Mittwoch, 17. Juli 2013
spaß mit airberlin
flughafen hamburg. ein spätabendsflug. ich sitze mit businessonkels und shortstragenden urlaubern mit semilustigen strohhüten an meinem gate und will bloß schnell weg. mit airberlin.

wir sind 15 minuten zu spät dran. dann endlich boarding, ab in den bus und hinaus aufs rollfeld. als wir aussteigen, traue ich meinen augen kaum: da steht eine winzige altweiße propellermaschine, scheinbar direkt aus den 70er jahren, ohne erkennbares fluggesellschaften-logo. ein erster möglicher eindruck: hierbei handelt es sich um eine inoffizielle maschine, die, sobald wir in der luft sind, vom flugradar verschwindet, um uns nach afghanistan zu verschleppen, bevor unsere familien eine woche später fiese erpresserschreiben erhalten.

an der tür stehen allerdings zwei süße blonde, große jungs, nicht älter als 20. es sind dänen. zum ersten mal in meinem leben fliege ich mit stewards und nicht mit stewardessen. sie sagen höflich "good evening", was mich irritiert. bin ich hier überhaupt richtig? ist dies wirklich ein innerdeutscher flug?

wir kriechen in den flugzeugkörper, denn aufrechtes gehen ist nur denjenigen möglich, die kleiner als 1,65m sind. drinnen gibt es noch mehr schäbiges weißes plastik, vergilbte sitzbezüge und einen konsequenten mangel an jeglichem komfort. ich bete, dass ich nicht auf klo muss.

die sitzreihen sind so eng, dass ich meinem vordermann theoretisch die knie über die ohren hängen müsste. ich brauche eine weile, meine beine maximal kompakt zu verknoten, ohne dass der blutfluss dabei unterbrochen wird. mein sitznachbar lächelt mich schmierig an. schmierig ist übrigens auch genau das attibut, das auf die fenster zutrifft: die scheiben wirken, als hätte jemand mit einem mayonnaise-sandwich drauf rumgerubbelt. obwohl ich gerne beim fliegen aus dem fenster schaue, werde ich diesmal jegliche berührung mit der scheibe peinlichst vermeiden.

dann höre ich das vertraute "boarding completed" und die tür wird geschlossen. steward nummer eins hängt sich an einen altweißen, schäbigen hörer. die lautsprecher beginnen bedrohlich zu rauschen. zwischen lautem rascheln und knacken verstehe ich einige englische wortfetzen. vorne stülpt sich steward nummer zwei die schwimmweste über. ich höre "pull" und noch ein paar verben. aha, die sicherheitsinstruktionen. ich sehe mich kurz vor meinem geistigen auge, wie ich durch eine afghanische felsenformationen krabbele und mit "wolle schwimmweste" versuche, den einheimischen ein wenig nahrung abzuverhandeln. der schwimmwesten-steward grinst derweil belustigt. er weiß vermutlich, dass uns die schwimmwesten in afghanistan auch nichts helfen werden.

die propellermaschine gewinnt mühsam an höhe. der ganze flugzeugkörper vibriert und wackelt, es ist ein höllenlärm. alles, was man hin und wieder noch hört, ist das überlaute "pling", mit dem die raucher-blinksymbole über uns scheinbar unkontrolliert an- und ausgehen. ich kriege ohrendruck und augenflimmern, und auch mein schmieriger sitznachbar krallt sich angespannt in seine oberschenkel.

die getränke werden aufgefahren. weil ein herkömmlicher servierwagen nicht durch den gang passen würde, muss steward nummer eins vorweggehen und die snacks verteilen. er hält mir "sweet or salty" vor die nase und ich muss kichern, weil ich einen moment an "süßes oder saures" denken muss, dann entscheide ich mich für die chips - hab ich wenigstens gleich ein geiles souvenier für die püppirella. steward nummer zwei eiert mit den getränken hinterher. um die wünsche der fluggäste verstehen zu könne, muss er sich tief in die sitzenreihen hineinbeugen und den gästen das ohr vor den mund halten. dann kommt er zu mir. ich schreie, so laut ich kann, "tomatoe juice" in das mir dargebotete ohr. oh wunder, der steward versteht sofort und reicht mir einen becher mit lauwarmem tomatensaft, dazu salz und pfeffer.

obwohl mein schmieriger sitznachbar ein eher kleinwüchsiges männlein ist, hat er beim herunterklappen des tischchens dasselbe problem wie ich: der 90-grad-winkel ist nahezu unerreichbar. immerzu sind die knie im weg. schließlich speizt er die beine um das tischchen herum und erreicht so eine halbwegs gerade fläche, während ich entnervt aufgebe, den becher zwischen meine knie klemme und meinen saft mit salz und pfeffer vermische. mein sitznachbar grinst ein wenig, aber das grinsen vergeht ihm mit dem nächsten luftloch, als das tischchen sich selbst kurz einklappt und meinen sitznachbar in bier badet. weil ich aber so ein nettes wesen bin, reiche ich dem schmierigen typ ein taschentuch, schließlich kann man nie wissen, ob solidarität gemäß dem do-ut-des-prinzip später im entführercamp nicht doch eine lebensrettende rolle spielen wird.

nach gut einer stunde stelle ich fest, dass wir über einer stadt kreisen. ich vermute, dass es sich um mein reiseziel handelt, kann es jedoch nicht mit sicherheit sagen. ich halte nach den bekannten hohen punkten wie businesstower und fernsehturm ausschau, kann aber durch die mayonnaise-fenster nichts erkennen. dennoch komme ich zu dem schluss, dass wir uns definitiv in der zivilisierten welt aufhalten, da es da unten autobahnen und lichter gibt.

alles wird gut. wir landen unerwartet sanft. ich entknote meine beine und schlängle mich mit den anderen passagieren aus dem flugzeug. aufatmen. wir werden dann subito mit dem bus richtung flughafen geshuttelt und eilen lemmingherdenartig in richtung baggage claim.

am gepäckband stehe ich mit einer immensen horde kurzhosiger, sonnenbebrillter schlappenträger und kreischenden kindern. die waren mir im flieger irgendwie gar nicht aufgefallen. auf dem gepäckband türmen sich hartschalenkoffer und surfbretter. interessant, denke ich, wusste ich doch nicht, dass man in hamburg surfen gehen kann.

mein koffer kommt nicht. auch nach 20 minuten, als die meisten schlappenträger schon durch den ausgang gewatschelt sind, warte ich noch. kurz bevor ich mich beschweren gehen will, klärt ein blick nach oben das missverständnis auf: ich warte am gepäckband "korfu". ein blick weiter nach hinten in die halle offenbart ein vollkommen verlassenes gepäckband mit der aufschrift "hamburg", auf dem einsam mein koffer seine runden dreht. offenbar haben das geschüttel und der krach im flieger irgendwelche hirnfunktionen bei mir durcheinandergerüttelt und meine aufmerksamkeit zerstört. danke, airberlin.

dann stehe ich endlich draußen. ruhe. kühle, frische nachtluft. und meine lieben, die mir vom parkplatz zuwinken.