Montag, 12. Oktober 2015
[privates]
entschuldigen sie den kleinen ausflug ins allzu private in den vergangenen kommentaren, aber es gibt gewisse personen, denen man eigentlich schon sehr lange aus sehr guten gründen die freundschaft aufgekündigt hat, die aber offenbar große langweile verspüren oder und in diesem zuge aufmerksamkeit suchen, indem sie hier ihr gift verspritzen.

aber man muss es auch positiv sehen: gut für den traffic. dann ist es hier auch nicht mehr so langweilig.

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Sonntag, 11. Oktober 2015
isolation
es gibt phasen, in denen ich mich sehr einsam fühle, ohne es faktisch zu sein. es gibt aber auch zeiten, in denen ich sehr einsam bin, jedoch keinen menschen um mich herum ertragen kann.

dieses wochenende sind es nunmehr 48 stunden völlige isolation, und es gibt wenig, was ich vermisse. außer weitere gute filme und bücher. ich schreibe einer person die 95. absage für ein treffen und fühle mich latent genervt davon. alles, was ich will, sind mein bett, meine heizdecke, die sonne, die durchs geschlossene fenster scheint und bitte keine gründe, nach draußen zu müssen.

ein telefonat wäre vielleicht nett, so wie früher, als ich noch die ein oder andere freundin hatte. eine stimme am ohr, nicht nur text im messenger. aber ich weiß, dass ich das von den meisten nicht mehr erwarten kann. alles ist virtuell, und ich habe so keinen bock darauf, denn das ist es, was mich dann wirklich einsamkeit empfinden lässt.

ich stelle mir vor, wie mir hier gleich ein aneurysma platzt und ich erst wochen später gefunden werde, ein sauberes skelett, ein bündel, das man mit einer hand aus der wohnung tragen kann. aber ich habe ja noch einen auftrag, also versuche ich, die schleife der inspiration wieder zu finden und sie herrgottnochmal neu zu binden.

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Freitag, 9. Oktober 2015
blauphase mit endorphin-intermezzo
wegen dauerkränklichkeit und allumfassender erschöpfung nach einer übervollen messewoche beschließe ich, heute doch mal krank zu sein. ich gehe ganz feudal zum onkel doc und jammere ein wenig, dann mache ich noch einen abstecher zur psychiatrie und jammere dort ebenfalls ein bisschen, so irgendwo zwischen "ich fühl mich nicht so" und "ich begehe heute abend suizid", um einigermaßen fix an einen ambulanten termin zu kommen. einigermaßen fix heißt in diesem fall: in weniger als vier wochen, und oh wunder, es klappt, nur knapp drei wochen, bis ich mit jemandem sprechen darf.

als ich aus der klinik hinaus in den regen gehe und mir eine zigarette anzünden will, ruft jemand hinter mir:
"morphine, morphine!"
ich drehe mich um und sehe, dass das objekt angewackelt kommt.
"na, auf dem weg zur arbeit?", frage ich und nehme es fest in die arme.
"hmmmmmm", sagt das objekt und kuschelt sich kurz an.
ich schaue ihm ins gesicht und weiß, es ist gerade erst aufgestanden und hat am vorabend sehr viel gekifft.
"noch restbekifft?" frage ich weiter.
als antwort zeigt mir das objekt den stinkefinger.
"schlechter tag?"
"alles fotzen außer mutti", sagt das objekt und küsst mich grinsend auf die wange.
"dann viel spaß gleich mit den fotzen und deiner mutti und der fotze deiner mutti, oder wie auch immer."

wir stehen voreinander. das objekt geht nicht, sondern guckt nur. ich gucke zurück und kann die sekunden spüren. das objekt lächelt sein schönes offenes warmherziges lächeln, überlegt ganz offensichtlich, ob es noch etwas sagen soll, entschließt sich dann aber einfach zu einer weiteren umarmung.

"musst du nicht rein", sage ich und deute mit dem kinn richtung klinikgebäude.
"ich bin eh schon zu spät", grinst das objekt frech.
"dann allez-hopp."
das objekt schaut ein bisschen gequält, drückt mich zum abschied und geht dann seines weges. ich sehe ihm nach, was es offenbar spürt, denn es dreht sich noch mal um, eilt fünf schritte auf mich zu, gibt mir noch einen kuss und sagt dann schnell:
"hübsch siehst du aus."
bevor ich etwas erwidern kann, ist es schon an der kliniktür und schlüpft hinein.

als ich auf dem nachhauseweg bin, habe ich herzklopfen. ein schönes, erwartungsfreies herzklopfen. es wird schon, zwischen dem objekt und mir. ich vertraue auf die sympathie zwischen uns, die auch der große crash nicht zunichte machen konnte. sie wird uns weitertragen, in diese oder jene oder eine ganz andere richtung.

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Dienstag, 6. Oktober 2015
brief des schreckens
ich öffne den briefkasten und habe post. ein brauner umschlag, durch dessen adressfenster ein grüner brief schimmert, und ich denke sofort grün, grün, das ist wie gelb, das ist was offizielles. dann schaue ich auf den absender und lese "bundesamt für justiz".

der puls schnellt auf 180. was nun? ich könnte den brief ganz vorsichtig öffnen, reinschauen, im falle einer anklage wieder verschließen und mit "empfänger verstorben" drauf zurücksenden, so, wie ich das mit gez eine weile getrieben hatte. oder, noch viel besser, ich schmeiße den brief direkt ungeöffnet weg. dann muss ich mir gar nicht erst den kopf zerbrechen, wer da was von mir wollen könnte. die vogel-strauß-methode, zumindest, bis der haftbefehl eintrudelt oder ich das land verlassen kann.

um voreilige entschlüsse abzuwenden, lege ich den brief erstmal auf die ablage. du kannst ihn auch morgen öffnen, sage ich mir. aber dann schlaf ich schlecht, sagt mein alter ego. wenn da drinsteht, du bist wegen drogenimports oder ähnlichem zu soundsovielen jahren haft verurteilt, schläfst du auch schlecht, entgegnet die stimme der unvernunft.

ich gehe erstmal auf klo, dann mache ich mir einen feierabenddrink. mit etwas alkohol im blut fühle mich dann mutig genug, den brief noch mal in die hand zu nehmen. okay, wir öffnen ihn. ganz vorsichtig, und wenden dann einfach die bewährte empfänger-verstorben-taktik an.

ich ziehe den grün gemusterten zettel aus dem umschlag, lese "aktenzeichen xy" und dann weiter unten, "ohne einträge". und dann fällt mir der fettgedruckte schriftzug ins auge: führungszeugnis. klar, mein polizeiliches führungszeugnis, das ich vor einiger zeit angefordert hatte.

so einfach sind die dinge manchmal. und so sehr hat man die hosen voll davor.

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Samstag, 3. Oktober 2015
kapitulieren
die sache mit dem kopf wäre ja okay. der denkt in die richtige richtung und produziert. die kleine oder große traurigkeit dann und wann: auch in ordnung. die gehört wohl zu mir wie eine lästige neurodermitis. da brauch ich auch keinen psycho-heini mehr, der mir das auseinander klabustert. man kann sich mit so einer behinderung abfinden. nicht schön, aber besser als im rollstuhl sitzen.

was mich aber wirklich, wirklich fertig macht, ist dieser körper. seit über einem halben jahr habe ich nicht mehr richtig geschlafen. im schlafähnlichen zustand, den ich noch erreiche, verspanne ich so sehr, dass ich morgens mit rasenden kopf- und schulterschmerzen aufwache. mein tramalkonsum ist von null auf exorbitant gestiegen, und hin und wieder in schwachen momenten denke ich daran, es einfach mal mit heroin zu versuchen.

davon abgesehen - möglicherweise im kontext des permanenten mangels an tiefschlaf - bin ich ständig krank. nebenhöhlen-trallala, halsschmerzen, augenentzüdungen. kaum ist das eine weg, kommt das nächste. sämtliche schleimhäute sind so durchgefeiert wie damals, als ich noch jedes wochenende weißes pulver geschnupft habe. antibiotikum folgt auf antibiotikum, und alles hilft einen scheiß.

"sie müssen auch ein bisschen an ihren körper glauben", meint mein arzt, aber mit meinem körper ist es inzwischen so wie mit meinen mitmenschen: ich muss ihn permanent kritisch überwachen. was schwierig ist, denn ich bin müde. so unendlich müde. ich vermute, einem sekundenschlaf habe ich es zu verdanken, dass ich vor ein paar tagen vom fahrrad gefallen bin. einfach so. selbstredend bin ich schwerpunktmäßig auf mein kaputtes knie gestürzt, dem jetzt ein bisschen haut und fleisch fehlt, was natürlich ebenfalls nicht heilen will und sich fett entzündet hat.

heute habe ich jedenfalls kapituliert und meine medikamente wieder aus dem schrank geholt. wir schreiben freitag, kurz vor mitternacht. der körper fühlt sich theoretisch bereits bettfähig. die stimmung ist von absoluter gleichgültigkeit geprägt. die gedankenfontänen sind tot, die libido ebenfalls. ich warte auf meinen freund, den schlaf.

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