Sonntag, 26. April 2009
geometrische betrachtungen
in mir ist ich, wie eine murmel, glasklar, hart, rund, keine einschlüsse. alle begegnungen sind geometrie, tangenten. sie huschen vorbei wie ein kometenschweif millionen kilometer entfernt, kein eintauchen in eine atmosphäre, so es eine gibt. ich ruhe in mir selbst, schwer und dunkel, wie in einem grab.

in mir bleibt kein platz zum atmen. ich bin keine leichte, luftige persönlichkeit, kein sommerhauch. meine tiefe ist die dichte einer geballten masse, nicht messbar. meine sehnsucht frisst alles auf, von zeit zu zeit, traurigkeit wie ein marianengraben, ein imperialistisches klaffen bis zum kern.

ich zolle meinen höchsten respekt dem, der es mit mir aufnimmt. der um mich herum eine welt baut, in der ich zu gast, vielleicht von zeit zu zeit auch zuhause sein darf. ein punkt in einem diagramm. immer geschlossen, mit losen linien nach außen, dürftig, verzweifelt ob meiner eigenen unzerbrechlichkeit, die kaum mehr mitteilbare maße angenommen hat. die stille in mir, für die es keine worte gibt, das schweigen, das mich in mir einschließt.

ich erwarte kein verständnis. ich will nur noch ein wenig diese hand halten dürfen, die so weich und gut und fest ist. die mich so fühlen macht, als sei ich nicht nur punkt, sondern sonne in einem kleinen universum.
und ich bete, dass ich nichts verbrennen möge.

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Mittwoch, 1. April 2009
staunen mit fünf buchstaben - interaktives ratespiel
das, von dem ich spreche, ist einfach nur hornklee. das klingt ja zunächst nicht so doll. wie hornhaut. zugleich impliziert es etwas bodenständiges, das meinen ständig schwebenden seelenzustand erdet. klee ist darüber hinaus immer auch glücksklee, wenn man der menschheit und ihren geschichten glauben schenkt, und genau das wollen wir heute mal. beständigkeit und glück - hornklee muss man folglich mögen, wenn man so eine luftika ist wie ich.

es ist aber auch eine seerose, ein sportwagen-hersteller, ein computerspiel der 90er jahre, der name eines tondachziegels, sowie der name einer tochter-computerfirma, einer demoszene-gruppe, einer hilfsorganisation für die philippinen sowie eine entscheidung des ständigen internationalen gerichtshofs aus dem jahr 1927.

und von was quasselt die alte da nun?

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Sonntag, 1. März 2009
morphine sucht den superstar
wer oder was ist dein star, dein augenstern? und warum?

und eigentlich ist doch jeder ein star. und jeder hat seinen stern, seine sterne. guckt doch bloß mal. milliarden, billionen sind da draußen. unterscheiden sich nicht groß von den anderen auf den ersten blick. aber jeder von ihnen ist wunderschön.
lernt sie sehen, die schönen. besonders diejenigen, die sich nicht prostituieren und nach aufmerksamkeit geiern. die nicht prahlen und sich etwas einbilden auf ihr eigenes, im grunde bescheidenes licht.

nur alle sterne zusammen sind licht. ein einzelner ist nur ein einsamer punkt in der schwärze. die gesamtheit aber macht den zauber der schöpfung aus.
nehmt euch die zeit und lernt staunen und sammelt ehrfurcht vor den dingen, die größer sind als ihr selbst.

axo, ja, das war das wort zum sonntag.

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Dienstag, 24. Februar 2009
verbind mich
unglaublich, wie lange manche menschen an unverbindlichen affairen festhalten. manche gründen sogar eine familie auf diesem seil, das nicht einmal eines aus draht ist. allenfalls hanf, leichtes stroh, entflammbar.
meine affaire verbindet mich. die alten wunden, die ab und an bluten, die frischen narben gleich mit. es verbindet sich, findet sich. und wir? keine findelkinder mehr.

und dennoch, liebster, reichen 24 stunden deiner abwesenheit und ich fühle mich wie heimwund. ein schleichender, trockender schmerz, als ob ich ohne dich nirgendwo zugehörig wäre, nicht dieser stadt, nicht diesem land, nicht diesem leben.

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Sonntag, 25. Januar 2009
in the mood for
selbstgefällige betrachtungen.

ich binde die schuhe, überquere die vertraute straße und starte meine strecke den fluss entlang. das wasser liegt still und sanft gekräuselt zu meiner linken, während sich meine schritte in den weichen boden graben, abstoßen, aufkommen und wieder abstoßen. obwohl ich meine laufaktionen wegen krankheit stark reduzieren musste, fliege ich dahin, und mein geist gleitet vor mir her. ich hasche gedanken, sehe die letzten sonnenstrahlen hinter den bäumen hinabsteigen und schmecke den ersten frühen frühlingsabend. ich bin komplett. es ist vollkommen für einen moment.


ende der selbstgefälligen betrachtungen.

wie ich schon anderenorts feststellte, gibt es viele schreiber und nur wenige schriftsteller. was viele schreiber oft zu schriftstellern macht, ist der blick weg vom leidigen ich und das unterlassen von selbstverklärung der eigenen banalität. einer, dem dies mit wundervoller bescheidenheit und großer radikalität gelang, ist gerd ledig.

der obergefreite konnte sich nicht mehr in seinem grabe umdrehen, da er überhaupt keins besaß. er war drei werst von podrowa entfernt, etwa vierzig werst südlich von leningrad, in eine salve eines raketengeschützes geraten, war in die luft geschleudert worden und mit abgerissenen händen, den kopf nach unten, an einem kahlen gestell, das früher einmal ein baum war, hängengeblieben. [...] eine halbe stunde später, als der verstümmelte baumstamm eine handbreit über dem boden von einer mg-garbe abgesägt wurde, fiel sein verunstalteter körper ohnedies zur erde. er hatte inzwischen noch einen fuß verloren. als er auf die erde fiel, war er nur noch ein halber mann. [...] er roch vier wochen süßlich. bis nur noch knochen von ihm im waldgras herumlagen. zu einem grab kam er nie.

("die stalinorgel", classen, hamburg 1955)
vorgestellt an anderer stelle auch schon vom cabkater.

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Donnerstag, 15. Januar 2009
zeit für statements - sommer 2006
halb sieben uhr morgens auf den fahrrad durch die stadt, sonntag, saphirfarbenes licht an der hochhausfront am ring, todmüde vom tanzen, aber die augen aufgerissen vom herzschlag, mdma mit wodka redbull im blut, die sehnen auf den handrücken treten pochend hervor, die zunge liegt metallisch schmeckend im mund, glücklichglücklichglücklich für einen moment.

soundtrack:

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Dienstag, 6. Januar 2009
atemberaubend gelangweilt
es langweilt mich zu beobachten, wie menschen ihr leben vergeuden und sich dabei langweilen, weil sie zu unentschlossen sind, etwas zu ändern. es macht mich rasend, wie sie andere dabei ausbremsen oder mit mehrarbeit überlasten. es langweilt mich von zeit zu zeit, auch mich selbst dabei zu erleben, wie mich das zögern ergreift.
"ich habe eine therapie gemacht, weil ich noch nie wusste, was ich vom leben wollte", erzählte mir heute jemand (wohlgmerkt ein mann und noch dazu ein erfolgreicher workaholic). "und ich habe erkannt, dass ich zögere und warum ich zögere. aber ich konnte es nie abstellen."
"es ist eine behinderung. aber wie jede behinderung ist es auch gabe", sagte ich ein wenig altklug. gabe kommt von "geben". und geschenke muss man annehmen.

menschen wie wir stagnieren im leben. wir sind nicht multi-tasking-fähig, wir sind wenig zweckorientiert, auch wenn wir uns eifrig darin üben und klammheimlich furchtbar gerne kaltblütig rüberkommen. wir fahren einbahnstraßen und landen in sackgassen. aber wir haben das verdammte glück, glücklich zu sein, weil wir den vogel sehen, der auf den zaun kackt. während der rest der menschen sich auf schnellstraßen tummelt, dort, wo es gar keine vögel mehr gibt.
von zeit zu zeit nehme auch ich schnellstraßen. und merke, wie es mich gleich noch mehr langweilt, herumgeschubst und fremdbestimmt zu werden. das ist nur noch ein übersteuerter herzschrittmacher, nicht aber nicht der puls des lebens. dann kehren wir zu unseren zäunen zurück und lassen uns erschlagen von der unendlichen vielfalt des lebens, atmen mit jeder pore unseres körpers die unerträgliche leichtigkeit des seins.

wir sind die einäugigen im land der blinden. wenn wir jemanden finden, der uns ergänzt und uns mit einem zweiten auge schauen macht, sind wir sogar die könige der welt. unser reich ist das mächtigste: die gegenwart. der punkt, von dem aus man schaut, der niemals vergangen ist und der noch nicht gekommen ist. hier gibt es keinen ort für angst und auch keine erinnerung. alles ist prall und reich und randvoll mit dem wuselnden, tanzenden, singenden, sich selbst spielenden jetzt. man kann sich daran überfressen und immer noch hungrig sein. es gab phasen in meinem leben, da musste ich aufhören zu essen, um noch mehr von diesem leben in mich hineinzuschaufeln. keine spur von maßlosigkeit: jeder handgriff ein ritual, der den ist-zustand akribisch zelebriert. psychologen nennen das gerne "zwanghaft". gott verdamm sie.

das leben hat mich oft aus den latschen gehauen. einfach, weil es so war wie es gerade war. inzwischen sitze ich fester im sattel, aber immer noch ist alle unheimlich intensiv. als wäre man durchsichtig und nicht greifbar, ätherisch. jeder windhauch ein geschoss.
haben sie schon mal während der autofahrt den kopf aus dem fenster gesteckt und zu atmen versucht? als kind habe ich sommers nichts lieber getan und dabei gebrüllt: "ich ersticke vor wind!!" das gab schimpfe von papa und zuhause den arschvoll von mama. ist schließlich ja gefährlich. aber so ist das leben für mich und die, die so sind wie ich. atemberaubend. und todsicher tödlich.

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Mittwoch, 31. Dezember 2008
thirty-one
gestern mit meiner lieben freundin t. über die autobahn geschunkelt und zwischen winterbraunen bäumen die irrsinnige sonne auf die netzhaut brennen lassen, bis sie sich dann ab kassel wieder ins graue nordlicht verwandelte. und mich gefragt und gefragt.

der norden hat mich wieder. denn muss man nicht das neue jahr dort begrüßen, wo man seine zukunft sieht?
trotzdem fühlte ich mich im süden nach zwei tagen schon wieder halbwegs zuhause. die menschen dort sind so unerträglich blöde und hässlich wie immer, aber es gibt auch welche, für die es sich lohnt da zu sein, sogar mehr als nur lohnt. es gab auch den moment, in dem ich mich ehrlich fragte, was, wenn mein job im süden wäre? würde ich dann tatsächlich noch in hh wohnen? was hält mich eigentlich? kann ich doch eigentlich in jede stadt auf dieser welt gehen, ohne dass ich eine beziehung dadurch zerstöre.
es hält sich die waage. die nordmetropole hat mein herz, der süden mein blut. im süden bekomme ich mehr bärenhafte umarmungen, im norden bessere jobs und schönere menschen. im süden sind meine eltern, die älter werden (was zu beobachten mich mit merkwürdiger milde erfüllt) und mich eines tages brauchen werden, im norden sind sie nicht, können mich nicht nerven und verletzen.

am montag sehr lange mit meinem cousin a. über chancen und verlorene hoffnungen gesprochen. was, wenn man so zerrissen zwischen begraben und wiederbeleben steht? wenn man nicht mehr 18 ist, ist tot nicht mehr tot und lebendig nicht mehr lebendig. alles nimmt komplizierte zwischenformen an und man versucht, sie zu verändern. und dabei gleichzeitig einzuschätzen: ist es den aufwand wert? authentizität oder komfort? beides schließt sich viel zu oft aus. und warum gibt es niemals einhundert prozent? warum gibt es nicht die eine liebe und den einen menschen, der zu uns passt?
und trotzdem lieben wir das leben. und zwar genau unsere leben.

ich mache pläne. wenn ich 30 bin, dann will ich eine wohnung von mindestens 50 quadratmetern haben, angemessen bezahlt meinen job machen und wissen, dass ich den menschen an meiner seite heiraten werde. ich will keine kompromisse mehr - was natürlich nur bedeuten kann, dass ich noch mehr davon machen muss. mich reflektieren und spiegeln, in mir und anderen menschen.
"mein sinn des lebens ist, universelle liebe zu geben", habe ich mit 16 gesagt. vielleicht ist es nicht so falsch, was man in einem zustand der seelischen beinahe-unschuld gedacht hat.
back on track. and further on.

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Mittwoch, 24. Dezember 2008
es weihnachtet
mir selbst am fenster gute nacht gesagt, beobachtet von einer struppigen schwarz-weißen katze, die mich irritiert aussah.
festgestellt, dass mir ein kunststück gelungen ist: mich wohlzufühlen nämlich. die wohnung wird, stück für stück, quadratzentimeter für quadratzentimeter, meine. meine alleine. alleine.
es liegt ein stück besinnlichkeit in diesem eremitendasein, etwas, was man nur sich selbst schenken kann. ich bin mit mir im reinen. mit bestimmten anderen nicht, das wird an weihnachten klarer denn je. dennoch kann ich keine träne vergießen darüber. es ist wie es ist. dass es gut so ist und dass es sich deshalb vermutlich nicht mehr ändern wird, wird sich mir eines tages erschließen. etwas demut aufbringen, dem ungeliebten karma folgen.
den gedanken gehabt, in die kirche zu gehen. oder auf den friedhof. dem wunsch folgen, morgen die zeit darauf zu verwenden, an einem besonderen ort zu sein. gefühlt richtig, wenn auch ohne sinn, nicht erklärbar oder mitteilbar. aber es fragt ja auch keiner.

wünscht euch was. ich kann es euch sowieso nicht erfüllen. aber vielleicht habt ihr ein besseres karma.

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Freitag, 28. November 2008
wellblech
manche tage schließen mit dem schwimmenden gefühl eines fragezeichens. rund, aber nicht in sich geschlossen. und dabei hatte man doch gar nicht viel blech geredet. das empfinden mag dann aber auch an dem viertel wein im blut liegen.
schlaft gut.

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