Samstag, 21. September 2013
wolkentanz
auf dass es heute nacht nicht regnet.

damit wir an der reeling stehen und sehen können, wie die morgensonne über den horizont kriecht und auf der elbe glitzert.

auf die längste nacht des jahres.

auf die beste musik der stadt.

auf eine party to remember.



vielleicht werde ich heute meine abstinenz brechen. vielleicht.

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Mittwoch, 18. September 2013
praktikanten heutzutage
wir haben eine schülerpraktikantin bekommen. für zwei wochen. ich hatte schon mit den zähnen geknirscht, weil man schülerpraktikanten in der regel jeden furz erklären muss, die ohnehin nur den ganzen tag faul rumsitzen und auf facebook daddeln und warten, dass die zeit vergeht, damit sie ingottesnamen den scheißwisch von praktikumsbestätigung bekommen. dann hauen sie ab und entscheiden sich hoffentlich für einen anderen job, in dem man nicht so viel falsch machen kann. bäckereifachverkäuferin oder so.

unsere schülerpraktikantin ist ein töchterlein aus feinem hause, hafencity ist der wohnort der eltern, mami ist lehrerin und vaddi ist auch irgendein wichtigwichser. töchterlein wird morgens von mami zur agentur gefahren, da die 15-minütige u-bahn-fahrt für die kleine prinzessin ja nicht zumutbar wäre.

die schülerpraktikantin sitzt dann wohlfrisiert und mit der fresse voll in den farbtopf gefallen in ihren markenklamotten rum und macht das, was schülerpraktis so machen: nägel feilen, an den haaren kauen, auf dem iphone rumtippen. ab und an erhält sie aufgaben, bei denen man nicht viel falsch machen kann. wir wollen ihr selbstwertgefühl ja nicht gleich innerhalb von acht stunden schreddern und kompostieren.

sie macht alles halb und halbherzig und kommt am dritten tag nicht mehr zur arbeit. die gf erhält dafür einen empörten anruf von der lieben mami, was uns einfiele, die prinzessin mit derart wenig verantwortungsvollen aufgaben zu betrauen. jedenfalls habe sich das arme hascherl wie das fünfte rad am wagen gefühlt. unter diesen umständen, so die muttiglucke, könne das kind das praktikum nicht beenden.

ich mache drei kreuze, einmal, weil ich die dumme kuh und ihre noch viel verblödetere alte schnalle von mutter so wahnsinnig schnell losgeworden bin, zum zweiten, weil ich mich offenbar richtig entschieden habe und nicht lehrerin geworden bin. die gf zetert noch eine weile, weil sie sich nicht gerne etwas sagen und noch viel weniger gerne etwas vorwerfen lässt, dann beruhigt sie sich auch wieder und es ist business as usual. mit niemandem, der im weg sitzt.

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Donnerstag, 12. September 2013
klinisch glücklich
meine psychiaterin in der klinik ist krank, also behandelt mich heute ein kollege.
"irgendwo her kenne ich sie doch", sagt der doc zu mir.
"das ist kein kunststück, ich komme seit mehr als einem jahr hierher in die ambulante behandlung", sage ich. "ich kenne sie auch, vom sehen, sie huschen hier ja auch dauernd rum."
der doc lacht. er ist klein, rund, jung und hat einen vollbart. er ist mir auf anhieb sympathisch.

er will wissen, wie es mir geht und warum ich den termin vorverlegt habe. ich berichte, dass es mir theoretisch gut geht, was die depression betrifft, ich aber aufgrund des aktuellen 60-stunden-jobs, des ständigen bewerbens, der konstanten enttäuschungen, der anhaltenden finanziellen knappheit und meiner willich-willichnicht-beziehung, die mir die letzten reste meiner zeit kostet, akut ein bisschen sehr am durchdrehen bin. offenbar brauche ich depressionsbedingt nicht mehr mehrere monate, bis ich panikattacken und ohnmachtsanfälle kriege, das klappt jetzt auch schon früher.

"sie müssen mit ihren kräften haushalten", mahnt er mich sanft, "sie haben nicht dieselben ressourcen wie andere."
"das interessiert aber keinen chef", erwidere ich. "zumindest nicht in meiner branche. endweder man ist ein übermensch, oder man ist weg vom fenster."
"und was erwarten sie jetzt von mir?"
"helfen sie mir, an meine ressourcen zu kommen."
"nein."

klare ansage. ich schaue dumm.
"was haben sie denn gedacht", grinst der doc.
"keine ahnung. verschreiben sie mir ritalin, irgendwas, was mich zu einer schnellen, leistungsfähigen arbeitskraft macht", grinse ich zurück.
"ich habe eher ans gegenteil gedacht", sagt der doc.
ich gucke gespannt.
"haben sie ein suchtproblem?"
das erste mal, dass ich das so direkt gefragt werde.
"äh, warum, sehe ich so aus", versuche ich locker zu bleiben.
"naja, ich muss das wissen", beschwichtigt der doc.
"also so direkt nicht. ich habe mal sehr viel speed genommen, das war wohl auch ein auslöser der depression."
"also nehmen sie drogen?"
"nein, nicht mehr."
"wie lange nicht mehr?"
ich rechne.
"18 monate", antworte ich und bin selber ganz perplex.
"aha, und wie haben sie damals entzogen?"
"gar nicht. einfach nicht mehr genommen."
der doc zieht die augenbrauen hoch.
"das ist außergewöhnlich."
"aber es stimmt."
"ich sage ja nicht, dass es nicht stimmt. aber dann haben sie offenbar einen starken willen und das ist gut."
ich muss geschmeichelt grinsen.
"also nehmen sie keine drogen mehr?" fragt der doc nochmal nach.
"nein", sage ich. "ab und zu kiffe ich, das ist alles."
"also nehmen sie doch drogen", lacht der doc.
"na gut, also wenn dreimal im monat kiffen drogen nehmen ist, dann nehme ich drogen."

der doc kritzelt in seine akte.
"sie schreiben das jetzt nicht auf, oder? das ist doch lächerlich. mein exlover kifft zehn joints am tag."
"das ist alles nicht irrelevant, sondern zeigt, wie sie ihre probleme lösen, also zumindest dreimal im monat gar nicht."
"ich löse ständig probleme! und ich muss aber auch manchmal schlafen und das geht nicht, wenn man dauernd probleme wälzt, und deshalb rauche ich eben ab und an mal einen."
der doc lächelt beschwichtigend.
"schon gut, sie rauchen ja kein heroin. wie sieht´s aus mit alkohol?"
hui. ich nicke nur.
"täglich?"
"hm... nee."
"wie oft?"
"fünfmal die woche?"
"das ist viel."
"mann! ich trinke zwei gläser wein, dann bin ich eh schon am pennen mit den tabletten. das sind alkoholmengen, die trinken meine eltern auch!"
der doc schaut erleichtert.
"naja, gut, das ist nicht allzu viel, obwohl ich ihnen vor dem hintergrund der medikation dringend abraten muss."

ich gucke genervt.
der doc ist wieder ganz entspannt und erklärt:
"ich frage so genau, weil ich ihnen ein medikament geben werde, das sehr schnell süchtig macht. bei ihrer vorgeschichte bekommen sie auch kein rezept, sondern hier direkt was aus meinem notfallkoffer."
"was für ein medikament?"
"benzodiazepine."
"aha."
"wie haben sie das speed damals genommen? geschnupft?"
ich nicke.
"okay. dann bekommen sie jetzt keine tabletten zum schlucken."
"sondern?"
"die können sie im mund zergehen lassen, das heißt, die können sie nicht mit der kreditkarte zerkleinern und anschließend durch die nase ziehen."
der doc will mich verarschen, denke ich.
"ich habe noch NIE ein medikament durch die nase gezogen!"
"ich bin nur vorsichtig. nicht, dass sie an liebgewonnene rituale anknüpfen."
"haha."

ich bekomme vier tabletten ausgehändigt.
"nur wenn es nötig ist und niemals mit alkohol zusammen nehmen!"
"okayokay."
und dann kommt die überraschung.
"und jetzt schreibe ich sie für den rest der woche krank."
ich mache den mund auf, um zu protestieren, aber der doc hebt die hand und bedeutet mir zu schweigen.
"sie haben hundsmiserbal bis gar nicht geschlafen, sie stehen unter einer enormen anspannung, sie gehen jetzt nach hause, nehmen eine tablette und legen sich ins bett."
wie auf knopfdruck fühle ich mich plötzlich ganz entspannt und ungeheuer müde, sodass ich auch gleich gähnen muss.
"sehen sie", sagt der doc, "ihr körper weiß schon, was er braucht. und sie haben sternchenpupillen, gerade so, als hätten sie drei nächte durchgerockt."

an der anmeldung bekomme ich den gelben schein und einen folgetermin, weil mich der doc vor dem wochenende noch mal sehen will.

fast beschwingt fahre ich nach hause, melde mich krank und lege mich ins bett. kurz darauf bin ich im reich der träume und wache erst 14 stunden wieder auf.

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Montag, 9. September 2013
frühstücksei
warnhinweis: nicht lesen, wenn sie gerade essen!

samstag, neun uhr morgens. ich erwache aus einem bleiernen medikamentenschlaf und brauche noch zwei minuten, bis ich weiß, warum ich wach bin, obwohl es sich bei jedem einatmen aufdrängt: es stinkt zum himmel. ich vermute zunächst, dass meine nachbarn mal wieder irgendetwas perverses kochen, hammelhoden oder so, doch der gestank kommt nicht in den typischen wellen, sondern bleibt gleichmäßig stark.

ich wackle in die küche und erkenne das desaster auch ohne brille: die püppirella hat mal wieder den boden vollgekackt. der lage der kackbomben nach zu urteilen handelt es sich dennoch um keine böse absicht, denn die würste liegen direkt vorm klo. vermutlich hat die katze, die ja sehr groß ist, den hintern beim scheißen aus der öffnung gestreckt.

ich würge, halte dann die luft an, nehme das schaufelchen und packe die hinterlassenschaften in eine tüte. die tüte fliegt gleich ins treppenhaus, weil man geruchsquellen derartiger intensität am besten sofort eliminiert. dann weiche ich die spuren mit sagrotan ein.

die katze macht - wie immer, wenn sie scheiß gebaut hat - einen auf lieb kind. es wird gepurrt und geschnurrt und mir konstant um die beine gestrichen, sodass ich gefahr laufe, das vieh im schlaftrunkenen aktionismus zu treten. als ich schließlich alles weggeschrubbt habe und der gestank sich langsam verzieht, kommt sie noch mal an und vergast mich mit einem furz.

wenn das nicht liebe ist.

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Montag, 26. August 2013
objekt-lederjacken-clinch
ich stehe mit der lederjacke an der bar. die lederjacke trägt ihre lederjacke und sieht ultraheiß aus, obwohl sie schon angetüddert ist. schließlich haben wir bis halb drei uhr nachts noch eine cocktail-session bei der lederjacke zuhause eingelegt und dann spontan beschlossen, doch noch im club vorbeizuschauen.

die lederjacke hat mir ein kafka-hörbuch geschenkt. wir diskutieren gerade über den werten herrn samsa, als das objekt den raum entert. auch das objekt ist besoffen, wie ich seinem glasigen blick entnehmen kann. es schiebt sich an einer menschentraube vorbei auf mich zu, entreißt mich mit einer bärenumarmung dem gespräch und knutscht mich. es hat den ansatz eines vollbartes im gesicht und riecht nicht gerade frisch geduscht.

die lederjacke, die ähnlich wie ich einen feinen sinn für höflichkeit hat, steht irritiert einen halben meter abseits. als sich das objekt schließlich ab- und dem barkeeper zuwendet, sagt die lederjacke sehr laut und deutlich und in objekthörweite:
"wer issn der penner? der sieht ja aus als hättense den bei stalingrad ausm graben gezogen."

mir klappt der mund auf und wieder zu. noch wendet uns das objekt den rücken zu und zählt geld auf dem tresen. noch. denn was die lederjacke nicht weiß, ist, dass das objekt zwar grundsätzlich friedfertig ist, aber bei solchen sprüchen schon mal eine ausschenkt.

ich halte die luft an. mit einem sehr flauen bauchgefühl ziehen die sekunden zähflüssig an mir vorbei. dann dreht sich das objekt um und ich sehe sofort an seinem gesichtsausdruck, dass es den stalingrad-satz sehr wohl gehört und verstanden hat. die lederjacke wiederum ist kein bisschen verlegen, schiebt das kinn vor, spannt die brust an und hat die fäuste in den taschen geballt.

ich beobachte, wie zwei testosteron-gewitterwolken aufeinander zudriften und sich gleich entladen werden. flucht, sagt mein instinkt, und ohgottogott, sagt mein verstand. doch der ohgottogott will mir nicht helfen, als mich das objekt packt, mir demonstratisch den arm um die schulter legt und in richtung lederjacke sagt:
"sag mal morphine... ist das unterwäschemodel da dein neuester aufriss?"
ich schlucke.
"naja", fährt das objekt fort und versenkt seinen armageddon-blick in den augen der lederjacke, "ich mach mir mal keine sorgen, weil du lässt ja eh nix anbrennen."

ich halte noch immer die luft an. die lederjacke starrt unerschrocken in die grünfunkelnden objektaugen. ich warte darauf, dass das blicke-duell unentschieden endet und die beiden sich an die gurgel gehen. doch dann gibt mir das objekt einen reviermarkierer-knutscher auf den mund und trollt sich stolz und langsam.

die lederjacke schaut mich mit hochgezogenen augenbrauen an.
"wer war denn bitte DAS?!"
"mein ex-lover", stammle ich.
"ach komm", sagt die lederjacke. "du hast doch sonst nen ganz guten geschmack."
"find ich auch", sage ich schnell und lege der lederjacke versöhnlich den arm um die taille.

gegen halb fünf ist uns langweilig und wir begeben uns zum ausgang. als wir an der garderobe stehen, kommt - wie es der teufel so will - das objekt heraus, das ebenfalls am gehen ist.
"morphine!" ruft es und drückt mich zum abschied, küsst meinen hals und macht ein großes bohei, bis es merkt, dass die gespielin in der tür steht und säuerlich dreinschaut.

ich habe nie geglaubt, dass ich der gespielin einmal dankbar wäre. doch in diesem fall bin ich es.
"komm", sage ich, nehme die lederjacke bei der hand und ziehe sie schnell nach draußen. im hintergrund höre ich das aufgeregte gebrabbel der gespielin.

draußen schwingen wir uns auf die räder.
"ich fahr noch weiter", sagt die lederjacke.
"ich kann dich nicht aufhalten", erwidere ich. "ich will nachhause."
"komm doch noch mit", bettelt die lederjacke.
"nee. weil dann sitz ich morgen mittag noch immer in irgendeiner kneipe und hab nen schädel wie fünf mann."
die lederjacke grinst. dann gibt sie mir zwei küsschen und fährt in die nacht davon.

ich selbst bin erleichtert und gottfroh, als ich zuhause bin und weiß, dass sowohl lederjacke als auch objekt noch alle zähne im mund haben.

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Samstag, 24. August 2013
gefickt
dafür, dass der neue mann in etwa die gleiche funktion bekleidet wie ich, kann er sich nicht nur eine knapp 80qm-wohnung in einem illustren viertel leisten, sondern auch ein auto. was für ein unterschied zu meinem bescheidenen leben. keine designermöbel, aber auch kein ikea-kram befinden sich in der wohnung. vieles ist baustelle. anderes second hand. wieder anderes selfmade. es hat stil. ich bin angetan. der mann hat geschmack.

wir sitzen auf dem balkon, essen falafel und unterhalten uns. ich lache viel, fällt mir auf. die anfängliche unerklärliche grundverachtung dem neuen mann gegenüber ist einer merkwürdigen ruhe gewichen. ich fühle mich wohl, muss ich widerstrebend zugeben. warum widerstrebend? ich frage mich und kann mir mich nicht erklären.

er ist hübscher als mein inneres bild von ihm. vermutlich hat auch das mit der grundverachtung zu tun, der unerklärlichen. aber es ist so. die positive überraschung ist jedesmal von neuem entwaffnend. ich kann nicht vor hass und wut sprühen. stattdessen muss ich grinsen und fühle mein aufgewühltes herz ruhiger schlagen.

ich bin fremd, noch immer. vor allem mit mir selbst. als mich der neue mann sanft, aber zielstrebig auszieht, kämpfe ich gegen eine enorme scham an. dann, wie aus einem impuls heraus, entfacht etwas eine zarte lust in mir. vielleicht ist es der schwanz. der passt wie schloss und schlüssel und erreicht meine erogenen zonen überdurchschnittlich gut.

der neue mann fickt zärtlich und langsam. das ist okay, aber nicht das, worauf ich eigentlich stehe. ich will das tier. ich will den krieger. ich will es rau, kraftvoll, impulsiv. selbstvergessen, träumend, archaisch.

zu viele unterbrechungen. schneller, langsamer, schneller, wieder langsamer. umständliche stellungswechsel. die zeit arbeitet gegen mich. nach rund zwei stunden fühle ich mich wund, unwohl und breche ab. der neue mann ist verunsichert, will wissen, ob ich enttäuscht sei. das ist eigentlich meine frage, finde ich und gebe sie zurück. er versichert mir, dass alles okay sei. ich hege leises misstrauen. spiele den erklärbär und versuche, meine gefühle in worte zu fassen. ich merke, dass ich latentes verwirren stifte, erkläre weiter und stelle fest, dass alles in noch mehr verwirrnis endet.

gegen drei uhr nachts ziehe ich mich hastig an und verdünnisiere mich. der neue mann äußert den wunsch, dass ich bleibe und wir zusammen einschlafen. ich bringe es nicht übers herz. zusammen schlafen ist eine heikle angelegenheit, außerdem muss ich in vier stunden wieder aufstehen, denn anders als der neue mann habe ich keine gleitzeit.

als ich endlich zuhause im bett liege, fühle ich mich keineswegs schlecht. ich schnuppere meinen eigenen duft und schlafe irgendwann ein. träume, dass ich zusammen mit lady m. in berlin ein klo suche. wie fast immer gibt es eine sequenz, in der ich das objekt suche. aber sie verläuft friedlich, ich treffe das traumobjekt am traumbahnhof, wo es mir sagt, hey, aber ich war doch die ganze zeit da.

als ich aufsehe und mich beim zähneputzen in den spiegel schaue, muss ich grinsen. immerhin ein erster, ausbaufähiger versuch. nicht schlecht für eine neofrigide zicke.

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Freitag, 16. August 2013
entertain us
in der u-bahn auf dem weg ins büro labert mich ein typ an, ob ich tätowiert sei. ich frage ihn, wie er da drauf kommt. er deutet auf die tribals auf meinem pulli. ich ziehe nur die augenbrauen hoch. intelligent geht anders. überhaupt ist der typ eklig: klein, alt, schlecht gepflegte zähne, komisches altkleider-outfit, komischer geruch.

aber er ist hartnäckig. er will unbedingt mit mir kaffee trinken gehen. als ich aussteige, steigt er mit aus, obwohl er ganz woanders hin wollte.
"ich muss jetzt arbeiten", sage ich, um ihn loszuwerden.
"wir könnten doch einen kaffee trinken gehen!" schlägt der typ vor.
"ich muss JETZT arbeiten!" betone ich.
"dann warte ich einfach."
ich glotze wie eine kuh wenn´s donnert. der typ zeigt, dass er das ganz wörtlich meint. er setzt sich auf den parkplatz vor der agentur. offenbar hat er nix besseres zu tun.
ich schüttle den kopf, gehe rein und sage nur noch kurz "tschüß". hoffentlich sitzt er nachher nicht mehr da.

zwei stunden später klingelt es. ich schicke den azubi vor, nicht, dass da der typ draußen steht. aber ich habe glück, denn es hat inzwischen angefangen zu regnen, was den typ wohl offenbar doch dazu bewegt hat, die belagerung abzubrechen. stattdessen finde ich zwei freundlich lächelnde ältere damen unter der tür, die mich fragen, ob ich hier wohne.
"gott bewahre", sage ich - obwohl es ja agenturen gibt, die ihren mitarbeitern luftmatratzen schenken, damit die arbeit durch schlaf vor ort ökonomischer wird - und gebe damit schon gleich die richtige gesprächsvorlage. denn die beiden mädels sind zeuginnen jehovas und drücken mir ihren wachtturm in die hände.

es geht um die schädlichkeit von pornografie. die tanten labern. ich nicke freundlich, obwohl ich überzeugte pornoguckerin bin, sehr gerne auch in gesellschaft eines erigierten schwanzes, damit frau an den schlüpfrigen stellen was zum festhalten hat. oder zum dran knabbern, wahlweise.

die beiden tanten fragen mich, ob noch jemand anderes im haus wohnt.
"ja, das sind alles schlimme schmuddelfilm-gucker hier", sage ich und zeige auf die nachbarwohnungen, denn da leben nur unfreundliche menschen, die uns ständig anschnauzen, weil wir die papiertonne zu voll machen oder im garten rauchen. diesen miesepeters und miese-uschis wünsche ich den wachtturm an den hals.
"sie sollten da unbedingt mal vorbeischauen... man könnte direkt sagen, hier wohnt die unzucht in person!", hole ich noch etwas weiter aus.
die beiden jehovas bedanken sich ganz herzlich und ziehen vondannen.
wieder wen glücklich gemacht.

zwei smsen. eine von der lederjacke, die unser wochenend-date absagen möchte. als ich ankündige, dass ich schnaps mitbringen könnte, will sie noch mal überlegen. so einfach kann man männer bestechen.

die zweite ist vom neuen mann. er geht heute auf party und fragt nach meiner tanzfreudigkeit. ich bin noch immer sehr glücklich, dass wir nicht den gleichen musikgeschmack haben, denn das erspart es mir, den neuen mann mit auf meine parties nehmen und ihn in mein exliebeskuddelmuddel einweihen zu müssen. anderseits macht mir die musikalische anspruchslosigkeit des neuen mannes schwer zu schaffen. ihm genügt es, wenn es fröhlich zugeht. ich brauche die richtige musik, die richtigen leute und das schwierigste: die richtige stimmung. ich schreibe ihm also zurück, ich müsse das spontan entscheiden. vielleicht gelingt es mir ja, mich zu feierabend mithilfe der letzten kräuterlieferung zu entspannen und auf einen sozialkompatiblen modus herunterzufahren.

der neue mann ist nicht sauer. er lässt mich einfach, obwohl ich den eindruck habe, dass er das meiste nicht versteht. aber er schnallt, dass er dann besser die klappe hält. das finde ich im prinzip positiv.

updates folgen.

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Montag, 12. August 2013
vertraut
mit dem neuen mann durch die schanze gezogen. kaffee getrunken, gegessen, geknutscht. arm in arm spazieren gegangen. stino-glückseligkeit.

und ja, es war schön. mein innerer widerstand schrumpfte mit jeder geste ein wenig. einfach, weil der mann sich inzwischen weniger... fremd anfühlt. keine wilden schmetterlinge, noch immer nicht. aber ein zartes gefühl von dankbarkeit. heute hat der mann gepunktet. mehrfach.

und das nach der letzten nacht. schwofen gegangen, objekt getroffen. ich hatte es zuvor angefunkt, ob es zufällig ein paar küchenkräuter übrig habe, um meiner schlaflosigkeit abzuhelfen. kaum hatte ich den arsch in der tür zum club, kam das objekt schon von der tanzfläche gestürmt und verkündete:
"papa hat medizin dabei!"
es schleifte mich zur garderobe, ließ sich seine jacke geben und kramte in den taschen. dann zog es ein kleines tütchen hervor. es fühlte sich warm und ganz weich an.
"riech mal dran! ganz frische ernte. da ist noch seeluft drin! das solltest du am besten noch ein wenig trocknen lassen."
aus dem päckchen strömte der bekannte duft.
"danke", strahlte ich. damit hätte ich ja im traum nicht gerechnet.
"wie viel schulde ich dir?"
"zwofünfundneunzig."
"hä?!"
"mann! lass die kohle stecken und komm!"

das objekt schob mich richtung bar und bestellte ein paar kurze.
wir stießen an.
"du bist doch schon besoffen", analysierte ich misstrauisch.
"genau der richtige pegel!"
der alkohol verursachte mir schon wieder sodbrennen.
"na komm, einer noch. was magst du haben?"
"hör mal, ich soll doch nicht so viel saufen mit den medikamenten!"
"warte mal!"

das objekt kam mit zwei schnapsgläsern mit brauner flüssigkeit wieder. ich ahnte fürchterliches, jägermeister oder so einen kram.
"hier!"
"ich trinke keinen jägermeister, das ist abartig."
"sollst du doch auch gar nicht. und jetzt runter damit!"
"nee du, echt nich, ich mag nicht mehr."
das objekt legte den kopf in den nacken und kippte sich den schnaps in den hals.
"jetzt riech doch wenigstens mal dran!"
ich schnupperte vorsichtig an der dunklen flüssigkeit, die kein bisschen nach jägermeister roch.
"das ist cola!" rief ich.
das objekt lachte sich halb tot, um dann wieder ernst zu werden und festzustellen:
"du hast kein bisschen vertrauen. du denkst, ich, der ich dich so gut kenne, würde dich zu etwas zwingen oder dir schaden wollen."
"du hast dir ja auch einiges verspielt", sage ich anklagend.
das objekt schlang den arm um meine taille, legte seine wange auf meine und lallte:
"na und? hab ich etwa angst vor dem schlägertrupp, den du mir auf den hals hetzen könntest, um deine sachen wiederzubekommen?"
"du hast sehr wohl die hosen voll, viel öfter als du zugibst. obwohl ich dir keinen schlägertrupp auf den hals hetzen würde, weil ich nicht sicher wäre, wie das für den schlägertrupp ausgeht."

das objekt lachte geschmeichelt, um dann zu säuseln:
"hey. denk nicht immer so schlecht von mir. ich bin auf deiner seite. du darfst auch papa zu mir sagen, wenn dir danach ist."
ich boxte das objekt in die seite.
"hör auf, dich darüber lustig zu machen. das war ein verdammt intimes geständnis."
"hey. ich weiß. und ich fand das mutig und schön. weil es ja auch bedeutet, dass du denkst, dass ich ein halbwegs guter vater bin."
ich musste lächeln.
"ja, bist du. du bist chaotisch, aber ich kenne niemanden, der seinem kind so viel vertrauen schenkt, es überall teilhaben lässt und es die welt so ohne angst entdecken lässt. und der kleine liebt dich nicht umsonst dafür."
das objekt umschlang mich und drückte mich wortlos.

als ich nach hause radelte, war es nach sechs uhr morgens, ich war happy, müde, hatte objektduft an mir und konnte mir nicht vorstellen, in einigen stunden mit einem anderen mann zu knutschen.

und tat es dann trotzdem.

manchmal lohnt sich das vertrauen in den kopf, dass er innerhalb von sechs stunden das herzgezeter wieder zu relativieren vermag.

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Samstag, 10. August 2013
wir sind ja nich so
beim klavierspiel gehört es zu den grundvoraussetzungen, linke und rechte hand möglichst unabhängig voneinander bewegen zu können. allerdings kenne ich niemanden, der dies derart perfektioniert hat wie behörden. das führte unter anderem dazu, dass mir jetzt knapp 600 euro fehlen, was bedeutet, dass mir für den rest des monats 21 tacken bleiben. wer mag, kann mir was spenden. ich sitz dann mal vorm rewe. sie erkennen mich am totenkopf-shirt, meinem grauen second-hand-mini und dem schild "hilfe, vom finanzamt abgezockt!".

aber eigentlich wollte ich ja ganz was anderes erzählen.

gestern ereilt mich nämlich die nachricht meines derzeitigen, ja, nennen wirs mal freund. sein vater liegt mit krebs im krankenhaus. mir rutscht das herz in die hose, ich denke, wie furchtbar für den armen vater, wie furchtbar für meinen freund. also rufe ich angesichts dieses notfalls stante pede an, maximal bewegt, maximal besorgt, und höre ein relativ cooles "is nicht so schlimm, kann man ja gut operieren" durch den hörer. und mir klappt die kinnlade runter.
medizinische möglichkeiten gut und schön. aber schnallt der eigentlich, dass sowas ein potenzielles todesurteil ist? dass der vater hier knallhart mit der endlichkeit menschlichen seins konfrontiert ist?
mein puls ist bei 180, vor mitleid und kurz darauf wegen so viel ignoranz.

eigentlich hatte ich ja beschlossen, mich einfach mal einzulassen. ist ja auch in ordnung, dass da jemand ist, der bei minimalreizen nicht gleich so an die decke geht wie ich. aber krebs ist krebs und vater ist vater, und selbst wenn ich meinen vater hassen würde, würde mich so etwas doch IRGENDWO betroffen machen.

bei unserem letzten date habe ich meinem freund auch endlich gestanden, dass ich nicht ganz so normal ticke. dass ich mit medikamenten lebe, die mich über den tag und vor selbstmord retten. für den kommentar "naja, so ein gehirn ist ja auch in der lage, sich selbst zu regenerieren" hätte ich ihn an die wand klatschen können. er hält meine depression für eine art kleinen, vorübergehenden seelenschnupfen. dass ich mich nicht ficken lassen wollte, hat ihn dann wesentlich härter getroffen. tja, mein freund. sex mit depressiven ist eine traurige angelegenheit, beziehungen aber auch.

um seine belastungsfähigkeit zu testen, war ich die letzte woche einfach mal ich selbst. eines miesen morgens, als ich im größten serotoninloch der letzten wochen erwachte, schrieb ich eine dramatische, suizidale sms, die ich normalerweise dem objekt geschickt hätte, das mir daraufhin umgehend den kopf zurecht gerückt hätte, notfalls mit gewalt. der neue mann ließ sich 12 stunden zeit, bis eine sms ankam mit den worten: "klingt ja nicht so schön, dann schlaf mal gut."

nunja. der mann ist normal. ein stino, der sich für das gegenteil hält. ein romantiker, der glaubt, romantik sei sexy. it´s killing me. ich bin auf 180. und gleichzeitig so angetan. dass er so verliebt in mich ist. dass er in einer so runden, komplikationsfreien welt lebt. dass er sich um morgen, ja noch nicht mal um heute gedanken macht. während ich mich jede minute frage, ob es sich eigentlich noch lohnt, den löffel in der hand zu halten und ihn nicht an der pforte zur hölle abzugeben.

ich möchte treten und um mich schlagen. ich möchte zärtlich sein. aber alles, was ich schaffe, ist den kopf an die wand zu knallen, bis ein teufelhorn durch die stirn wächst.

zumindest in sachen job scheint sich was zu tun. mein potenzieller neuer chef wird mich an diesem wochenende noch anrufen. wow.

ich halte sie auf dem laufenden.
thanks for listening.

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Montag, 5. August 2013
come closer, and let me go
das objekt hält sein versprechen und wir sehen uns vor dem club in der bar. das objekt gibt mir einen aus und setzt sich mir gegenüber.
ich habe ein bisschen angst, weil ich nicht weiß, wie ich anfangen soll. das objekt ist sehr ruhig, ernst und gefasst und meint dann:
"du, wenn ich was auf dem herzen habe, dann kann ich auch nicht gleich so frei raus damit. also lass dir zeit und wenn du rumstottern willst, tu es einfach, ich bin auch kein großer redner."
das klingt so lieb, dass ich noch verlegener werde, doch ich raffe mich auf:
"das lässt sich alles in drei bis fünf sätzen sagen, so schwierig ist das nicht."
"dann mal los", lächelt mir das objekt zu.
"naja, du erinnerst dich an unser treffen im märz, das war ja sehr schön, also zumindest für mich..."
"nicht nur für dich", wirft das objekt ein.
"da habe ich gemerkt, dass mir das zu viel emotion wird, von meiner seite."
"du meinst..."
"ich liebe dich und du liebst mich nicht, und das musste ein ende haben."
"aber..."
"sag einfach nichts."
"ich finde das sehr schön!"
"aber es führt doch zu nichts."
da blickt das objekt auf den tisch und meint:
"nein, da hast du wohl recht. weil in ein paar monaten ziehe ich mit der gespielin zusammen."

mich trifft die nachricht wie ein faustschlag, aber ich versuche, mich zu fassen und mein anliegen zum ende zu bringen.
"ich wollte dann mit dir abschließen und meine sachen zurück. du weißt, es geht mir nicht um dinge und ihren materiellen wert oder ums prinzip, aber es hätte mir geholfen, die dinge geordnet zu wissen. ich habe ja dein zeug auch nicht einbehalten. einfach, weil ich es nicht mehr in meiner wohnung haben wollte."
"ich hatte mich schon sehr gewundert", erwidert das objekt, "du warst sehr emotional, das kenne ich gar nicht von dir. und dass du so hartnäckig geblieben bist... du hast mich tierisch genervt, aber ich war auch fasziniert davon."
"und was hat dich gehindert, einfach mal drauf einzugehen?"
"ehrlich gesagt, hatte ich keine ahnung, was ich zu deinen nachrichten sagen sollte und es war mir auch nicht klar, was das mit dem sachen-zurückgeben genau bezwecken sollte. ich dachte, es geht dir vielleicht um den kontakt. und als du dann was von anwalt schriebst, ist mir auch die hutschnur hochgegangen. wo ist denn da bitte die verhältnismäßigkeit?"
"es gibt keine. ich hab dich gehasst. sehr sogar."
die objektaugen werden groß.
"so kenne ich dich gar nicht", sagt es zum zweiten mal an diesem abend.

wir reden uns unsere wut und ressentiments von der seele. das objekt legt auch ein paar gründe für sein verhalten auf den tisch: die fieberhafte wohnungssuche, weil ihm das wohnheim den vertrag gekündigt hatte, renovierung der jetzigen bruchbude zum neuen liebesnest, immer wieder zweifel an den zusammenzieh-plänen, ein urlaub mit dem sohnemann sowie die tatsache, dass er dem sohnemann sein handy geschenkt hatte.
"hätte mich der lütte nicht angerufen und gesagt, mensch papa, was hast du denn gemacht, die morphine schreibt was von anwalt, dann säßen wir hier gar nicht."
"kluges kind."
"naja, dann hab ich mein handy zurückgefordert und dachte mir so, hey, du denkst am ende, ich bin ein arsch, mir geht einer bei ab, deine situation auszunutzen..."
"genau das habe ich gedacht."
"dass du so von mir denkst!"
"es lag nahe. wenn man fünf monate lang nichts von jemandem hört, mit dem man nicht im guten auseinandergegangen ist, dann denkt man das."
"bei dir piept´s ja."
"weißte doch."
da muss das objekt lächeln.
"nein, du bist mir nicht egal, die situation war mir nicht egal, aber ich hatte keinen kopf dafür, mich damit auseinanderzusetzen. und ich wollte mich richtig auseinandersetzen, so wie heute, nicht dir einfach dein zeug irgendwo hin werfen und es damit gut sein lassen."

das objekt war ein freundlicher mensch, das musste ich ihm lassen.
"manchmal denk ich ja, ich bin zu nett", sagt das objekt aus dem zusammenhang gerissen. "aber ich finde, du hast es verdient, dass ich dich nicht ankacke. du hast es schwer genug."
"das hab ich ja schon ein paar mal gesagt, das ist deine gabe. du schenkst einem, wenn du mal da bist, so viel warmherziges interesse... so viel geborgenheit... und dann bist du wieder weg. das verletzt ungemein. auch der dritte sagte mir gestern, dass ihm das immer wieder wehtäte und er sich da nie dran gewöhne."
das objekt schweigt, denkt nach und fragt dann:
"was bin ich denn für dich?"
"hab ich lange drüber nachgedacht. wir hatten fantastischen sex, aber das ist es nicht. du warst mir in schwierigen situationen ein echter freund, aber das ist es auch nicht. nun bin ich drauf gekommen, dass du der vater bist, den ich mir gewünscht hätte. du kennst mich, ohne dass ich was sagen muss, du warst in entscheidenden situationen für mich da und ich hatte vielleicht zum ersten mal in meinem leben einen menschen an meiner seite, dem ich alles zumuten durfte und konnte und der mein totales vertrauen genoss."
ich warte darauf, dass das objekt mich auslacht, aber das tut es nicht.
"du hast dir jemanden gewünscht, der einfach nur für dich da ist."
"exakt. keiner, der mich fickt. du wärst der erste mensch gewesen, mit dem ich vielleicht gerne alt geworden wäre."
da nimmt das objekt meine hand und sagt gerührt:
"danke. das hat mir noch nie jemand gesagt. danke für deinen mut, das war gerade wahrscheinlich nicht leicht für dich."

wir schweigen, rauchen, leeren den zweiten drink. dann fragt das objekt:
"und was wünschst du dir jetzt?"
ich überlege:
"das kann ich dir schwer sagen. dieses gespräch hatte nicht das ziel, irgendwas zu definieren. ich weiß nicht, ob wir noch befreundet sein sollten. ich hatte ja geschrieben, dass, wenn ich dich loslasse, uns nichts mehr hält. ich meine, ich merke, dass ich dich immer noch unheimlich mag, aber, ob du willst oder nicht, du bist ein teil meiner depression. du hast versucht, mir zu helfen und ich habe dich als fluchtpunkt missbraucht. du hast mir nährboden für illusionen gegeben, die unhaltbar waren. und ich kann dir nicht vorhersagen, wie ich mich künftig auf dich beziehen werde."
das objekt schaut betroffen in die unbestimmte ferne und schweigt.

gegen zwei ziehen wir weiter richtung club. vor der tür nimmt mich das objekt bei beiden schultern und sagt eindringlich:
"morphine! egal, wie du dich entscheidest: du bist mir nicht egal. und ich will, dass du weißt, dass du mich immer ansprechen kannst, egal, was du auf dem herzen hast. ich weiß, ich habe mich nicht immer richtig verhalten und es tut mir leid."
"mir tut´s auch leid."
da zieht mich das objekt in seine arme und hält mich für einen moment sehr fest.
"komm, lass uns reingehen", sagt es dann.

drinnen sind alle meine freunde anwesend, es ist überhaupt brechend voll und eine tolle stimmung. aber ich stehe außerhalb, hab das objektgespräch im kopf und gehe kurze zeit später nach hause, ohne mich zu verabschieden.

zuhause wartet die püppirella auf mich. während ich sie streichle, fallen meine tränen auf ihr fell und sie springt entsetzt zur seite. ich muss ein wenig lachen und dann doch wieder weinen, also nehme ich die katze mit ins bett, bis ich mich beruhigt habe und dem plüschmonster langweilig wird.

die letzten tränen versickern im kopfkissen. dann schlafe ich ein und träume, dass ein zug auf mich zurast und ich mich in eine mulde neben den gleisen kauere, während die waggons bedrohlich nah und laut an mir vorbeirauschen.
aber ich überlebe, irgendwie. auch als ich später erwache, bin ich noch immer ein atmendes, lebendiges wesen auf dem weg nach irgendwo.

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