Freitag, 4. Mai 2012
der rote reiter
im büro klingelt mein handy. ich denke, das ist bestimmt das objekt - und es ist das objekt.

"ich arbeite", sage ich mittelschwer genervt. im gegensatz zum objekt habe ich keinen schichtdienst. mann kann sich meine arbeitszeiten theoretisch leicht merken. das objekt nicht. es ruft an, wann es ihm passt.
"ich wollte dir was wichtiges sagen", beschwichtigt mich das objekt.
"was denn", sage ich und mache mich auf den weg ins zimmer meiner chefin, wo heute niemand ist und ich ungestört rauchen darf.
"du bist die quelle meiner inspiration und ich möchte dich nie missen", lässt das objekt seinen honig durch den hörer tropfen.
"aha", sage ich nüchtern und ziehe an meiner zigarette. "und sonst so? irgendwelche wichtigen anliegen?"
das objekt holte tief luft.
"ähm, also pass auf... ich hab das auto von meinem freund, und der fährt im juni für vier wochen in urlaub. und dann steht das haus leer, weißt du, an dem see, wo wir mal waren..."
"und?"
"wollen wir hinfahren?"
ich bin überrascht.
"ich weiß nicht, muss ich mir mal überlegen."
"für ein wochenende oder so... oder ich werde auch einfach mal nur für eine nacht runterfahren... also wenn du möchtest... wenn dir mal nach einer badewanne ist oder ruhe oder kaminfeuer..."
"oder nach dir", sage ich leichthin, und das objekt schweigt.

dann, endlich, kommt es zum punkt.
"ich statte meine küche neu aus", sagt es. "und ich wollte wissen, ob du irgendwas brauchst."
"ich dachte, du hast noch was geparkt", erinnere ich das objekt an sein depot.
das objekt lacht nur.
ich verstehe.
"sag mal ne summe, baby", bittet mich das objekt.
"weiß nicht, ich müsste mal rumfragen", sage ich. "was haste denn so im auge? außer kräutern? kaffee?"
"alles, was dein herz begehrt", sagt das objekt.
"mein herz begehrt ja gar nicht so schrecklich viel."
"du kannst auch gegen naturalien tauschen", säuselt das objekt, eingedenk meiner rezeptpflichtigen burner.
"meine apotheke ist kein bonbon-laden."
"du bist süß", lacht das objekt. "also, was ist?"
"ich bin dabei."
"super. kommste mit zum großmarkt?"
"kein bock."
"okay, dann..." seufzt das objekt.

ich warte noch zwei sekunden.
"ich komme dann vorbei und hol das zeug ab."
"ja gerne!" ruft das objekt. "oder ich bringe es mit."
"kommst du am wochenende in den club?"
"denk schon, ich muss mal wieder unter menschen", sagt das objekt und beginnt dann zu summen: "hey, hey, hey... ich bin der goldene reiter... ich bin der gott dieser stadt..."
"alles klar", sage ich. "dann pass bloß auf, weißt ja, was mit dem typen passiert ist. nicht, dass du mit einem halben kilo küchenkräutern und mohn einfährst und ich bin auch noch mitschuldig."
das objekt ist sich seiner sache sehr sicher.
"ich weiß, wie die dinge laufen."
"gut. dann allez-hopp."
"zu befehl, madame. und, was hast du heute noch schönes vor?"
"ich lasse meine wirbel von meiner lesbischen therapeutin neu ordnen."
"heiß. was kann die sonst noch so, außer wirbel ordnen?"
"hm, auf meine brüste starren?"
"das ist ja nicht schwer bei dir..."
"tja, wer hat, der hat."

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