte schwören können..."
die miene des objekts versteinerte.
"nein, die gespielin will keine kinder. und ich ja auch nicht, der eine reicht mir."
ich lächelte hinterlistig.
"ach das weiß ich doch... trotzdem wäre ich mir sicher, wenn es einfach passieren würde... das wäre ja ein kind von dem mann, den sie über alles liebt... und glaub mir, das überlegt sich eine frau sehr gut. und ihr passt ja auch so wunderbar zusammen! ich sähe da kein hindernis, wenn es so wäre."
das objekt trat von einem fuß auf den anderen.
"morphine, die gespielin ist nicht schwanger."
ich tätschelte die objektwange.
"verzeih, das war dann wohl eine optische täuschung."

wir standen noch ein wenig stumm nebeneinander, dann bemerkten wir, dass uns die gespielin säuerlich anstarrte. das objekt lächelte verzweifelt und zuckte die schultern:
"ich muss dann mal wieder..."
als es sich umdrehte, stand die gespielin schon hinter ihm und war ihm begriff, ihn am arm zu packen und wegzuzerren.
"ich komm ja schon", sagte das objekt.
die gespielin schnatterte etwas beleidigtes. ihr doppelkinn wackelte dabei. das objekt rollte genervt die augen. ich grinste, winkte nonchalant und flötete in gespielinnen-hörweite:
"bye-bye, bis bald!"

obwohl ich mein karma mit dieser fiesen aktion sicherlich empfindlich angeditscht hatte, landete ich minuten später einen volltreffer. schon kurz nach meiner ankunft war mir ein typ aufgefallen. weißes hemd, stoffhose, blitzeblanke lederschuhe, strenge banker-frisur. er strahlte allerdings nicht das selbstbewusstsein eines managers aus, sondern eine sehr sympathische unsicherheit.
ich stellte mich nebendran und wagte einen blick. ganz vorsichtig, schließlich war ich letzte woche abgeblitzt bei einem typen, der wesentlich weniger hübsch war.

der banker verzog zunächst keine miene. verklemmt, schüchtern oder desinteresiert? da ich ja so gut drauf war, beugte ich mich irgendwann todesmutig zu ihm rüber und sagte:
"du bist der einzige interessante mensch hier in dem ganzen laden."
und wow, da ging ein lächeln über sein gesicht, so wie auch ich lächle, wenn ich mich für meinen geschmack ein wenig zu sehr freue, es aber nicht verbergen kann.
"ähm, oh, danke... ich glaube, ich falle heute aber auch ein bisschen auf", sagte er und deutete auf sein outfit.
wir lächelten uns an.
mir fiel auf, dass er nichts zu trinken hatte.
"du sitzt ja auf dem trockenen."
"ja, ich wollte eigentlich gerade gehen."
"aber es ist doch erst vier!"
"das ist ja auch schon spät."
"achwas. was willst du trinken?" fragte ich und hoffte, dass er keine teueren sachen mochte, denn ich hatte nur noch fünf euro im portemonnaie.
"ein bier", sagte er zu meiner erleichterung.
ich lehnte mich über den tresen und bestellte.

dann stießen wir an.
"was trinkst du denn da eigentlich?"
"whiskey-cola."
"so ein rocker-getränk."
"naja, besser als tussen-schampus, oder?"
der banker lachte und nickte.
"was steht da denn auf deinem t-shirt?"
ich posierte mich vor ihm.
"kitty thinks you are an asshole... das ist ja mal eine harte ansage. ich werde mir mühe geben, dass sie das nicht von mir denkt."
doch das musste er gar nicht, denn wir verstanden uns sehr gut. auch das objekt registrierte, dass ich mich prächtig mit einem anderen mann amüsierte und guckte mehrmals finster zu mir. ich ignorierte es einfach.

gegen fünf drängte der banker zum aufbruch.
"ich bekomme morgen besuch und muss dann den ganzen tourischeiß mit denen machen."
"ja dann mal tschüß", sagte ich spröde.
der banker hielt inne.
"nächste woche ist ein konzert...", er drückte mir einen flyer in die hand, "vielleicht möchtest du mitkommen?"
ich nahm den flyer und betrachtete ihn.
"hui, das ist ja knallharte elektromucke. find ich aber gut. ich überlegs mir."
"ich würde mich freuen."
wir grinsten einander an.
"dann sollten wir vielleicht die telefonnummern...?" fragte der banker schüchtern.
"ja klar."
ich nahm ihm sein handy aus der hand und tippte meine nummer ein.
"bitte sehr."
"ja dann..."
"dann bis bald."
der banker streckte mir die hand entgegen. keine umarmung, das fand ich ja mal interessant. wo andere frisch erworbene bekanntschaften doch sonst keine gelegenheit ausließen, mich anzugrabbeln.
dann nahm der banker seinen biederen blouson und wandte sich richtung ausgang. und weg war er.
ob er mich anrufen würde? ich war mir merkwürdig sicher.

ich blieb noch, bis sich die veranstaltung gegen sechs auflöste, und weidete mich an den ereignissen des abends.
dann ging ich hinaus in die kälte und radelte der aufgehenden sonne entgegen.

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