Donnerstag, 18. Dezember 2008
pflasterstein-tussi
heute im supermarkt habe ich mich ertappt. der dunkelhaarige schöne am kühlregal bei den hausgemachten broccolicremesüppchen machte einfach eine verdammt gute figur. vielleicht ein bisschen jung für meine vorzugsalterklasse, aber auf alle fälle eine schnitte.
wollen wir nicht mal einen blick riskieren, fragte ich mangels klönpartner mein alter ego. das alter ego, eigentlich von natur aus rampensau und fast schon aufgeplustert flirty, zuckte kurz zusammen wie ein erschreckter hamster und buddelte sich dann mit maulwurfsartiger flinkheit unter der teppich der scheu. ich stupste es an. 'he, alter ego, du hast die schönsten blauen augen der welt, jetzt richte die aber verdammt nochmal auf den suppenkaspar da vorne.' aber das alter ego schwieg und schlug die augenlider gen bodenfliesen. da zog der supermarkt-mann an mir vorüber und mein blick klebte am schlecht gewischten boden zwischen grünkohl und kartoffeln.
in der stillen kühlen ecke beim ben&jerrys-eis raunzte ich alter ego an: 'das finde ich jetzt aber nicht korrekt! ich habe auch mal einen flirt verdient. ich will ja auch nur mal gucken.'
alter ego lukte unter dem teppich der scheu hervor und sagte dann rotzfrech: 'dann schau dich aber auch mal in den spiegel! augenringe größer als die titten, no-name-klamotten und farbreste an den händen! und so wollen wir einen mann anflirten?!'
ich ware ein bisschen sprachlos und fragte: 'wie meinste das denn nun? bin ich nicht gut genug für die hamburger männerwelt?'
'genau', giftete das alter ego, 'guck dich um, lauter anzugträger und yuppi-muttis in caschmir gehüllt! und du hast noch nicht mal anständige unterwäsche. du bist nur ein mensch zweiter klasse!'
so gemein war alter ego selten zu mir. aber ein zaghafter blick in richtung der stark duftenden damen am ende des gangs gaben ihm leider recht: gegen einen haufen gelifteter, kosmetiksalon-gestylter und mit gold behangener tanten kam ich einfach nicht an. deren söckchen allein kosteten vermutlich soviel wie alles, was ich alles zusammen so anhatte. ich roch auch nicht nach millionen teurem parfum, sondern nur nach penny-duschgel.
das alles machte mich sehr traurig. auf dem nachhauseweg tropften die tränen auf den asphalt und ich wünschte, sie mögen wie die kiesel bei hänsel und gretel im mondlicht blinken und jemanden auf meinen pfad schicken. und tatsächlich. es dauerte keine drei minuten. ich wollte gerade über die grüne ampel radeln, als von links ein wagen angeschossen kam. ich bremste mit rücktritt- und handbremse und schlitterte dennoch ein ganzes stück über den regennassen asphalt. das auto fuhr ungebremst an mir vorbei, geschätzte zwei zentimeter betrug der abstand zwischem meinem vorderrad und den autoreifen. noch in der schrecksekunde hob ich den arm und den mittelfinger und rief "arschloch!".
dann fuhr ich nach hause - noch mal ein stück deprimierter.

am ende des tages bilanzierte ich: meine sozialen kontakte verlaufen gerade irgendwie nicht sehr fruchtbar. alkohol muss ins haus!