Samstag, 21. Februar 2009
bildung doesn´t make a man
inzwischen bin ich ja vorsichtige networkerin bei xing. gerade als ich frisch in die nordmetropole kam und mich verloren und hilflos fühlte, stieß ich über xing auf eine gruppe junger medienmacher, deren treffen ich auch heute ab und an immer noch beiwohne. man klagt sich das leid aus der branche und gibt einander tipps, wie man möglichst schnell den job wechseln kann. die treffen sind locker und nett und finden in der regel in einer kneipe statt.

aufgrund dieser postitiven erfahrungen schloss ich mich auf exklusive einladung einer weiteren vereinigung an: dem so genannten querdenker-club. der exotische name gefiel mir und ich sah mich schon mit ideenreichen, kultivierten menschen - also sowas wie ich bin ;) - im stuhlkreis sitzen und die welt revolutionieren. als ich die erste einladung erhielt, war ich wirklich neugierig. ich schickte ein "ja, ich nehme teil" zurück und merkte mir das datum vor.
einige tage vor den heiligen event bekam ich dann ein schreiben von einem anderen mitglied des geheimnisvollen clubs, das weniger freundlich und inspiriert klang. man erinnerte mich daran, dass ich noch meine zahlung zu leisten habe, wenn ich an dem termin teilnehmen wolle. ich nahm mir die einladung noch einmal vor und fand dort weiter unten, was ich zunächst überlesen hatte: der event fand in einem bonzen-schuppen von der klasse eines fünf-sterne-hotels statt und war verbunden mit einem vortrag von einem nichtssagenden schlipsträger. getränke und häppchen würden serviert. ohne übernachtung kostet die veranstaltung einen dreistelligen betrag, der etwa meinem monatsnettogehalt entsprach. ich überlegte. sollte ich gleich zurückschreiben "fickt euch, ihr elitepisser, die ihr jungen, gebildeten aber leider noch nicht so bonzenhaften menschen keine chance der inspiration geben wollt"? nein. da ich ja freundlich und höflich sein kann, verfasste ich eine etwas längere antwort, in der ich kurz branchenübliche gehälter erläuterte, die nichts mit beschränktheit oder mangelhafter kultivierung zu haben, sondern aus der marktsitution entspringen und deshalb entsprechend niedrig sind. ich fragte dann höflich, ob, wenn man schon leute wie mich in diesem club haben möchte, man nicht ein wenig rücksicht nehmen könnte, dass nicht jeder singletingel ohne verantwortung ist und omas millionen in der rückhand hat. sogar manager haben, wie ich genau weiß, sobald sie familie haben, nicht mehr den finanziellen spielraum, dass sie derart auf die kacke hauen und einem solchen event beiwohnen könnten. ich schrieb, ich sei mir sicher, dass ich im name vieler intelligenter akademiker mit weltveränderungwillen spreche und dass ich davon ausgehe, dass die köpfe des clubs ebensolche voller humanistischer ideen und sozialer verantwortung sind.

ich hatte fest mit einer antwort gerechnet. nicht unbedingt eine mit "okay, lasset die kindlein zu uns kommen", aber eine, die mir die strukturen und das denken dieses clubs erklären würde und damit dessen gründe für die wahl solcher exklusiven veranstaltungsorte. aber nichts kam. leicht enttäuscht verfasste ich eine zweite email, in der stand, dass ich schon damit gerechnet hatte, dass irgendjemand soviel charakter besäße, einmal kurz stellung zu beziehen.
bis heute habe ich aber nie eine antwort erhalten. ich gehe inzwischen davon aus, dass dieser club aus lauter reichen, einsamen, stereotypen volltrotteln wie unser bundespräsident besteht, die schon längst der realität entschwebt sind. zur zeit feile ich an einem bitterbösen schreiben, mit dem ich meinen rauswurf provozieren werde. vielleicht kann man die bonzen-roboter-menschen dort wenigstens beleidigen, wenn man sie schon nicht bekehren kann.