Sonntag, 22. Juni 2014
lästerschwester
clubbing mit der krankenschwester. nach meinem beschluss des weggangs intensiviert sich unsere freundschaft bizarrerweise und die krankenschwester versucht, mich zum bleiben zu überreden - als einzige, wohlgemerkt.
"aber das wär halt mal endlich ein halbwegs guter job", sage ich.
"ich finde das trotzdem schade."
"ich will aber auch mal vom objekt wegkommen. siehst ja, was passiert, wenn uns nur sechs oder sieben kilometer trennen. ficken nach dem dienstplan seiner ische."
"naja, damit haste sicherlich recht. wobei ich mich immer noch frage, was der an der findet. da gibts ja echt hübschere und klügere."

als hätte sie damit das stichwort gegeben, taucht aus dem hintergrund die gespielin auf - an diesem abend objektlos, weil das objekt noch bis dienstag durcharbeitet.
"ey, das isse doch!" sagt die krankenschwester.
"hmpf", sage ich.
"die ist ganz schön dick geworden", sagt die krankenschwester.
ha! welch genugtuung. bestätigung von weiblicher seite.
"ja, ne? ich finde die inzwischen ganz schön moppelig."
"und dann trinkt die auch noch hefeweizen. das ist doch ne hauptmahlzeit. wenn ich denke, wie ich mich seit meiner schwangerschaft schinde, um mein gewicht zu halten... aber jetzt weiß ich wieder: es lohnt sich."
"du bist aber auch voll dünn", sage ich der krankenschwester.
die kichert:
"ist heute aber auch n bauchweg-höschen."
"du kannst es ja mal der gespielin leihen. dann haste gleich ne neue freundin, wenn ich weg bin."
"boah, bist du ne fiese nudel!"
"ach, lass mir doch das vergnügen!"
"ich denke, du willst der gespielin das große geständnis machen? dann solltest DU dich vielleicht lieber mit ihr befreunden."
ich grüble.
"hm, da magst du recht haben. ich fand die ja ursprünglich mal ganz okay. aber das ist so eine... die macht sich so ungefragt breit..."
"geht wohl kaum anders mit dem arsch", sagt die krankenschwester trocken, und ich muss schon wieder lachen:
"jetzt bist du aber fies!"
"ja, und ich brauch dich, mit wem soll ich denn sonst über die ganzen hässlichen gestalten hier lästern?"
ich folge meinem spontanen impuls und drücke der krankenschwester einen kuss auf die wange.

dann stehe ich an der bar und unterhalte mich mit dem architekten, als die gepielin sich neben mich stellt und ein weiteres bier ordert. ich fasse mir ein herz, zaubere ein warmherziges lächeln auf mein gesicht sage freundlich "hallo". ich bekomme ein nicht weniger freundliches "hallo" zurück. die gespielin nimmt ihr bier entgegen. ich überlege angestrengt, ob und was ich noch sagen könnte, aber dann dreht sich die gespielin schon weg und strebt wieder richtung tanzfläche.

ich sehe mich nach der krankenschwester um. sie steht mit einem schwuckigen typen zusammen und unterhält sich. als der typ die biege macht, schleiche ich mich ran und haue der krankenschwester auf den hintern.
"sag mal... du hast aber auch nen merkwürdigen männergeschmack. der war doch hundertpro vom anderen ufer."
"das ist der b.", sagt die krankenschwester ganz locker. "den kenn ich vom job, der ist auch krankenpfleger in a."
"achso."
"und er kennt das objekt sehr gut."
jetzt bin ich ganz ohr.
"echt? aber das objekt arbeitet doch schon ewig nicht mehr im krankenhaus a."
"doch, ich bin mir ziemlich sicher, dass wir vom gleichen objekt sprachen. er meinte jedenfalls, ach der, der hat damals die ganze station gefickt, egal ob männlein oder weiblein."
ich kichere:
"ja, das klingt sehr nach objekt."
die krankenschwester schaut streng.
"weißt du, warum das objekt da nicht mehr arbeitet?"
ich zucke die schultern.
"weil es da, wo es jetzt ist, den besseren job hat?"
"nee. der b. sagt, das objekt hätte damals ein ganz schweres burnout gehabt."
ich staune mit offenem mund.
"das wusstest du nicht, hm", fragt die krankenschwester.
"also dass er ein drogenproblem und auch sonst nicht alle tassen im schrank hat, war mir schon klar. aber das hat es mir nie erzählt."
die krankenschwester fixiert mich.
"jetzt verstehst du vielleicht auch, warum ihr euch so ähnlich seid. ihr seid wohl beide menschen, die dem kaum gerecht werden können, was ihnen das leben so zuträgt."

ich muss mich erstmal setzen. die krankenschwester pflanzt sich neben mich, nimmt mich mütterlich in den arm und reicht mir eine kippe.
"du fragst dich jetzt bestimmt, warum er dir das nicht erzählt hat."
"ich denke mal, dass er das niemandem erzählt, weil das nicht in sein weltbild vom großen starken objekt passt. ich habe ja auch erst nach vier jahren die story seiner kindheit erfahren. nein, ich bin nur einfach so geplättet."
"weißt du, ob der mal ne therapie gemacht hat?"
"nee, glaub nicht."
"das würde ja auch erklären, warum er sich immer noch so verheddert und angst vor dem hat, was eigentlich genau das richtige wäre."
ich schaue groß:
"wie meinst du das?"
"na du. du wärst das richtige für ihn."
"der will aber lieber jemand, der anders ist. so ein robuster mensch wie die gespielin."
die krankenschwester schüttelt den kopf:
"der belügt sich, und irgendwann bereut er es. aber darauf solltest du nicht warten."
ich nicke:
"nein, da hast du sicher recht."
die krankenschwester lässt mich noch ein bisschen sitzen und verarbeiten, dann zieht sich mich richtung tanzfläche.

some people suppress you
they partch you and reap a disaster
re-education for the infants
who demanded for an innocent instance
the great commandment shows the contempt
between the world and their embarrassing pavement
believe the scholars, read the readings
realize the man who says anything
the great commandment
the needies believe you
they treat you like survivors of a disaster
re-education for the infants
who demanded for an innocent instance


zum ersten mal verstehe ich ganz tief, was dieser song ausdrückt und bin dankbar, zur richtigen zeit am richtigen ort zu sein.
später gehe ich mit der krankenschwester durch den regen bis zum bahnhof, wir werden nass bis auf die knochen, und ich kann nicht sagen, was mich trägt, aber vielleicht ist es eine art zaghafter glaube, dass alles gut ist und gut werden wird, wieauchimmer woauchimmer.


Camouflage "The great commandment" maxi version von chris591972