Sonntag, 28. Dezember 2008
ich glaube an die sonne
oder auch: eine merkwürdige heizpolitik in zeiten der energiekrise

wie der geneigte leser weiß, befinde ich mich in der trauten heimat im haus meiner eltern unter den strengen augen meines herrn vater. seit mittwoch abend werden nun also mein ess-, schlaf-, telefon-, und wie ich heute feststellte, auch mein heizverhalten beobachtet. die anekdote von heute morgen zeigt, wie meine eltern heizpolitik im anbetracht steigender erdgaspreise betreiben:

ich hatte das arbeitszimmer betreten, die heizung angemacht und den sich dort befindenden pc hochgefahren. im zimmer war es arschkalt, weil wir hier gerade an die minus 10 grad nachts haben.
ich verließ kurz das zimmer, um kaffee zu machen. als ich wiederkam und eine weile kaffee schlürfte und meine emails las, wunderte ich mich, dass es nicht warm werden wollte. ich warf einen blick auf das termostat und siehe da: die heizung war ausgedreht. hielt ich mich doch weder für dement noch schizophren, machte ich die heizung nochmal an. endlich wurde es etwas wärmer.
nach etwa einer stunde stand ich kurz auf, um zu pinkeln. als ich wiederkam, war die heizung abermals aus. außerdem waren die vorhänge zur seite gerissen und der nachbar von drüben stand auf dem balkon und glotzte interessiert auf mich, die ich noch etwas spärlich bekleidet war, weil ich gleich duschen wollte. ich zog die vorhänge zu und drehte die heizung wieder auf, als mein vater das zimmer betrat.
"wir wollen um halb zwei lüften", wurde ich informiert.
"hast du die heizung ausgedreht?" fragte ich. "es ist doch erst zwölf. bis zum lüften bleibt doch noch zeit."
"ja meinst du denn, wir lassen die heizung laufen, wenn du gar nicht im zimmer bist?"
"ich war auf dem klo! das waren nicht mal fünf minuten! außerdem soll man ruhig so heizen, dass eine grundwärme im zimmer bleibt, hast du doch immer gesagt."
mein vater stiefelte ins zimmer und begann, die vorhänge wieder zur seite zu schieben. der nachbar auf dem balkon wandte sich wieder freudig unserem fenster zu.
"wir brauchen überhaupt keine heizung, du musst einfach nur die vorhänge aufmachen!"
"wie, einfach nur die vorhänge aufmachen?"
"die sonne scheint! du musst sie nur reinlassen. in ein paar stunden wird das zimmmer auch so warm!"
"papa, wir haben minus acht grad oder so. die sonne steht am südlichen wendekreis, die hat doch jetzt nicht so viel kraft wie im sommer. das fenster ist jetzt auch nicht besonders groß."
"ach, das wird schon, du musst dich halt gedulden."
ich wollte keine häusliche krise heraufbeschwören und entschloss mich, diplomatisch zu sein:
"na gut, dann gehe ich solange mal duschen."
"im bad ist jetzt zu kalt zum duschen. das hat ja nordseite."
"das macht nichts, ich habe vorhin die heizung angemacht. es ist bestimmt schon warm."
einige sekunden schweigen, dann:
"ach du warst das. ich hab die wieder ausgemacht."
"du wusstest doch, dass ich duschen wollte!"
"das kannst du ja auch später machen. wir wollen sowieso um halb zwei lüften."
"soll ich jetzt warten, bis die sonne kurz vorm untergehen so ein bisschen westlich steht und dann schräg ein paar strahlen auf das nordfenster wirft?!"

letztlich ging ich dann doch einfach duschen. ich nahm den fön mit und pustete mir warme luft zu, während ich unter dem spärlichen strahl hin und her hüpfte. wir haben nämlich seit neuestem eine wassersparende dusche. ich frage mich allerdings, ob man das modell nicht noch sparsamer machen könnte, indem man mit dem duschen wartet, bis die sonne durch das westfenster auf den boiler fällt und das wasser anwärmt. sollte ich meinen vater vielleicht nachher mal vorschlagen.