Donnerstag, 1. September 2011
altona forever
heute nach feierabend schenkte mir meine chefin einen ein und berichtete von ihrem anstehenden date, zu dem sie gleich gehen würde, obwohl sie einen freund hat, der dummerweise allerdings schon verheiratet ist.
"warum, mach doch, ist doch gut, wenn du offen bleibst", meinte ich.
"ja, und ehrlich gesagt, ich weiß auch nicht, warum ich so an b. hänge... wo der mich doch sowieso nur als geliebte hinhält und sich nicht von seiner ollen trennt", meinte meine chefin düster.
"was ist das denn für ein date?" fragte ich. "ich meine, was wollt ihr machen?"
"der kocht", sagte meine chefin und es klang wie ein todesurteil.
"oh", sagte ich, "männer, die gut kochen können, ficken in der regel auch gut."
meine chefin prustete los.
"steile these!"
"ich spreche aus erfahrung!" erwiderte ich.
"erzähl!"
"da gibt´s nichts zu erzählen. die männer, die ich kennenlernen durfte und die richtig gut und abwechslungsreich kochen konnten, waren eben nunmal auch sonst sehr sinnlich. also so die entdecker-typen. die schnuppern und schmecken und tasten sich vorwärts, anstatt ihn einfach nur reinzustecken oder sich hinzusetzen und sich einen von dir blasen zu lassen."
"klingst, als denkst du da wen spezielles."
"klar." und ehe ich mich versah, erzählte ich auszugsweise die objektgeschichte.
"der mann kocht wie alfons schuhbeck und fickt wie ein gott."
"na solange er nicht wie alfons schuhbeck fickt", kreischte meine chefin und schenkte noch einen nach.
"nee", kicherte ich, "aber weißte, so mit leidenschaft. so mit body and soul. ich meine, hey, da gab es typen, mit denen war ich richtig zusammen und die laberten mich voll vonwegen liebe, aber das was die gemacht haben, war eher so eine art selbstbefriedigung. nicht, dass das nicht auch gut war, hin und wieder. aber wenn das die welt ist, weißte, die erde... dann ist das, was ich woanders bekommen habe, das universum. so mit supernova und alles verschlingenden schwarzen löchern. explodierende und eruptierende energien eben."
"du bist immer so poetisch, sogar, wenn du betrunken bist", fand meine chefin. dann hakte sie nach:
"und warum hast du nix mehr mit dem typen?"
"wir reden nicht mehr miteinander, weil er so ein unzuverlässiger arsch ist."
"aber das ist doch blödsinn. warum habt ihr nicht eueren spaß und lasst das mit der zuverlässigkeit außen vor?"
"weil ich den menschen verdammt noch mal liebe."
meine chefin kriegte große augen.
"das hätte ich dir gar nicht zugetraut!"
"was?"
"dass du jemanden so ins herz geschlossen hast. du wirkst immer so... undurchsichtig... so kühl... so in deiner eigenen welt eben."
wir schwiegen eine weile, dann fragte meine chefin:
"wo wohnt der denn?"
"in altona."
"nee, die straße meine ich!"
ich sagte es ihr.
meine chefin packte schwankend ihre autoschlüssel.
"los, wir fahren da jetzt hin."
"du spinnst."
"nee, das ist mein voller ernst. wenn du den liebst, musst du um den kämpfen! mann! einfach machen anstatt sich so zu quälen!"

einfach machen war das stamm-rezept meiner chefin für sämtliche lebenslagen. vermutlich auch der grund für die nicht mehr nachvollziehbaren ups and downs der agentur.
ich nahm ihr die autoschlüssel aus der hand.
"du kneifst", warf mir meine chefin vor.
"der würde wahrscheinlich nicht mal aufmachen", vermutete ich.
"ach komm."
"und kannst nicht mehr fahren, du hast was getrunken."
"ach kacke... und wie komme ich jetzt meinem date?"
"taxi?"

nachdem meine chefin draußen war, räumte ich die agentur ein wenig auf, spülte das dreckige geschirr und atmete tief durch. dann schwang ich mich auf mein fahrrad und drehte eine runde durch die stadt bis altona. ließ die objekt-erinnerungen auf mich einströmen, die ich dort an so viele orte hatte und versuchte, meinen frieden damit zu schließen.

und vielleicht würde ich eines tages hierher zurückkehren und dieses pflaster in neuen stiefeln erobern.

altona forever.