Donnerstag, 20. August 2009
schmetterling des grauens
die meisten menschen finden schmetterlinge anmutig, elegant, schön oder wenigstens niedlich. dachte ich. bis heute.

als ich nämlich am frühen nachmittag die küche meiner leibeigenschaftsstätte betrat, erschrak ich mich sehr. etwas großes schwarzes berührte meine schulter. ich wollte danach greifen, doch da schnellte es hoch und entfernte sich gen decke.

der betätigte schalter brachte es ans licht: ein schmetterling mit dunklen, zusammengepressten flügeln saß an der decke. kein riesenmotte also, wie ich im ersten horror angenommen hatte. sondern, wie das erste öffnen der flügel zeigte, ein tagpfauenauge.

sofort wurde die freizeit-greenpeacelerin in mir aktiviert. musste ich schon in diesen räumen schmoren, war es meine pflicht, das unschuldige tagpfauenauge zu retten und nach draußen zu bringen. leider fiel mir nicht so rasch etwas schlaues ein.

licht war jedenfalls schon einmal die falsche methode. denn irgendwann begann das schmettervieh, wie wild gegen die glühbirne in der fensterlosen kombüse zu flattern. dem süßlichen geruch nach zu urteilen ließ es dabei einiges an schmetterlingsstaub. also schaltete ich das licht schnell wieder aus.

ich muss ihn aus der küche locken, dachte ich mir. nur: worauf steht so ein schmetterling? blumen wohl, also süß - ja, süß war sicher gut. ich tastete im dunklen nach der zuckerdose, benetzte den finger und stippte ein paar körner auf. dann stellte ich mich auf einen hocker und näherte mich der decke. ich wartete auf die winzige berührung, wenn das pfauenauge an meinen zuckerfinger andocken würde. dann wollte ich schnell in den nebenraum zum offenen fenster laufen.

doch die methode war nicht gut genug. der schmetterling kam nicht. stattdessen kam meine kollegin in dunkle küche und rempelte mich an.
"was macht du denn da?"
"da sitzt ein schmetterling an der decke!"
ich knipste das licht an, um ihr den verirrten flattergeist zu zeigen. da erhob sich das pfauenauge plötzlich und schwirrte auf meine kollegin zu. was dann die ereignisse etwas eskalieren ließ.
denn meine kollegin stieß einen markerschütternden schrei aus und sprang dann wild fuchtelnd und den schmetterling so vor sich hertreibend aus der küche und rannte ins nebenzimmer. dabei riss sie den bürostuhl um, fliegendes papier segelte mit dem schmetterling durch den raum. mit offenem mund beobachtete ich, wie mein kollegin panisch um sich blickte, dann in den nebenraum hechtete und die tür zuschmiss.

währenddessen gelang auch dem schmetterling die flucht. er erreichte das offene fenster. so einfach lösen sich also probleme. aber was war nur in meine kollegin gefahren? vermutlich hatte sie den fliegenden gast im schrecken als wespe oder hornisse identifiziert. vor diesem tieren, das wusste ich, hatte sie eine unerklärliche panik.

ich klopfte vorsichtig an die geschlossenen tür.
"hey, das war keine wespe!"
zwei große braune augen schauten mich durch den türspalt verschreckt an.
"was für ein grauenhaftes vieh!"
"jetzt hör doch mal. das war nur ein schmetterling. ein pfauenauge."
meine kollegin schnaubte:
"ja, eben drum! ich fürchte mich doch so vor insekten! und wegen dem blöden schmetterling kribbelt es mich jetzt wieder den rest des tages am ganzen körper."
und sich vor ekel schüttelnd kehrte sie langsam zu ihrem schreibtisch zurück.

okay...
manchmal stellt man dann doch fest, die eigenen macken eher die harmlosen sind.