Mittwoch, 27. Oktober 2010
besuch von der fernseh-stasi
vor rund einer stunde kam ich nassgeregnet, kalt und müde von der arbeit nachhause. kaum hatte ich die tür hinter mir geschlossen, klingelte es. nanu, dachte ich mir, da will mir wohl meine liebe nachbarin aus dem ersten stock wieder mal mein päckchen hinterher tragen? treudoof öffnete ich die tür - und blickte auf ein offiziell aussehendes kärtchen, auf dem "ndr" stand.

leider war ich viel zu verdattert, um sofort zu schnallen, dass es sich um die fernseh-stasi handelte. um diese uhrzeit, denken sie mal! aber vermutlich hat die fernseh-stasi inzwischen spione im schichtdienst.
bevor ich die tür also wieder zuknallen konnte, fragte mich der typ sehr freundlich aber bestimmt und wie aus der maschinenpistole geschossen, ob ich für meine rundfunk- und fernsehgebühren angemeldet sei, da ihm keine anmeldung vorläge. ich sagte dummerweise wahrheitsgemäß "nein". immerhin war ich seit neun jahren erfolgreich den krallen der gezler entkommen und noch nie von einem gebühreneintreiber persönlich belästigt worden.
"ich habe aber weder fernseher noch radio", sagte ich ehrlich. "wissen sie, ich mache nur ein unbezahltes praktikum, da kann man sich sowas nicht leisten." das war zwar gelogen, aber gut. ich machte meine großen augen noch größer und versuchte es mit der mitleidsmasche.
"aber sie haben einen pc!" triumpfierte der fernseh-stasi-spitzel.
ich wollte schon nein sagen, als ich gerade noch merkte, dass meine tür zum wohnzimmer offenstand und der bildschirm meines niegelnagelneuen (einkommenssteuersenkenden) laptops durch die dunkelheit des raumes strahlte.
"ähm, ja", wand ich mich.
der fernseh-stasi-spitzel hielt mir einen längeren vortrag darüber, warum ein pc gleich ein radio gleich ein fernseher ist sowie weshalb unbezahltes fernsehen oder auch schon die theoretische möglichkeit unbezahlten fernsehens eine ordnungswidrigkeit darstellten - während ich grübelte und grübelte, wie ich aus dieser nummer wieder herauskommen könnte.
"aber ich habe kein internet", log ich.
"aber ihr rechner ist internetfähig!" schlug der spitzel mein argument tot. "alle neuen rechner sind das!"
dann fing er an, meine daten aufzunehmen. ich fühlte mich so hilflos ausgeliefert wie damals, als ich das erste mal beim schwarzfahren in der s-bahn erwischt wurde.
"wie lange halten sie denn schon geräte zum empfang bereit", fragte mich der spitzel.
"ähm, ich bin gerade erst eingezogen", log ich.
"also seit september?"
"sagen wir mal oktober", grinste ich frech.
der typ zog die augenbrauen hoch. es war klar, dass er mir kein wort glaubte.
"können sie das nachweisen?"
"klar", sagte ich lässig. ich wusste nicht wie, aber der spitzel insistierte auch nicht weiter auf dem nachweis.
"wie lange wohnen sie denn schon genau hier", wollte mein ungebetener gast dann wissen.
das geht sie einen feuchten scheißdreck an, wollte ich gern sagen, entschloss mich dann aber, weiterhin dreist zu lügen.
"seit zwei wochen", sagte ich also.
"aha, wo haben sie denn vorher gewohnt?"
"bei meiner freundin", erwiderte ich. "die ist seit der trennung aber nicht mehr so gut auf mich zu sprechen."
der typ guckte groß, und ich musste achtgeben, nicht laut zu lachen.

"wollen sie von unserem bequemen bankeinzug profitieren", drängte mich der spitzel am ende dazu, meine kontodaten zu offenbaren.
"nein, ich bevorzuge rechnungen" erwiderte ich, "am monatsende bin ich sowieso immer pleite."
dann musste ich einen wisch unterzeichnen. ich tat es, mechanisch, denn was hätte ich sonst machen sollen?

"auf wiedersehen", sagte der spitzel, während ich innerlich grollte. was für eine unverfrorenheit, mir meinen feierabend so zu zerstören.
den durchschlag des zettels, den der spitzel mir aushändigte, knüllte ich zusammen und warf ihn in den müll. mit der rechnung würde ich das natürlich nicht machen. denn die wird zurückgehen - mit "empfänger verstorben" drauf.