Sonntag, 10. November 2013
auf binden und zerbrechen
als ich am gestrigen abend gegen halb elf das bett aufsuchte, um mich partyfit zu schlafen, kam ich auf die blöde idee, das objekt zu fragen, ob es heute wegging und wenn ja, wohin. also sms getippt, umgedreht und eingeschlafen. ich war mir relativ sicher, dass sich das objekt ohnehin nicht melden würde, da es sicherlich gerade von der arbeit nach hause gekommen oder in väterliche zubettbringpflichten eingebunden war.

damit hatte ich allerdings die rechnung ohne den wirt gemacht, denn es geschah ein kleines wunder und das objekt meldete sich fast postwendend zurück.
'liebstes großes kleines morphinchen, ich bin breit und bereit, lass uns doch in den club xyz schauen, vorglühen und dann weiterdriften.'
ergo, es war in allerbester ausgehlaune, anscheinend gerade mal nicht unter aufsicht der vermietergespielin und offenbar substanzbedingt leicht bis mittelschwer enthemmt. besser geht nicht, fand ich, nicht im anbetracht der widrigen umstände der sonst anhaltenden dauerbewachung. das war schon quasi eine echte verabredung, so wie früher.

ich machte mich rasch ausgehfein und hetzte durch den starkregen zur bahn. als ich am ort unseres geplanten zusammentreffens ankam, merkte ich, wie schwindelig mir war. das lag daran, dass ich am nachmittag mit einer freundin kaffeetrinken war, wir allerdings mangels freier plätze in den cafés (samstagnachmittage in der schanze sind der horror, ich erinnerte mich dann wieder) in eine bar gehen mussten (bedauerlich!), wo wir zu trinken beschlossen. einen wein und einen cocktail später war ich schon nicht mehr ganz fahrradtauglich, wenn auch noch im besitz der contenance.

ich entdeckte das objekt quasi sofort an der bar, wo es, den leeren gläsern nach zu urteilen, schon einige kurze geleert hatte. ich schlich mich von hinten an und hielt ihm die augen zu.
es schnupperte an meinen handgelenken, küsste meine handinnenflächen und umarmte mich dann stürmisch.
"morphine! was willst du trinken!"
es zeigte auf die einzelnen schnapsgläser, die vor ihm standen:
"jägermeister, tequila weiß, tequila braun, sambuca oder wodka. kann ich alles wärmstens empfehlen."
"tequila."
"braun, nehme ich an, mit extra viel zimt auf der orange?"
immerhin, es wusste noch alles.
es bestellte, dann zog es mich auf einen barhocker, kuschelte sich an und grinste.
"ich bin heute so innerlich total auf... crescendo."
"aha."
"und du?"
"ich freu mich eher leise. kennst mich ja."
"aber du freust dich."
"logisch, mann."
das objekt strahlte und schob mir meinen tequila zu. wir stießen an.
"worauf trinken wir?"
"auf den abend", schlug ich vor.
"auf dich", beharrte das objekt.
"und auf dich auch."
"auf uns", fasste das objekt zusammen. "und dass wir uns nie mehr solche nachrichten wie vor zwei wochen schreiben werden."
wir exten die braune flüssigkeit, die warm in meinem magen explodierte.
"hach, die alte nutte alkohol", seufzte das objekt selig.

wir strahlten uns an und ich suchte hektisch nach einer gedanklichen fliegenklatsche, um die fröhlich losflatternden schmetterlinge in der magengrube zu töten. seit ich das objekt kenne, kann ich nachvollziehen, wie sich mütter nach dem werfen fühlen: obwohl sie stundenlang derbste schmerzen ertragen haben und die mumu in fetzen hängt - das glück des moments überstrahlt alles und sorgt für umgehendes vergessen der ausgestandenen qualen. frauen scheinen irgendwelche biochemischen schalter dafür zu haben. oder wenigstens ich.

das objekt angelte nach meinem becher.
"was trinkst dun da eigentlich?"
"sprite."
das objekt lachte sich halb tot.
"wenn du mit mir unterwegs bist, musste du auch was anständiges trinken. zumindest heute. also falls das geht. oder nimmst du gerade wieder medikamente?"
"nein."
"braves mädchen."
das objekt beugte sich abermals über den tresen und orderte zwei weitere tequilas und für mich eine whiskey cola.

nach dem zweiten tequila verstärkte sich der schwindel und ich hielt mich am objekt fest.
"trägst du gar keinen bh", wollte es wissen, da ich schulterfrei unterwegs war und es keine bh-träger entdecken konnte.
"das oberteil hat quasi einen integrierten bh." ich tippte auf die leicht gepolsterte front.
das objekt grinste und fragte weiter:
"und was für einen slip trägst du?"
"kannst ja nachgucken", erwiderte ich frech.
das objekt lüfte meinen rock.
"och nee, du hast ja ne strumpfhose an!"
"zu kalt für alles andere."
das objekt zog eine schnute.

"aber sag mal, was hast du denn da eigentlich an?" fragte ich und zupfte an seinem einärmeligen oberteil, das unter der weste hervorlugte.
das objekt grinste wieder, schlüpfte aus der weste und vollführte dann eine kleine pirouette. ich musste schlucken. das oberteil war bis auf zwei schmale verbindungen vollkommen rückenfrei und zeigte die objektive rückenansicht in ihrer vollen schönheit.
"mir war heute nach porno", sagte das objekt.
"mir ist auch gleich nach porno", erwiderte ich. "wenigstens hab ich nun eine schöne wichsvorlage für später."
das objekt schlüpfte wieder in die weste.
"warum ziehst du die jetzt wieder an?"
"ich fühle mich so nackt damit", meinte das objekt auf einmal schüchtern.
"das heißt, das war jetzt eine exklusivvorführung?"
"genau."
"wo hast du das teil her, warst du in nem fetischladen? sowas kriegt man doch nicht bei h&m in der damenabteilung", fragte ich, da ich wusste, dass das objekt gerne mal damenblusen kaufte, weil die noch figurbetonender sind und immer so kurz, dass mann ab 1,90m garantiert auch die blicke der schwulen auf sich zieht.
"ich war neulich auf der extravaganxa."
"achso. stimmt, die war ja."

wieder mal fiel mir auf, dass das objekt immer "ich" sagte und nie "wir" wie meine anderen beziehungsferngesteuerten freunde. was war mit der vermietergespielin? ein gedanke, der zu nichts führen würde, also verbot ich ihn mir.
"ich hab neulich mal wieder mit dem dritten gevögelt", erzählte ich.
das objekt lächelte.
"ja, das ist schon ein guter. wir haben vor ein paar moanten zusammen einen mann abgeschleppt."
"ach."
"jahaaaaa..."
"und? erzähl mal."
"da hat der dritte aber nur zugesehen."
"ja und sonst? hast du ihn so richtig gefickt?"
da legte das objekt den zeigefinger auf die lippen und markierte den schweigenden kenner, wohl wissend, dass ich vor neugierde schier platzte.

wir gingen zusammen tanzen. das objekt dirigierte mich in seine richtung und wir machten faxen.
nach einer weile schien sich die zarte konstruktion des objektiven oberteils zu lösen.
"kannst du mir mal helfen?" bat mich das objekt.
"einfach nur binden?"
"ja."
ich tat ihm den gefallen und küsste es dabei zwischen die schulterblätter. und dann noch mal ein paar muskelstränge tiefer.
das objekt fuhr herum und bedachte mich mit seinem löwe-frisst-antilope-blick.
"du weißt schon sehr genau, was du da tust", sagte ich, das verführungsmanöver durchschauend.
"rrrrrrrrraaawwwww", machte das objekt und presste seinen unterleib an meinen.
"du doch auch", wisperte es. "du weißt doch, was die männer wollen."
wir küssten uns nicht, sahen uns nur an und spürten die schnellen, heißen atemzüge des jeweils anderen.
ich legte den objekt die hände die auf die brust.
"du hast ganz harte nippel", sagte ich.
das objekt schloss die augen und begann, unter der berührung meiner finger leicht zu zittern.
dann bahnten sich seine hände ihren weg unter mein top.
"du auch", raunte es. "und wie ich dich kenne, bist du schon herrlich nass."
"ich würde dich jetzt gerne ficken", sagte ich. "meinetwegen hier auf der tanzfläche, scheißegal."

das objekt näherte sich weiter und ich zog sein gesicht an meine lippen. ich küsste seine schläfen, wangen und haare.
dann sagte ich:
"aber du bist dir doch hier eh nur appetit holen. gegessen wird später zuhause bei mutti, right?!"
das objekt fuhr zurück.
"damit liege ich doch richtig, oder?!"
das objekt ließ sich neben mich auf eine bank plumpsen und schaute mich verletzt an.
"jetzt hast du´s kaputt gemacht."
"was? hättest du mich etwa heute mitgenommen?"
"naja, das geht leider nicht."
"na also. hören wir doch auf zu träumen."
das objekt guckt zerknirscht.
"ich hab dich trotzdem lieb", sagte es und lächelte zaghaft. "ich weiß, meine situation erlaubt es nicht, dass wir jetzt in die vollen gehen."
ich umarmte es, dann machte ich mich los.
"schon gut."

das objekt ging noch eine runde tanzen, dann verabschiedete es sich.
"ich gehe, kommst du noch mit zur bahn?"
"nee, ich bleibe noch. ist ja erst fünf."
das objekt verabschiedete sich sehr herzlich und dankte mir für den schönen abend. dann zog es seiner wege. ich sah ihm nach, zündete mir noch ein zigarette an und dachte: du fickst mich nicht mehr. auch wenn ich dich immer noch viel zu gerne hab.