Samstag, 5. Oktober 2013
a night to remember
seitdem ich meine medikamente abgesetzt habe, hat sich das verhältnis schlaf zu beischlaf deutlich zugunsten des letzteren verschoben.

gestern gehe ich aus und begegne zufällig dem dritten, der den langen weg aus h nach hh genommen hat, um party zu machen und um sich mit dem objekt zu treffen. doch das objekt behandelt uns alle gleich demokratisch schlecht:
"ich hab dem zehn smsen geschickt und mehrmals angerufen", berichtet der dritte. "keine resonanz. und das, wo ich doch sein bester freund bin."
genau wie auch ich kaut der dritte mann immer wieder an diesen zurückweisungen, die eigentlich niemals so gemeint sind, die man aber dennoch so empfinden kann.
"tja", sage ich.
"tja", sagt der dritte.
"wo haste denn heute deine frau gelassen", wechsle ich das thema.
"zuhause", sagt der dritte und in seine augen stiehlt sich ein glitzern, das ich so gut kenne. dann schmiegt der dritte seinen kopf an meine schulter und ich weiß, wie der abend enden wird.

und tatsächlich: unter dem vorwand, dass er schrecklich blau sei und es ihm ganz schlecht gehe, quartiert sich der dritte bei mir ein. bei mir zuhause gesteht er mir dann, dass er eigentlich gar nicht so betrunken sei.
"das wusste ich doch", sage ich.
"oh nein", schämt sich der dritte. "ich kann einfach nicht lügen."
"du kannst doch auch direkt fragen."
"wie jetzt? hallo morphine, nimmst du mich mit?"
"zum beispiel."
"ich weiß nicht, dazu habe ich zu viel respekt vor dir."
"jetzt mach aber mal halblang. wie lange kennen wir uns jetzt? dreieinhalb jahre?"
da lächelt der dritte sein entwaffnendes jungslächeln und zieht mich an sich.

dann schält er sich aus hemd und hose und klettert zu mir unter die decke.
"sag mal, ist das nicht ne jacke vom objekt?" fragt der dritte und zeigt auf eine kapuzenjacke mit tribals, die über meinem bett hängt.
"nee", antworte ich.
"hm", sagt der dritte, schweigt und fragt dann:
"denkst du auch noch manchmal an unsere nächte zu dritt?"
"klar. ziemlich oft sogar. das war doch phänomenal damals."
der dritte küsst mich und schiebt seine hand unter mein t-shirt.
"wollen wir ihn anrufen?"
"wie? jetzt?"
"ja."
ich richte mich auf und überlege.
"also da er nicht auf party war, hatte er bestimmt nachtschicht. aber jetzt ist ja schon nach sechs, der ist bestimmt schon auf dem weg nachhause zu seiner alten. und ich weiß auch nicht, ob er so direkt nach dem job ficken kommen wollen würde."
"das ist doch kein fick, das ist der event des jahrtausends."
"wenn ich ihn anrufe, geht er bestimmt nicht ran."
"ach egal, lassen wir das. wir können ihm ja hinterher eine gemeinsame sms schicken, was er so verpasst hat."
ich kichere.
"du bist ganz schön fies."
"hat er aber verdient. ich verstehe sowieso nicht, warum der mit der gespielin zusammen ist. ich hab mir immer so gewünscht, dass ihr beide richtig fest zusammenkommt."
"mit ihr kann er lachen und es ist alles einfach, sagt er."
"aber er liebt sie doch gar nicht."
"nein, das tut er wohl nicht. aber er brauchte ja eine wohnung, du erinnerst dich?"
"trotzdem, wie kann sich ein so freiheitlicher mensch wie das objekt in so eine zwangssituation begeben?"
"der wird alt. ab ende 30 werden männer beguem. das hatte ich in meiner letzten langen beziehung, das war die reinste komfortzonenpflege."
"trotzdem. was der an der findet, verstehe ich nicht."
"ich auch nicht. ich hab ihm ja ganz klipp und klar mal gesagt, sein frauengeschmack hat wohl ziemlich gelitten."
der dritte kichert.
"und was er drauf gesagt?"
"nüscht. war beleidigt, denke ich."
"höchstens, weil er weiß, dass du recht hast", grinst der dritte und küsst mich erneut.

zum ersten mal seit langem fühle ich mich völlig befreit beim sex mit einem mann, der nicht das objekt ist. das liegt auch am dritten, der nicht nur fantastische anatomische kenntnisse hat, sondern ein absolut leidenschaftlicher liebhaber ist. aber ich selbst bin ebenfalls ganz bei der sache. sämtliche hautsensoren kommunizieren direkt mit meinem unterleib und befeuern die kleinen flammen der lust, die sich zur großen explosion emporlecken.
"wahnsinn", sagt der dritte, als er einmal kurz innehält, "ich kann das gar nicht fassen, dass das mit dir immer so schön ist."

später stehen wir nackt am fenster und rauchen. drunten gehen die ersten menschen mit ihren hunden gassi, gegenüber schüttelt eine frau die betten auf.
"ich kann mir nicht vorstellen, dass ich mal so lebe", sage ich. "dass ich so eine hausfrau bin, die samstagmorgen um neun betten macht und ihrem mann ein frühstücksei kocht."
der dritte grinst.
"nee, das könntest du nicht. niemals. dafür bist du nicht gemacht."
er streichelt zärtlich meinen po.
"für was bin ich dann gemacht?"
der dritte überlegt.
"du bist die befreierin."
"von was?"
"von allen konventionen."
der dritte grinst.
"das hast du gut gesagt", erwidere ich.

wir kriechen wieder in bett.
"es ist halb zehn und ich bin total wach", sage ich.
"geht mir genauso", meint der dritte.
"trotzdem, lass uns mal versuchen zu schlafen."
aneinandergekuschelt schlafen wir ein, bis um eins die drittefreundin anruft und wissen will, wo der dritte ist.
"tut mir leid", sagt der dritte, als er die situation geklärt hat, indem er behauptete, er sei bei seinen eltern. "ich will nicht, dass du dir gedanken machst."
"ich mache mir nie gedanken."
der dritte schüttelt den kopf und lächelt:
"du bist die einzige frau, die ich kenne, die so tickt."
"tja. du weißt doch, ich bin die befreierin. ich kann doch keine fesseln gebrauchen. auch keine gedanklichen."

der dritte schlüpft hastig in seine klamotten, putzt zähne, raucht noch eine mit mir und macht sich dann auf den weg zu bahnhof.
"wir sehen uns wieder", sagt er an der tür bestimmt. "genau so, nur MIT dem objekt", und ich nicke und lächle, nicht zuletzt, weil ich irgendwie tatsächlich daran glaube.