Dienstag, 16. Juni 2015
der kopf ist ein brummkreisel
das objekt fährt mit dem rad auf der straße an mir vorbei.
ich rufe irriert: "hey!"
"ich muss weiter", sagt das objekt und lächelt warmherzig, "aber wir sind ja nachher zum essen verabredet, dann reden wir."

noch im erwachen durchströmt mich falsche seligkeit - der objektkonflikt ist gelöst! dann eiskaltes bewusstsein: ach nee, doch nicht. denn auch ein halbes jahr nach dem großen knall herrscht zwischen dem objekt und mir wortloser zwischenmenschlicher permafrost.

der kopf ist ein brummkreisel. ganz tief drin hat er jede menge objektgedanken auf lager, die er nachts, wenn ich denn irgendwann mal schlafen kann, alle an die oberfläche holt. sie gipfeln in träumen von atemberaubendem sex, der sich im traum genau so anfühlt, wie er es in der realität tat.

tagsüber bin ich verwirrt und kann mich schwer konzentrieren, obwohl ich gerade sehr viel arbeiten müsste. immer wieder frage ich mich, ob ich das objekt nicht doch um ein letztes gespräch bitten sollte. alles einmal ordnen, auf beiden seiten, und dann einen friedlichen abschluss finden. die angst hält mich ab. die angst vor einer abfuhr, die mich dann wieder monatelang wütend machen könnte. und die angst vor der objektiven freundlichkeit, die mich noch trauriger machen würde, weil ich diesen menschen verloren habe und ihn wiedergewinnen wollen könnte.

ich habe so viele fragen an das objekt. ich versuche mir vorzustellen, dass das objekt tot sei. dann könnte ich keine antworten mehr auf meine fragen verlangen. aber das objekt ist nicht tot. vielmehr muss ich ständig damit rechnen, ihm zu begegnen, obwohl ich es wie durch ein wunder kaum tue.

im alltag ist das objekt kaum mehr thema. ich habe das ganze drama mit hundert leuten hundertfach bekakelt und hundert ratschläge bekommen, die mich allesamt nicht weitergebracht haben. ich mag nicht mehr darüber sprechen, sondern klammere mich an meine stumme trauer wie an ein grab. die trauer ist alles, was mir aus viereinhalb jahren geblieben ist. möglicherweise muss ich akzeptieren, dass sie einfach noch eine weile da sein wird.