Sonntag, 20. Mai 2012
sonntage
sonntags gehen menschen in familienformation spazieren, liegen im garten, grillen oder sitzen zuhause und arbeiten für montag vor. sie sehen dabei ausgesprochen sonntagsgefickt aus, sprich, sie haben diesen ausdruck zwischen fetter zufriedenheit, ultimativer langweile und grauen vor dem montagmorgen im gesicht. einige verstecken diese fresse hinter solarumsbräune, einer ray ban-sonnenbrille oder der besorgtheit um das quengelnde balg. aber keiner kommt dem sonntag davon. keiner.

der sonntag kneift dich schon mit den ersten lux, die durch den vorhang kriechen. sobald du blinzelt, liegt er ausgestreckt vor dir, in voller stundenlänge. du kannst versuchen weiterzuschlafen, zu masturbieren oder wahlweise den menschen nebendran zu penetrieren. der sonntag steht im zimmer und glotzt dich an, schal wie ein bier vom vorabend.

also stehst du auf und hast ein paar sonntagsideen. let´s make a revolution. occupy sunday! du nimmst an einer facebook-petition teil, die für den erhalt von steinwanzen in der afrikanischen wüste kämpft und diskutierst mit dem nachbarn über den zaun, wie man den rasen grüner kriegt. du musst bauen und erschaffen, dir einen sinn zurechtzimmern, vier wände, böden, dachterrasse, eine höhle für die expandierende leere im kopf. revolution, evolution, ein buchstabe mehr oder weniger, scheißegal, und wenn du auf den ganzen quatsch mal keinen bock hast, gehst du kegeln oder vögeln, hauptsache einmal in die vollen, ohne zu vergessen, hinterher alles wieder artig zurechtzurücken, zuzuknöpfen und das blumenbouquet von schwiegermama davorzuschieben.

am abend dann die tagesschau, vielleicht noch ein wenig schwachsinn auf sat1 oder pro7, mit einem gut eingespeichelten wurstbrot zwischen den zahnreihen fühlt sich der sonntag schon halb verdaut an, kleine häppchen, die man mit dem montagsstuhlgang wieder ausscheiden kann, und nächstes wochenende dann alles once again with feeling.