Dienstag, 23. Juni 2015
liebe arbeitgeber!
es ist ja gut und schön, dass qualifiziertes personal nichts kosten darf und kein privatleben haben sollte.

aber wenn ich wiederholt geld und zeit in dämliche blabla-gespräche und assessment-scheiße investiere, und ihr es nicht mal schafft, eine absage zu schicken, dann kann ich euch nicht garantieren, dass ich euch nicht irgendwann die pimmel abschneide. allen. ja, auch euch fotzen.

mit freundlichen grüßen

das arbeitsvieh

... link


Montag, 22. Juni 2015
psycho family
"ich war bei einem psychotherapeuten", berichtet mein vater am telefon, und ich falle fast rücklings vom stuhl.

die geschichte dazu ist allerdings undramatisch und schnell erzählt: mein vater ist seinem kardiologen so lange mit seiner op-panik auf die nerven gefallen, bis dieser ihn gewissermaßen an den kollegen weiterleitete. mein vater, privatversichert, hatte daraufhin eine woche später seinen ersten termin. jetzt kann er ein paar atemtechniken und ist mächtig stolz.

an dieser stelle werde ich furchtbar neidisch. suizidgefährdete warten drei monate, mein leicht neurotischer vater nur wenige tage. das ist die freie marktwirtschaft in der medizin, die unsere regierung für uns alle will. die guten ins töpfchen, und die schlechten sollen sich das kröpfchen durchschneiden.

als mein vater erzählt, merke ich, dass es ihn dennoch überwindung kostet. wird seine tochter wie so manches mal die verbalen krallen ausfahren und die aktion mit einer spitzen bemerkung kommentieren?
"ich finde das total gut", sage ich dann liebevoll. "ich halte sehr viel davon, dass du dich dazu entschlossen hast. weißt du, ein teil deiner angst stammt vielleicht auch aus deiner vergangenheit, und möglicherweise befördert dein therapeut da was zutage, und dann verstehst du dich besser."
"du kannst da ja auch mal hingehen!" findet mein vater.
oh ja. wenn du wüsstest.

ich beschließe, das gespräch vorerst zu beenden.
"viel glück für deine op morgen", sage ich. "und haltet mich bitte auf dem laufenden."
"du kannst doch auch anrufen", sagt mein vater. "ich hab ja das handy."
"das ist doch immer aus", sage ich.
"wenn es verboten ist", sagt mein vater. "in der notaufnahme beispielsweise darf man nicht telefonieren."
"ja, papa, weil da ALLE telefonieren würden, um onkel heinz und tante trude zu erzählen, dass sie einen herzinfarkt haben, obwohl ihnen nur ein furz quer liegt. aber du bist ja in einem zimmer und nicht in der notaufnahme!"
"in ordnung, ich mach das handy an."
"das sagst du immer, und dann ist es doch aus."
"ich mach es wirklich an."
"na gut."
"oder du rufst deine mutter an."
ich seufze.
"also machst du es doch nicht an."
"wenns aber doch verboten ist."
"sei doch mal subversiv", nörgle ich.
"WAS soll ich sein?"

an dieser stelle gebe auf, sage schnell tschüß und stelle mich dann ans fenster, eine rauchen. mein vater und psychotherapie, das muss ich jetzt erstmal verkraften.

... link


Sonntag, 21. Juni 2015
foggy thoughts
eigentlich arbeite ich gerne, doch aktuell ist das energielevel extrem niedrig. die nächste erkältung rollt an, passend zum wetter. hatte ich aber nicht anders erwartet. rotzbesoffen 40 minuten leicht bekleidet durch starkregen radeln fordert eben seinen tribut.

mal wieder gefickt. ein namenloser internet-schwanz. dafür aber recht intensiv. am ende war er deshalb ganz verblüfft. ich nicht minder: orgasmus trotz anspannung und stress, das passiert mir nicht so häufig, zumindest nicht bei wildfremden. der kommt wieder, das weiß ich, auch wenn er eine freundin hat.

ansonsten komme ich weder in sachen zahndoc noch in sachen abschluss mit dem objekt weiter. den zahndoc habe ich nicht gesehen, weil es dauernd geregnet hat und ich nicht im wetlook vor der praxis rumlungern und noch kränker werden wollte. in sachen objekt streiten sich meine diversen persönlichkeiten noch immer heftig. die vernunft alias angst hat nach wie vor die oberhand, was vielleicht ganz gut ist.

da ich gerade auch keine menschen um mich haben kann, habe ich alles abgesagt, was man so wochenends absagen kann. einem bekannten das von langer hand geplante kaffeetrinken, weil ich ahnte, dass er mir sowieso nur die ganze zeit erzählen würde, welch interessante gesprächspartnerin und welche tolle frau ich sei. schleimer kann ich nicht ab. auch eine einladung der lederjacke habe ich abgeschmettert. die schleimt zwar nicht, macht mich aber gerade wahnsinnig mit ihren 500 millionen fragen rund ums promovieren.

in meinem schlauen neuen buch steht, dass menschen mit persönlichkeitsstörungen einerseits besonders intensiven kontakt suchen, anderseits aber nicht fähig sind, sich überhaupt auf jemanden einzulassen. eiskalt erwischt, dachte ich mir. schuld daran sind laut buch übrigens frühkindliche prägungen, sprich mangelhafte responses durch die eltern. was ich mir bei meiner mutter lebhaft vorstellen kann, auch wenn ich mich an nichts erinnere.

noch ein weiteres interessantes kapital hat das buch, und zwar das über die kompensation des schwachen selbstwertgefühls durch karriere. sehr viele führungskräfte haben ein schwaches selbst, das sie durch macht/kontrolle über abhängige kompensieren. dieses verhalten erstreckt sich im job auf untergebene, im privatleben auf die familie, sofern der karriere-mensch die versorgerrolle spielt und neben emotionaler auch die wirtschaftliche kontrolle ausübt.
wahrscheinlich verliere ich deshalb mein herz an krankenpfleger und sozialpädagogen.

für alles haben wir also hübsche erklärungen. das buch unterscheidet sich allerdings in einem punkt von all meinen therapeuten und ärzten: es macht konkrete vorschläge, wie man sich zwar nicht heilen, aber dennoch stärken kann. damit hatte ich nicht gerechnet. als ich diese eigentlich ganz simplen, aber höchst vernünftigen und auch noch wissenschaftlich begründeten tipps las, musste ich ein wenig flennen. es gibt also doch wege, die weder lebenslange medikamenteneinnahme noch albernen scheiß wie quantenheilung bedeuten. einige der tipps erkannte ich wieder, es waren vorschläge, die mir das objekt hie und da in ähnlicher weise mal gemacht hatte. was meinen respekt vor dem objekt wieder ein wenig rehabilitierte.

anstatt mir in der spelunke einen anzusaufen, gehe ich nun ganz vernünftig schlafen. und bette das loch in meinem herzen auf eine kleine, duftigluftige traumwolke.
möge der morgige tag mir gnädig sein.

schlafen sie gut.

... link


Dienstag, 16. Juni 2015
[an alle word-cracks]
ich weine gerade ein bisschen. word ist schuld. denn word macht das, was ich nicht will.

die problematik: ich habe dilettantisch selbstgebasteltes briefpapier mit fußzeile als grundlage für einen 14-seiter. das dokument soll seitenzahlen bekommen. allerdings solche, die erst auf seite 3 anfangen, denn seite 1 ist das deckblatt und seite 2 ist das inhaltsverzeichnis. das kann ich theoretisch mit abschnittsumbrüchen einrichten. es fängt dann brav auf seite 3 mit seite 1 an. so weit, so gut. allerdings ist dann jedes verfickte mal die fußzeile des hässlichen briefpapiers verschwunden.

wer kennt den trick? wie mache ich es richtig? hat das was mit der position des abschnittsumbruchs zu tun?

... link


Dienstag, 16. Juni 2015
der kopf ist ein brummkreisel
das objekt fährt mit dem rad auf der straße an mir vorbei.
ich rufe irriert: "hey!"
"ich muss weiter", sagt das objekt und lächelt warmherzig, "aber wir sind ja nachher zum essen verabredet, dann reden wir."

noch im erwachen durchströmt mich falsche seligkeit - der objektkonflikt ist gelöst! dann eiskaltes bewusstsein: ach nee, doch nicht. denn auch ein halbes jahr nach dem großen knall herrscht zwischen dem objekt und mir wortloser zwischenmenschlicher permafrost.

der kopf ist ein brummkreisel. ganz tief drin hat er jede menge objektgedanken auf lager, die er nachts, wenn ich denn irgendwann mal schlafen kann, alle an die oberfläche holt. sie gipfeln in träumen von atemberaubendem sex, der sich im traum genau so anfühlt, wie er es in der realität tat.

tagsüber bin ich verwirrt und kann mich schwer konzentrieren, obwohl ich gerade sehr viel arbeiten müsste. immer wieder frage ich mich, ob ich das objekt nicht doch um ein letztes gespräch bitten sollte. alles einmal ordnen, auf beiden seiten, und dann einen friedlichen abschluss finden. die angst hält mich ab. die angst vor einer abfuhr, die mich dann wieder monatelang wütend machen könnte. und die angst vor der objektiven freundlichkeit, die mich noch trauriger machen würde, weil ich diesen menschen verloren habe und ihn wiedergewinnen wollen könnte.

ich habe so viele fragen an das objekt. ich versuche mir vorzustellen, dass das objekt tot sei. dann könnte ich keine antworten mehr auf meine fragen verlangen. aber das objekt ist nicht tot. vielmehr muss ich ständig damit rechnen, ihm zu begegnen, obwohl ich es wie durch ein wunder kaum tue.

im alltag ist das objekt kaum mehr thema. ich habe das ganze drama mit hundert leuten hundertfach bekakelt und hundert ratschläge bekommen, die mich allesamt nicht weitergebracht haben. ich mag nicht mehr darüber sprechen, sondern klammere mich an meine stumme trauer wie an ein grab. die trauer ist alles, was mir aus viereinhalb jahren geblieben ist. möglicherweise muss ich akzeptieren, dass sie einfach noch eine weile da sein wird.

... link