Samstag, 20. November 2010
herbergsmutti
männerbesuch mal anders.
gestern nacht gegen halb vier saß ich noch vorm rechner und tippte ein mail. plötzlich klopfte es an mein fenster. ich erschrak mich fürchterlich. doch dann siegte die neugier und ich guckte raus. draußen stand mein netter nachbar aus dem vierten stock.
wie sich herausstellte, hatte er betriebsfeier gehabt, im rahmen derer was getrunken und dann seine schlüssel im büro vergessen. sein anliegen war so einfach wie bestürzend:
"kann ich bei dir pennen?"
"äh... ähem..." bei mir war gerade nicht besonders aufgeräumt. das war mir verdammt unangenehm. und auch wenn ich meinen nachbar mochte und er mir einst mit meinem fahrrad geholfen hatte: ich kannte ihn nicht näher - und das verursachte mir spontanes unbehagen. ich grübelte.
"hast du es mal mit dem schlüsseldienst versucht?"
gemeinsam eroierten wir die nummer eines schlüsseldienstes hier in der nähe.
"was mag das wohl kosten", fragte mich mein nachbar.
"keine ahnung, nen fuffi wirste schon rechnen müssen."
"SO teuer?!"
mein nachbar war nicht arm, aber eben auch nicht krösos.
"frag die doch einfach."
ich reichte meinem nachbar mein telefon. zwei minuten später stand er mit schreckgeweiteten augen wieder vor mir: "die wollen HUNDERTZWANZIG tacken plus mehrwertsteuer von mir!"
"das sind rund 150 euro. alter, denen gehts ja wohl nicht."
wir standen blöd im flur. dann raffte ich meine nächstenliebe zusammen und seufzte: "na dann mal reinspaziert. mi casa e tu casa oder so." ich öffnete die türen ins morphine-schmuddel-reich. dann bezog ich meinem nachbar die besuchermatratze und gab ihm ein sauberes handtuch.
"ich hoffe, ich schnarche nicht", sagte er.
"das will ich dir auch geraten haben."
er kuschelte sich in das frisch gemachte bett.
"hmmmmm... das riecht so gut."
"frisch gewaschene bettwäsche halt."
"toll, bei mir riecht die nie so gut."
inzwischen war es halb fünf, sagte mein handy.
"na dann mal gute nacht."
ich knipste das licht aus.
"duhu?" sagte mein nachbar.
"was denn?" murmelte ich schläfrig.
"sollen wir noch nen film auf deinem laptop gucken?"
"JETZT?!" rief ich schrill.
"na gut", besänfigte mich mein nachbar. "dann schlafen wir jetzt.

wie immer, wenn fremde personen bei mir übernachten, mache ich kein auge zu. ich stellte angenehm überrascht fest, dass mein nachbar tatsächlich nicht schnarchte.
heute morgen wachte ich schwer gerädert auf, während mein nachbar schon durch die wohnung jumpte.
"ich werd mal losziehen und nen kollegen rausklingeln, der mich dann ins büro lässt", verkündete er.
"mach das", erwiderte ich matt.
"tausend dank nochmal, ich hätte jetzt sonst echt nicht gewusst, wohin."
"de nada."
"hab ein schönes wochenende!"
und wrumms, fiel die tür ins schloss.
ich hingegen blieb noch eine weile im bett, um mich von der merkwürdigen nacht zu erholen.

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