Mittwoch, 26. November 2014
mann in liebevolle hände abzugeben
neben dem mann mit hund und dem geschäftsführer zählt seit meiner kleinen reise nun auch der sitznachbar aus dem flieger zu meinen begeisterten verehrern. der sitznachbar ist riesengroß, typ geschäftsdaddy, geschieden und hat drei töchter im pubertierenden alter. er ist regelmäßig beruflich in hh und droht mit besuchen. man sollte also meinen, mein hirn habe ausreichend subjekte und objekte, um sich zu beschäftigen.

wie immer ist die sache mit der quantität nicht gleich der sache mit der qualität.
"ich will keinen von allen. noch nicht mal als fick", sage ich gestern zu meinem bekannten, der mich langsam, aber konsequent alkoholisiert. der bekannte ist ebenfalls seit zwei jahren depressiv und leidet zudem unter massiven schlafstörungen, die ihn aktuell fast um den verstand bringen. deshalb auch die alkoholisierungsaktion.
"ich hoffe so, dass ich heute mal mehr als zwei stunden pennen kann", stöhnt der bekannte und ordert nach zwei bier und einem cocktail noch ein paar kurze.
"wenn ich später noch einen rauche, könnte es klappen."
"wie kannst du denn da morgen arbeiten?"
"das funktioniert merkwürdigerweise immer. spätestens um halb sechs bin ich schlagartig hellwach."

die bedienung schiebt zwei wodka über den tresen.
"und was mach ich jetzt mit meinem lieblosen liebesleben?" frage ich den bekannten, nachdem wir die kurzen geext haben.
"gib doch ne anzeige auf: drei männer in liebevolle hände abzugeben. so wie die das immer mit katzen machen", sagt der bekannte. "mal ehrlich, morphine, du machst da ein problem draus, wo keines ist."
"naja, so ein geschäftsführer kann halt vielleicht auch mal nützlich sein", werfe ich ein.
"willste den heiraten und so eine versorgungsehe draus machen?!"
"nee, aber vielleicht kann der ja beruflich was für mich tun."
"wollte schon sagen. dann heirate lieber mich, ich hab auch zu viel kohle", grinst der bekannte.
"deshalb gehe ich ja so gerne mit dir trinken", sage ich frech. "dann muss ich nicht den ganzen abend an einem drink nippen."

"aber du verstehst mich, oder?" frage ich dann noch mal.
"klar. das ist deine art von hochschlafen."
ich haue meinen bekannten ein bisschen.
"ist aber ja legitim in deiner lage."
"danke. prostitution ist also in meiner lage in ordnung."
"solange du deinen spaß dabei hast..."
"es macht aber keinen spaß! ich will nicht meine zeit mit alten typen mit mundgeruch verbringen."
"ich nehme mal an, dass du schon auch was draus ziehst, neben dem beruflichen."
"naja, es nimmt einen halt so auch mal wer in den arm. und sagt einem, wie toll man ist. obwohl, das glaub ich denen sowieso nicht. die haben diesen testosteronverklärten blick dabei und grabbeln mir am arsch."
mein bekannter seufzt.
"was willst du eigentlich wirklich?"
"ich will mit dem objekt ficken und ansonsten einen guten job. einen typen brauch ich nicht. will ich nicht."
"na also. dann ist doch eigentlich alles klar bei dir."
"aber ich habe weder das objekt noch den geilen job."
"dann kämpf doch drum."
"was das objekt betrifft, muss ich mir gerade abgewöhnen, drum zu kämpfen. obwohl ich vor lauter unausgelebter sexueller energie schon sabbere."
"hatte ich auch mal. war über beide ohren verknallt in eine frau, mit der ich den wunderbarsten sex meines lebens hatte. nach vier wochen hat die schluss gemacht. total ehrlich, so mit, ich will einfach nicht."
"scheiße."
"naja, ist ja okay. hauptsache ehrlich."
ich schaue über mein leeres glas besoffen in den raum.
"dass das mit der wahren, echten liebe so schwierig ist."
"ich bin da skeptisch geworden."
"ich auch. aber weißte, wenigstens geil ficken will ich noch ein bisschen. ein paar jahre hab ich noch."
"du siehst nicht aus wie jemand, der das nicht bekommen könnte."
"du hast keine ahnung, wie wählerisch ich inzwischen bin."

der bekannte lacht.
"als ich dich das erste mal gesehen habe, dachte ich mir, du bist total arrogant und überheblich."
"bin ich ja vielleicht auch. leute mit schlechtem selbstwertgefühl leiden immer an selbstüberschätzung. das ist sozusagen eine kognitive überkompensation."
"es hat mich überrascht, wie verletzlich du bist. du bist in manchen dingen noch ganz... kind."
"als du mich das erste mal angeprochen habe, dachte ich, och nö, so n scheißtürke, der schleimt bestimmt gleich rum."
mein bekannter lacht:
"ja, das denken viele. dass ich türke bin oder italiener."
"auf den dritten blick hast du eher was nordafrikanisches. ägypther oder so."
"kaum zu glauben, dass ich ostfriese bin, was?"

nach ein paar schlechten ostfriesenwitzen müssen wir los, ich, weil ich die letzte bahn zu verpassen drohe, mein bekannter, weil er vor dem schlafversuch noch einen rauchen muss.

"bist du am samstag im club?" frage ich beim abschied.
"nein, leider nicht, ich hab bereitschaft. haben wir alle paar wochen mal."
"schade."
"und du?"
"ich schau mal. je nach sexueller energie."
"das heißt?"
"wenn die niedrig ist oder ich sie totmasturbieren kann, könnte ich tanzen gehen, auf die gefahr hin, dem objekt zu begegnen."
der bekannte lacht und drückt mich zum abschied.

dann gehen wir unserer wege, zwei irre, jeder für sich.