Freitag, 7. August 2015
(w)arm
ich bin um dich ärmer.
aber ich habe etwas gewonnen:
die gewissheit deiner zuneigung.

mir ist warm.
denn der kalte zweifel musste gehen.
jetzt gehe ich mit einem lächeln
in deiner gedachten umarmung.

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Mittwoch, 5. August 2015
ein teil von mir wird dich immer lieben.
als ich zum verabredeten ort fahre, bin ich aufgeregt und zittrig. das objekt ist schon da und stellt gerade das rad ab. ich wähle die andere straßenseite, um mir noch einige sekunden zu geben. das objekt schaut mir beim absperren meines fahrrads zu. es wirkt auf den ersten blick offen und freundlich, so wie ich es kenne.

als wir uns gegenüberstehen, sind wir verlegen. wie soll ich das objekt begrüßen? das objekt macht eine komische geste und streckt mir dabei die hand hin. als ich sie nehme - diese warme, weiche, sommersprossige hand, die mich so gut gekannt hat - zieht es mich an sich und umarmt mich. nicht ganz in objekt-bärenmanier, aber nah dran.

dann suchen wir uns einen platz am teich, weit weg von anderen menschen.
"na, ohne bh unterwegs" fragt das objekt lächelnd und schaut mir auf die titten.
"hm", sage ich. "viel zu warm und unbequem."
ich fummle eine kippe aus der packung, das objekt holt seinen tabak heraus und dreht sich ebenfalls eine. dann paffen wir angespannt und schauen eine weile aufs wasser.

"ich fang einfach mal an", sage ich irgendwann, "ich werde dir alles chronologisch und aus meiner perspektive erzählen. vielleicht möchtest du erstmal einfach zuhören, aber du kannst natürlich auch einhaken."
das kommt selbstbewusst rüber und ich merke, wie mir respekt vonseiten des objekts entgegenschlägt.
ich beginne mit dem langsamen zerfall unserer freundschaft im herbst des letzten jahres, erwähne auch noch einmal den vertrauensmissbrauch in sachen urlaub und komme dann auf den großen crash im dezember zu sprechen.
"ich habe mich mit der gespielin in verbindung gesetzt, auch wenn ich wusste, dann ist es vorbei. aber ich hatte nicht mehr den eindruck, dass ich dir irgendeine form von loyalität schulde. das war alles weg. das war rückblickend ein fehler, und es tut mir leid, weil es kein faires ende war. aber ich hatte das vertrauen nicht mehr."

"ich wusste ja gar nichts", setzt das objekt an. "ich hatte nur eine vollkommen veränderte frau zuhause, und das mitten in einer zeit, die ohnehin beziehungstechnisch eine eiszeit war. ich hatte mich eingeigelt, war unglücklich und unzufrieden, wollte weg. ich hab wochenlang gerätselt, was eigentlich passiert war."
"interessant", sage ich. "b. sagte mir damals, die gespielin habe das unbedingt und sofort mit dir besprechen wollen."
"sie hat nichts gesagt. gar nichts. ich hatte mitbekommen, dass irgendwas rausgekommen war, aber mehr informationen hatte ich nicht. ich hätte was darum gegeben, welche zu haben."
ich muss innerlich den kopf schütteln:
"warum hast du denn nicht gefragt? warum bist du nie zu mir gekommen und hast gesagt, verdammt morphine, was soll denn der scheiß?"
das objekt schweigt und denkt nach, sagt dann:
"ich habe deine nachricht an die gespielin gelesen."

wir starren beide aufs wasser.
"das wars so für mich, weißte? du kannst nicht mit der frau gemeinsame sache machen, mit deren freund du was hast."
"ich hab dir erklärt, warum."
"darum gehts nicht, du musst dich auch nicht entschuldigen bei mir. ich kanns sogar nachvollziehen. verdammt, ich hätte an deiner stelle auch nicht gewusst, wie ich mich richtig verhalte, wenn man in der situation überhaupt von richtig oder falsch sprechen kann, ich glaube nämlich, da gabs es sowas nicht. du hast nach deinem gefühl und deiner überzeugung gehandelt. ich kann dich verstehen, vielleicht wärs mir ähnlich gegangen."

ich starre auf die ente, die einen vergeblichen flugversuch startet, aber von den tiefhängenden weiden abgehalten wird.
"ich war so unglücklich damals", setzt das objekt wieder an. "ich wollte auf und davon. eine kalte frau zuhause, in der arbeit stand ich kurz vor der kündigung. ich wollte weglaufen, wie immer, kennst mich ja, alle paar jahre eine neue stadt und ein neuer job. hab mich aber dann entschieden, zu bleiben. einfach, weil ich mich trotzdem irgendwie rational betrachtet wohlfühle. weil mir klar geworden ist, ich klage vom hohen ross. so die probleme auf arbeit, die ich habe - andere würden mich auslachen. ich habe mir nun vorgenommen, ich will noch fünf jahre hier bleiben - für meinen sohn, bis er mich nicht mehr braucht, und dann will ich noch mal aufbrechen. so mit der aussicht kann ich überleben."

"und so, auf uns bezogen?"
das objekt schaut weg.
"emotional gesehen... du versetzt mich in schwingung. das meine ich nicht sexuell, sondern so von deiner art her. die unterhaltungen mit dir, das hat mir so viel gegeben und ich.... vermisse das so. ich hab mich so wiedergefunden in dir. und ja, natürlich bist du attraktiv für mich."
das objekt schenkt mir einen scheuen seitenblick und blinzelt.
"rational aber möchte ich dir sagen, dass ich, obwohl ich dir sehr positiv gegenüberstehe, es erstmal so belassen möchte. die ambivalenz, die du in mir ausgelöst hast... ich bin einfach froh, die im moment nicht zu haben."
sieh mal einer an, da ging es ja dem objekt genau wie mir!
"ich vermisse auch das, was wir hatten", sage ich, und vermeide sehr bewusst zu sagen, ich vermisse dich. "aber es tut gut, nicht mehr auf dich zu warten."

das objekt schaut weiterhin stur weg und blinzelt wieder. ich bemerke schockiert, dass es feuchte augen hat.
"es ist traurig", sagt es, und dann, ganz leise: "ich bin sehr traurig deswegen."
ich bleibe stumm, überlege, ob ich das objekt berühren soll, untersage es mir dann aber. das objekt wischt sich kurz über die augen, sammelt sich und lächelt dann zögerlich:
"heute so... nach dem ich dich angerufen hatte... ich stand unter der dusche, weil ich ja noch zeit hatte... ich war so aufgeregt."
"ich auch", sage ich.
wir lächeln einander an, dann huscht wieder ein schatten über das objektgesicht. es wendet den blick ab, beugt sich vornüber und schaut gen boden.

ich sage leise:
"aber ist doch gut, dass wir uns heute hier getroffen haben."
das objekt schaut kurz auf, kaut auf den wangen und sagt, scherzhaft aggressiv:
"soll ich das jetzt etwa bestätigen?"
ich lächle entspannt:
"ja. natürlich."
"ich könnte ja auch sagen, du bist ne blöde kuh und ich hasse dich."
"das würde ich dir aber nicht abkaufen."
das objekt vergräbt das gesicht in den händen:
"was soll ich denn sagen? ja - es war gut. es war schön. sehr schön sogar."
wieder schaut es weg. ich merke, wie bewegt es ist.

"ich muss los", sagt das objekt auf einmal.
"wieso das denn?"
"muss in die klinik."
flucht. wie immer flüchtet sich das objekt.
"dass du immer flüchten musst", sage ich, "schon allein deswegen hättest du dir nie sorgen machen müssen, dass ich eine beziehung mit dir will."
das objekt schaut mich durchdringend an:
"ich hatte eine beziehung mit dir. genauso, wie ich mit der gespielin eine habe. da gab es emotional keine unterschiede für mich."
"du hast dich nicht so verhalten", beharre ich.
"ja, verdammt... was soll ich sagen... die gespielin und diese gemeinsame wohnung, das ist mir passiert wie mein sohn. ich hab dann einfach ja gesagt."
"du liebst mich aber nicht", sage ich.
"morphine..." das objekt setzt an und bricht wieder ab.
"du liebst mich nicht", wiederhole ich.
"morphine! das ist meine art zu sein, und ich habe gemerkt, dass du damit nicht klarkommst... ich habe deine sehnsucht immer gespürt, und ich habe es gehasst, dir wehzutun, indem ich unzuverlässig und unloyal war. ich bin dir nicht genug. niemandem. bins nie gewesen."
"ich mach dir deswegen keinen vorwurf", sage ich ganz ruhig.

das objekt packt seine sachen zusammen und steht dann auf:
"nächste woche hab ich drei wochen urlaub."
"und was machst du schönes?"
"ich fahr mit meinem sohn zu meinen eltern."
mit gespielin? oder ohne? ich bin neugierig, traue mich aber nicht zu fragen.
"drei wochen mit den eltern, das ist aber doch ein romantikkiller", sage ich, als nähme ich selbstverständlich an, dass die gespielin mitfahre.
das objekt schaut mich nur komisch von der seite an und sagt nichts.

wir gehen langsam zu den rädern zurück.
"morphine...", beginnt das objekt und verstummt, denkt nach, und setzt noch mal an:
"morphine, ich würde mir was wünschen."
"was denn?"
"dass wir es jetzt erstmal so lassen."
"ja doch."
"aber wenn wir uns mal begegnen sollten, dann.... soll es nicht mehr so eisig sein zwischen uns. mögen die gespräche wiederkommen."
"wenn dir nach geprächen ist... meine nummer haste. vielleicht schicke ich dir auch irgendwann mal eine nachricht."
das objekt schaut zu boden.
"ich hab mein handy nicht mehr."
"dann schick ich dir ne e-mail."
das objekt schüttelt den kopf.
"du kannst mich nicht erreichen."
da verstehe ich, dass es lügt. es hat angst davor, dass alles wieder anfängt.
"du hast schiss vor deinen gefühlen", sage ich.
das objekt zuckt mit den achseln.
"wenn man das so nennen will..."

das objekt ist aber schon beim nächsten gedanken.
"und noch was muss ich dir sagen."
"was denn?"
"wenn du jemals aufhörst zu schreiben, dann bekommst du es mit mir zu tun."
und zum ersten mal stehe ich vor der frage, ob das objekt dieses blog kennt.
ich lächle, schaue zur seite, sage nichts. wenn dem so ist, auch gut. ich habe keine geheimnisse mehr seit heute.

wir stehen uns eine gefühlte ewigkeit gegenüber, dann nimmt mich das objekt in die arme. ich spüre den zwiespalt aus verhaltenheit und vertrautheit und das emotionsknäul, das das objekt umgibt, während ich mich klar fühle, ruhig und ein bisschen traurig. das objekt hat so große angst. aber du kannst keine hand halten, die dich loslässt.

"ciao", flüstere ich.
"machs gut", sagt das objekt.
dann fährt jeder davon.
in eine andere richtung.

dennoch, ein teil von mir wird dich immer lieben.

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Sonntag, 2. August 2015
rock, paper, scissors
weil es diese woche offenbar noch nicht genug objekt gab, treffe ich es heute abend schon wieder. diesmal auf party im alten club. damit hatte ich nicht gerechnet, da das objekt seit dem großen crash kaum mehr ausgeht. allerdings ist es nicht allein, denn die gespielin und t. sind auch dabei.

während ich das objekt und die gespielin der einfachheit halber zu tode ignoriere, möchte ich t. gern begrüßen. das stellt sich als schwieriges unterfangen heraus, denn t. ist nie alleine. wie schon im letzten winter benutzt das objekt t. wie einen schutzschild und vermeidet es offenbar, alleine herumzustehen. erst nach einer stunde habe ich zwei sekunden, schnell zu t. hinüberzuhüpfen.
"lass dich drücken", sage ich.
t. nimmt mich herzlich und fest in die arme und streichelt meinen rücken. ich habe den eindruck, dass ich ihm leid tue. ist ja nicht so schön, den ex und dann auch noch seine alte vor der nase herumturnen zu sehen.
"alles gut", fragt t., und es klingt mehr wie ein trostversuch denn eine frage.
bevor ich auch nur nicken kann, walzt allerdings schon wieder die gespielin auf t. zu, damit ich mich nicht mehr mit ihm unterhalten kann.

mein lieber freund v. ist an diesem abend zum glück ebenfalls anwesend. er gibt mir einen drink aus, dann sondiert er meinen gemütszustand.
"machts dir wirklich so wenig aus, das objekt zu sehen, wie es den anschein hat?"
"mit dem objekt ist alles fein. wir werden demnächst reden. nur seine ekelhafte alte hätte heute gern zuhause bleiben dürfen."
"irgendwas wird sie wohl haben", sagt v. und meint damit positive eigenschaften.
"nen fetten arsch", spotte ich.
"ja, das stimmt, die ist ganz schön.... mächtig inzwischen. aber weißt du, es gibt auch männer, die sehen mehr als den dicken hintern", belehrt mich v.
"das objekt nicht", sage ich. "eigentlich kann ich mir überhaupt nicht vorstellen, dass es die noch besteigen mag."
"ich bin sicher, da ist mehr", sagt v.
"klar ist da mehr. am aussehen kanns ja echt nicht liegen. wahrscheinlich eher an der komfortzone."
"du bist ganz schön böse", findet v. "so unattraktiv ist sie auch nicht."
"das kannst du wem anders erzählen! und jetzt sei mir bitte ein freund. lenk mich ab, alkoholisiere mich und steh mir bei, falls ich das bedürfnis bekomme, mich ans objekt heranzuschleichen", maule ich.

doch wider erwarten geht es mir richtig gut an diesem abend. ich bin entspannt, tanze viel, unterhalte mich mit meinen bekannten und habe nicht das leiseste bedürfnis, kontakt zum objekt aufzunehmen. stattdessen erwische ich es des öfteren, wie es mich anstarrt. nachdenklich und betroffen, aber durchaus nicht ohne lüsternheit.
"der guckt aber schon ganz schön oft zu dir", bemerkt irgendwann auch v.
"soll er doch, hat er nachher wenigstens eine schöne wichsfantasie", sage ich.
"willst du denn seine wichsfantasie sein?" fragt v.
"nö, aber ich kanns verstehen, wenn er eine braucht."
"morphine, du bist heute echt..."
"ein mieses schwein", lache ich.
"so ähnlich", schmunzelt v. "wie auch immer, ein bisschen bewundere ich dich. als ich meine ex damals wiedersah und sie ihren neuen stecher dabei hatte, bin ich sofort nach hause gegangen und hab erstmal geheult."
"niemals das revier räumen", sage ich, "ich habe noch nie in meinem leben nach der trennung einen ort gemieden, an dem ich gerne bin."
"das ist selbstbewusst", findet v.
"nee, das ist macht", erwidere ich. "macht und stolz. und in so einem fall auch ein bisschen rache, wenn ich sehe, wie mir jemand hinterherlechzt."

während das objekt weder tanzen noch sich unterhalten mag, sondern sich irgendwann in eine ecke verkrümelt und dort alleine oder von t. abgeschirmt herumlungert, nur um dann recht frühzeitig mit seiner alten nach hause aufzubrechen, habe ich einen durch und durch famosen abend und amüsiere mich mit v. bis die lichter angehen.

als wir draußen stehen und in die morgensonne blicken, sagt v.:
"du bist echt stark. ich hätte gewettet, du fängst eine unterhaltung mit dem objekt an und lässt dich wieder mit schönen worten einlullen."
"worüber hätten wir uns denn unterhalten sollen? über das wetter oder was?" frage ich. "die aktuelle problematik will ich auf einer party, auf der ich mich endlich mal wieder gut amüsiere, nicht aufrollen. und andere themen gibt es nicht. unser gemeinsamer kosmos ist tot."
"harte worte", findet v., der aber auch um meinen weichen kern weiß.

"wie willst du das eigentlich machen, wenn ihr eure unterredung habt?"
"ich schreibe mir einen gesprächsleitfaden", sage ich.
"morphine, du kannst doch keine herzensangelegenheit mit dem verstand lösen!"
"es ist meine einzige chance. ich brauche die ratio in diesem emotionalen kontext. das objekt ist leider clever, das steckt mich sonst in die tasche."
"nicht, wenn du dich nicht in die tasche stecken lässt."
"deshalb der gesprächsleitfaden. ich will unbedingt vollständig alle punkte klären, damit ich hinterher nicht wieder mit einer ungewissheit dastehe, und ich will mich auf seine antworten vorbereiten und mich erinnern, damit ich nicht wieder drauf reinfalle."
"ich würde mich an deiner stelle nicht darauf verlassen, dass du überhaupt antworten kriegst."
"damit muss ich rechnen. das objekt kommuniziert nicht - das objekt lässt raten. das ist seine strategie, damit macht es sich interessant und vermeidet zugleich, dass man es auf etwas festnageln kann."

"und wie willst du dem begegnen?"
"das ist wie mit rock, paper, scissors."
"hä?"
"gewinner wiederholen erfolgreiche taktiken, verlierer ändern ihre strategie. wenn du einmal verloren hast, weißt du schon mal, dass der gegner denselben zug noch mal versuchen wird. so wird das objekt bei mir erstmal alles versuchen, wovon es weiß, dass ich mal drauf angesprungen bin. meine einzige chance ist, mir das ins bewusstsein zu holen. wenn es dann merkt, dass es verliert, ich also nicht mehr auf ein bestimmtes verhalten anspringe, weiß ich schon mal, dass es die taktik dann ändern wird. indem ich bereits recht viele objektmanöver kenne, kann ich hoffentlich abschätzen, was als nächstes kommt. und je mehr taktiken dann nicht mehr funktionieren, desto größer wird seine verunsicherung werden. dann krieg ich ihn am arsch."

v. sieht mich nachdenklich an:
"gehts dir um das objekt oder ums gewinnen?"
ich lächle nur geheimnisvoll.
dann steige ich auf mein fahrrad und drücke v. zum abschied einen kuss auf die wange.
"komm gut nachhause."
"du auch. und lass uns mal wieder was zusammen machen!"
"gern. du weißt, für sushi bin ich immer zu haben."
"gute idee! ich ruf dich an, ja?"
ich nicke und winke.
dann fahre ich in der frischen, duftenden sommerbrise nach hause.

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Freitag, 31. Juli 2015
free to dance
ich hatte zweifel erwartet nach gestern. aber alles, was ich empfinde, ist freude und erleichterung.

heute eine königin, ready to dance!

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Freitag, 31. Juli 2015
traumwirklichkeit
schon als ich aufstehe, habe ich den eindruck, in einen besonderen tag zu starten. der traum mit mir als einbrecherin in die objektive wohnung hat etwas in mir verändert. ich denke an das, was mir kürzlich jemand sagte, nämlich dass meine ängste und einstellungen in manchen punkten resultate von vorurteilen und falschen überzeugungen seien.

auf arbeit starre ich tatenlos in den bildschirm. lieber gott, was soll ich tun? gib mir doch einen hinweis. gleichzeitig muss ich über mich schmunzeln: der traum war doch hinweis genug. in eine offen stehende wohnung einbrechen, das heißt doch, dass es keine verschlossenen türen gibt!

zweifle nicht.
verzweifle nicht.


zuhause stelle ich mich unter die dusche, lasse das heiße wasser über mich laufen und lausche tief in mich hinein. wenn mich mein gefühl nicht trügt, hat das objekt heute spätschicht. ich könnte jetzt einfach zur klinik fahren und mit ihm reden.

der verstand erhebt einspruch.
aber die traumgewissheit ist stärker.
ich ziehe mich an und mache mich auf den weg. mir ist schwindelig und übel, ich zittere. aber in mir zeigt mein kompass unbeirrbar eine richtung.

tatsächlich steht das objektive rad vor der klinik. wenn es nicht überpünktlich zur nachtschicht erschienen war, müsste es bald aus dem gebäude kommen.

der himmel zieht feindlich-schwarz über mir und wirft dicke regentropfen ab. inzwischen schlottere ich nicht nur vor angst. ich setze mich abseits auf eine parkbank und rauche eine zigarette. und noch eine. und noch eine.

nach der dritten zigarette kommt das objekt plötzlich um die ecke. es sieht mich nicht. klein wirkt es und um jahre gealtert. ich will ihm hinterherrufen, aber meine stimme streikt. meine zittrigen beine übernehmen die regie und rennen ein paar schritte.

jetzt wird das objekt doch aufmerksam und dreht sich um. es schaut überrascht und ist offenbar zu überrumpelt, um abweisend zu reagieren.
"morphine?" sagt es fast so freundlich wie im traum.
dann stehen wir uns gegenüber.
"hallo", sage ich, denn alle wohldurchdachten sätze sind mit einem male aus meinem gedächtnis herausgefallen.

das objekt findet seine fassung wieder.
"bist du hier gerade in der klinik?" fällt ihm als erstes ein.
ich schüttle den kopf.
"warum bist du dann hier?"
ich schaue nur stumm und kann nicht sagen, wegen dir, weil der traum es mir gesagt hat.
dann lächelt das objekt auf einmal und fragt leise:
"bist du wegen mir hier?"
ich nicke:
"ich dachte, ich bringe es mal hinter mich."
"was genau?"
jetzt kehren die sätze zurück.
"du schuldest mir ein paar antworten, und ich dir wahrscheinlich auch, finde ich."
das objekt schaut weg und sagt dann ziemlich aggressiv:
"ich schulde dir überhaupt keine antworten."

wut flammt in mir auf. was bildet sich das objekt eigentlich ein?!
"also, ich meine, wenn ich im gespräch merken sollte, dass dem doch so sein sollte, bekommst du natürlich antworten", relativiert das objekt dann.
"wie großzügig", spotte ich.
das objekt merkt meinen sarkasmus nicht oder will ihn nicht merken. aber es hat ein gespräch vorgeschlagen, immerhin.
"ich ruf dich die tage mal an, ja?" sagt es. "kann sein, dass ichs von der klinik aus mache, also denk dir nichts dabei, wenn es eine dienstnummer ist."
ich nicke.

wir stehen in der kälte herum und ich merke, dass das objekt gerne gehen würde. fast habe ich nun ein wenig mitleid, wegen des auflauerns, was dem einbrechen im traum schon recht nahe kommt.
"hau schon ab", sage ich. "du hast doch feierabend."
das objekt lächelt wieder und sagt erleichtert:
"ja, genau."
also sage ich schnell und kühl: "tschüß".
"tschüß", antwortet das objekt, dreht sich dann unvermittelt um und geht.

als ich das gelände verlasse, habe ich das gefühl, knapp einer ohnmacht entgangen zu sein. alles dreht sich, die ohren klingeln, und der kalte schweiß klebt an mir. doch in mir kein geilheitsalarm, kein schmetterlingsflattern, nur latente traurigkeit. denn das objekt ist eigentlich schon gar nicht mehr da. nur sein gealterter körper läuft noch durch die straßen dieser stadt.

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intruder
ich habe mich die treppe bis in den dritten stock hochgeschlichen. die tür ist angelehnt, weil das objekt nur kurz hinausgegangen ist. ich schlüpfe rasch in den stockfinsteren flur. das herz klopft mir bis zum hals, ich atme schnell. wohin? wo soll ich mich verstecken?

dann nähern sich schon schritte aus dem hausflur der angelehnten tür, und mir fällt auf einmal ein, dass es ja auch die objektgepielin sein könnte. und überhaupt, vielleicht ist es doch ein wenig übertrieben, sich einfach so in eine fremde wohnung einzuschleichen?

bevor ich den gedanken zu ende denken kann, öffnet sich die tür und das objekt steht vor mir.
"morphine?" flüstert es, fast so, als hätte es auf mich gewartet.
"entschuldige, bitte sei mir nicht böse, ich will nur so gerne mit dir reden", sage ich.
das objekt starrt mich durch das dunkel an.
"hm", sagt es nicht unfreundlich. "da muss ich erstmal die gespielin rausbitten, damit wir ruhe haben."

ich folge dem objekt ins wohnzimmer, erleichtert, dass es meine invasion so gelassen, ja fast positiv aufgenommen hat. möglicherweise mag es mich immer noch?

auch die gespielin ist unerwartet freundlich, merkt an, dass sie eigentlich gemeinsam mit dem objekt schwimmen gehen wollte, aber das auch alleine machen könne. ich bin verwundert, seit wann geht die mopsige gespielin schwimmen? aber weil sie so nett ist, will ich nicht unnett sein, also schlage ich vor, dass sie und das objekt schwimmen gehen und ich einfach später noch mal vorbeischaue. die beiden finden das eine gute idee, packen ihre sachen und brausen dann auf dem motorrad der gespielin davon.

ich stehe im hausflur und bin erstaunt, wie groß das haus ist. in den zahlreichen winkeln stehen figuren wie man sie in einer kirche vermuten würde - engel, teufel, kreuze. alles ist in gold und schwarz gehalten. es ist atemberaubend schön und ein klitzkleinwenig gruselig. es gibt wahnsinnig viele flure in diesem haus, was wohl, so glaube ich, der tatsache geschuldet ist, dass das haus wie eine burg gebaut ist, so einmal im kreis herum. in den fluren gehen menschen auf und ab, einer sieht aus wie ein priester, und ich bin ganz verzaubert.

als die gespielin und das objekt zurückkehren, gibt es kuchen. den kuchen hat die mutter der gespielin, die offenbar gerade zu besuch ist, gebacken. ganz viele mandeln sind darin, und die glasur ist dicker honig.

wir sitzen am tisch und plaudern über dieses und jenes, und es ist so, als gehöre ich fest in diese konstellation wie eine uralte freundin. ich fühle mich wohl. es gibt nichts zu klären, die sympathie und herzenswärme, die in diesem raum stehen, machen jegliche fragen oder antworten überflüssig, denn sie sprechen für sich.


wach.

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