Mittwoch, 22. Oktober 2014
traum.atisiert
es ist sommer. das objekt und ich liegen auf einer wiese in der sonne. doch es kommt schnell eine schattenfront und immer wieder muss ich mein handtuch nehmen und weiterziehen. dadurch bin ich mal näher beim objekt, mal weiter weg. aber nie berührt es mich, nie bin ich ihm hautnah.

"wo wollen wir denn heute nacht pennen?" frage ich, denn mit den herannahenden schatten wird es schnell kühler, und mir ist nach bett und kuscheln und ficken.
"mal sehen", sagt das objekt, "ich würde auch irgendwo außerhalb der stadtmauern schlafen."
klar, das objekt ist ja naturverbunden.

wir packen unsere sachen ein und fahren eine weile mit dem auto. im auto ist noch eine weitere frau, die offenbar schon öfter mit dem objekt unterwegs war und mir sagt, wie schön das alles wird.

wir schlafen doch nicht draußen, sondern kommen bei einem alten holzhaus an. auf der veranda steht eine junge blonde frau, die uns offenbar schon erwartet. die tür öffnet uns schließlich der azubi aus meiner alten agentur.

hui. so viele menschen hatte ich nicht erwartet. aber das objekt kennt gott und die welt, man hat es selten alleine. und meist sind die objektfreunde auch sehr okay.

ich gehe erstmal aufs klo. neben dem klo steht eine badewanne. da könnte ich ja später mit dem objekt feuchtfröhlich spielen, denke ich mir. doch als ich das wohnzimmer wieder betrete, steht da schon eine badewanne mit füßen, in die gerade wasser fließt.
"ach, du badest auch?" frage ich die frau, die mit uns im auto war.
"ja klar."
"wo ist denn das objekt?"
die frau zeigt auf eine zimmerecke, in der ein bett steht. dort liegt das objekt und schlummert. ganz alleine.

ich könnte mich ja dazu legen, denke ich, zögere aber. wenn das objekt ruhe braucht, ist es gerne alleine. ich will es nicht überrumpeln oder stören. doch als die badewanne voll ist, kommt die blonde frau wieder, zieht das objekt aus dem bett und steigt mit ihm in die wanne. vor unseren augen. haha, der igel war schon da und der hase schaut dumm aus der wäsche.

ich bin verletzt. weniger wegen der blonden ische, sondern weil mich das objekt überhaupt nicht mehr beachtet. ich gehe wieder aufs klo, weil da die zweite badewanne steht, in der ich baden könnte. alleine. ich überlege. ich habe keine lust, alleine zu baden. ich will nachhause. sofort.

also platze ich wieder in den raum, in dem sich die beiden mädels mit dem objekt amüsieren.
"wann fährt in diesem kaff der letzte zug?" will ich wissen.
das objekt schaut mich erstaunt an.
"willst du weg?"
"ich will sofort nachhause, mich kotzt das hier alles an."
"drei vor neun", sagt das objekt seelenruhig und ohne mich aufhalten zu wollen.
"dann hau ich jetzt ab."
"mach mal langsam", sagt das objekt und streichelt den schaum vom bein der blonden, "du brauchst nur eine minute zum bahnhof."

ich packe hastig meine sachen zusammen. ich verliere die hälfte, aber es ist mir egal. leute, die ich nicht kenne, nehmen mich mit dem auto mit zum bahnhof. der ist viel weiter als eine minute entfernt, das hatte ich mir ja gleich gedacht. auf objektaussagen ist eben kein verlass.

als ich nachhause komme - wohlgemerkt zu meinen eltern - bin ich verzweifelt und enttäuscht und voller wut. meine mutter will wissen, was los ist. ich brülle und schreie und tobe und weine, dass ich das nicht mehr aushalte, wie sehr ich das objekt hasse und wie weh es mir die ganze zeit tut.

meine mutter sieht mich nur an, und ich begreife, dass ich das alles nicht ihr, sondern dem objekt vor die füße spucken müsste. ich habe die konfrontation gemieden. ich habe versagt. ich bin gegangen wie ein totaler loser.

als ich aufwache, ist das entsetzen noch nicht gewichen, und ich kann die verzweiflung aus diesem ungeheuer aussagekräftigen traum noch immer wie einen schweren zweiten körper auf mir lasten fühlen.
weil ich eben diesen einen menschen viel zu lange im herzen getragen habe.