Samstag, 5. November 2011
wenn es bei vorfreude bleibt
alles wies zunächst darauf hin, dass der gestrige tag ein superangenehmer freitag werden würde.

auf arbeit gab es leichte freitgskost. einen flyer auf fehler überprüfen und mit einer gehässigen germanisten-klugscheißer-mail zurück an den absender schicken. ein interview mit einem geschäftsführer-typi führen, der mich scherzhaft mit einem mir bereits bekannten kosenamen betitulierte. last but not least die ehrenvolle aufgabe übertragen bekommen, ein neues tv-format für das unterschichtenfernsehen zu entwerfen. das freute mich, denn man wächst schließlich nur mit seinen herausforderungen (auch wenn das gehalt nicht mitwächst), und vielleicht konnte ich ja beiläufig ein wenig intellekt in die sendung einstreuen und so deutschland vor dem geistigen kollaps retten.

mittags machte ich meinen schreibtisch ordentlich, wischte den bildschirm meines macs sauber und stieg in den mantel. den unerledigten nervigen kleinscheiß delegierte ich fix an meine untergebenen (ich bin visionärin, ich kann nichts anders), dann winkte ich der chefin, die ich die nächsten wochen vertreten musste und wollte hinaushuschen. doch die chefin rief mich zurück. ich möge einen augenblick warten. gut, ich bin ja nicht so.

der augenblick begann sich hefekuchenartig auf eine halbe stunde aufzublähen. ich ärgerte mich. dann klopfte ich am zimmer meiner chefin, um darauf aufmerksam zu machen, dass ich noch da war. die chefin führte gerade unüberhörbar ein privatgespräch und verfluchte ihren gesprächparter mit deftigen kraftausdrücken. endlich wurde ich hereingerufen und hörte mir ein chaotisches briefing für eine angeblich superdringliche sache an, die ich am besten jetzt sofort beginnen sollte, obwohl ich nun eigentlich frei hatte.

"aber der ansprechpartner ist doch ohnehin erst am mittwoch da, wieso sollten wir jetzt so übereilt starten?" fragte ich zurück.
meine chefin sah mich perplex an:
"ja, da haste eigentlich recht. gut, dann gehste jetzt nach hause und hast ein schönes wochenende."
fast eine stunde lebenszeit verschwendet, toll.

die stimmung hatte leichte schieflage bekommen, aber zuhause kündigte ein paketschein an, dass mein neuer wollmantel angekommen war. ich hatte glück, die nachbarin, die das päckchen angenommen hatte, war zuhause. in der wohnung fetzte ich das paket auf und freute mich riesig: der mantel war wunderschön und passte von vorne betrachtet perfekt. bis ich mich dann seitlich drehte und feststellte, dass das gute stück so betrachtet absolut fürchterlich geschnitten war. ich sah aus wie im neunten monat schwanger.

es war inzwischen 17 uhr. also den mantel wieder fix eingepackt und ab zur post. je früher das ding zurück war, desto eher bekam ich mein geld wieder.

vor meiner postfiliale war gähnende leere. ich jubelte innerlich, denn normalerweise reichte die schlange um die uhrzeit bis zur tür. als sich die schiebetüren nicht öffnen wollte, schwante mir allerdings übles. ein schild bestätigte meine befürchtung: die filiale war wegen einer betriebsversammlung schon seit 13 uhr geschlossen. das schild wies mich freundlich darauf hin, dass ich eine andere filiale aufsuchen möge, gab allerdings nicht preis, wo sich die nächstgelegene befinden könnte.

ich fuhr nach hause, guckte im internet auf der seite der post nach einer filiale in der nähe und fuhr wieder los. als ich dann mein rad vor der alternativ-filiale parkte, sah ich, wie eine angestellte eben dabei war, die tür zu schließen.
ich sah auf die uhr. es war drei minuten vor 18 uhr. also fasste ich mir ein herz und klopfte. die angestellte machte eine handbewegung, als wolle sie eine lästige schmeißfliege vertreiben.
"hören sie, es ist noch nicht 18 uhr!" rief ich durch die scheibe. die angestellte hatte mich sicherlich gehört, zog aber nur rigide den vorhang vor. ich kochte vor wut und musste mich davon abhalten, nicht gegen die scheibe zu treten. doch es half alles nichts. ich musste unverrichteter dinge wieder nach hause fahren.

zuhause schrubbte ich miesgelaunt die wohnung. dann klingelte das telefon. ich hoffte, es möge eine freundin sein, die mich heute abend beim ausgehen begleiten wollte. doch es war ein kunde, der anmerkungen zu meiner arbeit hatte. fast eine stunde lang erklärte ich ihm mit einer affengeduld, warum dies und das so und nicht anders ginge. er war einsichtig, bat mich dann aber, ein "kleines unternehmensprofil" durchzusehen, das er eigentlich jetzt gleich verschicken wollte. so, wie es klang, rechnete ich mit einem zeitaufwand von zehn minuten und beschloss, dass ich die leistung nicht berechnen würde, da der klient ein recht guter und regelmäßiger kunde war. der kunde freute sich sehr über mein entgegenkommen und schrieb mir gleich eine e-mail.

fünf minuten später war das dokument in meinem postfach gelandet. als ich es öffnete, erwartete mich eine 36-seitige powerpoint-präsentation, in der es, wie ich sofort sah, vor fehlern nur so wimmelte. gut, vertrauen kann nicht hart genug bestraft werden. ich kalkulierte hart zwei minuten pro seite und schaffte es dann tatsächlich, die präsenation in einer guten stunde durchzukorrigieren.

inzwischen war es halb zehn. ich war hundemüde, hatte aber noch nicht eingekauft und nicht gegessen. also schnell noch zum supermarkt hetzen, convenience food ist so dankbar, dann wieder zurück, essen, abspülen aufräumen. anschließend war ich gefühlt tot.

also beschloss ich, mich für eine stunde aufs ohr zu hauen, bevor ich ins nachtleben startete. 'ich muss den wecker stellen', dachte ich noch, als mein kopf das kissen berührte, dann war ich bereits im land der träume. ich träumte wild von der objektgespielin, die mir böses wollte und wachte dann erschreckt auf. jetzt aber aufgestanden, dachte ich. schön duschen, anziehen, aufbrezeln und los.

ein blick auf die uhr belehrte mich jedoch eines besseren: es war bereits kurz nach drei. ich hatte schon fast vier stunden geschlafen. bis ich ausgehfertig sein konnte, würde es sicherlich vier sein. bis auf zwei, drei technoclus, die auf den drogenkonsum ihrer klientel zählten, machten die läden hier jedoch alle so gegen sechs dicht.

ich starrte angestrengt ins dunkel, spürte aufsteigende nackenschmerzen und beschloss dann, einfach weiterzuschlafen. wenigstens der nacken würde es mir danken.