Mittwoch, 4. September 2013
adrenalin
ich könnte steine schmeißen und leute in ihre fressen treten. aber alles, was mir bleibt, ist die lederjacke anzurufen, ein bisschen empört ins telefon zu schnaufen und dann zu diskutieren, was wirkungsvoller ist, gala-leser in der bahn mit schweigender verachtung zu strafen oder bonzenautos mit kaugummis zu bespucken.

die kaugummi-nummer hat sich die lederjacke von mir abgeschaut. immer wenn wir nachts besoffen durch die straßen eiern, wird alles hochkarätige und auffällige auf vier rädern einmal mit spucke getauft, inklusive kaugummi, und den dann schön auf die windschutzscheibe, idealerweise knapp unter die scheibenwischer. kindisch, das wissen wir. aber seelisch entschlackend aus proletarischer sicht.

den bullen immer hübsch mit nem halben arsch entkommen. das ist die krönung. das ist adrenalin. adrenalin und das subjektive gefühl von antimaterialistischer gerechtigkeit.
"was würdest du sagen, wenn sie uns erwischen", frage ich.
"dass ich besoffen bin", erwidert die lederjacke. "besoffen vor hass auf so ein scheißland, wo man sich den arsch abarbeitet, aber nur so ein paar wichser ganz oben die knete kassieren."
dann schaut sie mich an und will wissen, was ich zu meiner verteidigung vorbringen würde.
"nix", meine ich. "ich bin offiziell irre."

obwohl die lederjacke kinder hasst, findet sie, dass wir tolle eltern wären. ich finde das auch. selbstgerechte systemkritiker unter sich. dann sehen wir uns an, asexuelle wesen, die wir sind, ich krieche an die lederjacke heran und schnuppere ihren ungeheuere wohlgeruch und fühle, wie mir der rest der welt den buckel runterrutschen kann.