Samstag, 10. Mai 2014
wie ein schöner traum
ein nachmittag mit objekt bei mir, endlich mal wieder.
es gibt kuchen und kakao mit frischen gewürzen. das objekt kommt direkt aus der arbeit, steht noch total unter feuer und gibt erstmal die neusten geschichten von station zum besten. unter anderem hatte es der neuen praktikantin im scherz körperliche gewalt angedroht, was die praktikantin aber offenbar sehr ernst genommen hatte. dies führte zu einer beschwerde bei der stationsleitung und einem peinlichen sechs-augen-gespräch.
"das ist so eine blöde kuh, null belastbar, zeitweise völlig desinteressiert, hält vorschriften nicht ein, und dann rennt sie wegen so einer pillepalle-geschichte zur stationsleitung, anstatt zu mir zu kommen und zu sagen, hey, hab ich das richtig verstanden, du willst mir in die fresse hauen, was soll das denn?!"

das objekt redet sich in rage, kommt dann aber langsam runter und schlürft bedächtig seinen kakao. ich versuche die sache noch ein wenig zu relativieren, weise das objekt unter anderem auf sein erscheinungsbild - wildgewordener krieger - hin und erkläre, dass das einem körperlich unterlegenen menschen, der in der hierarchie deutlich drunter steht, schon mal angst machen kann.
am ende knirscht das objekt mit den zähnen, gibt zu, dass die aktion nicht so furchtbar schlau war und kuschelt sich dann entspannt in den sessel.

"was machen deine auswanderungspläne?" frage ich, "haste mal mit deinen eltern geredet?"
"hm", sagt das objekt und guckt traurig. "die können mir nicht so wirklich helfen."
"inwiefern, als geldgeber?"
"ja."
"haben die nicht ein grundstück?"
"jaja, aber das ist ja nichts wert. das brauchste nicht verkaufen, das musste nutzen. da müsste auch einiges gemacht werden, bevor man da wieder was bewohnbares drauf stellen kann."
wir schweigen beide.
"also zu zweit..." grübelt das objekt. "zu zweit könnte man da vielleicht was draus machen."
ich halte den atem an und frage dann:
"was sagt denn die gespielin dazu? haste sie mal gefragt?"
"ja. die ist aber im moment eher skeptisch."
"naja, sie ist halt ein bisschen jung."
"ja, aber verstehst du, ich muss mir da schon heute gedanken drum machen."
"klar, unbedingt."

stille.
ich drehe eine zigarette, das objekt schaut in seine tasse.
"ich finde das ja einen sehr schönen gedanken", sage ich. "autark leben mit tieren, das hat was."
"ja, aber so richtig. wasser aus dem brunnen, eigene bio-kläranlage, vielleicht auch selber strom erzeugen."
"und während in 20 jahren in den städten der bürgerkrieg zwischen arm und reich tobt, haste da deine safe place."
"ja, aber es ist nur ein traum", sagt das objekt. "vermutlich wird das sowieso nix und ich sollte mal langsam von der idee abschied nehmen."
ich nehme allen mut zusammen.
"und mit mir? könntest du dir das nicht mit mir vorstellen?"
das objekt schaut mich erstaunt an.
"das ist also wirklich dein ernst?"
ich nicke kaum sichtbar.
schweigen.
"doch", sagt das objekt dann langsam und nachdenklich, "ich könnte mir das mit dir vorstellen."
ich schaue es prüfend an, irgendwelche anzeichen, dass es nur so dahingesagt sein könnte?
"wirklich?" hake ich nach. "also so rein zwischenmenschlich meine ich jetzt, unabhängig vom ficken?"
"ja", sagt das objekt. "sexualität verändert sich sowieso."

ich muss wieder an die theorie denken, dass liebe nichts anderes ist als selbstverwirklichung auf kosten eines anderen. wie viel würde es mich kosten? reichte die gemeinsame idee, weg aus der großstadt zu gehen, als fundament? und würde ich jemals gegen die gespielin anstinken können? leider war die gespielin nicht dumm und ich traute es ihr zu, dass sie es auf irgendeine weise zu verhindern wüsste, dass das objekt sein ding durchzieht - notfalls mit einer schwangerschaft oder ähnlichem, wohl wissend, dass sich die objektiven menschenfreundlichen prinzipien immer durchsetzen würden.

ich spüre, wie mir im sitzen die beine zittern. es ist mir mehr als bewusst, dass das momentane objektverhältnis mindestens so fragil wie schön ist und dass es dies unter anderem deshalb ist, weil wir es weder definieren noch infrage noch in konkurrenz zur objekt-gespielinnen-beziehung stellen. ich kann nicht einschätzen, wie das objekt nun reagieren wird. ich befürchte, dass es gleich aufstehen und gehen wird.
doch dann fragt es:
"darf ich mal dein internet benutzen?"
es darf. es zeigt mir ein paar grundstücke und grundrisse und malt mir seine ideen auf, wohnzimmer, küche, schlafzimmer, begehbarer kleiderschrank, badewanne, veranda.
"jau", sagt es am ende. "so will ich das."
"kannst du sowas bauen?"
"nicht komplett. aber vieles davon könnte ich selber machen."
"ich kann sowas aber nicht."
"das ist ja egal, reicht, wenn ich das kann."
ich schüttle den kopf.
"du bringst mir was bei, wenn."
das objekt schmunzelt.
"wenn ich dich so anschaue... wenn ich dir hier 20 liegestütze abverlangen würde, könnest du doch eine woche lang keine zahnbürste mehr halten."
ich schaue empört drein:
"das kann man trainieren! außerdem bin ich die bessere läuferin von uns beiden, trotz kaputtem knie!"
das objekt streichelt mir übers haar.
"mir reicht es, wenn du mir abends dann einen bläst."
"chauvinisten-drecksau."
das objekt zieht mich am hosenbund zu sich heran:
"übernimm dich nicht. du weißt, ich verprügle auch kleine praktikantinnen."

dann ruft der objektsohnemann an und das objekt muss los. wir umärmeln uns fest.
"wie sieht deine woche aus?" will ich wissen.
"ich arbeite jetzt den sechsten tag und hab noch vier vor mir, dann ist wieder frei."
"wir können ja mal wieder schwimmen gehen, wenn du zeit hast."
"wir können auch mal wieder ficken."
"theoretisch."
"praktisch auch."
"bis bald."
"bis dann!"

... link