Dienstag, 24. August 2010
prädikat, subjekt, objekt: story of a weekend
manchmal sind meine wochenenden nicht nur erschöpfend und schlaflos, sondern ein regelrechter emotionaler wahnsinn.

durch meine objektfixierung leide ich hin und wieder an geradezu bewusstseinseintrübenden depressionen. ich kann dann schlecht ab, wenn sich das objekt nach einer intensiven freitagnacht keine 12 stunden später auf der hafen-party vollkommen vollgedröhnt in die arme einer blondine wirft - insbesondere einer bestimmten blondine, von der ich weiß, dass sie das objekt ebenso abgöttisch-affenliebeartig verehrt wie ich. nunja. aber wir wollten es ja so.

das liebe-lieber-ungewöhnlich-konzept hat allerdings auch vorteile. man kann an solchen abenden völlig ungeniert in eigener sache flirten, ohne dass jemand kleinkariertes theater macht.

der betreffende, im folgenden subjekt genannt, war mir schon bei meiner ankunft aufgefallen. so verstrahlt, wie er guckte und so katzenhaft, wie er sich bewegte, musste er sich was eingeschmissen haben. ich vermutete spontan mdma, entschied mich dann für koks, denn für mdma tanzte er einfach zu stilsicher. ich selbst befand mich zu diesem zeitpunkt in aufgewühlt-zerbrechlicher laune, da meine eigenen stimmungsaufhellenden drogen noch nicht voll wirkten. also lächelte ich ihn an. er antwortete mit einem völlig ungenierten und sehr selbstbewussten grinsen. dann drehte ich mich um und ging nach oben an die bar, um die folgereaktion zu testen.
es funktionierte. kurze zeit später stand das subjekt neben mir. der small talk begann. hübsch den trampelpfad der konversation mit gegenseitigen komplimenten anlegen, dann die sache mit dem abfragen von eckdaten pflastern.

zuerst war ich dran. um meine sagenhafte karriere zu umreißen, erzählte ich eine gekürzte zusammenfassung der vergangenen zwei bis zweieinhalb jahre.
"du hast aber ein bewegtes leben", fand das subjekt.
"deshalb sehe ich ja auch so alt aus", gab ich zurück. das subjekt schüttelte den kopf.
"du bist wunderschön."
genau DAS will frau hören, wenn es schon anderen herzensmännern beim fremdknutschen zugucken muss.

dann schaute ich mir das subjekt genauer an. es hatte mir auf den ersten blick gut gefallen, aber auf den zweiten musste ich gestehen, dass es sich um einen sagenhaft hübschen menschen handelte. ich versuchte, ihn beruflich einzuordnen. ich vermutete entweder etwas kreatives, wobei es unter anderem sein klassisch-schönes äußerliches verwerten konnte (schauspieler, model, modedesigner) oder etwas eher gesetzteres in dieser art, für das man ebenfalls aber charisma braucht (architekt, regisseur, pressesprecher).
ich lag so falsch wie nie in meinem leben.
"ich habe fast dasselbe gemacht wie du", sagte das subjekt. "ich bin geisteswissenschaftler."
kurzum, ich hatte einen dozenten angemacht, ihm in schnoddriger, fäkalausdruckreicher sprache aus meinem verpfuschten leben erzählt und dabei pseudolasziv an meinem billigen outfit gezuppelt. ich musste mich erstmal peinlich berührt setzen und tief durchatmen. ich musterte das subjekt und sein puristisch-elegantes erscheinungsbild noch einmal von unter nach oben und von oben nach unten.
"bei uns sahen die professoren der geisteswissenschaften allesamt aus wie schrot-und-korn-fetischisten", blubberte ich dann.
das subjekt musste lachen.
"ich bin doch noch gar kein prof", sagte es.
"aber bald!" sagte ich.

als eine bank frei wurde, setzten wir uns. kaum, dass wir saßen, küsste mich das subjekt. ganz sachte, ohne über mich herzufallen, dann immer bestimmter. in diesem augenblick kam, wie soll es anders sein, das objekt vorbei. obwohl es selbst gerade den armen einer anderen frau entschlüpft war, überkam mich eine sekunde lang ein komisches gefühl. denn hin und wieder war das objekt verstimmt, wenn ich mich mit typen abgab, die in seinen augen arschlöcher waren. das konnte mir theoretisch zwar egal sein, aber praktisch hatte das objekt oftmals einfach recht. doch diesmal reagierte das objekt sehr souverän. über die schulter des subjekts hinweg grinste es mich amüsiert an und nickte wohlwollend.

in der morgendämmerung schießlich machten das subjekt und ich uns auf den weg nach hause. wir verliefen uns in hamburgs schnösel-seniorengetto hafencity und erregeten ein bisschen öffentliches ärgernis. ich stellte fest, dass das subjekt es faustdick hinter den ohren hatte. das hatte ich nicht gedacht, da es rein äußerlich zunächst sehr erwachsen, sehr elegant und ziemlich zurückhaltend wirkte.

als wir an der u-bahn standen, die mich nachhause bringen sollte, wurde mir schwindelig. kein schlaf, viel zu wenig getrunken und dann diese reizüberflutung. ich war verunsichert. wars das jetzt? oder wohin sollte das führen? was wollte dieser mensch von mir? er war mir so wahnsinnig fremd, obwohl wir uns den ganzen abend unterhalten hatten.

als ich zu taumeln begann, fing mich das subjekt auf. und kurz, bevor die u-bahn aus dem schachte rauschte, fragte es mich die entscheidende frage, die mir den boden unter die füße zurückbrachte: "wann sehen wir uns wieder?"

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