Mittwoch, 30. Mai 2012
ssah und ebeil, ud und hci
seitdem das objekt wieder auf dem plan ist und oberwasser im leben gewonnen hat, konfrontieren wir einander hart mit den marotten des jeweils anderen.

wenn das objekt sich mal wieder daneben benimmt und sich dann mit den worten "sorry, ich weiß, ich bin ein arschloch" entschuldigt, sage ich "du bist ein möchtegern-arschloch, du poser, und du brauchst tussen, die feige und geheimnisvoll verwechseln, um deine fassade aufrechtzuerhalten." woraufhin das objekt noch nicht einmal beleidigt auflegt, sondern tatsächlich nachdenkt, zwei stunden später zurückruft und nachfragt, ob es eigentlich manchmal lächerlich wirke und dann zugibt, dass es für ihn schwierig sei, authentisch zu sein, weil er hier den vater und ein männliches vorbild vermisse.
"was ist dein vater für dich?" frage ich nach und plötzlich spricht das objekt über seine kindheit. dass der vater nicht nur alkoholiker, sondern dorfbekannter schläger war, dem man nicht krumm kommen durfte.
"du hasst deinen vater nicht nur", analysiere ich die antworten, "wenn du so von ihm redest, bist du eigentlich stolz auf ihn. in wirklichkeit kannst du nicht verstehen, wie du ihn so bewundern kannst, während du ihm so gleichgültig warst und versuchst es ihm nachträglich heimzuzahlen, indem du ihn als vater verleugnest."
nach solchen sätzen ist das objekt stolz, allerdings auf mich:
"dass ich so eine kluge frau kenne... und dass die mich kennen mag, das ist toll."

im gegenzug lauscht es auf meine worte und weist mich gnadenlos zurecht, wo ich mich zu klein mache:
"so charmant dein zynismus ist, in wirklichkeit hasst du dich so sehr, dass du gefahr läufst, dich irgendwann aufzugeben."
im büro erreichen mich kleine botschaften per sms:
"auftrag für heute: dir eine blume kaufen."
oder:
"koch dir was tolles zu essen und verbringe mindestens eine halbe stunde allein damit, die mahlzeit zu genießen."
oder:
"was ist dein highlight für den heutigen tag? überlege es dir bis heute nachmittag, 15 uhr und schreib es mir."
zur schlafenszeit plingt dann mein handy noch einmal und das objekt fragt ab, ob ich meine aufträge auch erledigt habe. dann gibt es feedback:
"gut gemacht. und morgen noch mal."
oder:
"das ist schon wieder so tiefsinnig, du musst auch mal oberflächlich und albern sein!"
oder:
"zu wenig kohlenhydrate. das nächste mal nimm ein brötchen dazu."

"wie fühlt sich das für dich an?" fragt das objekt.
"gut. geborgen. in sicherheit", sage ich nach kurzem überlegen.
"nicht kontrolliert?" hakt das objekt nach.
"nein", sage ich ehrlich. "du legitimierst mir mich und meine bedürfnisse."
"und du? was empfindest du dabei?
das objekt denkt nach:
"aufmerksamkeit. du gibst mir so viel aufmerksamkeit. und dann erkenne ich in meinem vagen und manchmal auch hässlichem spiegelbild das schöne. oder auch mal das krumme, das ich mir gerade male in gedanken. du bist mein bewusstsein, ein bewusstsein mit einem schönen, liebenden und zugleich kritischen blick, der mir selber abgeht."
"schade, dass du kein arschloch bist, sonst könnte ich dich leichter hassen", sage ich.
"schade, dass ich dich nicht mehr dich selbst entdecken machen kann, sonst könnte man dich leichter lieben."
"wir sind eben zwei hoffnungslose fälle", sage ich leichthin, woraufhin das objekt aufstampft und mault:
"siehst du, du machst es schon wieder!"

wir sind vermutlich und offenbar tatsächlich hoffnungslos. hoffnungslos liebend-verbunden und getrennt zur gleichen zeit.