Sonntag, 4. Januar 2015
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immer, wenn ich das objekt im club sehe, bricht sich der liebeskummer früher oder später seine bahn. das letzte mal ging es ganz gut. gestern hingegen dauerte es nur zwei minuten bis its-my-party-and-i-cry-when-i-have-to. mein ebenfalls psychisch kranker bekannter v. vermutete sofort einen depressiven anfall und bot mir emotionale hilfestellung an.

"is nur wegen dem arsch", schnaufte ich und deutete mit dem kinn in richtung objekthintern.
"wie wärs mit was zu trinken?" frage v. und schob mich richtung bar.
"alkohol hilft doch immer."

an der bar knuddelte mich erstmal der barkeeper.
"was wollt ihr trinken? ich geb euch heute alles aus, ist ausverkauf, der laden schließt."
wir schauten erstmal dumm.
"ach, ihr zieht um, ne?" fragte ich, mich an alte gerüchte erinnernd.
"nee, der laden ist verkauft", erklärte der barkeeper. "wir waren ja fast pleite. genießt, was ihr noch kriegen könnt."
v. und ich sahen uns schockiert an.
"das kann doch nicht sein."
der barkeeper schob uns zwei tequila und zwei wodka hin.
"trinkt, alkohol hält welt und seele zusammen!"

ich drehte eine runde durch die vertrauten räume und kam dann wieder zu v. zurück, der sich weiter mit dem barkeeper betrank.
"es ist, als wenns das schicksal so wollte", faselte ich.
"was meinst du?" fragte v.
"wenn der club schließt, dann kann ich dem objekt kaum mehr begegnen. woanders sind wir beide ja nur selten."
"wer ist denn das objekt?" wollte der barkeeper wissen.
"der da." ich zeigte auf das objekt, das mir den rücken zudreht.
"wir haben viereinhalb jahre lang gefickt und das ist so ein arsch, und ich komm da nur ganz schwer drüber weg, weil ich den hier ständig sehe. ich will am liebsten die stadt verlassen."
der barkeeper nahm meine beiden hände in seine und meinte:
"das wäre aber schade, wenn wir dich nie mehr sehen würden. ich will mal versuchen, zusammen mit noch zwei leuten einen laden zu finden, wo wir unseren club wieder aufmachen können. was kleines, feines, gemütliches."
"echt, wo denn?"
"wir haben noch nichts. kann noch so ein jahr dauern."
"das ist aber vage."
"das ist das leben!" lachte der barkeeper und drückte mich noch einmal.

gegen vier wurde ich immer müder. die müdigkeit bewirkte, dass sich die traurigkeit immer schwerer im schach halten ließ. ich merkte, wie ich unbewusst immer wieder nach dem objekt ausschau hielt und dass auch das objekt mich sehr wohl im blick hatte. das war nicht auszuhalten. also holte ich meine sachen, um zu verschwinden.

draußen fiel mir auf, dass ich viel zu dünn angezogen war. in der kalten, feuchten nachtluft fror ich wie ein schneider. an der bushaltestelle angekommen war ich völlig fertig und so kalt, das ich den eindruck hatte, gleich ohnmächtig werden zu müssen. da hielt plötzlich ein auto neben mir, in dem zwei andere clubgänger saßen, die ich vom sehen kannte.
"hey, du musst doch auch richtung norden?"
ich nickte.
"sollen wir dich mitnehmen?"
unverhofft kommt oft.
dankbar ließ ich mich in die polster sinken.

nach solchen abenden glaube ich wieder ein bisschen an schutzengel. solche, die zur richtigen zeit eine mitfahrgelegenheit vorbeischicken. und solche, die den club pleite gehen lassen, um zu verhindern, dass mir das objekt weiter vor der nase herumtanzt.

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