Mittwoch, 2. März 2011
flüsternd
ganz leise, denn man darfs eigentlich niemanden sagen, man darf es nicht bewerten, nicht zur hoffnung verdrehen.

gestern abend rief das objekt schon wieder an.
"ich wollte eigentlich gerade schwimmen gehen, aber viel lieber würde ich dich sehen."
weil es schon so spät war, sagte ich, okay, mittwoch. aber das objekt wollte sofort, wollte nicht warten.

wie in trance nahm ich den bus und fuhr hin. das objekt hatte versprochen, mich abzuholen und stand tatsächlich pünktlich an der haltestelle.

ich freute mich wie eine 14jährige und das objekt strahlte ebenfalls. dann gingen wir verlegen nebeneinander her, ohne einander zu berühren. ich sprach über goethe und faust, und das objekt bat mich, ihm das buch zu leihen. dann erzählte es aus seiner jugend und seiner sportlerkarriere im osten.
"wie fast alles, hab ich die sache aufgegeben, als es richtig gut wurde, weil ich irgendwie das gefühl hatte, jetzt ist es genug. ich wollte nicht berühmt werden."
für diese bescheidene anschauung schätze ich das objekt so sehr und spürte den großartigen menschen mit dem mir so vertraut kleinen selbstwertgefühl. wir gehören einfach nicht in diese welt der selbstüberschätzer und machos, dachte ich.

das objekt sprach überhaupt sehr viel für seine verhältnisse, mischte wilde wunschträume mit so bodenständigen ideen wie eines tages einmal eine eigentumswohnung zu besitzen, eine kleine, feine, "denn wenn man mal alt ist, bewegt man sich ja ohnehin nur noch vom schlafzimmer ins wohnzimmer und abends zurück." und wieder eine pragamatische anschauung, die direkt aus meinem kopf stammen könnte.

gegen mitternacht begann das objekt noch etwas geheimnisvolles zu kochen und wir aßen schließlich schlesischen eintopf und tranken wein dazu, rauchten russische zigarren und schwiegen irgendwann, bis das objekt dann sagte, lass uns rübergehen.
im roten schlafzimmer dann versuchten wir, einander aus einer biografie vorzulesen, doch es endete alles in ungezügeltem verlangen, das unsere kleine welt auf 140 cm schier explodieren ließ. drei stunden später fanden wir uns wieder, nackt, verschwitzt, köstlich wund und alles, was ich zu denken vermochte, war, warum zum teufel ist das immer wieder so unbeschreiblich, so tief, so weit, so sehr nonplusultra?

das objekt lächelte in einem fort und legte dann zum schlafen musik auf, und ich erkannte darin unsere musik. ich fragte, hörst du das gerade, und das objekt sagte sehr ernst, ich höre nichts anderes mehr.

als ich am morgen viel zu spät die objektwohnung verließ und zur s-bahn rannte, war ich immer noch sehr paralysiert, später auf arbeit zu nichts zu gebrauchen.

in manchen momenten wünsche ich mir nichts mehr, als dass ich diesen menschen nie getroffen hätte. die sache ist einfach viel viel viel zu groß für mich.

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