Samstag, 17. September 2011
mein wunderbarer waschsalon
seitdem sich meine waschmaschine vor kurzem endgültig fukushimaierte, führen mich meine samstäglichen wege bis auf weiteres in den winterhuder waschsalon. obwohl ich eine bedingte abneigung gegen waschsalons habe - habe in meiner alten heimat ein jahr lang in einem gewaschen und so manches mal kam die wäsche dreckiger raus als rein - bin ich vom winterhuder waschsalon ganz begeistert. er ist sehr gepflegt und es herrscht nie gedrängel, da es ausreichend maschinen gibt und die preise so hoch sind, dass die penner alle wegbleiben (zum vergleich: winterhude: 4 € + 50 cent für weichspüler, fürth-süd: 3 € + 50 cent für weichspüler oder zur happy hour 2,60 € all inclusive).

in film und fernsehen sind waschsalons immer eine hervorragende kontaktbörse. was ich aus erfahrung bisher nicht bestätigen kann. das klientel erstreckt sich in meinem fall von russischen hausfrauen über mürrische alte männer in braunen westen bis hin zu schlumpfigen studenten, deren dreckwäschebündel häufig einen leichten gras-geruch verströmen und mich damit wieder unselig an das objekt erinnern. dieses menschliche angebot führt bei mir eher zu fluchtreflexen denn zum erwachen meiner komatösen bauch-schmetterlinge.

heute jedoch war alles ein wenig anders. als ich die gute stube betrat, befand sich da einer der üblichen mürrischen alten herrn in kackbrauner weste. doch nebenan in einer ecke stand ein mitteljunger mann mit intellektuellen-brille und gut sitzendem rotem pullover. er studierte gerade die waschanweisungen. als ich mit klack-klack-absätzen über die fließen stolzierte, drehte er sich um und guckte. ich wählte meine maschine, warf das geld ein, zog mein waschpulver und begab mich dann vor meiner maschine in die hocke, um die wäsche einzufüllen. über den metallenen rand am glasauge registrierte ich, dass sich der rote pulllover noch zweimal nach mir umdrehte und meine wäsche-einfüll-aktion beobachtete. ach wie schmeichelhaft, dachte ich bei mir und freute mich, weil der rote pullover beinahe meinem beuteschema entsprach und sich so angenehm von meinen sonstigen verehrern (50 plus, einen kopf kleiner, südländischer abstammung und eher devot) unterschied.


doch es sollte ganz anders kommen. als der rote pullover die waschanweisung schließlich zu ende studiert hatte, pflanzte er sich auf die holzbank, um den waschgang abzuwarten. neben ihm lag eine vergessene süddeutsche zeitung, die er sich schnappte und zu lesen begann. doof kann er also auch nicht sein, freute ich mich, die ich das süddeutsche-abo meines arbeitgebers ebenfalls sehr geschätzt hatte, bevor es den allgemeinen einsparungsmaßnahmen zum opfer fiel. aus lauter leselust und ansprechfrust und weil er ja schon so interessiert geguckt hatte, fasste ich mir schließlich ein herz und fragte:
"darf ich mitlesen?"
das war kein schnorren, fand ich, schließlich war das nicht seine zeitung, sondern nur ein vergessenes exemplar vom vortag.
die reaktion war dann allerdings überraschend:
"kaufen sie sich doch selber eine", sagte der rote pullover unfreundlich.

ups. das war wohl nix. aber davon abgesehen: wie unsympathisch. ein unsozialer zeitungsdieb, der seine beute nicht teilen wollte. später sah ich dann, wie der rote pullover seine saubere wäsche in einen kleinen sportflitzer verlud. schickes auto, kleiner schwanz, dachte ich. das kostet nicht mehr vorhandene sympathiepunkte. und mal ehrlich: eigentlich sehen rote pullover an männern sowieso total schwul aus.

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