Samstag, 19. September 2015
bewerbung absurd
personaler sind in der regel meine feinde, weil sie sich zumeist dagegen entscheiden, mir irgendwelche spannenden vakanzen anzubieten. nur perspektivlose dumpinglohn-jobs werden mir gern hinterhergeworfen, doch möglicherweise gibt es in meiner branche einfach nur noch perspektivlose dumpinglohn-jobs.

hin und wieder passieren aber auch ganz absurde dinge. gestern klingelte das telefon. dran war eine dame, die ich nicht kannte.
"sie haben sich als redakteurin beim großundschlecht-verlag beworben", behauptete sie. "ich würde sie gern zur vorrunde unserer bewerbungsgespräche einladen."
ich konnte mich beim besten willen nicht daran erinnern, mich bei einem großundschlecht-verlag beworben zu haben, aber sie hatte ja nicht "putzfrau" oder "hausmeister" gesagt, sondern "redakteurin", das schien mir irgendwie passend und im bereich des mir möglichen.
"super", sagte ich also, und hoffte, der forcierte enthusiasmus würde die verwirrung in meiner stimme kaschieren.
die dame ratterte ein paar daten runter, ort, uhrzeit, datum, ich sagte zu allem pro forma mal ja und amen, und dann war das gespräch eigentlich schon beendet.
"sagen sie mir bitte noch mal ihren namen", bat ich die dame, denn ich hoffte immer noch, dass mir dann ein lichtlein aufgehen würde.
sie tat dies und fügte hinzu:
"ich arbeite für die jammertal-personalberatung."

und da machte es klick. ich hatte mich tatsächlich vor urzeiten bei der jammertal-personalberatung beworben, allerdings direkt dort und nicht für einen derer klienten, weshalb ich in meinem anschreiben auch lange und ausführlich meine breite erfahrung in der pressearbeit für personaldienstleistungsunternehmen und employer branding erwähnt hatte. das musste doch aufgefallen sein, dass das überhaupt nicht zum großundschlecht-verlag und deren vakanzen passen konnte, dachte ich.

offenbar war also mein anschreiben nur überflogen oder vielleicht auch gar nicht gelesen worden. wahrscheinlich machen es personaler inzwischen ähnlich wie chefinnen von pr-agenturen: sie klicken kurz in den lebenslauf, gucken auf das foto, und wenn sie das gesicht mögen und die proportionen die schlussfolgerung zulassen, dass die person nicht übergewichtig ist ("fette sind immer faul", standard-these in allen weiber-geführten pr-agenturen), und wenn dann auch noch "ledig" (= kein privatleben) und "keine kinder" (= kann gezwungen werden, nie krank zu sein) irgendwo stand, war die kandidatin oder der kandidat eine runde weiter.

wie auch immer, ich bin sehr gespannt auf das bewerbungsgespräch. ich bin noch am überlegen, ob ich zum ende hin das missverständnis aufkläre und mich dabei totlache, oder ob ich einfach nur scheinheilig frage, aufgrund welcher kriterien ich nun genau in die engere auswahl gekommen sei.

irgendwelche vorschläge ihrerseits?

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