Dienstag, 6. Oktober 2015
brief des schreckens
ich öffne den briefkasten und habe post. ein brauner umschlag, durch dessen adressfenster ein grüner brief schimmert, und ich denke sofort grün, grün, das ist wie gelb, das ist was offizielles. dann schaue ich auf den absender und lese "bundesamt für justiz".

der puls schnellt auf 180. was nun? ich könnte den brief ganz vorsichtig öffnen, reinschauen, im falle einer anklage wieder verschließen und mit "empfänger verstorben" drauf zurücksenden, so, wie ich das mit gez eine weile getrieben hatte. oder, noch viel besser, ich schmeiße den brief direkt ungeöffnet weg. dann muss ich mir gar nicht erst den kopf zerbrechen, wer da was von mir wollen könnte. die vogel-strauß-methode, zumindest, bis der haftbefehl eintrudelt oder ich das land verlassen kann.

um voreilige entschlüsse abzuwenden, lege ich den brief erstmal auf die ablage. du kannst ihn auch morgen öffnen, sage ich mir. aber dann schlaf ich schlecht, sagt mein alter ego. wenn da drinsteht, du bist wegen drogenimports oder ähnlichem zu soundsovielen jahren haft verurteilt, schläfst du auch schlecht, entgegnet die stimme der unvernunft.

ich gehe erstmal auf klo, dann mache ich mir einen feierabenddrink. mit etwas alkohol im blut fühle mich dann mutig genug, den brief noch mal in die hand zu nehmen. okay, wir öffnen ihn. ganz vorsichtig, und wenden dann einfach die bewährte empfänger-verstorben-taktik an.

ich ziehe den grün gemusterten zettel aus dem umschlag, lese "aktenzeichen xy" und dann weiter unten, "ohne einträge". und dann fällt mir der fettgedruckte schriftzug ins auge: führungszeugnis. klar, mein polizeiliches führungszeugnis, das ich vor einiger zeit angefordert hatte.

so einfach sind die dinge manchmal. und so sehr hat man die hosen voll davor.