Samstag, 28. März 2015
innere und äußere freiheit
ein krieger, der zur inneren freiheit gelangt ist, hat die vollständige freiheit nicht erreicht. dazu bedarf es auch einer freien mitmenschlichen gemeinschaft. sobald er erkennt, daß die freiheit der gemeinschait durch die ichhaftigkeit ihrer mitglieder beeinträchtigt wird, ist er von sich aus bestrebt, den anderen zur inneren freiheit zu verhelfen, um damit auch die äußere freiheit wachsen zu lassen.

ein krieger versucht also, über die innere evolution des bewußtseins seiner mitmenschen zur vollständigen freiheit zu gelangen, und nicht über die revolution innerlich und äußerlich unfreier massen, die, im gegensatz zu ihrem ziel, die unfreiheit nur vergrößert. ein krieger geht also nicht den weg des mönches in die einsamkeit, er lebt in zwei welten und weist seinen mitmenschen den weg zur inneren freiheit, den aber jeder allein gehen muß. aber wenn viele diesen weg gehen, entsteht eine konspiration (...), d.h. ein zusammenatmen der krieger, die zwar äußerlich getrennt, aber innerlich vereint, die freiheit einatmen.


(paul tholey)

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Dienstag, 10. März 2015
die geschichte von legolas "klofinger" und koka-h.
(inspiriert von frau mottentanz eine story aus meiner wilden jugend.)

ich muss etwa 15 oder 16 gewesen sein, ganz discoqueen, als ich legolas kennenlernte. er war ein dürres bürschchen und gar nicht mehr so jung, so um die ende 30 oder anfang 40. er schwirrte gerne um mich herum und machte mir das ein oder andere dezente kompliment. mehr nicht, denn ich war damals in festen händen.

nachdem sich das mit den festen händen zweieinhalb jahre später erledigt hatte, ich meine erste eigene wohnung bezog und im größeren stil mit drogen herumzuexperimentieren begann, lernte ich über eine damalige freundin koka-h. kennen. koka-h. hatte sein eigenes labor und versorgte sich und andere mit speed und mdma (nein, nicht koks, wie der name vermuten ließ). meine eine tauschte regelmäßig - damals noch legales - ephedrin gegen die weiterverarbeiteten substanzen.

zu koka-h. zählte eine ganze clique von goa- und techno-jüngern. recht gut kannte ich irgendwann auch hofmannstaler-s., der seinen namen ebenfalls nicht von ungefähr hatte. hofmannstaler-s. war weniger von der speed- oder mdma-fraktion, sondern stand neben den von albert hofmann erfundenen dingen sehr auf chrystal, was damals noch ein novum war. er war ansonsten ein sehr angenehmer zeitgenosse, höchst intelligent und nicht nicht so abgestumpft wie koka-h. wäre er einen kopf größer gewesen, hätte ich mich garantiert um ihn bemüht und wäre genauso unglücklich geworden wie drei meiner freundinnen, die damals etwa zeitgleich versuchten, bei ihm zu landen.

ich weiß nicht mehr wann es genau passierte, aber irgendwann gehörte auch legolas plötzlich zur koka-h.-clique. ich hatte mich gerade mit koka-h. nach dessen training (er benutzte die upper auch gerne als trainingsbooster) in der innenstadt verabredet, als koka-h. mit seiner damaligen wunderschönen freundin k. und legolas auftauchte. die beiden männer wollten noch schnell zu norma, ich begleitet k. indes zum schuhe-shoppen. eine halbe stunde später trafen wir uns wieder. legolas erzählte, dass er gerade aus der arbeit käme. er war it-ler. mir war das relativ egal, ich wollte nur, dass er verschwand, damit koka-h. und ich unser kleines geschäft abwickeln konnten. legolas verschwand jedoch keineswegs, sondern verlud koka-h., k. und mich in sein auto. er brachte zunächst k. zum kindergarten, wo sie ihre kleine tochter abholte, dann fuhren wir alle zusammen weiter in ein dorf nahe der stadt, wo koka-h. nun offenbar neuerdings wohnte.

"warum bist du denn in DIESES kaff gezogen", flüsterte ich koka-h. auf der rückbank zu.
"legolas wohnt da. er hat meine mutter geheiratet, und nun wohnen wir alle zusammen da", erklärte mir koka-h.
mir blieb der mund offenstehen.
"ist aber ganz in ordnung", sagte koka-h. "der ist gut drauf."
was nichts anderes hieß, als dass legolas koka-h.s geschäfte fröhlich förderte und sicherlich selbst davon auch profitierte.

wenige monate später kam ich wieder einmal zu koka-h. ins haus, auch auf ausdrückliche einladung von legolas. koka-h. hatte gerade eine schwere krise mit k. und wurde mir gegenüber sehr zutraulich. wir kuschelten ein wenig, dann kam legolas dazu und setzte sich zu uns. wir rauchten einen, dann begann legolas mit koka-h. zu knutschen.

ich erlitt den schock meines lebens und wäre ich nicht viel zu stoned gewesen, wäre ich aufgesprungen und weggelaufen, so absurd erschien mir die situation. da knutschen also gewissenmaßen vater und sohn, altertechnisch nicht mehr als 15 jahre auseinander, aber immerhin! ich war jedoch viel zu sehr außer gefecht, bekam daher auch den ein oder anderen kuss ab und merkte irgendwann legolas arm schwer auf meinen schultern ruhen und seine spinnenfinger richtung brüste wandern. ich schaffte es, kurz aufzustehen und das klo zu suchen. dort saß ich dann auf der schüssel, zu stoned zum pinkeln, und überlegte angestrengt, wie ich nach hause käme.

ich kann mich an nicht mehr viel erinnern, nur daran, dass legolas mich irgendwann wieder ins auto verlud und zurück in die stadt brachte.

legolas schien ab diesem zeitpunkt mehr auf mich als auf seine frisch angetraute ehefrau zu stehen. nachdem er nun leider wusste, wo ich wohnte, pflegte er hin und wieder nach der arbeit aufzutauchen, mich vollzulabern und um eine massage zu bitten. keine medizinische massage, wie sie sich vorstellen können. ich wand mich und bat ihn zu gehen, machte ihm klar, dass da nichts laufen würde. irgendwann gab er gottseidank auf.

mein verhältnis zu koka-h. hatte in dieser phase ein wenig gelitten, da ich, um legolas aus dem weg zu gehen, auch ihn mied. die versorgungssituation war nur noch teils gewährleistet, also sagte ich einem damaligen freund, der auch so etwas wie mein freund wurde, zu, nach amsterdam zu fahren. in amsterdam hatten wir jedoch keine tragfähigen connections, daher blieben wir mehr oder minder im hotel, vögelten uns die köpfe weg und machten so abgefahrene pärchen-like-dinge wie das anne-frank-haus besichtigen oder zwischen den grachten spazierenzugehen.

irgendwann eines schönen nachmittags kamen wir dann auf legolas zu sprechen.
"du bist doch mal ewig mit diesem ekligen typen rumgehangen", sagte mein freund.
"legolas?"
"legolas, wie auch immer, bei uns heißt der nur klofinger."
"hä?"
"weil der sich nach dem klo nie die hände wäscht!"
"iiiiiiiiiihhhhhhhh..."

ab sofort hatte ich also noch einen grund mehr, legolas klofinger zu meiden. ich erzählte meinen freund nach und nach meine sehr absurden erlebnisse mit legolas und machte ihm klar, dass die zuneigung eher sehr einseitig war. zum glück hatte ich mit meinem neuen freund einen mutigen gentleman an meiner seite, der sich daraufhin bereit erklärte, mich bei bedarf unter einsatz seiner fäuste gegen legolas klofinger zu verteidigen.

das war die geschichte über legolas klofinger und wie sie denn nun auch endete. es kam zu keinen weiteren annäherungen mehr und irgendwann hörte ich noch, dass die mutter von koka-h. die scheidung eingereicht hatte. mit sicherheit ein guter entschluss.

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Donnerstag, 26. Februar 2015
mach mal mathe
ich hab manchmal noch immer alpträume, in denen ich mein mathe-abi machen muss und erstaunt feststelle, dass ich schon seeeeeeeehhhhr lange aus der schule raus bin und von den dingen überhaupt keine ahnung mehr habe. wobei nicht gesagt sei, dass ich damals viel mehr ahnung gehabt hätte, denn ich hatte in mathe am ende nur noch klägliche drei punkte. ja, mies. und es kratzt mich noch heute, dass ich damals so den anschluss verloren habe, zugegeben auch, weil ich ihn rotzpubertär ganz bewusst verlieren wollte - frei nach dem motto mathe doof, lehrer doof, alles doof. zumal mathe echt spannend ist. das versteht man aber nur, wenn es einem jemand außerhalb der schule erklärt.

heute mache ich beruflich mal was ganz anderes, vertrete einen kollegen und lasse eine klausur schreiben. mit fiesen integralen und alles, wovor es mich als abiturientin so geschauert hat. es hat spaß gemacht, zusammenzusitzen und zu diskutieren, ob dies und jenes für unser publikum denn noch lösbar sei. dabei hab ich auch mal wieder mit dem stoff beschäftigt, der zwar uni-niveau hat, aber das ein oder andere ist in ansätzen wieder durchgeblitzt.

wenn ich ganz viel zeit hätte, würde ich das gerne alles noch mal richtig lernen wollen. so von der achten klasse aufwärts, sagen wir mal. denn mit mathe erklärt sich die welt.

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Mittwoch, 25. Februar 2015
sich als frau verdient machen
wir sitzen in einer kneipe und der soeben beförderte bekannte nennt mir stolz sein neues gehalt.
"so viel möchte ich auch mal verdienen!" sage ich anerkennend und neidisch zugleich.
"naja, du bist halt ne frau", erwidert der bekannte bedauernd, aber mit einer großen selbstverständlichkeit, und erläutert mir dann, dass frauen eben nicht so viel verdienen könnten. weil das in der gesellschaft nunmal so sei.

ah ja.

es ist also auch 2015 noch normal, dass frauen weniger verdienen als männer - ja, sogar gesellschaftsfähig. so wie man diabetes hat oder kurzsichtigkeit oder ein hinkebein: schade, pech gehabt. schlechte gene. von der natur benachteiligt. mit deinen titten und deiner muschi bist du leider (hihihi) aus dem club der besserverdienenden ausgeschlossen!

ich habe bisweilen den eindruck, man(n) immer noch denkt, dass frauen einen beruf zum spaß so nebenbei ausüben, neben dem herd oder hinter der wickelkommode, wo sie eigentlich zu sein hätten. so einen kleinen leichten job, damit sie ausgeglichen genug sind, um sich am bügeltisch nicht so schrecklich zu langweilen, und dass ihr einziges erfolgserlebnis nicht daran besteht, ihrem macker einen zu blasen und ihm nachher noch ein bier zu bringen. oder dass sie arbeiten gehen, um ihr hartz aufzustocken, wenn der geile alleinverdiener-hecht irgendwann den abgang macht.

ich bin keine feministin. aber als selbstständige begegne ich diesem vorurteil ebenfalls. dauernd. so denkt man(n) - und das bisweilen sogar laut - dass ich kunden nur deshalb akquiriere, weil ich einen partner suche. und dass ich es als gutaussehende frau doch sicherlich nicht allzu schwer habe. was ist nicht schwierig für mich, frage ich dann gerne nach, einen schwanz zum rumpoppen zu finden oder finanziell unabhängig zu überleben?! öh, öh, öhm, hüstel, das habe man(n) jetzt nicht so gemeint. aber ich verstünde doch wohl einen spaß, haha. ja, und du verstehst sicher auch, wenn meine faust gleich zwischen deinen zähnen steckt.

neulich hörte ich sogar in der bahn, die frauen seien maßgeblich an der arbeitslosigkeit schuld, wenn sie versuchten, sich auf dem arbeitsmarkt in jobs zu drängeln, in denen sie - so wörtlich - "nichts zu suchen zu haben".

liebe männer, die ihr so denkt und eure frauen in das spießbürgerliche 50er-jahre-familienmodell drängt, weil euer ego verkümmern würde, wenn ihr euch nicht wenigstens als versorger aufspielen könnt: vergesst niemals, dass wir euch theoretisch nicht mal zur reproduktion brauchen.

damit wäre eigentlich schon alles gesagt.

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Freitag, 20. Februar 2015
[kleiderknigge]
was zieht man denn so bei einem großen empfang mit politikern und anderen wichigtuern an?

alles, was ich habe, ist entweder billig oder zu punkig oder zu aufreizend. mein einziges abendkleid ist ein rockabilly-polkadot-kleid mit schwarzer schleife. das kann ich aber nicht tragen, das rutscht und ist vermutlich auch nicht angemessen.

ich bin aber auch nicht so typ für ein chanel-kostümchen.

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Samstag, 24. Januar 2015
droge konsum
dass ich konsumwut und kapitalismus anprangere, scheint für viele hier das produkt von sozialneid zu sein: die dämliche alte lebt vom schreiben bzw. einem mies bezahlten bürojob und kann demnach froh sein, wenn sie überhaupt die miete jeden monat zusammenkriegt. natürlich ist so eine dumme kuh eifersüchtig auf alle, die sich kaufen können, was ihr herz begehrt.

dass konsum allerdings tatsächlich das belohnungszentrum im gehirn aktiviert und damit genauso wirkt wie drogen, alkohol, essen oder sonstige als suchtmittel bekannte substanzen, bestätigt jetzt auch die wissenschaftliche seite.

dieser kluge artikel erwähnt übrigens auch, dass konsumieren lediglich das kaschieren tiefer gehender bedürfnisse ist. damit bekommt der materialismus wie von mir bereits vermutet die bedeutung einer - leider allzu dürftigen - religion.

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Sonntag, 18. Januar 2015
islam und westlicher götzendienst
wir haben uns erfolgreich vom kirchlich-christlichen gott emanzipiert. der alte mann mit dem rauschebart, der für nächstenliebe und verzicht steht, ist out. das abnabeln von diesem etwas strengen und altbackenen gott bedeutet jedoch noch lange ist, dass wir auf unseren glauben verzichten können. denn ohne einen glauben sind die meisten menschen hilflos und nicht lebensfähig.

how come?

beim modernen glauben handelt es sich nicht um das anbeten einer gestalt, die für althergebrachte werte und eine etwas seltsame weltanschauung steht. angebetet werden stattdessen die götzen des kapitalismus.
anstatt in die kirche zu gehen, rennen die menschen samstags in die kaufhäuser und bedecken ihre schmächtigen, hässlichen seelen mit konsumgütern. wer früher durch tugendhaftigkeit und reinheit punkten konnte, muss heute mit markenklamotten und teuren autos protzen. anstatt dienste an armen und kranken zu tun, schuften die menschen im job bis zur selbstaufgabe, um ihre existenz durch das anheben des kontostands rechtfertigen zu können. wenn sie orientierung und erbauung suchen, hören sie sich an, was dieter bohlen, helene fischer und andere hohlbratzen von sich geben. und statt beim abendmahl oblaten zu mümmeln, gehen die leute zum plastischen chirurgen und lassen sich die falten wegspritzen und die nasen plätten, damit sie in die götzengemeinde der ewig jungen, schönen, reichen und leistungsbereiten passen und - um götzenwillen - bloß nicht irgendwie auffallen.

die menschen im westlichen kapitalismus leben damit in einer welt, die heute mehr denn je von angst und aberglauben regiert wird und lichtjahre von freiheit, aufgeklärtheit und gemeinsinn entfernt ist. obwohl jeder damit prahlt, keinen gott zu brauchen, sind alle versklavt und verkauft, ohne es zu merken.

in diesem kontext über eine religion wie den islam richten zu wollen, ist obszön. man kann dem islam ankreiden, dass er sich mangels exegese einer immanenten kritik verschließt. aber genau das tut auch die westliche welt, die sich den götzen des kapitalismus unterjocht.

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Donnerstag, 25. Dezember 2014
christmas-camp
ich tröste mich damit, dass in weniger als 48 der ganze scheinheilige zinnober wieder vorbei ist.
die verwandtschaft labt sich derweil an kalorienbomben und einem fernsehprogramm, das als verstoß gegen das betäubungsmittelgesetz durchgehen dürfte. ich versuche, stark zu bleiben und meine gehirnzellen durch lesen des feuilletons der schwarzbraunen tageszeitung am leben zu erhalten.

ich wünsch ihnen was. und immer dran denken: bald flachen konsumwut und verlogenheit für 363 tage wieder auf einen etwas erträglicheren pegel ab.

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Samstag, 20. Dezember 2014
wie mich vor eurer liebe gruselt
ich komme aus einer sogenannten intakten familie. das heißt, mami und papi leben einträchtig nebeneinander her und streiten sich so begrenzt, dass keiner von beiden jemals ernsthaft das verlangen nach einer scheidung verspürte. für mich war es daher selbstverständlich, später ebenfalls einmal teil eines paares zu werden. denn nur so hat das leben einen sinn, nur so erreicht man vollkommenheit. dachte ich.

bullshit.
den kopf kann man, vor allem in zeiten von proklamiertem liebesscheiß und hollywoodrosarotem konsum- und medienkitsch, eine gewisse zeitlang recht erfolgreich benebeln. ein bestimmtes gefühl in mir war jedoch immer dagegen. wenn ich dieses gefühl beschreiben sollte, träfe es wohl "grusel" am besten. ich erinnere mich an meine letzte lange beziehung und wie ich dem mann gerne morgens noch ein brot schmierte, bevor er zur arbeit aufbrach. ich tat, was mir meine mutter in der beziehung zu meinem vater vorgelebt hatte und ja, da war ein gefühl von nützlichkeit und dem-anderen-gefallen dabei, zumal die aktion durch meinen damaligen lebensabschnittsgefährten positiv bewertet wurde. aber ich erinnere mich sehr wohl, wie jedesmal eine stimme in mir sagte: "WAS ZUM TEUFEL MACHST DU DA EIGENTLICH? FUCKING HELL, IST DAS DEIN ERNST?"

handelte es sich um "liebe" oder wie man den gefühlswühltisch im hirn bezeichnen mag? es handelte sich auf alle fälle um gesellschaftliche konditionierung und die sehnsucht nach einem bestätigenden reiz, der für eine erfolgreiche rückkoppelung des gelernten sorgte. das traf, im nachhinein ganz kühl und nüchtern betrachtet, auf recht viele momente dieser und anderer beziehungen zu.

(ich habe nie wieder einem mann ein wurstbrot geschmiert, schon aus prinzip.)

die große "romantische liebe" in bislang ungekannter form überfraute mich beim objekt. die chemie setzte jahrelang erfolgreich mein denken außer kraft, oder zumindest entmachtete sie es bis zu dem punkt, an dem wollust und emotionen jedesmal siegen konnten. handelte es sich vielleicht hier um "liebe"? es handelte sich auf jeden fall um die rauschhaften folgen großer ausschüttungen von oxytocin und prolaktin. vermutlich hätte ich mir auch heroin spritzen können - mit denselben effekten von totaler hingabe und bitterer (sehn)sucht. dazu kam, dass ich mit dem objekt einen höchst cleveren verführer gewählt hatte, der wie auf knopfdruck empathie ein- und ausschalten und mich auf diese weise zwischen dem gefühl vollkommenen angenommenseins und kalter ablehnung hin- und herwerfen konnte. ich halte es sogar für wahrscheinlich, dass mein im rahmen der wechselhaften objektbeziehung stark schwankender hirnchemie-spiegel meine depression phasenweise enorm verstärkt und selbstzerstörendes verhalten getriggert hat.

abgekoppelt vom effekt des rausches überlege ich derzeit, was ich von "liebe" zu halten und zu erwarten habe. warum sollte ich mir einen partner suchen? weil ich alleine keine dübel in die wand bekomme? weil mit zwei einkommen das leben leichter zu bestreiten ist? weil ich angst davor habe, allein zu sterben?

ich bin alleine. es geht mir den umständen entsprechend gut. ich habe kein bedürfnis, neben jemandem einzuschlafen und aufzuwachen. mit jemanden hand in hand auf der straße zu gehen. den alltag zu teilen. es ist schön, so ab und an, immer mal wieder, so für ein paar wochen. aber dann ist es langweilig und beengened. es raubt mir die zeit, die ich lieber mit mir selbst verbringe. der sex, der schwanz ist immer dasselbe, und ich werde kribbelig und umtriebig.

der mann mit hund hat inzwischen auch verstanden, dass wir nicht heiraten werden. die begegnungen sind kühl, die anrufe bleiben aus. ich bin erleichtert, obwohl ich noch nicht das finale good-bye ausgesprochen habe. vielleicht ist es auch gar nicht mehr nötig.

ein weniger persönliches, aber doch sehr kluges licht auf das thema "liebe als (überbewertete) ersatzreligion" wirft übrigens markus günther hier: http://bit.ly/Zdz7Ms

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Montag, 17. November 2014
o2 can do (evil)
ich habe meinen festnetzanschluss bei o2 formerly known as alice. zum festnetzanschluss gehören eine telefonflat ins deutsche festnetz (wegen mama und papa) und eine dsl-6000-flat. der spaß kostet mich 29,90 € monatlich und ist monatlich kündbar. soweit, so gut.

vor wenigen wochen erhielt ich einen anruf von o2 - oder vielmehr einem callcenter, das von o2 beauftragt worden war, den neusten scheiß zu verkloppen. am hörer hatte ich einen fürchterlich gelangweilt und genervt klingenden jungen mann, der mir ohne luft zu holen in wenigen sekunden erklärte, dass ich ab sofort nur noch 21,90 € für meinen anschluss bezahlen müsse, wenn ich mit einer 24-monatigen vertragslaufzeit einverstanden sei.
"aber ich ziehe vielleicht bald weg", wagte ich einzuwerfen.
"sie können den anschluss doch mitnehmen", sagte der junge mann pampig.
"und wenn ich die nummer ändern will."
"das geht auch", erwiderte der callcentermensch im tonfall eines lehrers kurz vorm burnout.

"na gut", sagte ich, wenig überzeugt. "sie können mir ja mal informationen schicken, dann schau ich mir das mal an."
"ich schicke ihnen dann auch noch eine sim-karte für den mobilfunk mit, die ist kostenlos."
"brauche ich nicht, ich habe schon einen vertrag."
"aber damit können sie KOSTENLOS telefonieren und SMS schicken! und sie haben eine 1 gb flat fürs internet."
das klang interessant, hatte ich doch einen vertrag, der mich 10 euro monatlich kostet und der lediglich eine 250 mb-flat beinhaltete.
"hm" sagte ich.
"ist alles kostenlos für sie", wiederholte der junge atemlos und mechanisch wie ein roboter.
"also gut, ich fasse zusammen: meine monatlichen fixkosten für festnetz und internet reduzieren sich um acht euro auf 21,90 €, dafür akzeptiere ich eine 24-monatige vertragslaufzeit und bekomme zusätzlich eine sim-karte, mit der ich kostenlos telefonieren und smsen und 1 gb lang im netz surfen kann?"
"genau", sagte der junge mann genervt.
"das klingt ja fast zu gut um wahr zu sein. und wenn ich das dann doch nicht will?"
"sie haben die möglichkeit, die sim-karte innerhalb von zwei wochen zurückzuschicken und damit den vertrag zu widerrufen. tun sie nichts, aktiviert sich der vertrag automatisch nach zwei wochen."
"das heißt, ich habe mit diesem gespräch schon einen vertrag abgeschlossen, den ich dann nur noch widerrufen kann? ist das nicht illegal?!"
"wir machen nichts illegales", sagte der junge mann beleidigt und böse. vermutlich hätte er gern noch hinzugefügt "du dumme alte schlampe", aber dann hätte er sein ziel verfehlt.

ich überlegte. die 1 gb flat lockte mich. und wenn man den vertrag widerrufen konnte, war ja nichts schlimmes bei, fand ich.
"na gut", sagte ich überrumpelt. "dann schicken sie mal."
der junge mann leierte die vertragsbedingungen für eine gesprächsaufzeichnung herunter und verabschiedete sich dann so ruppig, wie er mich begrüßt hatte.

drei tage später kam die sim-card an. im beipackzettel stand, wenn ich diese durch eingabe des pin-codes aktivierte, würde der vertrag gültig. mir kam das komisch vor, denn warum sollte ich eine sim-card aktivieren, um einen bereits geschlossenen vertrag zu schließen? ich las mir die beiliegenden schreiben durch und versuchte herauszufinden, welchen vertrag ich nun eigentlich hatte. clever wie o2 war, stand das nirgendwo bei.

böses misstrauen befiel mich. also durchsuchte ich die homepage von o2 nach einem vertragspaket, das meinen bedingungen ähnelte. nach längerem suchen wurde ich fündig: kostenreduktion von 29,90 auf 21,90, 24 monate laufzeit - und eine für 12 monate kostenlose sim-card.

moment mal, dachte ich, bei 24 monaten laufzeit bedeutet 12 monate kostenlos doch, dass danach noch 12 kostenpflichtige monate folgen würden. ich war verwirrt und rief im schurkenstaat von o2 an.

der erste berater konnte mir meine frage, was ich denn nun eigentlich als vertrag hätte, nicht beantworten und wollte mich gerne abwürgen.
"hören sie mal, ICH WURDE VERMUTLICH VON IHREM MITARBEITER BETROGEN", wurde ich nun sauer.
"das sind irgendwelche callcenter, damit haben wir nichts zu tun", sagte der o2-mitarbeiter. "das kann schon sein, dass sie falsche informationen erhalten haben, die bekommen provisionen und tun folglich alles, um ein produkt zu verkaufen."
"das heißt, ich muss bei ihnen damit rechnen, dass ich jederzeit unter angabe falscher informationen zum kauf von nutzlosem, teuren mist überredet werde?" sagte ich stinksauer.
"äh, äh, ich verbinde sie mal weiter, ja", haspelte der mitarbeiter schnell und drückte mich weg.

mitarbeiter nummer zwei war ein freundlicher älterer herr mit bayrischem akzent.
"dann schaumermal, was wir für sie tun können", sagte er, als ich das problem schilderte.
"jaja, die callcenter... das ist so bei denen", bestätigte er mir, was ich schon von mitarbeiter nummer eins wusste.
"also, nach 12 monaten bezahlen sie für den moilfunkvertrag 26,90 €", klärte er mich weiter auf.
"na toll. das wurde mir verschwiegen!"
"das tut mir leid."
"soll ich ihnen dann die sim-card zurückschicken?" wollte ich wissen.
"ach, machen sie sich keine umstände. ich storniere ihnen das jetzt gleich online."
herrlich unkompliziert und nett.
"trotzdem muss ich noch mal sagen, das geht gar nicht, kunden so hinters licht zu führen", wiederholte ich. "ich hätte nicht übel lust, mir einen neuen telefonanbieter zu suchen. wenn ich nicht schon wüsste, dass die anderen auch nur scheiße zu gold machen, dann wäre das jetzt keine zweite überlegung wert."
der berater bedauerte dies erneut sehr und wünschte mir dann noch einen schönen abend.

ende dieses monats wird sich nun herausstellen, ob meine bemühungen zur stornierung des vertrages wirksam waren. wenn nicht, verkaufe ich meine story an die blöd-zeitung und schicke o2 einmal durch die hölle.

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