Samstag, 17. November 2012
stop talking about sex
"du, ich wollte noch mal mit dir über neulich sprechen", sagt das objekt, als es mich gestern telefonisch ins bett bringt.
"das war einfach unglaublich. ich bin so wundervoll gestorben in dir."
das klingt warm und herzlich, aber ich hatte einen scheißtag und bin in selbstdestruktiver abschmetterlaune.
"hm", sage ich nur, anstatt: na und ich erst, ich muss dauernd dran denken.
"ich will auch gar nicht so ewig auf dem thema vertrauen und so rumreiten", fährt das objekt fort. "auf jeden fall war das unheimlich... geil."
"tja, set und setting", erwidere ich.
"wie meinstn das nun?"
"sagst du doch immer beim kiffen. das drumherum muss gut sein und man muss vor allem innerlich gut drauf sein, dann haut es richtig rein."
"was hat das jetzt mit unserem abend zu tun?"
"na, du warst spitz, und das drumherum - kiffen, trinken, essen - hat gepasst... und ich war eben auch noch zufällig da."

das objekt ist überrascht, hält den atem an, denkt nach und fragt dann ziemlich clever:
"warum willst du jetzt, dass ich mich schlecht fühle und so, als wäre ich ein hurenbock, der dich einfach nur benutzt hat?"
die frage trifft mich, also schieße ich zurück:
"ist das jetzt die übersetzung für: hey, baby, gibs zu, du wolltest es doch auch?"
das objekt schweigt wieder für einen moment, um dann amüsiert und kein bisschen beleidigt zu antworten:
"nee, das muss ich dich nicht fragen, du warst nämlich klatschnass und wunderschön geschwollen."
und dann fügt es ein wenig ernster hinzu:
"ich frage mich aber gerade, wie es dir im moment geht, morphine. kannst du deine stimmung irgendwie in worte fassen?"

schwuppdiwupp schießen mir die tränen in die augen. ich muss noch nicht einmal laut schnüffen oder schluchzen, da fragt das objekt schon:
"hat dich heute jemand ablehnend behandelt?"
ich will mich zusammenreißen, also sage ich:
"ach, nur viel stress im büro und einer meiner freien kunden hat zum wiederholten male nicht bezahlt, und ein dritter meinte, er müsse mich belehren, da sind wir aneinandergerauscht, weil er nämlich keine ahnung hat und meint, er muss mir in meine arbeit reinquatschen, stell dir das vor, in meine arbeit, die ich gelernt habe und die ich verdammt gut kann."
"lass dich davon nicht runterziehen", sagt das objekt. "das ist jetzt nicht mehr so wichtig. du hast doch eine entscheidung getroffen?"
"ja, dass ich da weg will."
"na also. geh kurze wege, verausgabe dich nicht, du brauchst deine energie gerade anderweitig."

ich schweige ein wenig in den hörer und spüre, wie sich ruhe und frieden in mir breitmachen. das objekt trifft irgendwie immer den richtigen ton.
"das machst du echt gut", rutscht es mir dann heraus.
"das war auch eine besonders wertvolle therapiestunde", frotzelt das objekt. "wenn du eine schnöselige eppendorfer mutti wärst, müsstest du jetzt richtig kohle dafür abdrücken."
"pah", erwidere ich. "das müsste ich dann aber mit den sexuellen dienstleistungen von neulich gegenrechnen, inklusive fremdkosten wie eigens mitgebrachtes klopapier und bier. und da zahlst du noch drauf, mein schatz."
"na gottseidank hast du deinen humor jetzt wieder gefunden", findet das objekt.

und da ich nicht nur meinen humor wiedergefunden habe, sondern auch einen besonderen grad von offenheit, sage ich zusammenhanglos:
"ich hab dich lieb."
"das ist doch mal ein schönes wort zum donnerstagabend", konstatiert das objekt. "danke dafür."

und dann schickt es mich sehr schnell ins bett, weil es mit ernst gemeinten komplimenten mindestens genauso schlecht kann wie ich.