Sonntag, 25. November 2012
nacht(h)eulen
im job ist es derzeit emotional anstrengend. nachdem ich die geschäftsleitung dabei ertappt habe, wie sie ihr team vor einem kunden schlecht redete, habe ich das zitat zusammen mit ein paar deutlichen worten in eine e-mail gepackt, den rest des teams in cc gesetzt und das dann abgeschickt. konfrontationskurs, das kann ich dank psychopharamaka und dem neuen lebensgefühl "ist sowieso alles egal, wertlos und vergänglich, vielleicht bist du morgen schon tot, also hau immer voll in die kacke" inzwischen sehr gut. ähnlich wie nach dem chefseitig befohlenen, vorzeitigen abbruch meines letzten mikrourlaubs spammt die gf jetzt sorry-blabla, das ich nicht mehr für glaubwürdig halte. es bleibt ein bitterer nachgeschmack, inklusive der gewissheit, dass meine tage in diesem büro mehr als gezählt sind.

freitag bin ich so erschöpft, dass ich schon gegen mitternacht im bett liege und erstmal 13 stunden schlafe. am samstag bin ich arsch, muss mich schon wieder über andere leute (= den asozialen mülltonnenwächter) echauffieren und schaffe es dann wieder nicht, in den club zu gehen, ohne vorher noch mal die heizdecke aufzusuchen. nach einer doppelten dosis psychopillen, einer kalten dusche und einem energy-drink habe ich dann endlich ausreichend herzflattern, um zur u-bahn zu kriechen.

im club ist niemand außer w., einem bekannten der k.-ex. also unterhalte ich mich die halbe nacht mit ihm. w. ist 45, hat schon in halb europa gewohnt, die westcoast der usa abgegrast und lebt nun wieder in hh, wo er geboren ist.
außer uns sitzt noch eine rock-band am tresen, die keiner kennt. wir trinken ein paar mexikaner zusammen, bis ich sodbrennen habe und auf wasser umsteige.

"weißt du, was das schöne ist, wenn man samstag bis in die puppen rumsitzt und feiert?" fragt mich w.
"wasn", frage ich zurück.
"dass morgen der wecker nicht klingelt... und man nicht arbeiten muss... sondern einfach liegenbleiben kann, bis es schon wieder dunkel wird. niemand stört einen, keiner quatscht einen voll. irgendwann steht man dann auf, trinkt einen kaffee und raucht eine zigarette. das ist wahre freiheit."
"ich finde es immer traurig, wenn ein tag vergeht und ich kein sonnenlicht hatte. deshalb stelle ich mir auch den wecker."
"krass", findet w.
"ich brauch das", erkläre ich. "ich hab depressionen."
"ach nein!" ruft w., "das hätte ich nicht gedacht. du hast doch so viel humor."
"trotzdem bin ich eigentlich ein ziemlich verzweifelter und kaputter mensch."
"wie kommt das denn? wann hat das angefangen?"
"ich glaube, ich war schon als kind so. ich war ganz oft traurig und viel allein. nicht, weil mich jemand abgelehnt hätte oder so. aber meine mutter war immer krank, mein vater hat gearbeitet und freunde hatte ich irgendwie keine, weil ich mich für die spiele der anderen kinder nicht interessiert habe."
"und was hast du so gemacht als kind?"
"ich hab eher so erwachsenenkram gemacht. hab mir lesen und schreiben beigebracht. hab meine kranke mutter versorgt und den haushalt gemacht."
"krass", sagt w. wieder.
"ich fand das nicht schlimm, ich war kein ausgebeutetes kind oder so. es hat mir spaß gemacht und ich wurde geliebt, wenn ich gut war."
"aber ein bisschen krank ist das trotzdem, oder?" findet w. "warst du denn glücklich?"
"manchmal schon. ich weiß natürlich nicht, ob andere kinder mehr oder öfter glücklich sind oder was kinder konkret glücklich macht."
"ich habe einen großen bruder und eine große schwester", erzählt w. "mein großer bruder jammert immer, weil er der älteste war, um alles kämpfen musste und weil von ihm am meisten erwartet wurde. meine schwester jammert immer, weil sie das einzige mädchen unter brüdern war. und ich, ich fand es immer doof, dass auch dann zwei auf mich aufpassten, wenn unsere eltern schon mal nicht da waren."

ich lache laut.
"ich habe aber trotzdem keine depressionen bekommen", sagt w. ernst.
ich zucke die achseln.
"wie ist das denn so?", fragt w. vorsichtig. "also falls es dir nichts ausmacht, darüber zu reden."
"nein, gar nicht, es ist ja eine anerkannte stoffwechselerkrankung."
"das stimmt, aber viele schämen sich trotzdem. ich stell mir das schlimm vor, wenn man so krank ist und dann auch nicht darüber reden kann."
"das habe ich auch in den ersten monaten nicht gemacht, einfach weil ich nicht wusste, dass ich richtig krank bin und weil ich hoffte, das würde wieder werden, wenn ich die drogen weglasse. ist aber immer schlimmer geworden, so über vier, fünf monate hinweg, bis zum totalen zusammenbruch."
"und wie ist das so, was denkst du dann so?"
"man wacht morgens auf und ist so müde wie wenn man den ganzen tag gearbeitet hat. man ist so kraftlos, dass einen der gedanke daran, dass man zähneputzen muss, zur verzweiflung treibt. ich hatte keine energie mehr, wäsche zu waschen, zu putzen und den müll rauszubringen. ich bin nur in die arbeit gefahren und hab mich dananch ins bett gelegt und an die wand gestarrt. ich war am ende zu fertig, um zu duschen oder zu essen oder einen film zu sehen."
"hast du dann viel geweint?"
"komischerweise gar nicht. alle emotionen waren tot. ich war völlig gleichgültig. ich hatte nicht mal die motivation, mich umzubringen, weil mich das zu viel kraft gekostet hätte. ich bin bei rot über die ampel gelaufen und hab gehofft, dass mich ein auto erwischt. hatte aber glück. oder keins, wie man es nimmt", kichere ich.

"was hast du dann gemacht? ich meine, du hast dir hilfe geholt, oder?" fragt w. weiter.
"ich hab das objekt angerufen und gesagt, dass es mir nicht so gut geht und ob es mir tavor aus der klinik mitbringen kann, damit ich schlafen kann. da hat es nachgefragt und mich zum quatschen gebracht."
"achja, der arbeitet ja da..."
"genau. jedenfalls hat er dann versucht rauszufinden, was mit mir genau los ist. er hat mich jeden tag angerufen und versucht, mich mit so ein paar tricks und tipps da rauszuholen. den tag strukturieren und sowas."
"hat das geholfen?"
"ich denke, sowas hilft schon, nur war es bei mir zu spät."
"und dann?"
"nach ein, zwei wochen gingen dem objekt dann die guten ratschläge aus und es bekam angst, dass ich mich irgendwann umbringe, weil es immer schlimmer wurde und ich irgendwann völlig irrational dachte und handelte. außerdem war ich nicht mehr imstande, mich zu versorgen. ich war auf dem besten wege, richtiggehend zu verwahrlosen, und ich bin eigentlich ein ziemlich reinlicher mensch. dann hat mich das objekt in die klinik gebracht."

"dann hast du ja einiges hinter dir", bilanziert w.
"kann man so sagen."
"ich bin ganz sprachlos, ehrlich", gesteht mir w. "und ich finde es toll, dass du rausgefunden hast, das war bestimmt nicht einfach."
"es ist immer noch nicht einfach. aber wenigstens will ich jetzt nicht mehr sterben. ich weiß nur noch nicht so ganz genau, wie ich leben soll, auch wenn inzwischen vieles klarer ist. und ich bin dem objekt sehr dankbar. ohne seine hilfe wäre ich vielleicht irgendwann tatsächlich tot gewesen. irgendwann hätte das mit dem überfahren-lassen vermutlich geklappt."

w. schaut mich an und schweigt, aber ich sehe, dass er berührt ist von der geschichte. einer geschichte, die viele lieber nicht hören wollen, weil sie angst haben, dass ihnen daraus verpflichtungen erwachsen könnten, die sie nicht halten wollen.

"komm, wir trinken noch einen", sage ich versöhnlich und ordere tequila.
"tequila haut aber echt rein", findet w.
"na und? man stirbt nur einmal", lache ich.

später wanken wir durch ottensen, einen stadtteil, der auch nur bei dunkelheit wirklich hübsch ist. w. wohnt in der nähe, und weil ich noch wach bin und w. betrunken, bringe ich ihn. vor der haustür nehmen wir uns in die arme.
"wir können uns ja mal auf einen kaffee treffen", schlägt w. vor.
"oh ja", freue ich mich. "bitte kill meine schrecklichen sonntage! ich kann auch abartige horrorfilme mitbringen, passend zu meiner wenigkeit."
w. lacht.
"was denn zum beispiel?"
"ich habe die alien-trilogie auf dvd. noch nicht geschaut."
"oha, naja, wir sehen mal, ob wir uns da auf was einigen können."
w. schließt die haustür auf, ich mache kehrt und winke nonchalant. dann laufe ich zur bahn.

in winterhude angekommen kaufe ich mir noch bei meinem neu entdeckten biobäcker zwei biobrötchen. sie sind noch heiß, innen fluffig und außen knackig und insgesamt so zart, dass der deckel bricht, wenn man sie mit dem messer teilt. die kleinen freuden des lebens, und ich bin glücklich, sie wieder empfinden zu können.

dann ich laufe nach hause. im osten schimmert ein heller streifen am horizont. ich gehe ins licht und hoffe, dass ich etwas licht mitnehmen kann für die dunklen stunden, vor denen ich noch längst nicht gefeit bin.

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Donnerstag, 22. November 2012
am baum des bösen
ich liege eingerollt im objektbett, das objekt sitzt neben mir an die wand gelehnt. ich bin ziemlich breit, das objekt ebenfalls. ich sehe dem objekt beim rauchen und monologisieren zu, ohne auch nur ein wort zu begreifen.

das objekt hält plötzlich mitten im satz inne, blickt mich scharf an und sagt: "du machst mir angst."
ich gucke nur.
objekt: "wie du mich anschaust! so ein krasser blick... so beobachtend."
ich lächle.
das objekt starrt mich weiterhin an: "wie eine mischung aus kaninchen und python!"

ich schüttle den nebel in meinem kopf und frage dann:
"warum wie eine python? ich könnte doch auch eine ganz normale giftschlange sein."
objekt: "nee, du bist keine giftschlange. du würdest nicht einfach schnell zuschlagen und dich damit zufrieden geben, dass du deine beute erlegt hast."
ich: "sondern?"
objekt: "ich kenne dich, verdammt noch mal. du würdest es zelebrieren, jemanden zu töten!"

öhm. nunja...

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Dienstag, 20. November 2012
pipitasking
warnung: sollten sie es nicht so mit körperflüssigkeiten haben, lesen sie nun bitte weg.

kurz nach 18 uhr. ich bin die letzte im büro und nehme noch änderungswünsche der chefin für eine präsentation entgegen. wie immer ist es eine präsi auf den letzten drücker, daher muss jemand noch alles auf topniveau bringen. ich verspüre latentes stresspipi in der blase, doch der azubi hat schon alles abgeschlossen (klo ist übern flur, weil alte villa). ich habe keine lust mehr, den schlüssel zu suchen, sondern schwinge mich nach beendigung meiner pflichten auf mein rad.

auf dem rad kommt mein stoffwechsel ordentlich in schwung. die kälte entschlackt jede körperzelle. doch ich habe noch einen auftrag: ich muss kurz zur klinik fahren, dem objekt den objektsohnemann abnehmen und ihn in das objektzimmerlein bringen, weil das objekt spätschicht hat, der sohnemann aber noch hausaufgaben machen muss. umweg für mich: ca. 15 minuten. mach ich doch gern. außerdem könnte ich ja rasch in die abteilung zum objekt hochflitzen, mir eine umarmung abholen und auf klo gehen.

als ich gerade an einer ampel stehe, ruft das objekt an.
"kannst du bitte bitte noch brot und eine milch kaufen?"
ich nehme also den nächstbesten penny, stürme durch die regalzeilen, hole einmal milch und ein paar brötchen - und eile dann richtung kasse, weil das pipi nun doch schon ziemlich drückt.

an der kasse trifft mich fast der schlag, weil 15 leute mit fetter beute im wagen vor mir warten. ich überlege, ob ich abhauen soll, doch da klingelt die kassiererin nach verstärkung. ok, gut, das hälst du jetzt durch, sage ich mir.

doch die verstärkung lässt sich zeit. als nur noch zwei leute vor mir stehen und mir vor lauter pipimüssen schon schlecht und schwindelig wird, kommt endlich der zweitkassierer und bitte mich gleich vor, weil ich ja nur zwei sachen habe. beim zahlen muss ich mich schon leicht zusammenkrümmen, doch dann geht es wieder für ein paar minuten.
ich radle weiter richtung klinik und freue mich auf das objekt, den sohnemann und insbesondere auf das klinikklo.

doch diesmal ist alles ein wenig anders als sonst. der objektsohnemann steht schon drunten vor der tür und wartet. der papi hatte einen notfall und muss ganz viel blut wegmachen, erfahre ich, das war nichts für die sohnemann-augen, also wurde sohnemann mit schlüssel um den hals nach draußen geschickt.

ich überlege, ob ich den sohnemann noch weiter warten lassen, schnell nach nebenan ins hauptgebäude rennen und ein klo suchen soll. doch der lütte ist ganz durcheinander vom blutigen vorfall in der klinik, plappert unzusammenhängendes zeug und zieht mich auf die straße. ich will ihn nicht alleine lassen, obwohl ich inzwischen bereits schmerzen vor lauter pipimüssen-stress habe.

zum glück ist es von der klinik zum wohnheim nur ein katzensprung.
"ich muss ganz dringend auf toilette, wenn wir gleich da sind", sage ich zum sohnemann.
"ich auch", piepst der lütte.
na toll, denke ich mir.
an der tür fummelt der kleine eine ewigkeit mit dem schlüssel, doch dann ist die tür endlich auf. wir fahren mit dem aufzug in den fünften stock. danach geht es einmal über den kompletten flur, weil das objekt ganz hinten wohnt. noch mal schlüsselfummelei, und endlich sind wir drin. ich zerre den lütten aus seiner jacke und schubse ihn ins mini-badezimmer des objekts. dann warte ich auf das rauschen der klospülung, während ich auf und ab laufe, um den schließmuskel noch irgendwie unter kontrolle zu halten.

es vergehen drei minuten, dann fünf, dann zehn. schließlich wird es mir zu bunt und ich klopfe an der badezimmertür.
"bist du bald mal fertig, ich muss auch!"
"glaaaahaich", trompetet der kleine.
es dauert ein paar weitere minuten, dann höre ich die klospülung. doch der objektsohnemann kommt noch immer nicht raus.
ich klopfe noch einmal unwirsch an die tür. als ich nichts höre, öffne ich sie einfach - und traue meinen augen nicht: da sitzt der sohnemann auf dem pott und blättert in aller seelenruhe in einem comic-heft.
"ich hab die geschichte doch gleich fertig", mault der lütte.
"raus da jetzt", sage ich nur, schmeiße den sohnemann mitsamt comic aus dem bad und ziehe die tür hinter mir zu.

als ich auf dem pott sitze, kann ich mich nicht erinnern, jemals so erleichtert gewesen zu sein.

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Sonntag, 18. November 2012
absturz
verabredung mit der lederjacke.
die lederjacke war nun fünf tage abstinent und ist heiß drauf, sich ordentlich einen zu brennen.

wir treffen uns im club und trinken zusammen zwei whiskey cola, dann schwenke ich um auf caipi und die lederjacke auf bier. noch ist alles gut.

dann kommt ein bekannter von mir, der geburtstag hat und zwingt uns, zwei kurze mit ihm zu trinken. mir wird schummrig, die lederjacke kommt jetzt richtig in fahrt und ordert noch mehr bier.

das objekt ist ebenfalls anwesend und beobachtet mich kritisch.
"na, plus oder minus", fragt es, als es mich kurz in den arm nehmen kann, weil die objektgepielin gerade nicht guckt und die lederjacke kurz auf klo ist.
"eindeutiges plus."
"ich meinte nicht den pegel."
"nee, nee, alles super, echt."
"ist das der typ, der mit dir zusammenziehen wollte und nebenbei noch die andere fickt?"
"äh, ja. aber ich zieh nicht mit dem zusammen. ich zieh nie wieder mit nem typ zusammen."
das objekt lächelt, gibt mir einen zerstreuten kuss auf die stirn und schlendert richtung tanzfläche.

gegen sechs uhr morgens, als der club schließt, sind die lederjacke und ich unheimlich gut drauf und hellwach.
"lass uns doch noch in diese türkische bar gehen wie damals", schlägt die lederjacke vor.
doch wir haben pech, denn die türken feiern irgendwas und haben geschlossene gesellschaft.
"na, vielleicht ohnehin besser", sagt die lederjacke, "am ende erinnern die sich noch an mich."
ich kichere.
"war ich damals schlimm peinlich?"
"nee, aber du hast den besitzer ziemlich genervt, weil du dauernd mit deinem iphone musik auflegen wolltest."
"jaja, ich erinnere mich dunkel."

"dann lass uns doch einfach zu dir gehen", schlage ich vor.
"ich hab auch noch nen whiskey da", merkt die lederjacke an.
"hast du auch was alkoholfreies?"
die lederjacke überlegt.
"ich könnte dir da einen ganz edlen tropfen... leitungswasser anbieten."
ich puffe die lederjacke in die seite und sie krümmt sich theatralisch.

bei der lederjacke gibt es tatsächlich nur whiskey. irgendwann ist es mir egal und ich trinke mit. zu zweit leeren wir die komplette flasche, wobei die lederjacke natürlich den löwenanteil vernichtet. wieder fällt mir auf, dass alle meine männer einen gewaltigen hang zum exzess haben: das objekt vorwiegend mit dem kiffen, k. mit speed und die lederjacke eben mit alkohol.

irgendwann gegen zehn uhr morgens krieche ich ins lederjacken-bett und träume dort wirr vor mich hin. unter anderem, dass ein hund im bett der lederjacke liegt und mich bewacht. als die lederjacke, die noch ein wenig länger auf war als ich, endlich zu mir unter die decke krabbelt, murmle ich:
"der hund muss raus."
"wiebitte?!" lallt die lederjacke.
"der hund muss... raus."
"hä?!" erwidert die lederjacke nur, dann lässt sie nach hinten sinken und fängt fast unmittelbar an zu schnarchen.

als ich aufwache, fängt es schon wieder an zu dämmern. ich weiß im ersten moment nicht, wo ich bin, dann entdecke ich die lederjacke neben mir. als ich sie anstupse, wacht sie auf.
"n morgen", murmelt sie. "hast du gut geschlafen?
"nee, du hast geschnarcht."
"und du hast dauernd was von nem hund gelabert!"
"ich hab geträumt, du hast einen. der lag da im bett." ich deute richtung fußleiste.
"der hatte sogar einen namen. du hast ihn kira genannt."
die lederjacke betrachtet mich kopfschüttelnd.
"hast du deine psychopharmaka nicht genommen?"
"sei mal nicht so unfreundlich!"

wir lachen und beginnen zu rangeln, dann klingelt das lederjacken-handy. die lederjacke geht ran.
"ich kann jetzt nicht", sagt sie nur und legt dann wieder auf.
bei mir fällt ein groschen.
"eine frau? diese m.?"
die lederjacke schaut stur geradeaus.
"wir wären heute zum essen verabredet gewesen, aber ich hab das verpeilt. die ist jetzt sauer."
"mir kommen die tränen", sage ich sarkastisch.
die lederjacke schaut mich immer noch nicht an.
"seid ihr zusammen?" frage ich.
"nein. ich bin mit niemandem zusammen und daran soll sich auch erstmal nichts ändern. ich mag die, das ist alles."
eine robuste einstellung.

ich steige aus dem bett.
"bleib doch noch", meint die lederjacke. "ich brauche was im arm, und du riechst so gut."
ich hingegen habe nur eine sehnsucht: nach hause und einen kaffee trinken. ich schlüpfe in meine sachen und putze schnell zähne.

in der u-bahn gerät das seelische gleichgewicht aus dem lot. ich funke das objekt an:
"ist das jetzt kleinlich gedacht, dass mir das was ausmacht? ich meine, ich habe erst letztes wochenende mit dir beziehungsweise mit k. verbracht und gevögelt, von daher sollte ich vermutlich erstmal vor der eigenen tür kehren, oder nicht?"
"vermutlich liegt dir was an dem, hm?" konstatiert das objekt.
ach du kacke.
"der will aber nix festes."
"dann arrangiere dich damit. hab spaß oder treff dich nicht mehr mit dem."
"ich hab keine lust mehr, mich zu arrangieren."
"dann versuch doch mal, allein zu sein und das auszuhalten."

ich finde das alles doof. das objekt merkt, dass es mich nicht erreicht und gibt irgendwann auf, die situation lösen zu wollen.
ich habe beschlossen, jetzt erstmal traurig zu sein.

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Samstag, 17. November 2012
stop talking about sex
"du, ich wollte noch mal mit dir über neulich sprechen", sagt das objekt, als es mich gestern telefonisch ins bett bringt.
"das war einfach unglaublich. ich bin so wundervoll gestorben in dir."
das klingt warm und herzlich, aber ich hatte einen scheißtag und bin in selbstdestruktiver abschmetterlaune.
"hm", sage ich nur, anstatt: na und ich erst, ich muss dauernd dran denken.
"ich will auch gar nicht so ewig auf dem thema vertrauen und so rumreiten", fährt das objekt fort. "auf jeden fall war das unheimlich... geil."
"tja, set und setting", erwidere ich.
"wie meinstn das nun?"
"sagst du doch immer beim kiffen. das drumherum muss gut sein und man muss vor allem innerlich gut drauf sein, dann haut es richtig rein."
"was hat das jetzt mit unserem abend zu tun?"
"na, du warst spitz, und das drumherum - kiffen, trinken, essen - hat gepasst... und ich war eben auch noch zufällig da."

das objekt ist überrascht, hält den atem an, denkt nach und fragt dann ziemlich clever:
"warum willst du jetzt, dass ich mich schlecht fühle und so, als wäre ich ein hurenbock, der dich einfach nur benutzt hat?"
die frage trifft mich, also schieße ich zurück:
"ist das jetzt die übersetzung für: hey, baby, gibs zu, du wolltest es doch auch?"
das objekt schweigt wieder für einen moment, um dann amüsiert und kein bisschen beleidigt zu antworten:
"nee, das muss ich dich nicht fragen, du warst nämlich klatschnass und wunderschön geschwollen."
und dann fügt es ein wenig ernster hinzu:
"ich frage mich aber gerade, wie es dir im moment geht, morphine. kannst du deine stimmung irgendwie in worte fassen?"

schwuppdiwupp schießen mir die tränen in die augen. ich muss noch nicht einmal laut schnüffen oder schluchzen, da fragt das objekt schon:
"hat dich heute jemand ablehnend behandelt?"
ich will mich zusammenreißen, also sage ich:
"ach, nur viel stress im büro und einer meiner freien kunden hat zum wiederholten male nicht bezahlt, und ein dritter meinte, er müsse mich belehren, da sind wir aneinandergerauscht, weil er nämlich keine ahnung hat und meint, er muss mir in meine arbeit reinquatschen, stell dir das vor, in meine arbeit, die ich gelernt habe und die ich verdammt gut kann."
"lass dich davon nicht runterziehen", sagt das objekt. "das ist jetzt nicht mehr so wichtig. du hast doch eine entscheidung getroffen?"
"ja, dass ich da weg will."
"na also. geh kurze wege, verausgabe dich nicht, du brauchst deine energie gerade anderweitig."

ich schweige ein wenig in den hörer und spüre, wie sich ruhe und frieden in mir breitmachen. das objekt trifft irgendwie immer den richtigen ton.
"das machst du echt gut", rutscht es mir dann heraus.
"das war auch eine besonders wertvolle therapiestunde", frotzelt das objekt. "wenn du eine schnöselige eppendorfer mutti wärst, müsstest du jetzt richtig kohle dafür abdrücken."
"pah", erwidere ich. "das müsste ich dann aber mit den sexuellen dienstleistungen von neulich gegenrechnen, inklusive fremdkosten wie eigens mitgebrachtes klopapier und bier. und da zahlst du noch drauf, mein schatz."
"na gottseidank hast du deinen humor jetzt wieder gefunden", findet das objekt.

und da ich nicht nur meinen humor wiedergefunden habe, sondern auch einen besonderen grad von offenheit, sage ich zusammenhanglos:
"ich hab dich lieb."
"das ist doch mal ein schönes wort zum donnerstagabend", konstatiert das objekt. "danke dafür."

und dann schickt es mich sehr schnell ins bett, weil es mit ernst gemeinten komplimenten mindestens genauso schlecht kann wie ich.

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Sonntag, 11. November 2012
wild night II
clubbing mit objekt, k. und k-ex (jetzt wieder ohne stecher).

am ende des abends geht die k.-ex mit dem objekt an der hand nach hause, während ich mit k. untergeärmelt davonziehe.

an der tür drückt mich das objekt sehr liebevoll.
"parallelvögeln, wie witzig", sage ich.
das objekt grinst.
"auf wiederficken, madame."
es zieht den imaginären hut und torkelt nach draußen, wo schon die k.-ex wartet.

ich frage mich, wann ich mal wieder in MEINEM bett schlafen werde.

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Samstag, 10. November 2012
wild night
"hast du heute abend schon was vor?" fragt mich gestern nachmittag das objekt.
hab ich nicht und weil ich mich sowieso nur alleine gelangweilt hätte, kommt mir die objekt-anfrage ganz recht.
"puh, da bin ich aber froh", sagt das objekt, "ich hab mich innerlich schon irgendwie auf deinen besuch eingerichtet."
dreistigkeit ist dem objekt nicht fremd.
"wollen wir nicht lieber ausgehen?" frage ich zurück, da ich das objekt lieber auf neutralem boden treffen würde.
"och nööööö", sagt das objekt, "dann können wir nichts rauchen und außerdem hab ich heute spätschicht und bin dann bestimmt müde."
"na gut, alter mann", sage ich und das objekt schnaubt entrüstet am anderen ende der leitung.

um 22 Uhr klingelt mein telefon erneut.
"ich bin schon zuhause", flötet das objekt ins telefon. "du kannst jetzt vorbeikommen, wenn du willst."
ich putze gerade die wohnung und habe nicht vor, vor 23 uhr das haus zu verlassen.
"so in einer stunde", erwidere ich.
"lass es doch nicht so spät werden", nörgelt das objekt. "sonst haben wir so wenig zeit füreinander."
"heißt das, ich soll mich für die nacht einrichten?"
"naja, ich dachte, wir rauchen schön was zusammen... trinken noch was... dann film... naja, und dann... ich sag mal, einschlafen erlaubt."
da klingt so charming, dass ich debil ins telefon grinsen muss und mich schon wieder tierisch vorfreue.

um halb zwölf mache ich mich auf den weg, nehme bei der tanke noch bier mit und bin so doch erst 10 minuten vor hexenstunde am objektiven lebkuchenhaus.
das objekt holt mich im flur ab und flitzt dann zwischen küche, wo tagliatelle mit pilzen vor sich hinköcheln, und seinem zimmerchen, wo es gerade dabei ist, eines seiner berühmten gedichte niederzuschreiben, hin und her.
"leg dich ab, machs dir bequem... rauch eine zigarette... und hier hast du wein... essen ist gleich fertig."
wie gewohnt überschlägt sich das objekt vor lauter gastfreundschaft.

dann sitzen wir im bett und schmausen. das objekt hat seine riesenportion in drei haps verschlungen, dreht schon den ersten joint und quasselt mich voll. es ist warm, ich bin pappsatt und bekifft und das objekt riecht so objektiv, dass ich mich plötzlich ultra entspannt fühle, mich behaglich in der objekt-achselhöhle zurechtrücke und der kommenden dinge harre. das objekt sitzt neben mir, streichelt zart mit einem finger meine schläfen und drückt geheimnisvolle punkte an meiner stirn. ich werde müde und nicke fast ein.

dann aber krabbelt das objekt aus dem bett, geht ins bad und lässt auf dem weg beiläufig sämtliche bekleidung fallen. ich versuche, den kopf nicht zu bewegen, starre allerdings aus den augenwinkeln und muss ins laken beißen, um nicht zu sabbern. das objekt kommt zurück, schwingt sich lässig mit latte auf halbmast wieder zurück zu mir ins bett, schaut mich an und fragt sehr sanft:
"na, wie geht dir da in deiner kleinen morphine-welt? wie fühlst du dich?"
"super", flüstere ich.
da plötzlich blickt mich das tier aus den objektaugen an und sagt:
"dann raus aus den klamotten."

soviel zum thema objektive monogamie. wir hören auf zu denken und überlassen unseren körpern die weitere abendgestaltung. hände und münder gehen auf wanderschaft, tasten, schmecken, berühren, elektrisieren und lieben jede erdenkliche körperstelle. als das objekt kommt, hält es meine hand und ruft laut "oh mein gott, oh mein gott". danach kriecht es in meine arme und umklammert mich.
"oh mein gott", sagt es noch mal und die postkoitalen zuckungen schütteln es erneut. "ich hatte sex."
ich muss lachen. "du hast ständig sex."
"nee", erwidert das objekt, "genau so muss sich sex anfühlen und das hatte ich schon sehr lange nicht mehr."
ich sage nichts, also fragt das objekt nach:
"und du? geht es dir gut?"
"ich habe mich schon deutlich mehr gelangweilt", sage ich sarkastisch. das objekt bricht in lachen aus und meint:
"den spruch muss ich mir unbedingt merken!"

das objekt steht erneut auf, löscht die lichter und bittet mich dann, meinen handywecker zu stellen. die uhr zeigt mir 5:21 uhr.
"scheiße, ist das spät!" sage ich.
"egal", sagt das objekt, "das hat sich gelohnt."
"definitiv."
wir lächeln uns frisch gevögelt an, dann krieche ich in die objekt-arme.
"bitte bitte einmal ganz doll kuscheln", sage ich, und das objekt umschlingt mich auf objektmanier mit armen und beinen, dreht mich auf den bauch und bedeckt mich mit seinem körper. es ist ein bisschen anstrengend zu atmen, aber eben nur ein bisschen, und genau so muss sich geborgenheit anfühlen. das objekt nimmt meine hand in seine und streichelt zärtlich die innenseite meines handgelenks. so schlafe ich ein.

um 12 klingelt mein handy. schlaftrunken krabble ich über das komatöse objekt hinweg und stelle den wecker aus. im zimmer riecht es schlimm nach kiffe. ich mache das fenster auf und gehe zähneputzen. danach kuschle ich mich wieder ins bett. das objekt stöhnt und murmelt etwas unverständliches. es dreht sich zu mir und drückt mir seine morgenlatte in den bauch. das spiel beginnt erneut.

erst als der kirchturm nebenan 13 uhr schlägt, erschrickt das objekt.
"oh nein, meine schicht hat ja schon angefangen."
in windeseile springt es in seine klamotten.
"du kannst gerne noch hierbleiben", sagt es zu mir. "mach dir nen film rein und rauch noch was."
"och nö", finde ich. "ich will nicht den ganzen tag verdaddeln."
"na gut, dann komm. ich bin schon zu spät."
gemeinsamm rennen wir aus dem haus und in richtung klinik. vor dem eingang drückt und küsst mich das objekt noch mal:
"danke für diesen abend und diese nacht."
mit diesen worten drückt es mir ein päckchen in die hand. achja, das hätten wir im rausch der sinne beinahe vergessen.
"danke", sage ich und schwinge mich auf das rad.
"ich habe zu danken", meint das objekt förmlich.
"alter ficker", schmunzle ich und das objekt pufft mich in die seite.
"bis bald", sagt es und fügt hinzu: "und das meine ich auch so."

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Donnerstag, 8. November 2012
der grasflüsterer
"papi war in der apotheke", schnurrt die tiefe objektstimme aus dem telefon.
"oh", sage ich erstaunt. "ich rauche derzeit aber nur unter aufsicht."
"ich pass gerne auf dich auf", erwidert das objekt verheißungsvoll.

und noch bevor ich uiuiui denken kann, rausche ich in die objektive geborgenheitsfalle. das macht sich bemerkbar, indem ich mich kindisch freue und mich sehr wohl fühle.

"dann komm doch vorbei die tage", sagt das objekt ganz sanft.
"mal sehen."
"ich weiß auch ganz genau, wo das zeug herkommt. das ist mit liebe und viel sonne gezogen, mit den pflanzen wurde jeden tag gesprochen."
"haha."
"doch, doch!"
"okay, aber nur so für nen zwanni, ja? ich muss vorsichtig sein."
"du kannst auch in naturalien zahlen."
"untersteh dich."
"ich meinte natürlich in bier."
"du unschuldslämmchen."
"du maus."
"haha, schlag mich, kratz mich, beiß mich, gib mir tiernamen."
"wir ziehen das offenbar gerade von hinten auf."
"du magst es doch von hinten."
"sag mal, bist du juckig?"
"nö, ich bin bloß promiskuitiv, sagt mein therapeut."
"schade, sonst hättest du es dir ja jetzt selber machen können."
"sollte ich das? na gut, ich überleg es mir. du zählst ja sowieso zu meinen lieblings-wichsvorlagen."

dann lege ich schnell auf, bevor die sache eskaliert.

jetzt habe ich wohl ein date. eines mit nebenwirkungen. und garantiert auch mit nachwirkungen.

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Dienstag, 6. November 2012
träumen
als wäre nichts gewesen, nimmt das objekt die alte betreuerrolle wieder ein, schenkt mir zeit, aufmerksamkeit und analysiert die dinge mit großer geduld. ich schreibe es dem dritten, der erstaunt ist und beruhigt:
"ich finde das gut, dass ihr euch wieder versteht. das ist mir wichtig, wenn ich nicht mehr da bin."

ich habe eine gute phase. ich habe endgültig entschieden, meinen job zu kündigen. das objekt bremst mich, es sofort zu tun.
"lass dir zeit, du brauchst erstmal sicherheit!"
da es seine patienten auch in der übergangsphase betreut und unter anderen für deren lebensplanung zuständig ist, überredet es mich, mit ihm und seiner gruppe zum arbeitsamt zu gehen.
"ich wüsste gern mal, für was du alles so der typ bist. wir stöbern einfach mal, okay? ich könnte mir dich für vieles vorstellen... du wärst sicher eine tolle chefsekretärin... oder könntest was mit tieren machen, du bist doch so tierlieb... du könntest fast alles machen, denke ich, wichtig ist nur, dass du dich entfalten kannst mit deinen tausend ideen und deiner speziellen art, den dingen bis zum letzten auf den grund zu gehen."

das objekt denkt selbst darüber nach, sich beruflich zu verändern. im gegensatz zu mir hat es leider keine chancen, sich großartig weiterzuentwickeln. der neuste plan lautet, eine umschulung zu machen und kranführer am hafen zu werden.
"toll, container stapeln", sage ich mit maximaler begeisterung in der stimme.
"du, das ist ein echt verantwortungsvoller job", hält das objekt dagegen. "und besser bezahlt als mein jetziger."
"jaja, und dann sitzt du da in deinem kran, in der einen hand freund smirnoff, in der andere hand ne tüte, und dann erschlägst du mit deinem container fünf arme hafenarbeiter."
"meinst du, die machen drogentests", fragt das objekt.
"könnte ich mir schon vorstellen."
"das muss ich dringend rausfinden", meint das objekt, während ich einen lachanfall bekomme.

manchmal ist das objekt ein kleiner träumer. da nehmen wir einander nichts. aber träume machen stark.

meine machen mich so stark, dass ich meine psychopharmaka abgesetzt habe. ich erhalte warnungen von allen seiten. auch das objekt ist dagegen und erklärt mir mit einer engelsgeduld, warum es völlig unbedenklich ist, das zeug ein jahr oder auch länger zu nehmen.
"jetzt hast du noch den spiegel, aber in zwei wochen gehst du krachen."
ganz unrecht wird es mit der prophezeihung nicht haben. ich habe eine schlaflose nacht nach der anderen. am nächsten tag fühle ich mich hyperaktiv und explodiere bei jeder kleinigkeit. dem azubi gefällt das, weil ich auch der chefetage ständig ungefragt meine meinung an den kopf knalle. das hat konsequenzen. man nimmt mich plötzlich ernst, offeriert mir mein lieblingssushi und eventuelle neue perspektiven. ich finde die kurzfristig gut, weiß aber, dass mich mein weg unweigerlich aus den agenturen wegführen wird und muss.

ich bin klar. ich fühle mich zum ersten mal seit langem wieder wie ein freier, selbstbestimmter mensch und kann meinen job wieder das sehen, was er ist: ein job. kein schicksal. kein lebensglück. nichts essenzielles. sondern etwas vollkommen austauschbares.

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Sonntag, 4. November 2012
like the old days
clubbing. der dritte und ich trinken uns einen an und kuscheln. allen, die fragen, "ist das deine freundin", nickt der dritte freundlich zu und herzt mich dabei.

das objekt ist auch da, ohne objektgespielin, und nutzt den freiraum zum baggern. es ist stark angetrunken.
"noch ein kurzer, und ich dreh frei", seufzt es und lässt sich neben uns in die sessel fallen. es beobachtet mich und den dritten, grinst den dritten zweideutig an und nimmt dann mein lackbestiefeltes bein, zieht es in seinen schoß und streichelt es.
"sollen wir das objekt heute abschleppen?" flüstere ich dem dritten zu.
"ich glaub, der ist heute schon an einer dran", erwidert der dritte.

und tatsächlich kommt kurz darauf ein mädchen und schwallert das objekt voll. dann sitzen sie ganz einträchtig da, das objekt führt abschlepp-frauenversteher-gespräche und das mädchen hat ihre hand auf der objektschulter.

am ende des abends ist das mädchen noch immer am objekt dran. ich bin derweil mit dem dritten auf dem klo, weil dem dritten schlecht ist. als es ihm etwas besser geht, kackt mir der kreislauf ab. so findet uns das objekt, das aufs klo kommt, um eine kurze schwallerpause zu bekommen und sich einen joint anzuzünden. das objekt nimmt uns in die starken arme, dritter links, ich rechts, und eskortiert uns an die frische luft. dann kauft es uns schokolade und füttert uns.
"los, ihr braucht zucker", sagt es ein ums andere mal.
"mir wäre jetzt eher nach salz", sage ich matt, "erdnüsse oder sowas, was den kreislauf in schwung bringt."
aber ich bekomme erdnussverbot, weil das objekt angst hat, dass ich mich übergeben muss und erdnüsse dann sehr unangenehm weil scharfkantig werden können.

"und, schleppst du die olle ab?" frage ich das objekt, als ich wieder munterer werde.
"weiß noch nicht."
"wie würde denn ein guter ausgang des abends für dich aussehen?"
"hm, also mein ziel ist es, dass ich es noch bis zu mc doof um die ecke schaffe. oder wenigstens bis zum döner."
"na dann. sei realistisch und fordere das unmögliche."
das objekt grinst und zuppelt an meinem dekolleté.
"kannst du was dazu beitragen, dass der dritte heute gut nach hause kommt?"
"klar. mutti macht das."
"aber nicht mitnehmen, ja? der muss zu seiner freundin."
"jaja."
der dritte, der unser gespräch mitverfolgt hat, breitet die arme aus.
"los, kommt gruppenkuscheln."
und wir klammern uns einander und stecken die köpfe zusammen. es fühlt sich für einen moment an wie früher, obwohl so viel passiert ist.

dann sagen wir dem objekt tschüß und laufen zum bahnhof.
"neulich hab ich dem objekt ja mal eine wichtige frage gestellt", berichtet der dritte, der derzeit einen guten draht zum objekt hat.
"und zwar hab ich es gefragt, was es denn sagen würde, wenn ihn die gespielin mal betrügt. weil er sie ja auch so oft bescheißt."
"mir gegenüber behauptet er, die objektgespielin sei sooooo nett und normal und er versuche sich in monogamie."
der dritte winkt ab.
"der hat erst letztes wochenende die k.-ex geknallt, weil die stress mit ihrem tollen neuen lover hatte."
"aha. und was hat das objekt nun auf deine frage geantwortet?"
"es meinte, es würde ihm nichts ausmachen. weil es die objektgespielin ja nicht liebe."
ich muss hyperventilieren. auch wenn ich mich inzwischen mit dem wir-sind-gute-bekannte-aber-keine-freunde-status abgefunden habe, verspüre ich einen funken genugtuung.

"nächstes wochenende bin ich zum letzten mal da", wechselt der dritte das thema.
als antwort nehme ich ihn nur fest in die arme.
es tut mir heute schon weh. mehr als das verquere objektverhältnis. mehr als vieles andere. zwischen dem dritten und mir herrscht nämlich etwas besonderes, das alle objekt-querelen überlebt hat. denn den dritten habe ich von herzen gern.

dann fahre ich der aufgehenden sonne entgegen, dieses lied im ohr:

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