Dienstag, 3. April 2012
31
ich habe tolle freunde. wirklich.
allein, dass sie heute bis eben ungeachtet beruflicher verpflichtungen mit mir meinen geburtstag feierten, macht sie zu etwas sehr besonderem.

ich bin angekommen. es passt noch längst nicht alles. aber die menschen um mich herum stimmen. ich liebe sie von ganzem herzen.

das prinzip lautet nach wie vor: let me never be content.
sehnsucht ist (m)ein motor.
doch es gibt einen puffer zwischen verzehrendem traum und harter realität. es sind diese menschen.

ich bin dunkelblau. ich falle jetzt in mein bett. und bin sehr, sehr satt.

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Mittwoch, 28. März 2012
well(en)stress im whirlpool
im büro herrscht urlaubssperre. nächster möglicher zeitpunkt für freimachen ist ende mai. da wir maximal unter stress stehen, sind wir alle kurz vorm durchdrehen. für meine eine heißt das mal wieder: gnadenlose schmerzen. da ich aber nicht komplett krank werden kann, da mich der verdienstausfall ruinieren könnte, muss ich künstlich fit halten. heißt zu deutsch: wir machen wellness!

wellness ist eine neuzeitliche erfindung, um menschen davon abzuhalten, burnout zu entwickeln. das funktioniert bedingt, da man a) genug geld und b) genug zeit für den wellness-quatsch haben muss. hat man a) und b) ist man wiederum theoretisch nicht allzu burnoutgefährdet. womit sich die maus in den schwanz beißt.

mangels a) und b) machte ich heute also c), das heißt eine ausnahme und begab mich in die geheiligten schwimmhallen, die sich da therme nennen. dort war ich früher des öfteren, als ich mich noch nicht mit sozialversagern rumtrieb und mich von behinderten schwängern ließ.

ich schwamm erst 1000 meter, um mich ein bisschen zu entspannen, dann legte ich mich in den beleuchteten blubber in der seitenbucht des beckens, auch genannt whirlpool. dort lehnte ein junger typ und glotzte mich erschreckt an. als ich auf klo ging, verstand ich auch warum: meine wimperntusche - ich kam direkt aus dem büro - war sehr offensichtlich nicht wasserfest. ich sah aus wie ein böser clown. also ordentlich geschrubbt, dann ging es einigermaßen.

weil mir ständig kalt ist, seitdem ich den potenziellen mikro-morphine-mensch in mir trage, begab ich mich sodann ins römische dampfbad. in der therme gibt es zwei davon. in einem riecht es nach minze, in dem anderen nach kamille und anderen beruhigenden heilpflanzen. ich nahm zuerst kamille für die entzündeten nerven, dann minze für die verstopfte nase. ich war die ganze zeit alleine, bis wieder der junge typ aus dem whirlpool aufkreuzte. er setzte sich neben mich und guckte wieder. dann nahm er ein schälchen mit salz und begann, sich damit abzuschrubben. jetzt war ich es, die glotzte. frau sieht ja nicht alle tage einen muskulösen, gebräunten, fettfreien jungs-körper, auf dem weißes salz glitzert. entgegen sonstiger präferenzen für graue schläfen und graue eminenzen war der optische reiz in diesem fall vermutlich ein unbedingter.

"willst du?" fragte der junge schließlich und streckte mir das salz entgegen.
tapfer nahm ich zwei fingerspitzen davon - salz auf unserer haut, was können da bekanntlich nicht für wilde romanzen daraus erwachsen - und verteilte das zeug auf armen, beinen und dekolleté. ich wartete artig. es brannte wie hulle und ich musste an die schlachtung von aalen denken, die ja bekanntlich solange gesalzen werden, bis sie sterben, nämlich mehrere tage lang. (sie dachten vermutlich, das zu-tode-kochen von hummern sei inhuman, aber die sache mit den aalen toppt das um ein vielfaches, glauben sie mir. sehen sie einmal zu, sie essen nie wieder aal.) durch die vorstellung sterbender aale wurde mir etwas schlecht und ich floh würgend auf die toilette.

als es wieder ging, zog ich noch ein paar runden durchs wasser und nahm dann wieder meinen posten im whirlpool ein. schwupps, saß der typ erneut neben mir. ich fasste mir ein herz und lächelte ihn an. er lächelte zurück und stellte sich dann vor. 26, bwl-student, aus einem fischerdorf in swh. niedlich und sehr wohlerzogen.

es wurde ein nettes gespräch. irgendwann schnappten wir uns die umhertreibenden schaumstoffwürste und bauten daraus eine art boot, mit dem wir durch das thermenbecken schipperten. der bademeister beobachtete uns grinsend. möglicherweise hielt er uns für ein frischverliebtes paar, schlimmstenfalls für mutter und sohn.

als wir um kurz nach 22 uhr aus dem becken krochen, erschöpft vom vielen lachen und blödsinn machen, spürte ich eine warme hand am unteren teil meines rückens.
"ich hab schon wen", platzte ich heraus.
"oh", sagte der typ.
"tut mir leid", erwiderte ich.
"macht nichts", sagte der junge.
"ich geh mich jetzt umziehen", meinte ich dann verlegen.
"treffen wir uns am ausgang?" fragte der junge typ.
"okay."

als ich trocken und warm nach unten schlenderte, stand noch niemand am ausgang. da gedachte ich des menschen und des potenziellen mikro-morphine-menschen und flüchtete schnell in die späte nacht.
schließlich musste ich morgen wieder tausend prozent leistung erbringen. und überhaupt, das geht ja nicht so. das alles.

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Donnerstag, 22. März 2012
mittendrin
verpeilte vorgesetzte und faule untergebene sind die effektivste kombination zum burnout. habe heute an einem tag ein halbfertiges projekt zu ende gebracht, an dem die anderen seit dreieinhalb wochen basteln. war anstrengend. aber das ergebnis stimmt. das wird zwar keiner bemerken oder honorieren. aber ich weiß: ich bin gut. ich kann sogar struktur (woher die plötzlich kommt, dürfen sie mich nicht fragen). und es kommt am ende genau das heraus, was herauskommen soll.

ich bin stolz auf mich.

wie zur bestätigung habe ich heute auf die 57. bewerbung dieses jahres eine rückmeldung bekommen. was denn meine gehaltsvorstellung sei. seither versuche ich verzweifelt den etat des unternehmens abzuschätzen und ab welchem betrag man als günstig, aber nicht als billig durchgeht.

nicht, dass ich noch an irgendetwas oder irgendjemanden glauben würde. aber ich versuche es immer wieder. vielleicht bricht ja mal eine speiche aus diesem total maroden hamsterrad.

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Sonntag, 18. März 2012
wunder-bar
"zwischen uns ist alles gesagt. ich denke nicht, dass worte uns betreffend noch irgendeine bedeutung haben", hatte ich dem objekt neulich am telefon gesagt. das objekt, ohnehin wortkarg, war daraufhin betreten verstummt.

gestern nacht war das objekt wider erwarten im club. das beseitigte zum einen die sorge um eventuelle suizidale absichten, zum anderen war es die gelegenheit, die tragfähigkeit des status quo zu testen. dabei sollte mir ein echtes kleines wunder widerfahren.

alles begann damit, dass die k.-ex, die zusammen mit dem objekt gekommen war, mich bei der hand nahm.
"morphine, du setzt dich besser", sagte sie und eskortierte mich zur couch. dann wuselte sie durch die menschenmassen und kam wieder mit dem objekt im schlepptau. sie gab ihm einen kleinen schubs, dann stand es vor mir und sah mich unsicher an.

und nun erlebte ich die überraschung des abends.
das objekt kniete sich vor mich hin, nahm meine hand und sagte:
"du hast neulich gesagt, dass du mir nichts mehr glauben kannst... dass alle worte zwischen uns die bedeutung verloren haben..."
es holte tief luft, um nicht zu stottern, weil es aufgeregt war.
"ich habe die ganze woche überlegt, wie ich das, was ich gemacht habe, wieder gutmachen kann. aber ich weiß, dass das nicht geht. und erzählen kann ich dir nichts mehr..."
dann zog es einen kleinen gelben zettel aus der tasche.
"also habe ich mir überlegt, wie ich dir das sagen kann, was ich sagen will, allerdings ohne worte."
es reichte mir den gelben zettel. es war eine garderobenmarke.
"geh zur garderobe, da ist etwas für dich hinterlegt.

ziemlich sprachlos und mit zittrigen knien begab ich mich zum garderobenmann, der mich vielsagend angrinste und dann eine papiertüte zum vorschein brachte.

in der tüte steckten blumen. sie waren zu einer art engelsflügel gebunden. darunter befand sich eine kleine handbemalte kiste. ich erkannte das schwarz-rote objektdesign. an den ecken der kiste waren papierne engelsflügel angebracht.
als ich die kiste öffnete, waren darin teelichter, streichhölzer, sicherheitsnadeln, ein leeres schneckenhaus, ein zu einer schnecke gefalteter joint und schokolade. im schneckenhaus steckte ein kleiner brief, in dem nichts weiter stand außer "ohne worte, aber mit liebe".

es war defintiv eines der intimsten geschenke, die ich je erhalten hatte. jeder einzelne gegenstand spielte auf etwas an, was einst thema eines gesprächs oder inhalt einer sms, die ich dem objekt geschickt hatte, gewesen war.

entgegen aller guten vorsätze war ich dermaßen gerührt, dass ich hätte heulen können.
"heiratsantrag?" fragte der garderobenmann, der sich zu mir, die ich am boden kniete und die liebevollen details des geschenks betrachtete, herabgebeugt hatte.
"nee", sagte ich, "viel besser."
dann packte ich alles wieder in die tüte und wankte nach drinnen.

das objekt saß auf meinem platz und spielte nervös an den fingern. als ich den raum betrat, sah es auf und lächelte mich unsicher an.
ich überlegte angestrengt, bevor ich mir dann spontan die überlegung verbot und stattdessen auf das objekt zuging, sein gesicht mit beiden händen umfasste und es auf den mund küsste.
"es gefällt dir! es gefällt dir!" jubelte das objekt befreit, sprang auf und umschlang mich.
"du hast etwas verstanden, scheint mir", sagte ich, als es mich wieder losließ.
"ich hoffe... und ich hoffe, dass ich es durchhalte", stammelte das objekt.
"tja, action speaks louder than words", erwiderte ich.
das objekt strahlte mich an und küsste mich zurück:
"ach morphine... ich bin so froh..."

den rest des abends verbrachte ich in nachdenklicher glücksseligkeit. ich betrachtete jeden meiner freunde mit liebe und schätzte mich sehr, sehr reich.

als es zeit wurde zu gehen, holte ich meinen mantel und suchte das objekt.
"tschüß", sagte ich, "und vielen vielen dank noch mal für das liebe geschenk. ich habe die botschaft verstanden und es bedeutet mir was."
das objekt bekam genauso feuchte augen wie ich zuvor, dann umarmte es mich lange und innig.
"schlaf schön", sagte es.
"werd ich", erwiderte ich.
"du hast es ja nicht weit?"
"nein."
das objekt grinste verständnisvoll und gab mir noch einen verrutschten nassen kuss an den hals. dann drehte ich mich um und ging zur tür.

draußen war es längst hell, die vögel zwitscherten lauthals. als ich dem sonnenaufgang entgegenlief, befiel mich eine merkwürdige sehnsucht. ich holte mein handy aus der tasche. die uhr zeigte elf minuten nach sechs. und während die objektbegegnung noch in mir nachhallte, wählte ich instinktiv die inzwischen recht vertraute nummer.

"hallo?" nach zweimaligem klingeln war der mensch schon am hörer. er klang sehr verschlafen.
"hey... ich hab dich geweckt, stimmts", sagte ich.
"ich hab mir schon gedacht, dass du vielleicht anrufst und habe hier mit dem handy neben dem kopfkissen geschlafen, damit ich dich nicht verpasse."
mir wurde warm ums herz.
"das heißt, ich soll vorbeikommen?"
der mensch lachte.
"du sollst gar nichts. aber wenn du es als wunsch formulierst, sag ich vielleicht ja."
"gut, ich will dich sehen, was dagegen?!"
"das war ja mal eine entwaffnende ansage", fand der mensch.
"dann bin ich in 20 minuten bei dir."
"pass auf dich auf."
"mach ich."

und während ich weiter durch den herrlichen morgen lief, bemerkte ich, dass ich immerfort lächelte.

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Freitag, 16. März 2012
and nothing else matters
obwohl derzeit alles wenig rosig aussieht und ich mich auf schritt und tritt gegen mr. murphy wappnen muss, war heute endlich mal wieder ein ganz guter tag.

zunächst das angenehme erwachen zu unangenehmem taubengurren bei dem menschen, für den mir immer noch ein passender blognick fehlt. er schläft weiter, während ich leise aufstehe und mich in bürokleidung werfe. dann sitze ich angezogen auf dem bett. der mensch blinzelt und umschlingt mich.
"ich will nicht, dass du gehst."

der satz trifft mich unerwartet und mit der wucht der glückseligkeit, denn das letzte mal wurde ich sonntags irgendwann ziemlich spontan mit den worten "ich schmeiß dich jetzt raus" vor die tür gesetzt. aber seit dienstag nacht, als der mensch betrunken anrief, weil er beim poker einen vierstelligen betrag gewonnen hatte und mich dann fragte, wie es mir gehe, woraufhin ich wie ein kleinkind meinen weltschmerz in den hörer schluchzte, hat sich noch einmal was verändert.

"wie kommt es eigentlich, dass du mir so viel erzählst?" fragt der mensch, als ich schon unter der tür stehe.
"weiß nicht", sage ich, und es ist mir peinlich, "du hast einfach einmal im entscheidenden moment das richtige getan. scheint sowas wie blindes vertrauen in mir ausgelöst zu haben. aber bitte fühl dich trotzdem frei, mir jederzeit zu sagen, halt einfach die klappe."
"warum sollte ich?!"
"weil es egozentrisch ist und dich möglicherweise langweilt?"
"quatsch."
der mensch sieht mich aufmerksam an und meint dann langsam:
"du hast... eine ungewöhnliche art zu beeindrucken."
in der s-bahn sitze ich dann am fenster, denke noch lange über den satz nach und komme zum schluss, dass er eines der schönsten komplimente meines lebens ist.

am nachmittag gibt es eine art zufälliges kleines hamburger bloggertreffen mit picknick ohne picknick auf der bank. die drei damen und der hahn im korb weilen bei turtelnden tauben und emsigen amseln und sinnieren über sinn und unsinn des lebens, hochpotente superdronen, japanische killerhornissen sowie sterbehilfe mittels selbstinduziert herabfallendem betonklotz. meine eine stellt mal wieder fest, dass sich hinter den bloggern ganz fabelhafte menschen verbergen und dass bloggen nur halb so schön wäre, wenn diese menschen nicht hin und wieder unter mehr oder minder fröhlichen anlässen zusammenträfen.

ich komme spät nach hause, weil ich über die holstenstraße fahre und mein rad abholen muss. kaum, dass ich die haustür aufschließe, klingelt auch schon das telefon. ein wenig atmelos stürze ich mich auf den hörer:
"hallo?"
es ist die k.-ex.
"sag mal... hast du in den letzten zehn tagen was vom objekt gehört?"
es stellte sich heraus, dass die k.-ex, die die objekt-post per nachsendeauftrag erhält, inzwischen einen stapel briefe beherbergt und das objekt sie nicht mehr abholt. auch das handy ist abgeschaltet.
"war er arbeiten?" frage ich.
die k.-ex weiß nicht so recht.
"manchmal bleibt er einfach eine woche oder so zuhause und starrt an die wände", berichte ich. "das hat mir der dritte mal erzählt."
da das objekt inzwischen schon wieder x-te mahnungen erhält und mit einem inkasso-unternehmen im clinch liegt, befürchtet die k.-ex, es könne sich etwas antun:
"der sitzt jetzt wieder ganz tief in seinen depressionen und ist überhaupt nicht ansprechbar."
ich berichte vom letzten telefonat mit dem objekt. da hatte es nicht viel gesagt, nur, dass es mich innerlich nie losgelassen habe. ich wiederum hatte beteuert, dass es sich gar nicht einbilden brauche, dass nach der annäherung sowas wie freundschaft zwischen uns sei oder ich ihm helfen würde.
"oh morphine", seufzt die k.-ex. "du weißt ja nicht... all die abende, die er hier bei mir saß und über dich sprach... und die situation zwischen euch... und immer wieder sagte, dass er dich sehr vermisst."
hm. information overload.
"was ist, wenn wir in seiner arbeit anrufen und fragen, ob er heute da war?"
"gute idee", findet die k.-ex. "ich hab nur keine nummer."
glücklicherweise hatte ich mir diese einst notiert, da mich das objekt eine zeitlang von der nachtschicht aus anzurufen pflegte, um die langeweile mit frivolen gesprächen zu killen.
"da geht keiner ran", sage ich der k.-ex, als ich niemanden erreichte.
"egal, ich fahr jetzt hin", ist die k.-ex wild entschlossen.
"sag mir bescheid, ja?" bitte ich die k.-ex.

während die k.-ex in ihr auto springt, um nach a. zu düsen, rufe ich zwei, drei objekt-freunde an. diese haben jedoch alle nichts vom objekt gehört oder gesehen.
dann meldet sich die k.-ex.
"ich bin jetzt da... ich dachte eben, da sei licht in der küche gewesen... aber fehlanzeige. der ist nicht zuhause, glaube ich."
"steht das rad vor der tür?"
die k.-ex geht ums haus.
"ja. ich glaub, das da drüben ist seines."
"das heißt, er ist schon mal nicht arbeiten. er fährt nämlich immer mit dem rad zur arbeit. und heute war zudem schönes wetter."
"er hat mal was gesagt, dass er zu seiner mutter fahren wollte."
"vielleicht ist er da. oder er ist an den see gefahren."
"hm."
"hm."
"ich weiß nicht, ich hab ein schlechtes gefühl", jammert die k.-ex.
"wenn er morgen nicht im club ist, fahren wir in die klinik und fragen nach ihm", finde ich.
"und wenn er bis dahin tot ist?"
"soweit denken wir jetzt mal nicht."
dann halte ich inne:
"du magst ihn verdammt gerne, hm?"
die k.ex ziert sich ein wenig, weiß sie doch, dass auch ich mal ziemlich verrückt nach dem objekt war.
"ja, gut, ja, ich mag ihn. und was sagst du jetzt?"
ich muss schmunzeln.
"gar nichts. ist doch alles okay. vielleicht werdet ihr mal ein paar."
"und du bist mir nicht böse?"
"vor einem jahr hätte ich das mit sicherheit ein bisschen enger gesehen."
"da sehen wir uns morgen?"
"ja. und dann sehen wir mal, ob das objekt auch da ist und wenn nicht, überlegen wir weiter. okay?"
die k.-ex legt beruhigt auf, während ich weiß, dass ich noch einmal einen längeren spaziergang zum gedankensortieren brauchen werde.

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Montag, 12. März 2012
subversives element
freitag nachmittag, flughafen hamburg. versuch nummer eins, die sicherheitskontrolle zu passieren. wie immer piept es, klar, jeder mensch hat ein recht auf seinen eigenen vogel. warum es bei mir immer piept und bei anderen nicht, hab ich noch nie ganz geschnallt. ist aber nunmal so.

die freundliche sicherheitskraft winkt mich zu seite und scannt mich.
"würden sie bitte die schuhe ausziehen."
ich hab es auch noch nicht ohne schuheausziehen geschafft. gut, in diesen stiefeln könnte man locker je ein paket sprengstoff deponieren. trotzdem, es ist freitagnachmittag, man ist müde von der harten woche und ich bin sicher, dass terroristen an freitagnachmittagen gemeinhin keine böcke auf attentate haben. sollte man mal nachrecherchieren. ob attentäter freitags attentate verüben oder lieber montags, wenn die woche noch frisch ist. ich jedenfalls bin sicher, auch terroristen haben wochenendfeeling und sind dann friedlich.

egal. ich muss auf strümpfen hinüberlaufen und meine stiefel in eine wanne legen. dann werden sie gescannt. ein kind guckt mir zu und lacht. ich gucke das kind böse an und es verstummt.

es folgt passierversuch nummer zwei. meine stiefel durchlaufen den scanner ohne beanstandung. die nette sicherheitskraft bringt sie mir gleich, damit ich nicht noch länger schuhlos herumhüpfen muss und entschuldigt sich für die unannehmlichkeiten. ich ziehe die schuhe an und suche die wanne mit meiner tasche. doch vergeblich: meine tasche hat der dicke sicherheitsbeamte auf der anderen seite in den griffeln.

"kommen sie bitte sofort her und nehmen sie das messer aus der tasche!"
alle köpfe drehen sich abermals zu mir. hat das mädchen mit dem sprengstoff in den kampfstiefeln jetzt auch noch andere waffen bei sich?
ich stapfe inzwischen wieder voll bestiefelt hinüber und lasse mich von dem beamten anweisen:
"leeren sie bitte einmal die tasche!"
der beamte hat mundgeruch und haarbüschel, die ihm aus den ohren wuchern. ich hätte gern einmal in die runde gefragt, ob jemand einen nasenhaarschneider bei sich trägt, dem er dem beamten einmal leihen würde. aber der beamte guckt so sauer wie er aus dem mund riecht, da will ich mich nicht weiter sträuben.

überhaupt wundere ich mich, welches messer er meint. ich kann mich spontan an keines erinnern. bis mir beim ausräumen dann mein winziges taschenmesser in die hände fällt.
ich denke: ups.
ich denke weiter: anderseits hat das messer schon zwei flüge nach london und zurück überstanden, und damals lag der elfte september noch nicht so weit zurück.
"das hab ich auch schon bei internationalen flügen bei mir getragen", sage ich offenherzig.
"ja sind sie denn von allen guten geistern verlassen! lesen sie die sicherheitsbestimmungen!"
"es wurde nie beanstandet", beharre ich.
"na dann wollen wir doch mal sehen."
der sicherheitsbeamte klappt alle klingen aus und beginnt, sie abzumessen.

ich warte. die anderen leute warten auch und glotzen, während der beamte eine klinge nach der anderen wieder einklappt.
schließlich seufzt er:
"haarscharf! das war haarscharf an der grenze, mein liebes frollein!"
die leute seufzen auch und sind sichtbar enttäuscht, dass mich kein sicherheitscorps in handschellen gefesselt abführt.
"kann man denn nicht auch mit einer kurzen klinge jemanden...? frage ich den sicherheitsbeamten.
"wir haben eben unsere vorschriften!"
aha.
"aber feuerzeug darf ich?" frage ich weiter und halte provokant das kleine grüne ding in die höhe, bevor ich es wieder in die tasche räume.
"feuerzeug ist erlaubt", versichert mir der beamte.

das sind ja lustige vorschriften, denke ich mir. mit kurzer klinge dem vordermann in die halsschlagader stechen ist erlaubt, nur nicht mit der großen klinge die ganze kehle durchschneiden. vielleicht, weil langsames verbluten weniger sauerei macht. ebenso erlaubt ist es offenbar, im flugzeug irgendwas anzuzünden (den vordermann, die stewardess, das handgepäck in den oberen fächern), solange man dabei keinen sprengstoff in den stiefeln hat.

passierversuch nummer drei. das kind, das gelacht hatte, als ich meinte schuhe ausziehen musste, guckt jetzt ehrfürchtig, als ich an ihm vorbeigehe. es flüstert seiner mama etwas zu, die daraufhin sagt:
"nein, niklas, das ist überhaupt nicht "cool", sowas macht man nämlich nicht."
hast du gehört, niklas, sowas macht man nicht: aus versehen gegen unlogische vorschriften verstoßen. in der schule werden sie dir mal noch mehr davon beibringen. der einzige trost, mein kleiner: wenn du dumm bleibst, fällt es dir weniger auf.

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Montag, 5. März 2012
warme hände
vorgestern die kunstausstellung eines bekannten besucht und dort brandredenartig über soziale ungerechtigkeiten in der medienbranche diskutiert. mit gehaltsoffenbarungen entsetzen gestiftet, allen jungen leute von einem studium der kommunikationswissenschaften abgeraten und so wenigstens einmal meine bildungsmission erfüllt. später dann noch in den club gehoppelt. dort war dann plötzlich nichts mehr okay.

mit k. abgehangen. k. spürte, dass es mir nicht gut ging und kaufte mir einen wodka redbull. das objekt kam vorbei, guckte sehr stoned und erzählte munter wirres zeug über masturbation und finger-in-den-po-stecken. ich nippte an meinem drink und gab mich einsilbig. k. guckte abwechselnd das objekt und mich an und zog kommentarlos die augenbrauen hoch. dann kam ein typ vorbei, der das objekt heftig anflirtete und arm in arm mit ihm verschwand.

k. sah den beiden nach und sagte trocken: "was für ein merkwürdiger abend... und was für total durchgeknallte typen."
ich musste lächeln und spürte gleichzeitig tränen aus der brust nach oben steigen. k. legte den arm um mich und hielt mich fest.
"soll ich dir asyl geben?" fragte er mich.
ich zögerte. k. verstand:
"also nur kuscheln und schlafen, meinte ich."
ich nickte. k.s anwesenheit würde mir guttun. ein mensch, der keine dummen fragen stellte und keine dämlichen sprüche klopfte. safer sleeping, safer dreaming, so in der art.

dann kam die k.-ex in den raum. ich spürte ihren blick. sie fing den meinen auf, kam herüber und gab k. und mir je einen kuss. k. stand daraufhin auf und verließ den raum.
die k.-ex sah ihm traurig nach.
"er kommt einfach nicht klar damit", sagte die k.-ex.
"womit?"
"na, mit dir und mir und dieser situation."
"es gibt doch gar keine situation."
die k.-ex seufzte.
"ehrlich, morphine... es gäbe niemanden, mit dem ich k. lieber zusammmen sehe als mit dir. trotzdem tut es manchmal einfach verdammt weh und ich frage mich, ob die trennung damals der richtige schritt war."
in diesem moment bestätigte sich das, was ich schon lange ahnte. und kam mir entsetzlich fehl am platze vor.

ich stand auf und suchte k.
"ich werde heute doch nicht bei dir schlafen", sagte ich geradeheraus.
k. guckte erstaunt und verletzt.
"warum denn?"
"ich hab es mir eben anders überlegt."
"das ist doch blödsinn. willst du jetzt wirklich den weiten weg nach hause... und dann da allein...?"
"ist besser so, glaub mir einfach."
da waren die tränen wieder ganz heiß hinter den augen. ich ging auf toilette. dort kauerte ich mich in die hocke und lehnte den kopf an die kabinentür. alles ist gut, versuchte ich mir einzureden, fahr einfach jetzt nach hause, kuschel dich in dein warmes bett und schlaf dich aus.

ich holte mein handy aus der tasche. die uhr zeigte 5:22. da plötzlich klingelte es.
"hallo?" sagte ich mit frosch im hals.
an anderen ende der leitung war mein herbergsvati vom letzten wochenende.
"hey... sag mal, wie klingst du denn, bist du schon wieder krank?!"
"nein", sagte ich und meine stimme wackelte, weil seine frage so ehrlich besorgt und davon abgesehen so warm und sanft und tröstlich klang.
"ich wollte eigentlich nur wissen, ob du auf deiner party da bist und ob du vielleicht lust hast, noch vorbeizukommen?"
mein herz begann zu flattern. das war doch wohl die beste überraschung dieses wochenendes.
"ja", sagte ich. "gerne."
"wann darf ich mit dir rechnen?"
"gib mir zehn minuten."

ich holte meinen mantel vom garderobenmann und ging einfach ohne jemanden tschüß zu sagen. dann radelte ich durch die nacht.

der mensch stand schon unter der tür und wartete auf mich.
"das hat aber länger als zehn minuten gedauert", tadelte er mich scherzend.
ich zog eine tüte brötchen aus meiner tasche.
"ich war noch eben beim bäcker an der holstenstraße."
"du bist toll", fand der mensch und drückte mich. "das ist doch jetzt genau das richtige. ich mach uns kaffee, ja?"

ich setze mich, während der mensch in der küche hantierte. seine bewegungen hatten etwas schlafwandlerisches und ich erinnerte mich, dass der mensch fast blind war. trotzdem lebte er erstaunlich normal.

"was ist eigentlich los?" fragte er unvermittelt, während er mit routinierten bewegung heißes wasser in eine kanne goss.
"was soll sein", erwiderte ich.
"du bist traurig."
"wie hast du das gemerkt?"
"du hast etwas dunkles an dir."
ich musste kurz nachdenken, bis ich verstand, dass der mensch nicht unbedingt von einem sichtbaren dunkel sprach. und schon waren da wieder die ungebetenen tränen hinter den augen. nein, du heulst jetzt nicht rum, befahl ich mir. der kennt dich nicht, was soll der denn von dir halten.

bis eine hand mein gesicht berührte, eine warme, weiche hand, die meine wange sachte berührte und die finger in meinem nacken wandern ließ. es war wie nachhause kommen. und ich schloss die augen und spürte, wie sich die tränen ihren weg bahnten, kleine salzige lawinen der traurigkeit, unaufhaltsam auf der suche nach innerem frieden und trost, auf der suche nach etwas, woran ich den glauben verloren hatte.
der mensch sagte nichts, blieb einfach nur stehen und hielt meinen kopf. dennoch begann seine anwesenheit meine leere zu füllen, fest und stark und schön.

eine gefühlte ewigkeit lang saßen wir so da, während der kaffee kalt wurde und draußen die sonne aufging.
"was denkst du jetzt bloß von mir", sagte ich.
"nicht schlechtes. überhaupt nicht." der mensch schmunzelte, amüsiert über meine sorge.
"es tut mir so leid, ich bin eine echte zumutung. ich sollte nach hause gehen", setzte ich nach.
"schhh."
der mensch lächelte noch immer, legte den zeigefinger auf die lippen und nahm mich bei der hand. er zog mich ins schlafzimmer und packte mich in sein bett.
"schlaf jetzt. du musst nun erstmal neue kraft sammeln. wenn was ist, ich bin nebenan und arbeite."
der mensch küsste meine stirn und verließ leise den raum.

es dauerte lange, bis ich eingeschlafen war, aber als es soweit war, ruhte ich tief in mir, mit dem bewusstsein, dass ein seltener zauber meine seele gestreift hatte. falls es einen gott gab, dann musste sich seine liebe genau so anfühlen.

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Samstag, 3. März 2012
pas un rendez-vous
gestern abend todmüde aus der arbeit gestolpert und sofort ins bett gefallen, zwei minuten später tief und fest geschlafen.
dann plingte das handy. eine sms. schlaftrunken hangelte ich nach dem kleinen eckigen ding und stellte mit enormem erstaunen fest, dass das objekt mir geschrieben hatte. es hatte offenbar einen lyrisch-philosophisch-alkoholisierten moment gehabt und mir einen ellenlangen text getippt. ich brauchte mehrere minuten, um ihn zu lesen. komplexe gedankensprünge, befeuert von freund rachmaninoff, mutmaßte ich. ich versuchte erfolglos, einen bezug zu unseren letzten gesprächen zu finden. also schrieb ich zurück: falsche adresse - fragezeichen fragezeichen fragezeichen?

ich warf einen blick auf die uhr. es war kurz nach eins. dann plingte das handy noch einmal. es war die drittefreundin. sie und der dritte waren auf einer party. ob ich denn auch noch käme. da sprang ich aus den federn und unter die dusche.
als ich geschniegelt und gebügelt war, sah ich noch einmal auf das handy. keine antwort vom objekt - vermutlich lag ich also richtig mit der falschen adresse. dann schwang ich mich auf das fahrrad.

an einer roten ampel rief ich bei meinem herbergsvati vom letzten wochenende an.
"brauchst du wieder ein auffanglager?" fragte er lachend.
"vielleicht. aber viel lieber würde ich deine umstände vom letzten wochenende wiedergutmachen."
"ich bin aber gerade auf einem schachturnier. das kann spät oder vielmehr früh werden."
"das heißt, ich kann vor sechs uhr morgens ohnehin nicht mit dir rechnen?"
"kann auch sieben werden."
"schlecht."
"naja, also wenn du willst... du kannst gerne bei mir auf mich warten."
"ja klar, ich setze mich eine stunde lang vor deine haustür - das würde dir gefallen!"
"ich wollte es nur angeboten haben. wir könnten frühstücken. ich würde mich freuen."
"ich hab eine bessere idee. ich ruf dich an, wenn sie uns rauskehren, und falls du dann millionär und zuhause bist, komm ich noch vorbei."
"gut", meinte der mensch an anderen ende der leitung. "ich geb mir mühe. bis dann."

auf dem kiez wurde ich erstmal kontrolliert und durfte schon wieder meine tasche ausleeren. dann, in gnaden wieder entlassen, begab ich mich endlich in den kleinen souterrain-club.
bevor ich überhaupt meine jacke ausziehen konnte, traf ich das objekt. nach der letzten strangen begegnung - umarmung, tränen, weglaufen - war unser verhältnis nicht unbedingt entspannt, aber zumindest theoretisch der kontakt wiederhergestellt. noch während ich rätselte, ob und wie mich das objekt wahrnehmen würde, wurde ich schon mit einer stürmischen umarmung begrüßt und vollkommen high angestrahlt.
"morphine! was willst du trinken!"
"ähm..."
das objekt wartete nicht auf meine antwort und stürzte zur bar. dann kam es mit zwei kurzen, bier und einem wein für mich wieder.
"ich weiß doch noch, was du gerne magst."
"du solltest dich nicht in umkosten stürzen."
"ach was!"
wir exten die kurzen, dann kroch das objekt ganz nahe an mich heran.
"du duftest wie der frühling... wie ein engel!"
ich musste grinsen. das war endlich mal wieder das objekt wie es leibte und lebte. dann fiel mir die sms wieder ein.
"du hast mir heute eine sms geschickt, war die für mich?"
das objekt starrte mich entgeistert an:
"warum sollte die nicht für dich gewesen sein?!"
"ich weiß nicht, sie hatte jetzt nicht so den konkreten bezug auf irgendwas, was bei uns gerade aktuell wäre."
"morphine, ich habe mir eine flasche rum reingeknallt und dann fast eine stunde lang an dieser sms gesessen. natürlich war die für dich. solche smsen schicke ich keinen anderen frauen. die würden doch gar nicht verstehen, was ich meine."
ich zog die augenbrauen hoch. eines stand fest: das objekt war heute in höchstform, was trinken, drogen und charming betraf. unter garantie würde es heute auch noch jemanden abschleppen. im idealfall nicht mich.
"na dann ist ja gut", zeigte ich mich versöhnlich. "dann freu ich mich darüber."
das objekt schmunzelte:
"ich hab eine idee... ich werde künftig immer noch den satz anfügen: liebe morphine, die sms ist wirklich für dich, bitte jetzt freuen!"
ich boxte das objekt in die seite, woraufhin es sich gespielt krümmte und schmerzenslaute von sich gab.

da kamen der dritte und die drittefreundin auf uns zu.
"dass wir vier mal wieder hier zusammenstehen", sagte der dritte mit rührung in der stimmme.
nicht nur zwischen dem objekt und mir, sondern auch zwischen dem dritten und dem objekt hatte es im vergangenen jahr heftig gekracht.
wir umarmten einander. der dritte guckte mich zweideutig an und nahm unauffällig meine hand. nur das objekt registrierte die kleine geste und lächelte. ich wusste, dass es an die nächte zu dritt dachte, die es nicht mehr gab.

kurz nach fünf gingen die lichter an. das war sehr frühzeitig und für mich und meine pläne absolut ungünstig.
"wie bist du da", fragte mich das objekt, als wir schulter an schulter am ausgang standen.
"mit dem rad", antwortete ich.
"du bist knallhart."
"ich hab ja vielleicht nicht weit", sagte ich unbedacht.
das ließ das objekt aufhorchen.
"soso, was hast du denn noch vor?"
"ich hab mich unverbindlich versprochen, wenn man das so sagen kann. aber ich weiß noch nicht, ob wir uns sehen."
"wer ist es denn?"
"kennt man nicht."
"und in welchem verhältnis steht ihr?"
"ich kenn den kaum."
"fickt ihr?"
"nein. es könnte irgendwann passieren. aber es steht für mich nicht an erster stelle."
das objekt sah mich scharf an:
"du magst ihn."
"vielleicht."
das objekt sah mich noch einmal an und lächelte.
"okay, ich mag ihn", gab ich zu.
"dann sag doch nicht vielleicht, mann."
das objekt betrachtete mich amüsiert und schüttelte den kopf:
"bloß keine gefühle zeigen! am besten gar keine gefühle entwickeln! am besten überhaupt nicht mehr treffen, bevor es gefährlich wird! das sind deine gedanken, ich kenn dich doch. du hast angst davor, dass es gut werden könnte."

wie so manches mal traf das objekt exakt ins schwarze. das merkte es und nahm mich in die arme.
"du bist so verdammt verletzlich... und ich würde dich so gerne beschützen und dir ein freund sein, aber ich schaffs ja nicht mal für mich selber."
"ich habs gemerkt", sagte ich mit etwas mehr bitterkeit als gewollt.
das objekt nahm mein gesicht in seine hände:
"du brauchst auch mal jemanden, der für dich da ist. du hast das verdient. und vielleicht ist das ja ein guter."
jetzt wurde es mir doch zu viel.
"misch dich da nicht ein", wand ich mich aus dem festen griff des objekts.

das objekt ließ von mir ab und machte einen schritt zurück. ich streckte ihm eine zigarette hin.
"komm, lass uns noch eine rauchen."
schweigend gingen wir die große freiheit entlang und qualmten. das objekt schwankte unkontrolliert und hakte sich irgendwann unter.
"wo steht dein rad?" fragte mich das objekt.
"drüben, in der siedlung."
"achja. du hast ja angst vor dieben."
"nein, aber ich habe angst vor besoffenen assis, die mir aus jux auf den sattel kotzen."
"so ne assis wie ich, hm?"
"exakt."
das objekt knuffte mich und drückte mir einen kuss auf die wange.
"komm, ich bring dich noch."

nachdem wir uns verabschiedet hatten, rief ich meinen herbergsvati an. keiner ging ran. also sprach ihm auf die mailbox, dass ich müde sei und nicht mehr kommen werde. dann fuhr ich schnurstracks nach hause.
rendez-vous erfolgreich verhindert.

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Donnerstag, 23. Februar 2012
piesacken
gestern habe ich aus jux und laune das objekt angerufen. ohne erfolg. ich hatte es bildlich vor mir, wie das handy schrillte, der blick panisch über das display schwebte und der zittrige daumen mich daraufhin wegdrückte. anschließend schaltete das objekt das handy ganz aus, um sich nicht mehr konfrontieren zu müssen.
also schickte ich eine sms hinterher: "alter, isch wais, wo du wohns!" vermutlich wartet das objekt seither angsterfüllt darauf, dass es an der haustür klingelt. die vorstellung davon rettet meine restwoche.

die k.-ex, die derzeit die objektive post annimmt, hat mir heute am telefon berichtet, dass schon wieder mahnungen für das objekt eingetrudelt seien. offenbar hat es eine strom- und eine klamottenrechnung nicht bezahlt.
"ich seh da schon wieder gelbe briefe kommen", meinte die k.-ex sorgenvoll.
"vielleicht stecken sie ihn dann wieder in den knast", erwiderte ich schadenfroh.
"ich helf ihm nicht", sagte die k.-ex. "von mir kriegt er kein geld."
"von mir auch nicht."
"trotzdem versteh ich das nicht, wie kann er bloß, er hat doch auch den kleinen!"
"zehn joints und der tag ist dein freund - weißte doch."
"und noch mehr, was wir gar nicht wissen."
"gott bewahre."

vermutlich werden das objekt und ich morgen im rahmen einer party aufeinandertreffen. ohne die k.-ex, die ja derzeit die diplomatische instanz zwischen uns ist. ich rüste mich innerlich schon mal dafür.

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Montag, 13. Februar 2012
i´ve always loved you in my way
"du bist ein unglaublich großzügiger mensch", findet die k.-ex am telefon.
"ich bin mir nicht sicher, ob ich manchmal nicht einfach nur ein unglaublich blödes schaf bin", erwidere ich.

ich habe wieder kontakt zum objekt aufgenommen. nachdem mir mehrfach aufgefallen war, dass mir die situation im club - gegenseitiges angestrengtes ignorieren und heimliches hinterherstarren - im grunde meines herzens schrecklich schwerfällt und konsequenter hass einfach nicht meinem naturell entspricht, habe ich eine nicht allzu freundliche, sehr deutliche und bestimmte sms verfasst. ich sei die situation leid, es gehe mir längst nicht mehr um die geschichte gewordene freundschaft, aber um einen normalen umgang im falle von ortsüberschneidungen. in diesem kontext wäre ich ihm für eine zeitnahe lösung sehr verbunden. mit freundlichen grüßen, imaginärer stempel, imaginäre krakelige unterschrift. rosenkrieg light, sozusagen.

"er hat mir davon erzählt", berichtet die k.-ex.
"er SPRICHT über mich?" ich bin ganz perplex.
"doch doch. und das war auch nicht das erste mal. das ist nicht irgendwie abgefrühstückt für ihn, ganz im gegenteil."
"mann, dann kann er doch wohl mal das maul aufmachen."
"ich versteh das auch nicht. ich hab ihm mehr als einmal gesagt, geh hin und rede mit ihr, erklär ihr das, was es zu erklären gibt."
"er sagt keinen ton zu mir."
die k.-ex ist erstaunt.
"aber er hat dir doch geschrieben."
"wiebitte? nein."
die k.-ex stutzt:
"aber er hat mir doch gestern gesagt, er habe dir auf diese sms geantwortet."

wir schweigen beide für einige sekunden.
"dann hat er dich angelogen", sage ich.
die k.-ex schnaubt entrüstet in den hörer:
"mann, warum musste das wieder sein! was hat er denn davon, dass er mir so einen mist erzählt? es kann mir doch echt egal sein, dass er seinen arsch nicht hochkriegt! das ist doch für mich total uninteressant."
"tja."

wieder schweigen wir beide.
"eigentlich weiß ich jetzt doch nicht mehr, warum ich die situation eigentlich verändern wollen sollte", überlege ich. "dieser mensch würde doch sogar lügen, wenn man ihn nach seiner lieblingsfarbe fragt!"
"aber du magst ihn", sagt die k.-ex. "weil du seine guten seiten kennengelernt hast. die kenne ich ja auch, und ich sage dir, die findet man so an sich selten bei einem mann. und ich weiß, er hat dich auch wirklich gern, auf seine art." die k.-ex holt tief luft. "was natürlich nichts daran ändert, dass er verlogen und berechnend ist. das kreide ich ihm auch an."

ich überlege:
"ich akzeptiere das nicht mehr."
"wart doch mal ab."
"ich fahr hin und hau ihm aufs maul."
"ach komm."
"doch, doch. ich mach das am valentinstag. das wird mein valentinstagsgeschenk. so ein veilchen statt rote rosen, ganz kostenlos und seeeehr lange haltbar."
die k.-ex lacht und ich muss ebenfalls ein bisschen grinsen.
"du riskierst ja echt was für den mann", meinte die k.-ex.
"du weißt doch, ich mag ihn - auf meine weise eben", antworte ich.

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