Samstag, 2. März 2013
politisch einkaufen
einkauf mit dem objektsohnemann in einer bekannten hamburger drogeriekette.

zuerst stehen wir bei der kosmetik. ich lege das waschgel einer naturkosmetikmarke ins körbchen.

der lütte fragt mich:
"warum kaufst du das, das andere da wäre doch viel billiger? oder macht das nicht so gut sauber?"
"ich kaufe das, weil das ohne tierversuche hergestellt wird", antworte ich. "sauber machen die alle."
der kleine denkt nach und fragt dann weiter:
"ist das, weil du auch kein fleisch isst?"
"nee. fleisch mag ich einfach nicht. aber ich bin dagegen, dass tiere gequält werden, nur, weil ich mein gesicht waschen will."
der lütte nickt anerkennend.
"ja, das ist ja auch voll gemein!"

wir ziehen weiter.
"warum kaufen dann die anderen frauen sachen, die von tierquälern hergestellt werden?" sagt der kleine laut und eine alte schabracke dreht sich irritiert nach ihm um.
"die meisten menschen nehmen das leid anderer in kauf, wenn sie dafür ein paar cent sparen können."
"aber vielleicht sind die ja arm", wagt der lütte einzuwenden.
"die meisten sind nicht arm, sondern einfach nur geizig", entgegne ich.

dann stehen wir vor den bio-brotaufstrichen.
"das schmeckt gut", sagt der sohnemann und zeigt auf eins.
"sollen wir das kaufen?"
der objektsohnemann überlegt:
"wird das auch ohne tierversuche hergestellt?"
ich muss mir ein schmunzeln verkneifen.
"ja, denke schon. da gibts ja auch nichts auf unverträglichkeiten zu testen. entweder es schmeckt oder es schmeckt nicht. sowas testen die menschen selber."
der sohnemann nickt und stellt das glas in den korb. ich sehe, dass der speicher in seinem kleinen kopf auf hochtouren läuft und noch immer die sache mit den tierversuchen verarbeitet.

dann stehen wir an der kasse. neben der kasse befindet sich ein behälter mit blauen windrädern. jedes kind bekommt eines davon von der verkäuferin überreicht.
"warum verschenkt die die?" will der sohnemann wissen.
"das ist eine form von werbung", erkläre ich. "der chef der drogerie will damit zeigen, dass das unternehmen familienfreundlich ist. wenn die kinder was geschenkt bekommen, denken die eltern, ach wie nett, hier kaufen wir gerne wieder ein. und kommen wieder und lassen geld da. und darum geht es dem unternehmenschef in wirklichkeit auch: der will nämlich nicht nett sein, der will möglichst kunden im laden haben und dabei viel kohle machen."
der sohnemann verfolgt die lektion mit weit aufgerissenen augen.
"das nennt man übrigens marketing", schließe ich die erläuterung.

ich schiele angestrengt auf den lütten und hoffe, dass das nicht allzu verwirrend war. der steht in sich gekehrt mit dem grübel-gesichtsausdruck seines vaters neben mir und starrt gebannt auf das kleine mädchen vor uns, das sein windrad in empfang nimmt.

dann sind wir an der reihe. als die verkäuferin kassiert und ich ihr das geld hinüberreiche, fragt sie den objektsohnemann:
"na? möchtest du auch ein windrad oder ist das nichts für große jungs?"
der lütte zögert kurz, überlegt und sagt dann mit in der schwarzen st. pauli-lederjacke stolzgeschwellter brust:
"nein danke, das ist marketing, das brauchen wir nicht."

die verkäuferin starrt mich verblüfft an. ich zucke die achseln und lächle freundlich, schließlich war das statement des kleinen nicht persönlich gemeint. aber es ist ein statement, das ich weder relativieren noch erklären möchte.

dann gehen wir durch die tür nach draußen und ich kann die blicke der spießermuttis hinter uns im nacken fühlen, die jetzt sicherlich die köpfe zusammenstecken und über meine potenziellen erziehungsmethoden, unseren bekleidungsstil sowie meine vermeintliche politische einstellung diskutieren.

draußen gibt mir der kleine die hand. wir grinsen uns verschwörerisch an.
"das hast du eben fein gemacht", sage ich lobend und er strahlt.