Freitag, 8. Januar 2016
tiptap
sich auf leisen pfoten heranschleichen an das glück. und erst mal schauen. ob es nicht einen furchtbar dicken arsch hat. mit cellulite dran. denn das glück kann sich ja auch umdrehen, und auf der anderen seite ist es meist furchtbar hässlich.

glück nummer eins ist schwarz. von kopf bis zu den flauschepfoten, es heißt lilly. coming soon.

glück nummer zwei ist blond bis an die eier, es heißt felix, wie es nun mal sein muss. es hat einem milchkaffeefarbenen hund und einen knackarsch.

wir werden sehen. wir werden uns sehen.
von vorne und von hinten.

aus erfahrung wird man nämlich klug. und manchmal auch dümmer.

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Dienstag, 5. Januar 2016
scha(n)de
wie schwer das alles fällt.

das ende des endes
des endlosen endes begreifen.
das eswirdniemehrgut
nicht in diesem leben
nicht mit uns beiden.

die macht deiner angst akzeptieren
kapitulieren
die enttäuschung fassen
wo man fassungslos steht.

zu oft bemüht
zu sehr gekämpft
zu erbittert.
verbittert.

ach.
ich wollte dich doch nie haben
jetzt habe ich dich nicht einmal mehr nicht.
denn jetzt habe ich dich
das gegenteil von lieb.

wir stoßen einander ab
wie zwei gleichgepolte magneten
dort, wo einmal so viel anziehung war.

abstoßend finde ich dich.
in den schädel ohrfeigen will ich dir das

aber selbst eine einzige hand
ist mir zu schade für dich.

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Dienstag, 29. Dezember 2015
herzlichkeiten
weihnachtsessen mit der verwandtschaft.
meine mutter deckt den tisch, meine tante sitzt schon und zieht in weihnachtlicher fröhlichkeit genau wie immer und genau auf die gleiche weise wie meine mutter die mundwinkel herab. mein vater steht zwei millimeter hinter meiner mutter und kommentiert das tischdecken.
"warum machst du das mit den servietten so? stell doch mal das glas da weiter links! und der teller, für wen ist der denn, wir brauchen doch nicht so viele teller!"
solange, bis meine mutter explodiert und ruft:
"dann machs doch selber!"
mein cousin kommt herein, setzt sich rechts zu meiner seite, grinst mich an und schenkt mir schnell einen wein ein. durchhalten lautet die parole für die nächsten stunden.

dann wird das traditionelle gansessen aufgefahren. solange alle essen, herrscht gefräßige stille. meine emotionalen mauern, die heute extra hoch und mit stacheldraht gespickt sind, kommen mir in diesem moment fast unnütz vor. doch dann fängt meine tante an, von ihrem letzten ausflug mit ihrem witwenkreis zu erzählen.
"... und dann hab ich bis zum schluss gewartet und hab mir das geschmarre von der blöden berta angehört, weißt, deren mann letztes jahr gestorben ist, na der wird auch froh gewesen sein, dass er endlich seine ruhe von der hat... jedenfalls bin ich dann mit der gundula nachhause gefahren, und unterwegs hat sie sich dann verfahren, auf einem weg, den sie jetzt schon seit 40 jahren fährt, da hab ich mir gedacht, die ist doch vielleicht schon dement."
meine mutter wirft ein:
"die ist nicht dement, die war doch schon immer so spinnert."
"ich glaub, das kommt durch deren mann, der ist ja auch so idiot. und der sohn, ach, der wohnt jetzt mit einer zusammen, die hat drei kinder, verstehst, DREI, und die sind alle von unterschiedlichen männern!"
"die hats nötig", sagt meine mutter. "muss sich wahrscheinlich was dazuverdienen mit ihren männern."
"die nutzt den doch bloß aus!"

mein cousin und ich wechseln einen blick. die story mit den drei kindern war ein seitenhieb auf seine aktuelle freundin, die auch schon ein kind hat und deshalb von meiner tante nicht akzeptiert wird.
"was das betrifft, muss ich mir wenigstens keine sorgen machen", sagt meine mutter jetzt, und ich bin ganz ohr und schaue dumm.
"meine tochter bringst ja nie jemanden mit!"
was ja nur richtig ist, denke ich mir, das würde ich höchstens machen, wäre der typ ein arsch und hätte ich lust, dass er im liebevollen verwandtschaftlichen kreise zerfleischt würde.
"aber ein enkelkind wird ja wohl hoffentlich noch irgendwann drin sein", meint meine mutter.

die kartoffel in meinem mund verwandelt sich in widerlichen brei und mir wird schlecht. ich muss messer und gabel beiseite legen.
"isst du gar nichts mehr!" jetzt habe ich auch noch die volle aufmerksamkeit meines vaters.
"bin satt."
"du bist viel zu dünn, du musst doch mal anständig essen!"
"bei den themen wird mir übel. sorry."
jetzt lachen alle blöde.
"isst du immer noch kein fleisch", will meine tante wissen.
"ich habe doch gerade gans gegessen, das ist doch auch fleisch, oder?"
"ja, aber sonst so!"
ich erwidere nichts und hoffe, dass ihnen bald ein krankheitsthema einfällt, das mich aus dem fokus schiebt. tod und siechtum sind eigentlich sehr beliebt, besonders beim essen, und ich wundere mich, dass wir uns bislang nur auf das schlechtmachen fremder leute beschränkt haben.

mein cousin eilt mir zur hilfe, indem er das thema urlaub anschneidet. er war kürzlich in kroatien und versucht, von der reise zu berichten. er beginnt mit dem langen stau, in den er zunächst geraten war, als meine tante ihm schon ins wort fällt:
"so blöd muss man erst mal sein, mit dem auto da runter zu fahren!"
"die klauen da doch auch alle wie die raben", sagt mein vater, der zeit seines lebens noch nicht wirklich aus deutschland rausgekommen ist und von kroatien und kroaten ungefähr so viel ahnung hat wie ich von kernphysik.
"mir hat das ja nichts gegeben, ist alles nichts besonderes da", sagt meine mutter, die 1969 oder so mal in kroatien war.
"ja, und erst die ganzen flüchtlinge, ich bin immer froh, wenn da welche im meer ertrinken", sagt meine tante, "dann sind das endlich mal ein paar weniger!"
"so ein geschwaddel braucht hier keiner", bekräftigt meine mutter.

ich trinke schnell meinen wein leer, um die worte runterzuspülen, die mir auf der zunge liegen. mein cousin, der längst aufgegeben hat, seine urlaubsgeschichte zu erzählen, schenkt mir nach.
"hast du eigentlich gerade eine katze?" fragt er mich.
"nee, erst nächstes jahr wieder, wenn alles klappt", sage ich.
"irgendwann infizierst du dich mal mit irgendwas, mit diesem katzenschnupfen oder so", sorgt sich mein vater.
"genau, und immer wenn ich dann niese, wird irgendwo auf der welt ein rudel kätzchen geboren", sage ich sarkastisch.
"mir wäre das ja zu viel arbeit", sagt meine mutter.
"wenn man etwas gern macht, ist es keine arbeit", antworte ich. "und man bekommt ja unglaublich viel zurück."
"naja", sagt sie und zieht die mundwinkel noch ein stückchen weiter nach unten.

der uhrzeiger bewegt sich auf halb zwei zu. mein vater wird nervös. um halb zwei wird bei uns obligatorisch gelüftet.
"räumen wir doch schon mal ab", drängt mein vater, während meine tante und mein cousin noch salat in sich reinschaufeln. meine mutter straft ihn mit scharfen blicken, und mein vater bleibt noch ein paar minuten sitzen. um viertel vor zwei allerdings gibt es kein halten mehr, und er steht auf, um die terrassentür aufzureißen.
"es zieht!" schreit meine mutter und springt zur tür, um diese zu schließen und stattdessen ein fenster zu kippen.
"so lüftet das aber nicht richtig", wirft mein vater ein. "man soll immer stoßlüften, wegen der energie!"
"es ist kalt!" ruft meine mutter.
"...und wegen der schimmelbildung!" krakeelt mein vater.
"wie wärs, wenn wir nun erstmal abräumen, dann in ein anderes zimmer gehen, wo es nicht zieht, und dann hier lüften, und zwar stoßlüften", schlage ich vor.

doch die heilige ordnung ist bereits vollkommen außer kontrolle.
"ist denn die heizung dann schon aus", will meine mutter wissen.
"nein, die ist noch an, wir essen ja quasi noch", sagt mein cousin.
"macht doch mal die heizung aus! wir heizen doch nicht für die straße!"
widerwillig drehe ich die heizung ab.
"lüften wir jetzt oder nicht?" will ich wissen.
"es hat ja schon gelüftet", beharrt meine mutter und zeigt auf das kippfenster.
"aber nicht richtig!" widerspricht mein vater, und dann zu mir: "jetzt mach doch mal die heizung aus!"
"die heizung IST AUS", rufe ich angestrengt.
meine tante beginnt indes, die teller abzuräumen und zu stapeln.
"lass, ich mach das", will ihr meine in ihrer hausfrauen-ehre gekränkte mutter hektisch die teller aus der hand nehmen. dabei reißt sie das sektglas meines cousins um. sekt ergießt sich über die platte, auf der die gans serviert worden war. danach ist das stoßlüften-kippfenster-heizungs-problem zunächst vergessen, weil mein vater scherben aus der verbliebenen gans pflücken und meine mutter die gesamte chose einfach in den müll kippen will.

"früher war mehr lametta", sage ich und proste meinem cousin zu.

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Donnerstag, 24. Dezember 2015
heiligmorgen
die nacht durchmachen.
mit einem fremden durch die halbe stadt spazieren.
und dann auf seiner couch auf die erste oder zweite oder dritte oder zehnte u-bahn warten.

auf dem nachhauseweg menschen auf dem weg zur arbeit oder zum last-minute-shopping begegnen. und sich freuen, dass man das alles nicht hat: keine nervenden, undankbaren kinder, die nachher die bescherung mies machen. keinen nörgeligen, eifersüchtigen typen, der einem jetzt vorwürfe machen würde. keine schwiegereltern, für die man sich in der küche die beine in den bauch stehen müsste, um zu beweisen, was für eine gut angepasste hausfrau man ist. kein vorschriftsbrimborium, keinen rahmen, aus dem man fallen könnte, und vor allem: keine angst vor all dem.

stattdessen ein bett.
und stille.
und maximale freiheit.

und dieses fühlbare bewusstsein, dass mich das, was mich manchmal so unglücklich macht, oftmals immer noch verdammt glücklich macht.

in diesem sinne: relaxte und friedliche feiertage!

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Samstag, 19. Dezember 2015
ich geh mit meiner laterne...
und da stehen sie jetzt mit ihren lichtlein in einer kette, und nachher gehen sie wieder cdu und spd wählen.

aber ein selfie für fressenbuch springt dabei heraus, das ist ja schon mal toll. und das gute gefühl, dass man was besseres ist, aller schlagenden naivität zum trotz.

zum abendbrot gibts dann die tagesschau, eine sammelsurium selektierter nachrichten, das gedankenlos abgenickt wird, aber muttis leberwurstbrote schmecken immer noch lecker.

gute nacht, deutschland.

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